Nicht wie ihr
«Nicht wie ihr» ist der erste Roman von Tonio Schachinger, welcher im Jahr 2019 im Verlag Kremayr & Scheriau veröffentlicht wurde. Der Protagonist im Roman, Ivo, gibt Einblicke über sein Leben als Fussballprofi. Dabei werden die schönen Seiten von seinem Leben aufgezeigt, aber auch die Schattenseiten werden verdeutlicht.
Inhalt
Ivo Trifunović ist ein österreichischer Fussballspieler mit bosnischen Wurzeln. Schon seit er klein ist, hatte er ein Ziel: Fussballprofi: Heute ist Ivo einer der bestbezahlten Fussballspieler auf der Welt. Nach vielen verschiedenen Stationen in ganz Europa, läuft er aktuell für den englischen Klub Everton FC auf und spielt zudem in der österreichischen Nationalmannschaft. Mit seiner Frau, Jessy, und seinen beiden Kindern, Lena und Adnan, lebt Ivo in London.
Man könnte denken, bei Ivo sei alles perfekt, doch hinter den Kulissen des Profifussballers ist vieles durcheinander. Nur wenn er mit seinem Bruder Kurt und seinen Freunden Zeit verbringt, kann er sich entspannen. Beispielsweise als sie beim Grillfest gemeinsam in der Garage sind und reden. Bei diesem Grillfest erzählt er ihnen, dass er heute seine Jugendliebe Mirna gesehen hat und nicht aufhören kann, an sie zu denken. Daraufhin bekommt Ivo von einem anderen Freund Mirnas Telefonnummer und die beiden treffen sich erstmals. Danach reist Ivo für die bevorstehenden Länderspiele zum Nationalteam in Wien. Da Mirna sowieso in Wien lebt, lädt er sie in sein Hotelzimmer ein. An diesem Abend haben sie zum ersten Mal Geschlechtsverkehr.
Zurück in London verletzt sich Ivo am Rücken. Er kann deshalb nicht mit Jessy an die Ballettaufführung. Zur Zeit, als Ivo verletzt ist, kommt Ivos Berater Milo zu Besuch, welcher ihn gerne zu einem Verein nach China bringen würde. Ivo ist verärgert über die Geldgier Milos und schlägt das Angebot sofort aus.
Lange Zeit hört Ivo nichts von Mirna, bis plötzlich ein von ihr selbstgemachtes Mixtape eintrifft. Ivo hört sich das Mixtape im Verborgenen an, paranoid, dass Jessy ihn jede Sekunde erwischen könnte. Die Lieder auf dem Mixtape enthalten alle eine Botschaft. Dies führt dazu, dass Ivo noch mehr an Mirna denkt. Verzweifelt versucht Ivo Kontakt zu Mirna aufzunehmen und findet schliesslich ihr Facebook Profil.
Bald ist Weihnachten, und Ivos Eltern kommen zum Feiern. Da sie orthodoxe Christen sind, feiern sie am 7. Januar. Ivo diskutiert mit seinen Eltern über die Herkunft seines Vornamens, worauf sein Vater verärgert wird. Kurz darauf läuft es auch in der Beziehung mit Jessy nicht mehr so gut. Sie streiten sich oft, aber mit der Zeit lässt Jessy alles kalt, was Ivo nur noch mehr beschäftigt. «Sie lügt nicht nur, sie spielt ihm etwas vor, nämlich dass alles in Ordnung ist []».[1] Ivo verbringt gerne Zeit mit seiner Tochter Lena, und so liest er ihr die Geschichte von Ikarus vor, von derer nicht viel hält.
Da sich Ivo in einem Spiel erneut verletzt, hat er nun genug Zeit für andere Dinge. Sein Freund Boki lädt ihn zu seiner Verlobungsfeier nach Wien ein. Kurz bevor er absagen will, fällt ihm ein, dass Mirna, Bokis Cousine, vielleicht auch dort sein wird. Deshalb überredet Ivo seinen Trainer, ihm zwei Tage frei zu geben, und fliegt anschliessend nach Wien. Bei der Verlobungsfeier angekommen, merkt Ivo, dass Boki und seine Verlobte die Feier getrennt organisiert haben und somit im Raum nur Männer sind. Er fragt deshalb seinen Bruder, ob er kurz sein Auto ausleihen könne. Als sein Bruder bejaht, nimmt er sich das Auto und holt Mirna bei Bokis Verlobter ab. Sie fahren an die Donau und schlafen erneut miteinander.
Zurück in London stösst Ivo auf Facebook auf einen Beitrag seines verstorbenen Trainers Kai beim Club Brügge. Ivo wechselte damals von Österreich erstmals ins Ausland nach Belgien und kam bei Kai als Nachwuchsverantwortlicher unter. Kai war für Ivo sehr wichtig, da er nie an ihm gezweifelt hat. Kai schaffte es, aus Ivo den Musterschüler zu machen und dafür zu sorgen, dass sich Ivo immer weiter entwickeln konnte. «Ivo fand ihn einfach cool (S. 234)». Dank Kai konnte Ivo diverse Erfolge in der Jugend feiern und schaffte dann auch den Sprung in die erste Mannschaft.
