Pfadfinder

internationale Erziehungsbewegung für Kinder und Jugendliche
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. September 2004 um 23:17 Uhr durch 62.246.67.201 (Diskussion) (Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Pfadfinderbewegung ist die größte Jugendbewegung der Welt. Schätzungsweise gehören ihr mehr als 28 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit an. Die Anzahl der Altpfadfinder, also der nicht mehr aktiven Pfadfinder, beträgt heute ca. 58 Millionen Pfadfinder. Nur in 6 Staaten (Kuba, Afghanistan, Andorra, Nordkorea, Laos, Birma) sind keine Pfadfinder vertreten, allerdings gibt es zum Teil Exilpfadfinder. Der Schutzpatron der Pfadfinder ist der Ritter Georg, der einen Drachen getötet haben soll. Nach seinem Vorbild sollen Pfadfinder ritterlich und ehrlich handeln, anderen Menschen Freund sein, Hilfsbedürftige und Schwache unterstützen und die Umwelt schützen. Das Wappen der männlichen Pfadfinder ist eine Lilie, das der weiblichen ein Kleeblatt.

Datei:Weltbundlilie.png
Weltbundlilie

Geschichte der Pfadfinderbewegung

Die Geschichte der Pfadfinderbewegung beginnt im Burenkrieg, in dem ihr Gründer, der damalige Oberst Lord Baden-Powell im Jahre 1899 mit 1.250 anderen englischen Soldaten in der südafrikanischen Kleinstadt Mafeking von ca. 9.000 Soldaten der Buren eingeschlossen wurde. Die Stadt mit Gewalt zu verteidigen schien aussichtslos, und so griff BP (gesprochen: Bi Pi) zu einem Täuschungsmanöver, seine Untergebene mit Hilfe von Strohpuppen und Holzgewehren eine viel größere Anzahl an Verteidigern vortäuschen zu lassen, als in der Tat zur Verfügung standen. In dieser Notlage wurden auch die Jungen der Stadt zu Meldeläufern, Spähern und Sanitätern ausgebildet. Einer dieser Jungen, der als Fahrradkurier eingesetzt war, soll auf die Frage, ob er denn nicht fürchte, erschossen zu werden geantwortet haben: "Ich fahre so schnell, die Kugeln können mich gar nicht treffen". Nach 217 Tagen Belagerung wurden die Eingeschlossenen schließlich am 16. Mai 1900 von der britischen Armee befreit.

Baden-Powell schrieb aufgrund seiner Erfahrungen für die britische Armee das Buch "Aids to Scouting" (Anleitung zum Kundschafterdienst), das auch aufgrund des Heldenstatus, den BP in dieser Schlacht errungen hatte, bei den Jugendlichen in der Heimat großes Interesse auslöste. Als BP feststellte, dass überall in England nach seinem Buch "Kundschafter" gespielt wurde, startete er den Versuch, aus diesem Spiel ein - heute würde man sagen erlebnispädagogisches - Konzept zur Jugenderziehung zu entwickeln. Als Versuch fand bereits 1907 ein erstes Lager auf Brownsea Island statt. Daran nahmen 22 Jungen aus verschiedenen sozialen Schichten teil. Sie trugen einheitliche Uniformen, um die sozialen Unterschiede zu verwischen.

Einigermaßen entsetzt vom großen Erfolg seines militärischen Buches erbat er vom britsichen König Urlaub und überarbeitete in dieser Zeit sein Buch, das 1908 mit dem Titel "Scouting for Boys" in einer jugendgemäßen Version erschien. Es wurde in viele Sprachen übersetzt und in der ganzen Welt verbreitet. Eigentlich gedacht als Anregung für bestehende Jugendgruppen waren die darin geäußerten Ideen so neu und spannend, dass auf seiner Grundlage bald darauf eine völlig neue, internationale und rasch wachsende Jugendbewegung entstand: Die Pfadfinderei war geboren.

Eine Übertragung ins Deutsche wurde von Dr. Alexander Lion, Stabsarzt der bayerischen Armee, unter Mitarbeit seines Freundes Maximilian Bayer, Offizier der preußischen Armee, vorgenommen und erschien im Frühjahr 1909 mit dem Titel "Das Pfadfinderbuch" (1914 "Jungdeutsches Pfadfinderbuch"). Lion und Bayer gelten somit als die Begründer der deutschen Pfadfinderbewegung. Allerdings geriet der deutsche Zweig der Pfadfinderbewegung vor dem Ersten Weltkrieg unter den Einfluss der Wehrsportbewegung und schwenkte in den nationalistischen Mainstream des Kaiserreiches ein.

