American History X

Film von Tony Kaye (1998)
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. November 2006 um 02:41 Uhr durch BloodyFox (Diskussion | Beiträge) (Titel). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Fehler bei Vorlage * Parametername unbekannt (Vorlage:Infobox Film): "AF"

Film
Titel American History X
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahre 1998
Länge 114 Minuten
Stab
Regie Tony Kaye
Drehbuch David McKenna
Produktion John Morrissey
Musik Anne Dudley
Kamera Tony Kaye
Schnitt Gerald B. Greenberg, Alan Heim
Besetzung

American History X ist ein Film, der sich mit der US-amerikanischen Neonazi-Szene beschäftigt.

Handlung

Danny Vinyard ist ein stark in der Szene engagierter Neonazi (im Film als Skinhead dargestellt), der mit seiner Familie in Venice Beach lebt. Sein älterer Bruder, Derek Vinyard, ist nach der Tötung zweier Afroamerikaner (davon ein eiskalter Mord durch Randsteinbeißen) in der Neonazi-Szene zum Helden avanciert. Als Danny mit seiner Familie Derek aus dem Gefängnis abholen will, bemerkt er bald einige Veränderungen an diesem. Dereks Haare sind länger als die in Neonazikreisen übliche Glatze, und sein Verhalten passt nicht zu Dannys Bild von seinem Bruder – es wird langsam klar, dass Derek sich von der Neonaziszene und ihrer Idee abgewandt hat. Durch Rückblenden erfährt der Zuschauer mehr über die Vergangenheit der Vinyards:

  • Der Vater zeigt eine rassistische Grundhaltung. Als Derek vom Unterricht bei Sweeney, einem afroamerikanischen Lehrer, erzählt und berichtet, dass sie dort „Native Son“ – einen Roman von Richard Wright – lesen, meint dieser: „Tauschen wir jetzt alle guten Bücher gegen schwarze Bücher?“
  • Der Tod des Vaters beeinflusst Derek merklich. In einer Rückblende wird deutlich, dass der Vater der Familie gegenüber die Befürchtung geäußert hatte, dass die ihm neu zugewiesenen Kollegen ein Sicherheitsproblem darstellen könnten. Die beiden Schwarzen wären angeblich weniger qualifiziert gewesen als weiße Mitbewerber um die Arbeitsstelle und nur aufgrund ihrer Hautfarbe eingestellt worden.
  • Cameron Alexander, ein neonazistischer Drahtzieher in Venice Beach, vermag Derek nachhaltig zu beeinflussen. Erst in Folge seines Haftaufenthalts durchschaut Derek, dass es Cameron nicht um eine bestimmte Haltung, sondern um die eigene Person ging.
  • Der Gefängnisaufenthalt prägt Derek sehr. Am stärksten wiegen dabei, dass weiße Rassisten mit „Chicanos“ Handel treiben, um an Drogen zu gelangen, sowie die Vergewaltigung durch ein Mitglied der Neonaziszene im Gefängnis. Auch spielt ein schwarzer Mitgefangener eine nicht zu unterschätzende Rolle: die beiden arbeiten gemeinsam in der Wäscherei der Anstalt und durch die Freundschaft zu diesem lernt Derek „die andere Seite“ kennen. Diesem Mitgefangenen hat er es offensichtlich auch zu verdanken, dass er das Gefängnis lebend verlässt, nachdem er mit seiner weißen Nazi-Clique dort gebrochen hatte.

Nun versucht Derek endgültig, sich und seinen Bruder aus der Neonazibewegung zu lösen, was sich jedoch als äußerst schwierig erweist. Zum Schluss des Filmes, als Dereks Vorhaben Erfolg zu zeigen scheint, wird sein kleiner Bruder Danny von einem schwarzen Mitschüler aufgrund einer Lappalie auf der Schultoilette erschossen.

Bedeutung

„American History X“ nimmt teilweise eine eindeutige Haltung gegen Rassismus ein (siehe aber auch Kritik). Soweit der Film in der Neonazi-Szene geschätzt wird, wird der Film bewusst missverstanden. Die Hauptfigur macht im Laufe des Filmes einen Erkenntnisprozess durch, der ihn dazu bewegt, aus dem Milieu auszusteigen.

Kaye reflektiert das Verhältnis von persönlicher Schuld und Milieubestimmung. Dabei schließt er sich im Wesentlichen den Grundgedanken des amerikanischen sozialkritischen Romans der 1920er und 1930er Jahre an, wie sie auch Richard Wright in „Native Son“ formulierte, an: Gewalt von Marginalisierten stellt zumindest genau so sehr eine gesellschaftliche Aufgabe wie Schuld des Einzelnen dar. Zwar wird der Roman nur einmal kurz erwähnt, er dürfte jedoch interpretatorischer Bezugspunkt des Films sein, und Sweeney erscheint, insbesondere in den Szenen im Polizeipräsidium sowie auf der Krankenstation des Gefängnisses, als eine Verkörperung von Richard Wright.

