Scheinanglizismus

Wörter, die den Anschein eines englischen Wortes haben, dort aber nicht oder nur in anderer Bedeutung verwendet werden
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. August 2004 um 20:20 Uhr durch Kris Kaiser (Diskussion | Beiträge) (Beispiele). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Scheinanglizismus bezeichnet die Verwendung von Wörtern in der deutschen oder einer anderen Sprache, die aus dem Englischen zu kommen scheinen und meist auch englisch ausgesprochen werden. Tatsächlich sind diese Wörter im englischen Sprachraum aber unbekannt oder haben eine andere Bedeutung, so dass es mit Englischsprachigen zu Verständnisproblemen kommen kann. Es handelt sich bei den Scheinanglizismen um einen Fall der Pseudoentlehnung.

Scheinanglizismen – wie auch die Verwendung von Anglizismen – sollen manchmal der deutschen Aussage eine gewisse Modernität verleihen. Besonders verbreitet sind sie in der Jugendsprache, der Werbe- oder Mediensprache und in einigen Fachsprachen.


Siehe auch: Scheingallizismus, Anglizismus, Übersetzungsfalle, Falsche Freunde, Denglisch

Beispiele

Scheinanglizismus wörtlich korrekt englisch deutsch
Basecap 'Basiskappe' baseball cap Schirmmütze
beachen 'stranden' to play beach volleyball Strandvolleyball spielen
Beamer 'Cricket: a ball bowled directly at a batsman's head or upper body without bouncing (regarded as unsporting); Technical: A vehicle made by BMW' video projector, data projector, digital projector, projector Videoprojektor, Datenprojektor, digitaler Projektor, Projektor
Body 'Körper' bodice, body suit weibl. Dessous-Einteiler
Bodybag 'Leichensack' fanny pack (AE)/bumbag (BE) Gürteltasche
Bowle 'Schale' punch Weinpunsch
Catchen 'fangen' wrestling Ringen
checken 'kontrollieren' to understand begreifen
Dressman 'Kleidermann' male model männliches Modell
Ego-Shooter 'Ich-Schießer' first-person shooter Ballerspiel aus der Perspektive der Spielfigur
Handy 'handlich, praktisch, geschickt', handyman = 'Handwerker', aber: Handy Talkie = 'tragbares Funkgerät' cell(ular) phone [Am.], mobile phone [Br.] Mobiltelefon, Händi
Happy End 'glückliches Ende' happy ending glückliches Ende
kicken 'treten' to play football Fußball spielen
Oldtimer 'Alteingesessene/r' (korr.: old-timer) vintage car, classic car Autoveteran, Automobil
Pullunder 'Ziehdrunter' sleeveless pullover ärmelloser Pullover
Showmaster 'Vorführung/Show' und 'Meister' show host, MC Unterhaltungskünstler, Gastgeber
Tramper 'Trampler, Stampfer, Treter' hitchhiker Auto-Stopp, Anhalter
Twen (von twenty = 'zwanzig') young adult, twentysomething Mittzwanziger

„Übersetzte“ Filmtitel

  • Der Film Bend it like Beckham wurde mit Kick it like Beckham ins „Deutsche“ übersetzt, richtig übersetzt müsste er Schlenz ihn wie Beckham heißen
  • Der Film Cradle 2 the grave wurde im „Deutschen“ mit Born 2 Die übersetzt, richtig wäre (Von der) Wiege bis zur Bahre (wörtlich: 'bis zum Grab').

Bewertung

Scheinanglizismen werden oft angeführt, wenn es darum geht, den negativen Einfluss der englischen Sprache auf das Deutsche zu belegen (Anglizismendiskussion) – also in einem sprachpolitischen Kontext (siehe Denglisch). Den Sprachkritikern kann allerdings Folgendes entgegengehalten werden:

  • Es ist ein grundlegender Bestandteil des Prozesses der Übernahme fremder Wörter, dass diesen neue Bedeutungen erwachsen (neben Änderungen der Schreibweise und der Aussprache). Dies gilt insbesondere, wenn sich auch die englische Sprache weiterentwickelt (z.B. catchenwrestling). Ein Vorwurf daraus schlägt fehl. Allerdings ist zu beobachten, dass bei Übernahmen aus dem Englischen die Schreibweise meist gar nicht und die Aussprache je nach Sprecher angepasst wird.
  • Ein Teil der obigen Beispiele beruht durchaus auf korrekten Wurzeln oder Verwendungen.
    • Catch aus: Catch-as-catch-can; catch heißt auch 'greifen'.
    • Happy End: The End im Film sowie open end sind korrekt.
    • Tramp entwickelt sich korrekt aus tramp 'Landstreicher'. Das Trampen ('Fahren per Anhalter') hat sich erst später zu einer breiter praktizierten Reisemöglichkeit entwickelt, die zunächst eben eher Nichtsesshaften (beispielsweise auch reisenden Handwerksgesellen) zugeordnet wurde.
    • Handy': Die Bezeichnung wurde wahrscheinlich Mitte der 1980er von Handy Talkie übernommen, einer umgangssprachlichen Bezeichnug für tragbare Funkgeräte.