Wieder in der Nationalmannschaft verbringt Ivo viel Zeit mit seinen Teamkollegen. Ivo ist glücklich, da sie in den darauffolgenden Spielen brillieren. Doch Mirna geht ihm nicht aus dem Kopf und er entscheidet sich, mit ihr Schluss zu machen. Die Gelegenheit dazu bietet sich kurz darauf, als er an einem Abend aus dem Hotel verschwindet und für das Abendessen zu Mirna nach Hause geht. Doch der Trennungswunsch von Ivo lässt Mirna kalt. Daraufhin dreht Ivo durch und schlägt Teller und die Kleiderstange kaputt. Auch Mirna verliert die Fassung und die beiden beginnen zu streiten. Mirna nennt Ivo daraufhin einen «Scheissnarzisten», sagt ihm, er solle mit dem «Scheiss-Macho-Jugo-Dreck» aufhören und wirft ihn raus. Als Ivo in sein Hotel zurückkehrt, überkommt ihn ein komisches Gefühl. Für ihn fühlt es sich so an, als würden seine Lungen kollabieren, worauf er dann ohnmächtig auf dem Boden zusammenbricht. Als er aufwacht, beginnt Ivo, sich zu hinterfragen, ob Mirna Recht mit ihrer Aussage hatte. Daraufhin spricht er mit dem Teampsychologen von Österreich, Ferdinand, und möchte wissen, ob er wirklich eine narzisstische Jugo-Persönlichkeitsstörung hat. Bei der Therapiesitzung in der Hotelbar kann Ferdinand Ivo deutlich machen, dass er kein Narzisst ist. Doch das Gespräch entwickelt sich vermehrt zu einem Monolog, da Ferdinand anfängt, alles Mögliche aus seinem Leben und seinen Erfahrungen zu erzählen. So ist Ivo am Ende froh, endlich in sein Hotelzimmer gehen zu können.
Zurück in London gibt sich Ivo Mühe, dass sich sein Verhältnis mit Jessy verbessert. Am Flughafen kauft er Schokolade und Kerzen, um sie zu überraschen. Zuhause richtet er das Ehebett schön hin, worauf Jessy und Ivo Geschlechtsverkehr haben. Dieser wird aber gleich von Lena unterbrochen, die in das Zimmer platzt, da sie Angst hat. Ivo verbringt wieder viel Zeit mit Lena und begleitet sie sogar an seinem eigenen Geburtstag zum Kindergeburtstag eines Freundes von Lena.
Kurz darauf hat Ivo ein Auswärtsspiel und wird nicht eingewechselt. Obwohl Jessy und Lena extra angereist sind, verlässt er das Stadion wütend ohne sie. Auch weil er keine Lust hatte «um dem Präsidenten zum hundertsten Mal zu sagen, dass er nicht mit ihm im Helikopter fliegen will []» (S. 278). Doch dann hört Ivo im Radio, dass es in der Nähe des Stadions eine Explosion gab, welche laut Augenzeugen durch einen Helikopterabsturz verursacht wurde. Ivo denkt sofort, dass seine Frau und Tochter im Helikopter waren, denn sie konnten doch nicht Nein zum Angebot des Präsidenten sagen. Mit Horrorvorstellungen im Kopf rast Ivo nach Hause, trifft aber im Wohnzimmer die in Tränen aufgelöste Jessy an, welche er sofort in die Arme schliesst. Auch Lena ist wohlauf, und Ivo wird klar wie viel Glück er mit seiner Familie und allen voran mit Jessy hat.
Da Ivos Berater an einem Wechsel zur AS-Roma arbeitet, fliegen Ivo und Jessy nach Italien, um mögliche zukünftige Häuser zu besichtigen. Sie verbringen eine schöne Zeit zusammen und finden auch eine Villa, die perfekt zu ihnen passt. Auch in Italien reflektiert Ivo über die vergangene Zeit. Er kommt zum Schluss, dass nicht der Unfall, sondern nur er selbst, «mit seiner dummen Gedankenlosigkeit und seinem Egoismus» (S. 295), sein Leben gefährdet hat. Die ganze Geschichte erscheint ihm plötzlich sehr unbedeutend und fern, aber die Angst, dass die Affäre auffliegen könnte, verfolgt Ivo in seinen Träumen.
Schlussendlich ist der Wechsel von Ivo nach Italien zur AS-Roma perfekt. Doch schon in seinem ersten Spiel im Stadio Olimpico fliegt Ivo wegen einer Tätlichkeit vom Platz. So endet der Roman mit einer roten Karte und dem langen Gang in die Kabine.
Interpretation
Figuren
Ivo
Ivo, der Protagonist des Werkes, ist eine faszinierende und vielschichtige Figur, deren physische und charakterliche Eigenschaften ihn zu einer unvergesslichen Persönlichkeit machen. Mit einer mittleren Statur und Haaren, die je nach Lichteinfall zwischen tiefem Braun und leuchtendem Kastanienrot changieren, fällt Ivo nicht sofort auf, aber seine Erscheinung hat dennoch etwas Markantes. Seine Augen, die an die wechselnden Farben des stürmischen Ozeans erinnern, spiegeln die Tiefe seines Charakters wider. Eine kleine, fast unsichtbare Narbe über seiner linken Augenbraue fügt seiner Erscheinung eine Spur von Geheimnis hinzu.
Ivos Kleidungsstil ist praktisch und unaufdringlich, was seine pragmatische und doch bedachte Natur unterstreicht. Er bevorzugt bequeme, langlebige Materialien und gedeckte Farben, die seine Persönlichkeit widerspiegeln. Im Umgang mit anderen zeigt sich Ivo als zurückhaltend, aber freundlich. Er ist ein guter Zuhörer und spricht bedacht, was ihm bei seinen Mitmenschen Respekt und Vertrauen einbringt.