Die zentrale Aussage beziehungsweise der zentrale Satz des Films stammt von Derek. Als er seinen Bruder erschossen in der Schultoilette auffindet, klagt er: „Was habe ich getan?“ Er gibt nicht dem schwarzen Jungen, der seinen Bruder erschossen hat, die Schuld, sondern sich selbst, da Danny nur durch seinen Einfluss zum Neonazi und schließlich zum Opfer des Schwarzen wurde. Er ist sein Bruder und sein Opfer. In einer der Rückblenden, in der das Mittagessen innerhalb der Familie eskaliert und Derek beinahe seine Schwester erwürgt, stellt sich die Mutter ebenfalls die oben genannte, selbstkritische Frage. Dieses verdeutlicht Dereks Wandel im Nachhinein noch einmal besonders, denn versetzt man den geläuterten Derek anstelle seiner Mutter in letztere Szene, so hätte er sich selbst von seinem Tun abbringen müssen.

Bemerkenswert sind auch die Parallelen zu dem aus den fünfziger Jahren stammenden James-Dean-Film „…denn sie wissen nicht, was sie tun“. Von der Kleidung des „geläuterten“ Derek bis zur Vater/ Sohn- ähnlichen Beziehung zu seinem kleinen Bruder.

Kritik

Im Film begegnet Danny dem schwarzen Mitschüler, von dem er später erschossen wird, zum ersten Mal, als er sich dessen Gewalttätigkeit gegen einen Mitschüler in den Weg stellt. Kritiker wenden ein, dies sei der einzige Grund für dessen spätere Ermordung in der Schultoilette und somit Derek keine Schuld trifft, auch wenn er dies selber glauben mag. Der Film bediene damit das rassistische Klischee des „bösen Negers“. Aus dieser Interpretation stelle sich der Film als widersprüchliche Kombination von Antirassismus und Rassismus dar.

Befürworter meinen jedoch, dass eben dies die Klasse des Filmes ausmacht. Der Film scheue sich nicht, Gewalt auf bzw. von beiden Seiten (damit auch "umgekehrten Rassismus", also Rassismus Schwarzer gegen Weiße) anzuprangern. Somit gelte Dereks Erkenntnis ("Was habe ich getan?"- indem er seinen Bruder in die Neonazi- und somit in eine gewaltverherrlichende Szene einbringt) für alle Rassisten, gleich ob Schwarz oder Weiß.

Die als ästhetisierend empfundene Darstellung von Gewalt ist ein weiterer vorgebrachter Kritikpunkt. Der Film wurde zudem als Inspiration für die Ermordung von Marinus Schöberl am 12. Juli 2002 durch drei Neonazis in Potzlow angegeben. Der Mord wird in dem Film Der Kick thematisiert.

Titel

Nachdem Danny im Geschichtsunterricht einen Aufsatz, der sich mit dem Kampf um Bürgerrechte befassen soll, unter dem Titel „My Mein Kampf“ verfasst hat, ist das Verhältnis zwischen ihm und seinem Geschichstlehrer so zerrüttet, dass der Schulleiter, Dr. Sweeney, mit ihm einen Einzelunterricht beginnen will. Dieser wird unter die Überschrift „American History X“ gestellt. Am ersten Tag soll Danny für diesen Unterricht einen Aufsatz über seinen Bruder Derek schreiben. Filmhandlung und Rückblenden sind in dessen Ausarbeitung eingebunden, so dass er den Film strukturiert. Der Titel könnte in Anbetracht der Filmthematik auch an den afroamerikanischen Bürgerrechtler Malcolm X angelehnt sein.

Soundtrack

Im Film kommen nur zwei Lieder vor, dies jedoch mehrfach. Damit lenkt die spärliche Nutzung die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Lieder:

Das erste Lied ist ein Kyrie-Chorsatz, die Bitte nach göttlichem Erbarmen („Herr, erbarme Dich. Christus, erbarme Dich. Herr, erbarme Dich.“), die am Beginn des Ordinariums der Liturgie steht. Die nahe liegende Assoziation: Die Existenz rassistischer Gruppen konfrontiert die Gesellschaft mit schuldhaften Versäumnissen. Zugleich gilt es für Menschen zu beten, die schuldhaft oder irrend in eine solche Szene hinein geraten sind.

Das zweite Lied stellt eine Parodie dar. Auf die Melodie von „Glory, Glory, Hallelujah“ stimmt der Neonazi Seth einen Text an, der alle rassistischen Feindbilder enthält und die Hoffnung ausdrückt, dass angeblich bestehende Strukturen (siehe ZOG) überwunden werden.