Geschichte
Die Wiederaufarbeitung von atomaren Brennstoffen ist ein Kind der militärischen Nutzung zur Gewinnung von Atombombenmaterial. Dier erste Atombombe, die auf Hiroschima abgeworfen wurde war eine Uranbombe. Die Anreicherung des spaltbaren Isotopes U235 war nach dem damaligen Stand der Technik (Gasdiffusionsverfahren) extrem aufwändig und langwierig, da sich die Isotope eines Elementes chemisch nicht unterscheiden und nur auf physikalischem Wege trennen lassen. Eine andere Möglichkeit war die Produktion von Plutonium. Bei der kontrollierten Kettenreaktion eines Atomreaktors wird ein Teil des nichtspaltbaren Uran238 zu Plutonium umgewandelt. Dies ist nicht nur spaltbar sondern kann auf chemischem Wege getrennt und konzentiert werden. Die ersten Atomreaktoren der Welt dienten also der Produktion von Atombombenmaterial. Die Entstehende Prozesswärme kommerziell zu nutzen war ein Abfallprodukt.
Abgebrannte Brennelemente aus zivilen Leistungsreaktoren enthalten noch rund 96 % unverbrauchtes Uran und 1 % Plutonium. Beides sind Stoffe, die im Prinzip zu neuen Brennelementen verarbeitet werden können. Die restlichen 3 % sind Spaltprodukte und höhere Aktinide, die den eigentlichen radioaktiven Abfall ausmachen. Die Wiederaufarbeitung ist ein technischer Vorgang, mit dessen Hilfe das spaltbare Material von den übrigen Bestandteilen separiert werden kann. Im Rahmen der friedlichen Nutzung der Kernenergie wird der abgetrennte Kernbrennstoff, vor allem das Plutonium, zu neuen Brennelementen verarbeitet und im Sinne einer Rezyklierung wieder in den Reaktor zurückgeführt. Im militärischen Bereich dient die Abtrennung dazu, Spaltmaterial für Kernwaffen zu erhalten.
Verfahren
In einer Wiederaufarbeitungsanlage werden die Brennelemente zunächst mechanisch zerschnitten. Der Brennstoff wird dann in heißer Salpetersäure aus den Abschnitten herausgelöst. Anschließend werden die Bestandteile Uran, Plutonium und Spaltprodukte/Aktiniden durch weitere physikalisch-chemische Verfahren voneinander getrennt. Hierzu setzt man für die Extraktion den so genannten PUREX-Prozess ein (PUREX = Plutonium-Uranium Recovery by Extraction). Als Extraktionsmittel dient Tributylphosphat (C4H9O)3PO, das mit 70 % Kerosin verdünnt ist. Durch mehrfache Durchführung der Extraktionszyklen kann eine fast 100%-ige Trennung der Bestandteile erreicht werden.
Weiterverarbeitung der Produkte
Das abgetrennte Plutonium wird bei der zivilen Wiederaufarbeitung meist zu neuen Uran/Plutonium-Brennelementen („MOX-Brennelemente“) verarbeitet, die in Leichtwasserreaktoren wieder eingesetzt werden. Dies ist beispielsweise in Frankreich und Deutschland der Fall und in Japan geplant. In Großbritannien wird das Plutonium mangels Rezykliermöglichkeiten lediglich gelagert. Eine im Vergleich zu Leichtwasserreaktoren wesentlich effektivere Nutzung wäre in Brutreaktoren möglich, die sich aber weltweit nicht durchgesetzt haben.
Das abgetrennte Uran wird bisher nur in relativ kleinem Umfang rezykliert. Da es im Gegensatz zu Natururan noch geringe Spuren an unerwünschten Isotopen enthält, ist die Weiterverarbeitung aufwendiger und daher zur Zeit unwirtschaftlich.
Die radioaktiven Spaltprodukte und Aktiniden liegen nach der Separation zunächst als hochradioaktive Lösung vor, die in gekühlten Edelstahltanks gelagert wird. Im Hinblick auf eine längerfristige Zwischenlagerung und die spätere Endlagerung müssen diese Abfälle in eine feste und auslaugresistente Form gebracht werden. Hierzu hat sich die Verglasung als geeignetes Verfahren erwiesen. An allen bestehenden Wiederaufarbeitungsanlagen sind daher auch Verglasungsanlagen installiert. Die Lösung wird bei der Verglasung mit glasbildenden Stoffen vermischt und daraus Glasblöcke geschmolzen.
Umweltauswirkungen
Bei der Wiederaufarbeitung fallen Abgase und Abwässer an, die gereinigt und anschließend in die Umgebung abgeleitet werden. Trotz der Reinigungsmaßnahmen enthalten diese Ableitungen noch radioaktive Bestandteile. Die maximalen Aktivitätsmengen, die mit der Fortluft und dem Abwasser in die Umgebung abgegeben werden dürfen, werden von den zuständigen Behörden in der Betriebsgenehmigung festgelegt. Grundlage dieser Grenzwerte ist die Berechnung der radiologischen Auswirkungen auf die Menschen in der Umgebung der Anlage. Daher sind die zulässigen Ableitungswerte stark von den geographischen Gegebenheiten des Standorts abhängig. Umweltschutzverbände, wie z. B. Greenpeace, haben unter Berufung auf eigene Messungen den Betreibern der Wiederaufarbeitungsanlagen wiederholt vorgeworfen, die Umwelt in unzulässiger Weise zu belasten.