Charakterlich ist Ivo ein tiefgründiger Denker, der jede Situation sorgfältig analysiert, bevor er handelt. Diese Neigung zum Nachdenken ist sowohl seine Stärke als auch seine Schwäche, da sie ihn in schnellen Entscheidungssituationen zögern lässt. Seine analytischen Fähigkeiten und seine Geduld sind jedoch in vielen Situationen von unschätzbarem Wert. Ivos Interesse an der Natur, insbesondere an der Botanik, ist ein zentrales Element seines Charakters. Er verbringt viel Zeit im Freien, was ihm hilft, seine Gedanken zu ordnen und neue Perspektiven zu gewinnen.
Zu Beginn des Buches wird Ivo als jemand dargestellt, der in seiner eigenen Welt lebt und sich von der Gesellschaft distanziert. Im Laufe der Geschichte durchläuft er jedoch eine bemerkenswerte Entwicklung. Er lernt, sich mehr zu öffnen und aktiver am Geschehen teilzunehmen. Diese Reise der Selbstfindung und das Erlernen des Wertes von Gemeinschaft und Zusammenarbeit sind zentrale Aspekte seiner Charakterentwicklung. Ivos Beziehungen zu anderen Charakteren sind geprägt von einer Mischung aus Distanz und tiefem Verständnis, und er zeigt eine loyale Haltung gegenüber denen, die er als Freunde betrachtet, obwohl er nur wenige enge Freundschaften pflegt.
Insgesamt ist Ivo eine komplexe Figur, deren Entwicklung und Interaktionen im Text wesentlich zur Dynamik und Tiefe der Erzählung beitragen.
Ivos Verhalten bei gesellschaftlichen Anlässen, wie z.B. bei einer Gala von seinem Verein, offenbart eine Mischung aus Unbehagen und Desinteresse an tieferen Interaktionen mit anderen. Er scheint lieber in seinem Auto zu sitzen und auf nichts zu warten, als sich mit anderen zu beschäftigen. Diese Tendenz zur sozialen Isolation spiegelt sich in seinen Gedanken über die Menschen um ihn herum wider, wobei er oft ein Gefühl der Entfremdung oder Ablehnung empfindet.
Bei familiären Angelegenheiten ist dies jedoch komplett anders. Ivo ist ein richtiger Familienmensch und liebt seine Familie über alles. Dies zeigt sich bei folgender Textstelle: «[] wenn man Ivo fragen würde, was für ihn das Wichtigste auf der Welt ist, dann würde er wahrscheinlich Respekt sagen, oder Fussball, oder Familie» (S. 93). Er mag es, am Freitagabend mit seiner ganzen Familie das Spiel der Deutschen Bundesliga zu schauen. Seine Liebe zur Familie zeigt sich auch, dass er sich sehr viel Zeit nimmt, um mit seiner Tochter zu spielen.
Dennoch zeigt Ivo immer wieder Unzufriedenheit mit seinem Leben und den Menschen in seiner Umgebung. Er fühlt sich oft unverstanden und hat Schwierigkeiten, echte Verbindungen zu anderen herzustellen, was möglicherweise auf eine tiefere Unzufriedenheit mit sich selbst und seiner aktuellen Situation hindeutet. Trotz seines materiellen Erfolges und seines scheinbar glamourösen Lebens scheint Ivo von einem grundlegenden Gefühl der Unzufriedenheit und Isolation geplagt zu sein, was sich in seiner Neigung zeigt, sich in seine Gedanken und materiellen Besitztümer zurückzuziehen.
Jessy
Jessy, eine Schlüsselfigur in der Erzählung, steht in einer komplexen und dynamischen Beziehung zu Ivo, dem Protagonisten. Während Ivo oft in sich gekehrt und analytisch ist, bringt Jessy mit ihrer lebhaften und impulsiven Art einen Kontrast in ihre Interaktionen. Ihre Beziehung ist geprägt von einem Wechselspiel aus Gegensätzen, das sowohl Spannungen als auch eine tiefe, oft unausgesprochene Verbundenheit hervorbringt. Jessy, die Ivo häufig herausfordert und ihn aus seiner Komfortzone lockt, spielt eine entscheidende Rolle in seiner persönlichen Entwicklung und umgekehrt.
Jessy selbst ist eine Figur voller Energie und Kreativität. Ihre schlanke Statur und das leuchtende, goldene Haar machen sie zu einer auffälligen Erscheinung. Ihre Augen, die an den tiefen, geheimnisvollen Wald erinnern, strahlen Abenteuerlust und Entschlossenheit aus. Eine kleine Narbe auf ihrer Wange, Zeugnis ihrer abenteuerlichen Vergangenheit, fügt ihrem Gesicht Charakter hinzu.
Ihr Kleidungsstil ist ein Spiegelbild ihrer Persönlichkeit: bunt, unkonventionell und kreativ. Jessy liebt es, mit Mode zu experimentieren und setzt dabei auf auffällige Farben und Muster, die ihre lebensfrohe und unabhängige Art unterstreichen. Sie hat ein besonderes Talent dafür, scheinbar unpassende Elemente zu einem harmonischen und einzigartigen Gesamtbild zu vereinen.
Charakterlich ist Jessy bekannt für ihre Entschlossenheit und ihren Mut. Sie ist eine Person, die sich Herausforderungen stellt und oft impulsiv handelt, was sie in aufregende, manchmal riskante Situationen bringt. Ihre Spontanität und ihr Optimismus sind ansteckend, können aber auch zu voreiligen Entscheidungen führen. Ihre kreative Ader zeigt sich nicht nur in ihrem Kleidungsstil, sondern auch in ihrer Art zu denken und Probleme zu lösen.
