Geschichte des Pfalzklinikums für Psychiatrie und Neurologie

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Das Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie (kurz: Pfalzklinikum) ist Träger von vielfältigen Angeboten der seelischen Gesundheit in der Pfalz. Der Schwerpunkt im Bereich der stationären und teilstationären Krankenhausversorgung liegt auf psychiatrischen, neurologischen, psychotherapeutischen, psychosomatischen und sozialtherapeutischen Angeboten. Das Pfalzklinikum ist Träger des Maßregelvollzugs nach § 63 und § 64 Strafgesetzbuch. Die gemeindepsychiatrischen Angebote umfassen sowohl stationäre als auch ambulante Wohnformen sowie weitere ambulante Hilfen zur Sicherstellung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Träger des Pfalzklinikums ist der Bezirksverband Pfalz, ein oberer kommunaler Zweckverband. Das Pfalzklinikum unterhält 15 Einrichtungen an 12 Standorten in der Pfalz. Das Pfalzklinikum ist Alleingesellschafter des Gemeindepsychiatrischen Zentrums Vorderpfalz GmbH in Speyer sowie des Medizinischen Versorgungszentrums Pfalzklinikum GmbH mit Sitz in Kaiserslautern.

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Lage und Struktur

Der Hauptsitz des Pfalzklinikums ist Klingenmünster (Landkreis Südliche Weinstraße) am Westrand der Rheinebene. Daneben werden Angebote und Einrichtungen in Rockenhausen, Landau, Wörth-Maximiliansau, Kaiserslautern, Kusel, Maikammer, Pirmasens, Speyer, Dahn, Rodalben und Bad Bergzabern unterhalten. Das Gesundheits- und Sozialunternehmen wird in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts geführt.[1]

Bedeutung

Insgesamt verfügt das Pfalzklinikum über ca. 1000 Betten und Plätze. Jährlich werden rund 30.000 Patienten stationär, teilstationär oder ambulant behandelt und betreut. Für ca. 160 Bewohnerinnen und Bewohner werden stationäre und ambulante Wohnangebote zur Verfügung gestellt. Der ambulante psychiatrische Pflegedienst betreut zirka 200 Klienten pro Jahr (Stand: Januar 2012). In zwei Tagesstätten werden Menschen und psychisch Beeinträchtigte (Speyer) und Menschen mit demenziellen Erkrankungen (Bad Bergzabern) betreut. Mit über 1500 Beschäftigten und rund 1300 Vollzeitstellen ist das Pfalzklinikum einer der bedeutendsten Arbeitgeber in der Region und der größte Dienstleister für seelische Gesundheit in der Pfalz.[2]

Geschichte

Die Geschichte des Pfalzklinikums beginnt im 19. Jahrhundert; 1857 wurde die Kreisirrenanstalt Klingenmünster mit 250 Betten gegründet. Aus ihr ging das heutige Pfalzklinikum hervor.

Während der Zeit des Nationalsozialismus war die Klingenmünsterer Klinik auch in verbrecherische Maßnahmen der Psychiatrie eingebunden. Erhebungen hierüber stellte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Otfried K. Linde, Pharmaziedirektor des Klinikums, an. Die Recherchen belegen, dass mindestens 296 Patienten aus der Klingenmünsterer Anstalt gewaltsam zu Tode gebracht wurden, die meisten von ihnen nach Deportation in Vernichtungslager.[3][4]

Gedenkarbeit

Seit 1993 mahnt vor dem Klinikum ein Gedenkstein mit der Inschrift: „Den Opfern der nationalsozialistischen Psychiatrie zum Gedenken – den Lebenden zur Mahnung“. 2003 fand im Klinikum die Ausstellung „Euthanasie in Hadamar und Klingenmünster“ statt. 2008 wurde auf dem benachbarten Klinikfriedhof die Pfälzische Gedenkstätte für die Opfer der NS-Psychiatrie eingeweiht. 2012 wurde im Gebäude 43, dem Alleehaus an der Klinikeinfahrt, die Wanderausstellung „NS-Psychiatrie in der Pfalz“ eröffnet.[5]

Trivia

In der Pfalz, hauptsächlich in der Süd- und Vorderpfalz, und auch in der jenseits des Rheins gelegenen südlichen Kurpfalz wird über einen Menschen, dem man psychische Probleme unterstellt, mitunter abschätzig gesagt: „Der gehört nach Klingenmünster!“

Literatur

  • Christof Beyer: Von der Kreisirrenanstalt zum Pfalzklinikum. Eine Geschichte der Psychiatrie in Klingenmünster. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2009, ISBN 978-3-927754-68-3.
  • Otfried K. Linde: Eugenik und „Euthanasie“ im NS-Staat – ihre Wurzeln und was von ihnen übrig blieb. In: Albert H. Keil [Red], Gemeinde Dirmstein (Hrsg.): „Dirmstein erinnert sich“. Tage des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Dirmstein 2009 (Publikation als PDF).
  • Karl Scherer, Otfried K. Linde und Roland Paul (Hrsg.): Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster 1933–1945. Psychiatrie im Nationalsozialismus. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 1998, ISBN 3-927754-34-X (2 weitere Auflagen).
  • Reinhard Steinberg, Monika Pritzel (Hrsg.): 150 Jahre Pfalzklinikum. Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde in Klingenmünster. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-515-10091-5.

Einzelnachweise

  1. Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie: Zahlen und Fakten (http://www.pfalzklinikum.de/ueber-uns/zahlen-und-fakten). Abgerufen am 29. März 2015.
  2. Wirtschaftsfaktor Pfalzklinikum. In: Ludwigshafener Rundschau regional. 2012.
  3. Scherer, Linde, Paul: Die Heil- und Pflegeanstalt Klingenmünster 1933–1945. Kaiserslautern 1998.
  4. Beyer: Von der Kreisirrenanstalt zum Pfalzklinikum. Kaiserslautern 2009.
  5. Pfalzklinikum: Gedenkarbeit. Abgerufen am 4. Juli 2013.