1909 fand das erste große Pfadfindertreffen im Kristallpalast in London statt. BP war sehr erstaunt, als dort auch Mädchen erschienen und sich nicht mehr abwimmeln ließen. So bat er seine Schwester Agnes sich um die Pfadfinderinnenbewegung zu kümmern. Sie bekam 1912 Unterstützung von BP's Frau Olave.

Bereits 1910 entstand die erste Pfadfindergruppe in Österreich, in Wiener Neustadt. 1911 wurden in Berlin als erste deutsche Pfadfinderorganisationen der Deutsche Pfadfinderbund (DPB) gegründet. Ungefähr gleichzeitig entstanden die ersten evangelischen Pfadfindergruppen unter dem Dach des Christlichen Vereins Junger Männer (CVJM), aus denen 1921 die Christliche Pfadfinderschaft (CPD) hervorging.

1914 erfolgte der Ausbruch des 1. Weltkriegs. In den kriegführenden Ländern betrachteten es die älteren Pfadfinder und Führer damals als ihre Pflicht, für ihre Vaterländer zu kämpfen. Viele von ihnen fielen auf den Schlachtfeldern.

1916 fand trotz des Krieges die Gründung der Pfadfinderinnenbewegung statt.

Nach dem Krieg übernahmen ab vielerorts jüngere Pfadfinder die Leitungen der Stämme und Sippen, was dazu führte, dass die Ausrichtung der Gruppen weniger militärisch wurde. Dies geschah, weil man weitere Kriege verhindern und die Pfadfinder daran erinnern wollte, dass es ihre Pflicht sei, der Gemeinschaft zu helfen und sich mit anderen Völkern friedlich zu verständigen. 1919 wurde der Gilwell Park BP übergeben und dort das Rovertraining in Gang gesetzt.

1920 erfüllte sich BP einen großen Wunsch: das 1. internationale Pfadfindertreffen, das so genannte "Jamboree", ein indianisches Wort, das friedliches Zusammentreffen aller Stämme bedeutet. Es fand in der Londoner Olympia-Hall statt. Dorthin kamen auch die ehemals verfeindeten Völker des 1. Weltkrieges. Die 8.000 Teilnehmer aus 27 Ländern ernannten BP spontan zum "Chief Scout of the World". Seit diesem Zeitpunkt finden alle vier Jahre Jamborees statt, außer in der Zeit des 2. Weltkrieges, der von 1939-1945 tobte, und während der Iran-Irak Krise im Jahre 1979.

Im Jahre 1922 hatte die Pfadfinderbewegung schon über 1 Millionen Mitglieder in 31 Ländern.

Im Jahre 1929 wurde Baden-Powell zum Lord of Gilwell geadelt. Der Gilwell Park, den die Pfadfinder 1919 vom schottischem Landmann Mc Laren geschenkt bekamen, ist auch heute noch eine Ausbildungsstelle für Pfadfinder. Für Pfadfinderinnen existieren zwei Ausbildungsstätten, eine in Foxlease und die andere in Waddow-Hall. In diesem Jahr wurde auch die DPSG (Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg) als katholischer Zweig der deutschen Pfadfinder gegründet.

1931 findet im schweizerischen Kandersteg der erste World Scout Moot statt, ein Treffen der ältesten Pfadfinderstufe, der so genannten Rover.

1939-1945 Während dem 2. Weltkrieg waren in Deutschland alle Pfadfinderverbände verboten.

1948 bis 1949 Neugründung von

  • BDP - Bund Deutscher Pfadfinder (nicht konfessionell)
  • BDPi - Bund Deutscher Pfadfinderinnen (nicht konfessionell)
  • DPSG - Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (katholisch)
  • PSG - Pfadfinderinnenschaft St. Georg (katholisch)
  • CPD - Christliche Pfadfinderschaft Deutschland (evangelisch)
  • BCP - Bund Christlicher Pfadfinderinnen (evangelisch, nur in Bayern)
  • EMP - Evangelischer Mädchen-Pfadfinderbund (evangelisch, Westdeutschland ohne Bayern), die drei evangelischen Bünde gingen später (1973) in den VCP - Verband christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder über.

