Henrique Dias Milão

portugiesischer Fernhandelskaufmann
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Henrique Dias de Milão oder Milan (geb. Henrique de Caceres; * 1528 in Santa Comba Dão (Königreich Portugal); † 5. April 1609 in Lissabon durch Autodafé) war ein reicher portugiesischer Kaufmann und gehörte zu den Marranen. Er baute eine global tätige Handelsfirma auf und wurde am Lebensende wegen Steuerbetrug sowie als Kryptojude angeklagt. Die Hauptquellen seiner Geschichte sind die Akten des Inquisitionsprozesses 1606–09.[1]

Leben

Der Kaufmannssohn Henrique kam um 1540 aus seinem Geburtsort zur Ausbildung nach Lissabon. Dort heiratete er Guiomar Gomes de Milao (* 1549 in Covilhã), deren Vater und Brüder als Soldaten für das portugiesische Kolonialreich gefallen waren. Noch vor 1580, als Spanien die Herrschaft über Portugal übernahm, wurden die Familie geadelt mit dem Zusatz de Milão, einem kleinen Bergdorf. Henrique konnte den Adelstitel übernehmen. Das Paar hatte insgesamt neun Söhne und Töchter, die alle in der Kathedrale von Lissabon getauft wurden:

  • Manuel Cardoso de Milao (* 1571), später Kaufmann in Hamburg und Glückstadt
  • Beatriz Henriques de Milao (* 1573), später verheiratet in Hamburg und Glückstadt mit Álvaro Dinis
  • Gomes Rodrigues de Milao (* 1574), 1692 in Brasilien, 1606 mit der Familie nach Hamburg
  • Fernao Lopes de Milao (* 1575), nach einer Flucht 1612 in Amsterdam
  • Leanor Henriques de Milao (* 1577), verhört und 1611 geflohen
  • Antonio Diaz de Milao (* 1582), später in Brasilien
  • Ana de Milao (* 1584), verhört und 1611 geflohen
  • Paulo de Milao (* 1584), später in Hamburg und Glückstadt verheiratet mit der Schwester von Alvaro Denis
  • Isabel Santiago Henriques de Milao (* 1590), inhaftiert, freigelassen und 1611 geflohen

Die Handelsfirma hatte 1590 eine Außenstation im brasilianischen Pernambuco (heute Recife), der der älteste Sohn Manuel leitete, dem 1592 der Sohn Gomes zur Hilfe gesendet wurde. 1606 übernahm sie der Sohn Antonio. Daneben reichte ihr Fernhandel bis nach Afrika und Asien, auch mit Sklaven.[2]

Seit 1603 wurde die Firma und das Wohnhaus der Familie von der portugiesischen Zollbehörde beobachtet, nachdem drei falsch deklarierte Schiffe aus Pernambuco mit Waren aus Polen entdeckt worden waren. Holz und Zucker aus Brasilien waren illegal direkt nach Hamburg (dort war Álvaro Dinis ein Verwandter) geschickt und die Schiffe dort mit baltischen Waren beladen worden. So sollte der Zoll für die Ware aus Brasilien umgangen werden, der besonders hoch war, um die Marrano-Steuer (1601 auferlegt mit dem Gesamtbetrag von 1,7 Mio. Cruzados) in die leere Staatskasse einzubringen. Nach einem Umzug in die Vorstadt 1605 und Vorbereitungen zum Verlassen Lissabons wurde die gesamte Familie am 28. Oktober 1606 verhaftet und großenteils in das Inquisitionsgefängnis verbracht. Außer dem Steuervergehen wurden sie geheimer jüdischer Kulthandlungen (bspw. Feiern von Jom Kippur) bezichtigt und als Kryptojuden angeklagt. Der Inquisitor Antonio Dias Cardoso († 1624)[3] versuchte sie zum Geständnis und zur Reue zu überreden, beim 82jährigen Enrique vergebens, bei vielen anderen Angeklagten erfolgreicher. Am 5. April 1609 erging das Autodafé an zwei Männern und fünf Frauen trotz vieler Fluchtversuche und Helfer.[4]

Literatur

  • Miriam Bodian: Dying in the law of Moses. Crypto-Jewish martyrdom in the Iberian world. (= The modern Jewish experience). Indiana University Press, Bloomington IN 2007, ISBN 978-0-253-34861-6.
  • António José Saraiva, António José Saraiva: The Marrano factory: the Portuguese Inquisition and its new Christians 1536 - 1765. Brill, Leiden Boston Köln 2001, ISBN 978-90-04-12080-8.
  • Cecil Roth: A History of the Marranos, 1931 (repr. 1959) PDF-online (zu Milao, S. 91)

Einzelnachweise

  1. Joseph Ben Brith: Die Odyssee der Henrique-Familie. Lang, 2001, ISBN 978-3-631-37953-0 (google.com [abgerufen am 7. Mai 2024]).
  2. Lúcio De Sousa: The Portuguese Slave Trade in Early Modern Japan: Merchants, Jesuits and Japanese, Chinese, and Korean Slaves. BRILL, 2019, ISBN 978-90-04-38807-9 (google.com [abgerufen am 7. Mai 2024]).
  3. Carleton Sprague Smith, Israel J. Katz, Malena Kuss, Richard J. Wolfe: Libraries, History, Diplomacy, and the Performing Arts: Essays in Honor of Carleton Sprague Smith. Pendragon Press, ISBN 978-0-945193-13-5 (google.de [abgerufen am 7. Mai 2024]).
  4. Ronnie Perelis: Narratives from the Sephardic Atlantic: Blood and Faith. Indiana University Press, 2016, ISBN 978-0-253-02409-1 (google.de [abgerufen am 7. Mai 2024]).