P-adische Zahl

Zahl, die sich in einer Potenzreihe zu einer Primzahl darstellen lässt
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Für jede Primzahl p bilden die p-adischen Zahlen einen Erweiterungskörper Qp der rationalen Zahlen, der 1897 erstmals von Kurt Hensel beschrieben wurde.

Diese Körper wurden und werden benutzt, um Probleme in der Zahlentheorie zu lösen, oftmals unter Verwendung des lokal-global-Prinzips von Helmut Hasse, welches vereinfacht gesprochen aussagt, dass eine Gleichung genau dann über den rationalen Zahlen Q gelöst werden kann, wenn sie über den reellen Zahlen R und allen Qp gelöst werden kann. Als metrischer Raum ist Qp vollständig, und erlaubt so die Entwicklung einer p-adischen Analysis analog zur reellen Analysis.

Motivation

Ist p eine fest gewählte Primzahl, dann kann jede ganze Zahl geschrieben werden in einer p-adischen Entwicklung (man sagt, die Zahl wird "zur Basis p geschrieben", s.a. Stellenwertsystem) der Form

 

wobei die   Zahlen aus   sind. Zum Beispiel ist die 2-adische Entwicklung gerade die Binärdarstellung, und 35 hat die Darstellung  , die oft mit 1000112 abgekürzt wird.

Die bekannte Verallgemeinerung dieser Beschreibung auf größere Zahlmengen (rationale und reelle) ist die Zulassung unendlicher Summen dieser Form:

 

Diese Reihen sind konvergente Partialsummenfolgen bezüglich des gewöhnlichen Absolutbetrags. Man kann dann z.B. 1/3 zur Basis 5 darstellen als Grenzwert der Reihe 0,13131313...5. In diesem System sind die ganzen Zahlen genau diejenigen, für die   ist für alle  .

Alternativ könnte man die Summen am anderen Ende ins Unendliche verlängern, und Reihen dieser Form erhalten:

 

wobei k eine beliebige ganze Zahl ist. Auf diese Weise erhalten wir den Körper Qp der p-adischen Zahlen. Diejenigen p-adischen Zahlen, für die   für alle   ist, heißen p-adische ganze Zahlen. Analog zur gewöhnlichen p-adischen Entwicklung kann man diese Reihen als (nach links unendlich fortgesetzte) Ziffernfolge schreiben:

 

Anschaulich besteht also die gewöhnliche p-adische Entwicklung aus Summen, die sich nach rechts fortsetzen mit immer kleineren (negativen) Potenzen von p, und die p-adischen Zahlen haben Entwicklungen, die sich nach links fortsetzen mit immer größeren p-Potenzen.

Mit diesen "formalen Laurentreihen in p" kann man rechnen wie mit den gewöhnlichen p-adischen Entwicklungen reeller Zahlen: Addition von rechts nach links mit Übertrag, Multiplikation nach Schulmethode. Beachten muss man nur, dass sich Überträge ins Unendliche fortsetzen können, z.B. ergibt die Addition von ...444445 und 15 die Zahl 05. Das fehlende Vorzeichen ist also tatsächlich nicht nötig, da auch alle negativen Zahlen eine p-adische Darstellung haben. Damit lässt sich auch die Subtraktion nach Schulmethode von rechts nach links durchführen, unter Umständen mit einem unendlich oft auftretenden Borgen (man versuche es bei 05-15=...44445). Die Division dagegen wird im Gegensatz zur Schulmethode auch von rechts nach links durchgeführt, dadurch wird das Ergebnis nach links fortgesetzt, falls die Division nicht "aufgeht".

Ein technisches Problem ist nun, ob diese Reihen überhaupt sinnvoll sind, d.h. ob sie in irgendeinem Sinne konvergieren. Zwei Lösungen dafür werden nun vorgestellt.

Konstruktion

Analytische Konstruktion

Die reellen Zahlen können konstruiert werden als Vervollständigung der rationalen Zahlen. Sie werden dabei aufgefasst als Äquivalenzklassen von rationalen Cauchy-Folgen. Dies erlaubt uns z.B., die Zahl 1 als 1,000... zu schreiben, oder als 0,999... - es ist 1,000... = 0,999... in R.

Jedoch hängt bereits die Definition einer Cauchy-Folge von der verwendeten Metrik ab, und indem man statt der üblichen euklidischen Metrik, die vom Absolutbetrag erzeugt wird, eine andere Metrik benutzt, erhält man andere Vervollständigungen anstelle der reellen Zahlen.

p-adischer Betrag

Für eine fest vorgegebene Primzahl p definieren wir den p-adischen Betrag auf Q: Jede rationale Zahl x außer 0 lässt sich schreiben als   mit einer ganzen Zahl n und zwei ganzen Zahlen a,b, die beide nicht durch p teilbar sind. Wir setzen dann   und  .