Im sozialen Umgang ist Jessy offen und herzlich. Sie knüpft leicht Kontakte und ist beliebt, neigt jedoch manchmal dazu, als zu direkt oder ungestüm wahrgenommen zu werden. Ihre Beziehungen zu anderen Charakteren im Buch sind geprägt von ihrer Fähigkeit, tiefe und bedeutungsvolle Verbindungen aufzubauen, obwohl sie manchmal Schwierigkeiten hat, Grenzen zu setzen.
Zu Beginn des Buches wird Jessy als unabhängige und lebenslustige Persönlichkeit eingeführt. Im Laufe der Geschichte entwickelt sie sich weiter, lernt, ihre Impulsivität zu zügeln und reflektierter zu handeln. Diese Entwicklung ist ein zentraler Aspekt ihrer Charakterentwicklung und trägt wesentlich zur Dynamik der Erzählung bei. Ihre Reise ist eine der Selbstfindung, in der sie lernt, die Konsequenzen ihrer Handlungen zu verstehen und Verantwortung zu übernehmen.
Insgesamt ist Jessy eine faszinierende und dynamische Figur, deren Entwicklung und Interaktionen, insbesondere mit Ivo, wesentlich zur Spannung und Tiefe der Geschichte beitragen.
Mirna
Mirna ist eine weitere Schlüsselfigur im Leben des Protagonisten Ivo. Sie steht in einer komplexen Beziehung zu Ivo, die von einer Mischung aus Bewunderung, Verlangen und Unsicherheit geprägt ist. Mirna wird als eine außergewöhnlich kluge Frau beschrieben, die in einem akademischen Sinne wirklich studiert hat, im Gegensatz zu anderen Studienrichtungen, die Ivo als weniger bedeutsam erachtet. Ivo bewundert ihre Intelligenz, fühlt sich aber gleichzeitig durch diese Intelligenz eingeschüchtert und fürchtet, dass sie ihn als dumm betrachtet.
Die Beziehung zwischen Ivo und Mirna ist von einer intensiven emotionalen Verbindung geprägt, die sich in einer Mischung aus körperlicher Anziehung und tieferem, fast nostalgischem Gefühl äußert. Ivo erinnert sich lebhaft an frühere Begegnungen mit Mirna und empfindet eine starke körperliche Reaktion, wenn er sie sieht oder an sie denkt. Ihre Begegnungen sind für ihn emotional aufgeladen und bringen tiefere Empfindungen hervor, die über bloße körperliche Anziehung hinausgehen.
Trotz der offensichtlichen Anziehungskraft zwischen ihnen, scheint ihre Beziehung von einem gewissen Maß an Unsicherheit und mangelnder Kommunikation geprägt zu sein. Ivo empfindet ein starkes Verlangen nach Mirna, ist jedoch unsicher über die Natur ihrer Gefühle und darüber, wie er sich ihr gegenüber verhalten soll. Dies wird besonders deutlich in einer Szene, in der sie gemeinsam in einem Taxi sitzen und er überlegt, was er ihr beim Abschied sagen soll, während Mirna seine Hand nimmt, ohne ihn anzusehen.
Diese Komplexität in ihrer Beziehung wird weiter unterstrichen durch Ivos Gedanken über die Möglichkeit, mit Mirna zu schlafen. Er kämpft mit dem Wunsch, ihr körperlich nahe zu sein, während er gleichzeitig die Konsequenzen eines solchen Schrittes bedenkt, insbesondere in Bezug auf seine Beziehung zu seiner Frau Jessy und sein öffentliches Image.
Insgesamt stellt Mirna eine zentrale, aber komplizierte Figur in Ivos Leben dar. Ihre Beziehung ist tiefgründig und vielschichtig, geprägt von gegenseitiger Anziehung, aber auch von Missverständnissen und unausgesprochenen Gefühlen. Mirnas Intelligenz und Stärke stellen für Ivo sowohl eine Quelle der Bewunderung als auch der Unsicherheit dar, was die Komplexität ihrer Beziehung zusätzlich verstärkt.
Kai
Kai war der Trainer von Ivo, als er in Belgien beim FC Brügge spielte. Obwohl Kai im Text «Nicht wie ihr» nur kurz erscheint, ist er mehr als nur eine Randfigur. Für Ivo war er jemand besonderes und es war gefühlt die erste Person in seinem Leben, die er ernst genommen hat. Dies zeigt sich auf Seite S. 231, als es heisst: «Kai war ein Mensch, wie Ivo nie vorher oder nachher gekannt hat, und als er gesprochen hat, hat Ivo das erste Mal in seinem Leben zugehört». Der Tod von Kai war für Ivo nicht leicht zu verarbeiten, auch wenn er erst vier Jahre danach darüber nachdenkt.
Kai war früher selbst Fussballprofi, musste aber seine Karriere aufgrund einer Knieverletzung beenden und wurde anschliessend Fussballtrainer. Er hatte eine ganz andere Spielphilosophie als diejenigen, die Ivo aus seiner Zeit in Österreich kannte. Kai bestritt seine Trainerausbildung in Holland und hat das holländische Spielsystem, welches auch «Totaler Fussball» genannt wird, verinnerlicht. Es handelt sich um einen Spielstil, bei dem sich die Spieler ständig bewegen und ihre Positionen wechseln. Dabei waren auch technische Fähigkeiten auf engem Raum von grosser Bedeutung. Dieser Spielstiel war perfekt für Ivo geeignet, da er aufgrund seiner technischen Fähigkeiten, welche er als Kind im Käfig gelernt hat, perfekt in das Spielsystem seines Trainers passte. Ivos Wechsel von Österreich nach Belgien wurde deshalb als “der grösste Glücksfall in [seinem] Leben” (S. 233) beschrieben.