Bestehende Anlagen
In Frankreich sind zwei Anlagen in Betrieb (UP3/La Hague für ausländische LWR-Brennelemente, UP2-800/La Hague für französische Leichtwasserreaktor-Brennelemente). Die Anlage UP1 in Marcoule, die ursprünglich militärischen Zwecken diente und in der später Brennelemente aus Magnox-Reaktoren wiederaufgearbeitet wurden, ist seit 1997 endgültig abgeschaltet. In Großbritannien werden abgebrannte Magnox-Brennelemente seit den 50er Jahren in Sellafield wiederaufgearbeitet. Eine neue Anlage (THORP) für oxidische Brennelemente ist seit 1994 in Betrieb und dient vorrangig ausländischen Kunden, verarbeitet aber auch Brennelemente aus britischen AGR-Reaktoren (AGR = Advanced Gas-cooled Reactor). In Japan ist seit 1977 eine Anlage in Tokai-mura in Betrieb. Nach einem Brand in der Abfallbituminierungsanlage im März 1997 wurde der Betrieb eingestellt und erst im November 2000 wieder aufgenommen. Eine größere Anlage in Rokkashomura ist im Bau. In Russland befindet sich eine Wiederaufarbeitungsanlage in Tscheljabinsk (RT-1). Über eine weitere Anlage in Tomsk liegen nur wenige Informationen vor. In den USA wurden in den Nachkriegsjahren mehrere Wiederaufarbeitungsanlagen für militärische Zwecke errichtet (Hanford, Savannah River, Idaho). Zumindest Idaho (1992) und Hanford (1990) wurden inzwischen stillgelegt, ebenso eine kommerzielle Anlage in West Valley, die von 1966-1971 in Betrieb war. Insgesamt steht im zivilen Bereich eine Wiederaufarbeitungskapazität von rund 5000 tSM/a zur Verfügung (2900 tSM/a für Brennstoff aus Leichtwasserreaktoren, 2100 tSM/a für sonstigen Brennstoff).
Abschied von der Wiederaufbereitung
Wiederaufbereitungsanlagen machten vor allem in den Ländern Sinn, in denen ein Atomwaffenprogramm betrieben wird. Militärische und zivile Nutzung verfolgen bei der Wiederaufarbeitung entgegengesetzte Ziele. Für die militärische Nutzung werden Brennelemente mit sehr kurzem Abbrand benötigt, d.h. kurzer Verweildauer im Reaktor und damit geringe Verunreinigung mit Spaltprodukten. Komerzielle Reaktoren wollen dahingegen die Brennelemete möglichst lange im Reaktor belassen und das Material betsmöglich ausnutzen. Diese Brennelemente mit hohem Abbrand lassen sich aber entweder gar nicht oder nur mit verhältnismäßig viel Aufwand wiederaufbereiten. Auch das Argument, das wiedergewonnenen Brennmaterial erneut einsetzen zu können macht aus kommerzieller Sicht keinen Sinn, da Brennelemente aus wiederaufbereitetem Material um ein vielfaches teuerer sind, als "frische" Brennelemente.
In der Kooperation mit Frankreich gab es Verträge zur Aufbereitung deutscher Brennelemente mit der COGEMA in La Hague. Dort wurde extra für die deutschen Brennelemente mit hohem Abbrand eine eigene Anlage gebaut, die Hochaktiv-Eingangsstufe (HO). Die HO erwies sich als nicht handhabbar. Schon im Auflösungsprozeß der Brennelemente mussten Mengen an enorm teueren Neutronengifte wie Hafnium eingesetzt werden, um eine Ansammlung einer kritischen Masse und damit eine spontane atomare Verpuffung zu verhindern. Der Betrieb der HO wurde nach einer Reihe von Pannen und Störfällen wieder eingestellt. Das deutsche Brennelemente trotzdem weiterhin nach La Hague transportiert werden liegt an der Art des Vertrages. Dieser schreibt keine erfolgreiche Aufbereitung vor sondern Verpflichtet die französische Seite zur Entgegennahme der Brennelemente und im Gengenzug die deutsche Seite zur Zurücknahme von verglasten Strahlenäquivalenten. D.H. Deutschland nimmt die gleichen Mengen an Uran, Plutonium und anderen radioaktiven Abfällen entgegen, wie sie abgeliefert hat, jetzt in Form von Uran und Plutonium sowie als verglaste Abfälle, keineswegs aber die selben Materialien. Deutscher Atommüll wird also lediglich nach Frankrteich transportiert, dort gelagert und wartet dort auf die Lösung der Endlagerfrage.
Deutsche Träume
Das deutsche Atomprogramm sah von Anfang an eine eigene Wiederaufbereitungsanlage vor. Ursprünglich im Gesamtkonzept des "Entsorgungsparks" Gorleben. Die Erfahrungen mit deutschen Brennelementen in Frankreich haben aber gezeigt, dass eine Wiederaufbereitung unwirtschaftlich ist, was deutsche Betreiber von Atomkraftwerken dazu veranlasste, die Brennelemente direkt hochgradig abzubrennen und die direkte Endlagerung vorzushen. Dass trotzdem an den Plänen für eine deutsche Wiederaufbereitungsanlage festgehalten wurde, mitlerweile nicht mehr in Gorleben, sondern in Wackersdorf, lässt sich nur mit dem Festhalten an der militärischen Option erklären. Diese Notwendigkeit viel mit dem erfolgreichem Betrieb der Urananreicherungsanlage in Gronau. Auch hier ist der schnelle Zugriff auf Atomwaffenmaterial möglich. Die militärische Option der Wiederaufbereitung war damit hinfällig und alle Pläne wurden aufgeben.
Stillgelegte Anlagen
Mehrere Wiederaufarbeitungsanlagen wurden bereits stillgelegt, darunter die Anlagen
- West Valley, Idaho, Hanford (alle USA)
- UP1/Marcoule (Frankreich)
- WAK/Karlsruhe (Deutschland)