Johann Nestroy

österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Opernsänger
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Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy (* 7. Dezember 1801 in Wien; † 25. Mai 1862 in Graz) war ein österreichischer Schauspieler, Sänger, Dramatiker und Satiriker.

Johann Nestroy

Leben

Johann Nepomuk Nestroy wurde am 7. Dezember 1801 als Sohn einer angesehenen Wiener Bürgerfamilie geboren und starb am 25. Mai 1862 in Graz. Nestroy sollte eigentlich Jurist wie sein Vater werden, jedoch wurde er von der typisch wienerischen Theatermanie ergriffen und wandte sich der Bühne zu, zunächst als Bassist am Deutschen Theater in Amsterdam. Später wurde er Schauspieler in Provinztheatern, unter anderem auch in Graz, wo er schließlich von der Opern- zur Theaterbühne wechselte. Schon während dieser Zeit versuchte er sich als Bühnenschriftsteller. 1826 hatte sein erstes abendfüllendes Stück Die Verbannung aus dem Zauberreiche im Schauspielhaus Graz Premiere.

1831 bekam er sein erstes Engagement an einer Wiener Bühne und zwar im Theater an der Wien. Schon bald hatten ihn die Wiener ins Herz geschlossen und zählten ihn zu den beliebtesten Volksschauspielern und Possendichtern. Sein erster großer Erfolg als Autor war die Zauberposse Der böse Geist Lumpazivagabundus (1833). Dies ist auch sein bekanntestes Stück, doch auch mit den Possen Der Talisman, Einen Jux will er sich machen, Zu ebener Erde und erster Stock und Ehrlich währt am längsten feierte er Erfolge.

1845 wechselte Nestroy mit seinem Entdecker, dem Direktor Carl Carl, ans Leopoldstädter Theater. Nach Carls Tod 1854 leitete Nestroy diese Bühne bis 1860. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Graz und Ischl, jedoch kam er 1861 und 1862 für zwei längere Gastspiele nach Wien. Nestroys letzte Rolle war der Knieriem in Der böse Geist Lumpazivagabundus. Nach seinem Tod wurde er auf dem Währinger Ortsfriedhof (heute Schubertpark) beigesetzt.

Werk

Als Schauspieler war Nestroy ein origineller, derb humoristischer Charakterzeichner; als Bühnenautor wandte er sich mit derbem Realismus gegen Tragik und Sentimentalität der Romantik. Seine Stücke zeichnen sich durch eine scheinbar oberflächliche Handlung aus, die aber immer wieder durch Gesangsstücke, sogenannte Couplets, unterbrochen werden. Diese Lieder, mit einer eingängigen Melodie und einfachen Texten wurden hauptsächlich dafür geschaffen, die in der Zeit des Vormärz allgegenwärtige Zensur zu umgehen. Es wurden nur 2-3 Strophen des Liedes niedergeschrieben, während alle weiteren Strophen je nach der gegenwärtigen politischen Situation von Abend zu Abend verändert wurden. Mit seinen gelungenen Improvisationen galt er bald sowohl den Konservativen als bedenklicher Umstürzler wie den Liberalen als finsterer Reaktionär.

Neben dem Autor der politisch motivierten Zeitkritik aber gab es noch einen anderen Nestroy: einen sokratischen Dialektiker, der mit scheinbar wahnhafter Phantasie das Maßsystem der menschlichen Dinge verzerrte, um diese eben dadurch erst ihre wahren Dimensionen aufleuchten zu lassen. In diesem Sinne war Nestroy ein Philosoph. Seine Witterung für alles Widerspruchsvolle, Vieldeutige in der menschlichen Natur, seine Gabe, gerade die gebrochenen Seelenfarben darzustellen, machten ihn zum Erben Lawrence Sternes und stellt seine Bühnenpsychologie neben die eines Oscar Wilde und Bernhard Shaw.