Charakterlich wird Kai als ruhige und freundliche Person beschrieben. Er war auch ein vertrauenswürdiger Mensch, was sich daran zeigt, dass Ivo mit ihm über alles sprechen konnte. Kai war aber nicht nur nett, sondern hatte auch eine strengere Seite. Er besass eine gewisse Autorität und konnte sich gut durchsetzen. Ivo empfand diese Autorität jedoch als sehr positiv, da eine kurze Kritik von Kai sofort für langfristige positive Veränderungen sorgte. «Irgendwas hat Kai anders gemacht als die anderen Trainer» (233) erwähnt Ivo in seinen Gedanken.
Kai war aber für Ivo nicht nur ein Mehrwert auf dem Platz, sondern auch neben dem Platz war er etwas besonderes. Ivo bewunderte ihn und fand ihn einfach “cool”. Ihr gutes Verhältnis zueinander erkennt man auch darin, dass sie sich auch einmal in der Freizeit getroffen haben, um ein Eis essen zu gehen.
Kurt
Kurt ist Ivos Bruder. Kurt ist aufgrund seines Namens, Kurt Trifunović, oft von seinem Freundeskreis verarscht worden und musste diesbezüglich viel aushalten, denn «Die Jugos haben ihn verarscht, weil er Kurt heisst, und die Österreicher, weil er trotzdem einen ausländischen Nachnahmen hatte» (seite?). Kurt gab sich in dieser Zeit den Namen Kurto und “disste” diejenigen, die ihn verarscht hatten, zurück. Zu der Zeit schaute Ivo zu seinem Bruder auf.
Kurt nennt sich zur gegenwärtigen Zeit der Handlung der Erzählung bei seinem echten Namen, Kurt, und wird dem Namen und wie man ihn früher genannt hatte, gerecht, denn er ist im Gegensatz zu Ivo eine ziemlich normale Person: «ein Kurt, mit einem normalen Job, einer normalen Frau, zwei Kindern und einem Haus in Simmering, dem einzigen Bezirk in Wien, wo Ivo nie hinziehen würde». seite?
Die beiden Brüder haben ein gutes Verhältnis miteinander und erinnern sich gerne an vergangene Zeiten, wie beispielsweise an Ivos Jugendliebe, Mirna. Ivo konnte Kurt alles über Mirna erzählen, was davon zeugt, dass Kurt eine Vertrauensperson für Ivo darstellt, dem er private Angelegenheiten anvertrauen konnte.
Milo
Milo stellt im Roman die Rolle des Spieleragenten von Ivo dar. Milo nimmt Ivo unter Vertrag, als er noch beim FC Basel in der Schweiz spielt und vermittelt Ivo an alle darauffolgenden Klubs in seiner Karriere.
Milo wird als eine Person beschrieben, die nett zu denen ist, die ihm das grosse Geld einbringen. Zu den anderen sei er «ein Hurensohn». Milo ist ein guter Agent, nicht umsonst bekam er es hin, Milo vom FC Basel zu Real Madrid zu vermitteln. Auch erklärt Milo Ivo in ihrem Krisengespräch in Madrid das gesamte Fussballbusiness, was seine Kompetenz erneut unterstreicht. Milo wird als eine Person mit speziellem Humor beschrieben. Exemplarisch dafür ist die Szene, als Milo Ivos Arzt aufgrund seiner Behandlung an Ivos Rücken beschimpft. Da Ivo Milo kennt, erkennt er an seiner Stimme, dass er es nicht ernst meint. Daraufhin beschreibt er ihn als «lustiger Typ» (S. 93). Milo ist aber auch eine egoistische und geldgierige Person. So beschreibt Ivo, dass Milo wohl ohne zu zögern die für ihn beste Entscheidung treffen würde, während es gleichzeitig für alle anderen die schlechteste wäre. Die Geldgier wirkt sich auch auf seine Laune aus, beispielsweise empfängt er Ivo einst mit grossen Lachen, wohl nur weil er gerade Ángel di María für 35 Millionen Euro vermitteln konnte. Die Tatsache, dass Milo bei seinen grossen Deals jeweils einen Anzug mit Dollarzeichen trägt, unterstreicht seine geldgierige Eigenschaft, ebenso sein Versuch, Milo nach China zu vermitteln. Weiter ist Milo ein sehr direkter Mensch. Er macht Ivo beispielsweise schnell und deutlich klar, dass er bei Real Madrid keine Zukunft habe.
Ivos Verhältnis zu Milo findet mit dem grossen Wechsel nach Madrid einen guten Anfang. Anschliessend läuft es aber bei Ivo in Madrid nicht gut, worauf er seinen Agenten um Unterstützung fragen will. Da Milo sich aber nicht erreichen liess, lernte Ivo, ihm nicht zu vertrauen. Seit ihrem folgenden Krisengespräch in Madrid sieht Ivo Milo aber als Freund an. Dass Milo sich dann trotz der folgenden, wohl nicht sehr gewinnbringenden Clubs Ivos, nicht von ihm abgewandt hat, deutet insgesamt aber auf eine spezielle Bindung zwischen den beiden hin.
Motive
Narzissmus
Der Narzissmus spielt in diesem Roman eine wichtige Rolle. Seinen Höhepunkt findet er in der Szene, als sich Ivo von Mirna trennt und daraufhin ausrastet. Mirna sagt daraufhin, dass er mit seinem «Scheiss-Jugo-Narzisst» aufhören soll. Da fragt sich erstmals auch Ivo, ob er eventuell ein Narzisst ist und über kein Einfühlvermögen und menschliche Wärme verfügt. Doch auch da denkt sich Ivo sofort: «Er ist der wärmste Mensch auf der Welt» (S. 257). Dieser Gedanke Ivos könnte eine Verbindung mit der grossen Selbstverliebtheit haben, welche typisch für einen Narzissten ist.