Zum Beispiel ist x=63/550= , damit ist

 
  für jede andere Primzahl p

Durch diese Definition des Betrags   werden große Potenzen von p "betragsmäßig klein".

p-adische Metrik

Die p-adische Metrik   auf Q definiert man nun so:

 

Damit ist z.B. die Folge   in Q bezüglich der 5-adischen Metrik eine Nullfolge, wohingegen die Folge   beschränkt, aber keine Cauchy-Folge ist, denn für jedes n ist

 

Die Vervollständigung des metrischen Raums (Q,dp) ist der metrische Raum Qp der p-adischen Zahlen, er besteht aus Äquivalenzklassen von Cauchy-Folgen, wobei zwei Cauchy-Folgen äquivalent heißen, wenn die Folge ihrer punktweisen p-adischen Abstände eine Nullfolge ist. Auf diese Weise erhalten wir einen vollständigen metrischen Raum, der außerdem ein Körper ist, in dem Q enthalten ist.

In diesem Körper sind nun die oben erwähnten Reihen der Form

 

konvergent, falls k eine ganze Zahl ist und die   in   liegen. Man kann zeigen, dass sich jedes Element von Qp als Grenzwert einer solchen Reihe darstellen lässt.

Algebraische Konstruktion

Hier wird zuerst der Ring der p-adischen ganzen Zahlen definiert, und danach dessen Quotientenkörper Qp.

Wir definieren Zp als projektiven Limes der Ringe Z/pnZ (siehe Kongruenz (Zahlentheorie)): Eine p-adische ganze Zahl ist dann eine Folge   von Restklassen   aus Z/pnZ, wobei gilt:

 

Jede ganze Zahl m definiert eine Folge   und kann daher als Element von Zp aufgefasst werden. Zum Beispiele sähe 35 in Z2 so aus:  .

Die komponentenweise definierte Addition und Multiplikation ist wohldefiniert, da Addition und Multiplikation ganzer Zahlen mit der Restklassenbildung vertauschbar ist. Damit hat jede p-adische ganze Zahl   die negative Zahl  , und jede Zahl deren erste Komponente   nicht 0 ist, hat ein Inverses, denn in dem Fall sind alle   zu   teilerfremd, haben also ein Inverses   modulo  , und die Folge   ist dann die Inverse zu  .

Jede p-adische Zahl kann auch als Reihe der oben beschriebenen Form dargestellt werden, dabei sind die Partialsummen gerade die Komponenten der Folge. Zum Beispiel kann man die 3-adische Folge   auch schreiben als  , oder in der verkürzten Schreibweise als ...0010223.

Der Ring der p-adischen ganzen Zahlen ist nullteilerfrei, deshalb können wir den Quotientenkörper bilden und erhalten Qp, den Körper der p-adischen Zahlen. Jedes Element dieses Körpers kann man darstellen in der Form  , wobei n eine ganze Zahl ist, und u eine invertierbare p-adische ganze Zahl (mit erster Komponente   ungleich 0). Diese Darstellung ist eindeutig.

Eigenschaften

Die Menge Qp der p-adischen Zahlen ist überabzählbar.

Die p-adischen Zahlen enthalten Q und bilden einen Körper der Charakteristik 0. Dieser Körper kann nicht angeordnet werden.

Der topologische Raum Zp der p-adischen ganzen Zahlen ist kompakt, der Raum aller p-adischen Zahlen ist lokal kompakt. Als metrische Räume sind beide vollständig.

Die reellen Zahlen haben nur eine einzige echte algebraische Erweiterung, die komplexen Zahlen, bereits die Adjunktion einer Quadratwurzel ist algebraisch abgeschlossen. Im Gegensatz dazu hat der algebraischer Abschluss von Qp einen unendlichen Erweiterungsgrad. Qp hat unendlich viele inäquivalente algebraische Erweiterungen.

Die übliche Definition der e-Funktion

 

konvergiert für alle x mit  . Dieser Konvergenzkreis gilt sogar für alle Erweiterungen von Qp.

Damit liegt die Eulersche Zahl   in keinem Qp, aber   liegt in Qp für alle  , in Q2 liegt erst  .

Funktionen von R nach R mit Ableitung 0 sind konstant. Für Funktionen von Qp nach R gilt dieser Satz nicht, z.B. hat die Funktion f(x) = 1/(|x|p2+1) auf ganz Qp die Ableitung 0.


Sind   Elemente von  , dann gibt es eine Folge   in Q, so dass für alle p (einschließlich  ) der Grenzwert der   in Qp   ist. (Diese Aussage wird manchmal Näherungssatz genannt.)