Nestroyaufführungen

Datei:Nestroy.JPG
Johann Nestroy. Lithographie von Kriehuber

In den Wiener Theatern wird Nestroy vor allem gepflegt: 2006 beispielsweise im

Die Feiern anlässlich seines 200. Geburtstags trugen dazu bei, dass die ungebrochene Aktualität seiner Theaterstücke und Possen, trotz mancher Dialektform, erneut und verstärkt im gesamten deutschen Sprachraum ins Bewusstsein gerufen wurde.

Speziell auch unter den Sommertheatern haben sich mehrere auf Nestroy spezialisiert. Zu den bekanntesten zählen:

Werke

  • Sämtliche Werke - Historisch-kritische Gesamtausgabe, hrsg. von Fritz Brukner und Otto Rommel. 15 Bände (Band 15 ist die ausführliche biographische Würdigung durch Otto Rommel, Wissensstand 1930), Wien (Schroll) 1924-30; Nachdruck 1974; auch als Kraus-Reprint AMS Press New York.
  • Gesammelte Werke, hrsg. von Otto Rommel. 6 Bände (Eine Auswahl der 15bändigen Ausgabe), Wien 1948-49; Nachdruck 1962.
  • Sämtliche Werke - Historisch-kritische Ausgabe, hrsg. von Jürgen Hein, Johann Hüttner, Walter Obermaier, Edgar W.Yates, Paul S.Scheichl (Mit über 50 Bänden, die einzeln erhältlich sind, die umfassendste und aktuelle kritische, kommentierte Ausgabe der Stücke und Briefe), Wien, München (Deuticke Zsolnay) 1977ff.
  • Stich- und Schlagworte, zusammengestellt von Reinhard Urbach, Wien, München (Deuticke Zsolnay) 2000. ISBN 3-216-30568-6

Literatur

  • Jürgen Hein: Johann Nestroy, Sammlung Metzler - Realien zur Literatur Band 258, Stuttgart (Metzler) 1990. ISBN 3-476-10258-0
  • Karl Kraus: Theater der Dichtung - Nestroy, Zeitstrophen, hrsg. von Christian Wagenknecht, Schriften Band 14 mit Notenbeispielen, Frankfurt/Main (Suhrkamp) 1992. ISBN 3-518-37824-4
  • Heinrich Schwarz: Johann Nestroy im Bild, Eine Ikonographie, bearbeitet und hrsg. von Johann Hüttner und Otto G. Schindler, mit einer Vorbemerkung von Reinhard Urbach, Wien, München 1977; Neuausgabe als Band 42 der Sämtlichen Werke, Wien, München (Deuticke Zsolnay) 1996. ISBN 3-216-30241-5
  • Johannes Braun: Das Närrische bei Nestroy, Bielefeld (Aisthesis) 1998. ISBN 3-89528-215-4
  • Wendelin Schmidt-Dengler: Nestroy - Die Launen des Glücks. Wien, München (Deuticke) 2001. ISBN 3-552-05173-2
  • Edgar W.Yates (Hrsg.): Bei die Zeitverhältnisse noch solche Privatverhältnisse - Nestroys Alltag und dessen Dokumentation, Wien (Facultas) 2001. ISBN 3-85114-653-0
  • Otto Basil: Johann Nestroy, Rowohlt Monographie 132, Reinbek (Rowohlt) 2001. ISBN 3-499-50132-5
  • Christian H.Ehalt, Jürgen Hein, Edgar W.Yates: Hinter den Kulissen von Vor- und Nachmärz - Soziale Umbrüche und Theaterkultur bei Nestroy, hrsg. von der Kulturabteilung der Stadt Wien, Wien (Facultas) 2001. ISBN 3-85114-663-8
  • Jürgen Hein: Nestroy und die Nachwelt, Internationale Nestroy-Gespräche 1975-2000 - Ergebnisse und Perspektiven, Wien (Lehner) 2001. ISBN 3-901749-23-3
  • Jürgen Hein, Claudia Meyer: Theaterg'schichten - Ein Führer durch Nestroys Stücke, Wien (Lehner) 2001. ISBN 3-901749-21-7

Siehe auch