Ein weiteres Indiz auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung Ivos sind seine verschiedenen Stationen in ganz Europa. Schon bei Real Madrid spielte Ivo nur eine Nebenrolle und wechselte anschliessend trotzdem zum FC Chelsea, einem nächsten Weltklasseverein. Dies könnte mit einem erhöhten Selbstwertgefühl verbunden sein, da Ivo sich selbst besser einschätzt als er tatsächlich ist.
In einer weiteren wichtigen Szene liest Ivo Lena die Geschichte von Ikarus vor. Persönlich hält Ivo nicht viel von der Geschichte, aber eigentlich kann man sie gut mit seinem Liebesleben vergleichen. Da Ivo gleichzeitig eine Ehe und auch eine Affäre vorantreibt, beschreibt den Flug an der Sonne. Im Unterschied zu Ikarus, welcher abstürzt, bekommt Jessy nichts von Ivos überheblichem Verhalten der Affäre mit. Dadurch trennen sie sich nicht und Ivos Leben bricht nicht zusammen. Ivo geniesst es ausserdem von Zuschauer:innen beobachtet zu werden. Beispielsweise im Training mit der österreichischen Nationalmannschaft beschreibt Ivo wie er «es geniesst, wenn Leute ihm zuschauen» (S. 240). Er will also immer etwas zu bieten haben, worauf er dann auch Anerkennung bekommen möchte. Auch in der Beziehung mit Jessy zeigt sich etwas Interessantes auf. Als Ivo und Jessy in der Phase sind, wo sie häufig Streit haben setzt Ivo nicht alles daran es sofort zu klären. Zuerst möchte er in vier Wochen nach Wien fliegen um mit Mirna schlafen zu können, erst danach setzt er alles daran seine Ehe wieder hinzukriegen.
Gleichzeitig zeigen sich in Ivos Verhaltensweise aber auch Aspekte, welche nicht auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hinweisen. Beispielsweise die Szene, wo sich Ivo fragt, ob er tatsächlich ein «Scheiss-Jugo-Narzisst» ist, zeigt, dass Ivo einen reflektierten Umgang mit problematischen Themen hat. Auch dass er danach Hilfe des Psychologen Ferdinand in Anspruch nimmt, wäre für einen Narzisst sehr untypisch. Seine Tochter Lena begleitet er sogar an seinem eigenen Geburtstag an einen anderen Kindergeburtstag. Dies zeigt, dass Ivo ein emphatischer Mensch ist, da er seinen Geburtstag für eine Aktivität seiner Tochter zuliebe zurücksteckt.
Zusammenfassend lässt sich aus dem Roman von Tonio Schachinger der Protagonist Ivo Trifunovic nicht als eine narzisstische Person einstufen. Jedoch ist Ivo definitiv ein Mensch, welcher häufig zuerst an sich selbst denkt. Die Beschreibung einer egoistischen Person ist dementsprechend zutreffend.
Gesellschaftskritik
In Roman von Tonio Schachinger wird das Motiv der Gesellschaftskritik auf eine vielschichtige Weise behandelt, die über den blossen Materialismus hinausgeht. Besonders deutlich wird dies in der Darstellung von Ivos Karriere als Fußballspieler, die als Metapher für die Gesellschaftskritik fungiert. In dieser Welt sieht sich Ivo mit dem Druck der öffentlichen Wahrnehmung und stereotypen Erwartungen konfrontiert. Die Art und Weise, wie Fußballspieler in den Medien porträtiert werden, kritisiert die Oberflächlichkeit und Simplifizierung der modernen Mediengesellschaft, die dazu neigt, Sportler und ihre Leistungen zu kommerzialisieren und zu sensationalisieren.
Ein weiterer kritischer Aspekt, der im Text hervorgehoben wird, sind die sozialen Klassenunterschiede und die kulturellen Disparitäten. Ivos Interaktionen mit seiner Familie und Freunden beleuchten die vielschichtigen sozialen Dynamiken und die damit verbundenen Spannungen und Konflikte. Diese Szenen stellen die Herausforderungen und das Ringen mit sozialen Erwartungen und Vorurteilen dar, die aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen resultieren.
Zudem wird das stereotype Denken in Bezug auf Geschlechterrollen und Beziehungen kritisch beleuchtet. Ivos Beziehung zu Jessy und seine Einstellung zu Frauen im Allgemeinen sind oft von traditionellen und stereotypen Vorstellungen geprägt. Der Roman kritisiert diese konventionellen Geschlechternormen und die einseitige Darstellung von Beziehungen, was auf tief verwurzelte gesellschaftliche Muster hinweist. Zu dieser Ansicht kommt man, da die Stereotypen schon fast zu deutlich und bewusst beschrieben werden.
Zusammenfassend fungiert der Roman als ein Spiegel der Gesellschaft, der verschiedene Aspekte des zeitgenössischen Lebens kritisch reflektiert. Von der Kommerzialisierung im Sport über soziale Ungleichheiten bis hin zu Geschlechterrollen hinterfragt und kritisiert der Roman die herrschenden gesellschaftlichen Normen und Werte. Durch Ivos persönliche Erfahrungen und die Darstellung verschiedener Lebensbereiche wird ein tiefgehender Einblick in die Komplexität und Widersprüchlichkeit der modernen Gesellschaft geboten, der zum Nachdenken über unsere Rolle als Individuen innerhalb dieser Strukturen anregt.
Stereotypisches Denken
Im Roman ist das Motiv des stereotypischen Denkens zentral und beeinflusst tiefgreifend das Leben der Hauptfigur Ivo sowie die gesamte Handlung des Textes. Ivo bewegt sich in einer Welt, die von vorgefassten Meinungen und sozialen Kategorisierungen geprägt ist. Diese Stereotypen formen nicht nur Ivos Selbstwahrnehmung und Handlungen, sondern auch die Art und Weise, wie er mit anderen Charakteren interagiert und wie diese die Gesellschaft betrachten.
Ivo selbst ist oft sowohl Opfer als auch Verstärker von Stereotypen. Beispielsweise neigt er dazu, Menschen schnell aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes und Verhaltens zu beurteilen, was etwa in einer Begegnung mit einem Mann am Merkur deutlich wird. Diese Tendenz, andere anhand oberflächlicher Merkmale einzuordnen, zeigt Ivos und allgemein die menschliche Neigung, Komplexität zu reduzieren und Menschen in einfache Kategorien zu klassifizieren.
Darüber hinaus thematisiert der Text stereotype Vorstellungen über soziale Klassen und kulturelle Hintergründe, vor allem in Ivos Interaktionen mit seiner Familie und seinen Freunden. Diese Gespräche bieten Einblicke in die Vielschichtigkeit sozialer Dynamiken und heben die Rolle hervor, die stereotype Annahmen dabei spielen. Ivo reflektiert über seine soziale Stellung und die damit verbundenen Erwartungen, die auf seiner Herkunft basieren.
Ein weiteres prägnantes Beispiel für die Rolle stereotypischen Denkens findet sich in Ivos Überlegungen zum Fußball. Die öffentliche Wahrnehmung und Medienberichterstattung über Fußballspieler basieren oft auf Stereotypen und simplifizierenden Narrativen. Spieler werden häufig als bloße Sportfiguren wahrgenommen, deren Wert sich ausschließlich durch ihre Leistung auf dem Spielfeld bestimmt, was die Komplexität ihrer Persönlichkeiten und Hintergründe ignoriert.
Stereotype Vorstellungen beeinflussen auch Ivos Gedanken und Handlungen in Bezug auf die Frauen im Roman. Dies wirkt sich auf seine Einstellung und seine Gedanken zu Jessy und anderen weiblichen Charakteren im Text aus. Exemplarisch dafür sind die vielen Szenen, wo Ivo Jessy sieht, und direkt ein sexuelles Verlangen nach ihr bekommt. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Szene, als Jessy mit ihrer Freundin Kata zur Ballettaufführung geht. Ivo beobachtet die Aufnahme der Überwachungskamera, als die beiden Frauen in das Auto steigen. Er spult daraufhin extra nochmals zurück, um mehr von Kata erkennen zu können als ihre schönen Beine und greift dabei instinktiv in seine Jogginghose.
Ein weiterer Stereotyp behandelt die Ehe von Fußballern mit Frauen, über die man häufig denkt, sie machen nichts anderes als nur zu den Kindern zu schauen. Dieser Stereotyp wird in diesem Roman gestützt, da Ivo nur mit Jessy, welche dem Ideal einer Spielerfrau entspricht, eine Beziehung führen kann. Mit Mirna, welche durch ihre akademische Ausbildung und ihre differenzierte Lebensform eher weniger diesem Ideal entspricht, funktioniert es nicht und wird es laut Ivo auch nie tun.
Zusammenfassend bietet der Roman eine tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Thema des stereotypischen Denkens. Der Text zeigt, wie Stereotypen Ivos Identität und Interaktionen beeinflussen und zu einem tieferen Verständnis der sozialen und kulturellen Dynamiken beitragen, in denen er sich bewegt. Es wird deutlich, dass stereotype Vorstellungen sowohl einschränkend als auch prägend für die Charaktere sind und eine zentrale Rolle in der Handlung und Botschaft des Textes spielen.
Herkunft
Die Herkunft bleibt im Verlaufe des Romans stets ein wichtiges Thema. Besonders im Fussball spielt die Frage nach der Herkunft eine grosse Rolle. Diese Thematik ist meistens mit Kritik und Vorurteilen verbunden.
Dies zeigt sich bei Ivo vor allem in den Zusammenzügen mit der Nationalmannschaft. Ivo und auch einige seiner Teamkollegen in der österreichischen Nationalmannschaft haben jugoslawische Wurzeln. Bei guten Leistungen wird nicht unterschieden zwischen gebürtigen Österreicher und ausländischen Spielern. Falls es jedoch einmal wieder weniger gut läuft, werden die Gründe dafür oftmals bei Spielern mit ausländischen Wurzeln gesucht. Wenn Ivo einen Fehler macht, wird er mit jeglicher Art von Kritik und von Aussagen wie «Ivo, jetzt bist du wieder ein richtiger Tschusch!» (kap 29 ende) konfrontiert. Zudem wird auch ihre Loyalität gegenüber dem Land, für welches sie spielen, in Frage gestellt.
Diese Kritik gegenüber Spielern ausländischer Herkunft zeigt dabei ziemlich genau auf, wie es in der realen Fussballwelt ausschaut.
Dieses stereotypische Denken gegenüber Menschen mit ausländischer Herkunft zeigt sich aber nicht nur im Fussball. Auch abseits des Fussball wird Ivo mit dieser Thematik konfrontiert als Mirna seine Art oder sein Denken als «Scheiss-Jugo-Narzissmuss» (anfang kap 41) bezeichnet.
Die Rolle von Herkunft und Identität wird auch in den Reflexionen Ivos über seine Karriere als Fußballspieler sichtbar. Sein professionelles Leben ist ein Bereich, in dem seine Herkunft sowohl als Quelle von Stolz als auch von innerem Konflikt fungiert. Er erlebt Momente der Selbstzweifel und Unsicherheit, die durch die Erwartungen und Stereotype, die mit seiner Herkunft verbunden sind, verschärft werden. Diese innere Zerrissenheit wird besonders deutlich, wenn Ivo über seine öffentlichen Auftritte und das Bild, das er in den Medien darstellt, nachdenkt.
Weiterhin ist auffällig, wie Ivo seine Herkunft und Identität in Bezug auf seine Heimatstadt Wien reflektiert. Seine Gedanken und Gefühle zu Wien sind durchzogen von einer tiefen Verbundenheit, aber auch von Ambivalenz. Einerseits zeigt er Stolz und Zuneigung zu seiner Heimat, andererseits erlebt er eine gewisse Entfremdung und Distanz, besonders im Umgang mit Personen, die in seiner Abwesenheit in Wien geblieben sind. Diese Beziehung zu Wien und seinen Bewohnern spiegelt die komplizierte Natur von Ivos Identität wider, die sowohl durch seine Herkunft als auch durch seine individuellen Erfahrungen und Errungenschaften geformt wird.
Form
Aufbau
Der Roman «Nicht wie Ihr» von Tonio Schachinger besteht aus 302 Seiten und ist in 48 kurze Kapitel unterteilt.
Die Handlung des Textes wird aus der personalen Erzählperspektive erzählt. Der Erzähler weiss alles über die Hauptfigur Ivo. Dies erkennt man daran, dass Ivo dauerhaft im Zentrum der Handlung steht und auch sehr viele Gedankengänge von Ivo beschrieben werden. Dabei handelt es sich oftmals um innere Monologe, die sich im Hier und Jetzt abspielen.
Sprache
Die Sprache ist ein wichtiges und sehr auffälliges Element in diesem Roman. Tonio Schachinger benutzt hauptsächlich einen informellen Sprachstil, den man in gewissen Textstellen sogar als vulgär bezeichnen kann. Auffallend sind Ausdrücke wie «Hurensohn», «Arschloch» und «Titten», die im Verlaufe des Textes immer wieder vorkommen. Dieser informelle Sprachstil erkennt man auch an der Verwendung der Umgangssprache und zum Teil an grammatikalisch unkorrekten Formulierungen. Beispiele hierfür wären folgende Textstellen: «Scheiss auf die anderen Burschen [].» (Kap 15) oder «Als ob du ur aggro wärst oder ur traurig» (Kap 24).
Der Autor verwendet je nach Kontext auch Formulierungen in unterschiedlichen Sprachen. Beispielsweise nutzt er bosnische Ausdrücke, wenn sich Ivo in der Nationalmannschaft mit Mitspielern jugoslawischer Herkunft unterhält. Zum Ausdruck kommen aber auch andere Sprachen, beispielsweise in der Szene, in der sich Milo, aufgrund der Rückenverletzung von Ivo, mit dem Arzt unterhält und ihm sagt: «How could this happen, eh?» (anfang/ mitte kap 19). Die Verwendung von Fremdsprachen kann helfen, den Text besser zu verstehen. Dadurch erfährt man zum Beispiel, wo sich Ivo in gewissen Situationen befindet und mit wem er spricht. Zudem kann es dazu beitragen, dass man sich besser in die Perspektive von Ivo hineinversetzen kann und es gibt Einblicke, wie die Kommunikation im Fussballgeschäft ablaufen könnte.
Ein weiteres wichtiges Element der sprachlichen Form des Romans ist die Verwendung von österreichischen Ausdrücken. Beispielsweise das Wort «Oida» wird sehr oft verwendet.
Die Sprache kann zu Beginn etwas für Verwirrung sorgen, jedoch wurde sie passend zum Text gewählt, um ein modernes und authentisches Abbild eines Fussballers zu kreieren.
Verbindung zur Realität
Obwohl Ivo Trifunovic eine fiktive Person ist, lebt der Roman von Tonio Schachinger von Bezügen zur Realität. Die verschiedenen Vereine, für welche Ivo gespielt hat, sind allesamt echt. Spannend ist auch, welche Vereine für welche Stationen in Ivos Karriere ausgewählt wurden. Club Brügge in Belgien ist auch in der Realität ein Ausbildungsverein, welcher Spieler für ihre grosse Karriere in Europa vorbereiten will. Der FC Basel war in der Schweiz lange Zeit ein Verein, der als Sprungbrett ins Ausland zu einem grossen Verein diente. So ist es auch in diesem Roman, da Ivo vom FC Basel zu Real Madrid wechselt. Ausserdem sind auch alle Namen von weiteren Profifussballern echt. Beispielsweise spielen Marko Arnautovic und David Alaba in der österreichischen Nationalmannschaft eine wichtige Rolle. Da auch Ivo als Star der Nationalmannschaft beschrieben wird, ist eine Verbindung der drei Spieler gelegen.
Alle diese Bezüge zeigen, dass sich der Autor Tonio Schachinger aktiv mit dem heutigen Fussball auseinandergesetzt hat. Er hat eine bewusste Auswahl an Clubs und Spielern getroffen, die er zum richtigen Zeitpunkt im Roman erwähnt.
- ↑ Tonio Schachinger: Nicht wie ihr. 2. Auflage. Rowholt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2023, ISBN 978-3-499-00450-6, S. 183.