Die Bünde entstanden in den Westzonen, teils auf Veranlassung der West-Alliierten, überall jedoch mit deren Unterstützung - alle westlichen Besatzungsmächte hatten eigene Pfadfinder-Beauftragte, die die Neugründungen kontrollierten. 1950 Mitgliedschaft im Deutschen Bundesjugendring (DBJR) und Aufnahme in die beiden Weltpfadfinderverbände.

1958 fand zum ersten mal das Jamboree-on-the-Air (JOTA) statt, bei dem sich Pfadfinder aus der ganzen Welt über Funk unterhalten.

Ab 1968 Anzeichen eines Wertwandels in der Pfadfinderarbeit. Viele Gruppen suchen nach neuen Inhalten. "Repressionsarme Zeltlager" ist ein Schlagwort dieser Zeit.

1971 Nach knapp verlorener Vorstandswahl verließ ein Teil des Verbandes den BDP und gründete gemeinsam mit dem Bund Deutscher Pfadfinderinnen den Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP). Ursache waren unüberbrückbare Differenzen über die Politisierung des BDP. Der Weltverband der Pfadfinderbewegung WOSM hatte signalisiert diesen Verstoß gegen den Grundsatz der internationalen Pfadfinderbewegung, unpolitisch zu sein, nicht mehr länger zu dulden. Daraufhin löste sich im Mai 1971 der Ring deutscher Pfadfinderbünde auf. Mit der DPSG, dem vom BDP abgespaltenen Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) sowie dem durch Zusammenschluss der drei evanglischen Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände entstandenen Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) gründete sich der Dachverband am 1. Januar 1973 als Ring deutscher Pfadfinderverbände neu. Ein solcher Dachverband ist notwendig für die Mitgliedschaft in den Weltverbänden der Pfadfinderbewegung WOSM und WAGGGS. Etwas vereinfachend war dieser Vorgang also der Rauswurf des BDP aus der internationalen Pfadfinderbewegung wegen zu großer Politisierung.

1997 fand das erste offizielle Jamboree-on-the-Internet (JOTI) statt.

Zeitleiste

Bitte ergänzt diese Zeitleiste mit pfadfinderspezifischen Informationen (siehe meta:EasyTimeline und meta:Help:EasyTimeline syntax).

Organisation und Struktur

Es gibt verschiedene Pfadfinderbünde/Pfadfinderverbände, die vollkommen unabhängig voneinander sind und ihren eigenen Stil geprägt haben, z.B. St. Georgs-Pfadfinder, Europa-Pfadfinder, etc. Dabei wird von der Weltorganisation der Pfadfinder World Organization of the Scout Movement (WOSM) und World Association of Girl Guides and Girl Scouts (WAGGGS) nur jeweils ein Verband pro Land anerkannt. Die anerkannten Verbänden müssen bestimmte Kriterien erfüllen z.B. demokratischer Aufbau, interkonfessionell, friedenserziehend, beiden Geschlechtern und allen Rassen gegenüber offen, parteipolitisch unabhängig,... In manchen Ländern schließen sich mehrere Verbände in einem Dachverband zusammen, um den Kriterien zu genügen. So gibt es z.B. in Irland protestantische, katholische und gemischte Verbände. Bei der inneren Pfadfinderorganisation gibt es geringe Unterschiede, die Grundaufteilung funktioniert aber wie im Wikipediaartikel PPÖ unter "Aufbau" beschrieben. Der Begriff Pfadfinder ist kein geschützer Begriff und kann auch missbräuchlich verwendet werden z.B. von manchen rechten Gruppen bzw. religiösen Gruppierungen.

Deutschland

Daher haben sich in Deutschland die drei größten Verbände zum Ring deutscher Pfadfinderinnenverbände und Ring deutscher Pfadfinderverbände zusammengeschlossen (siehe auch unter www.scoutnet.de/rdp). Dem weiblichen Ring gehören die "Pfadfinderinnenschaft Sankt Georg" (PSG), der "Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder" (VCP) und der "Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder" (BdP) an, dem männlichen Ring gehören die "Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg" (DPSG), der "Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder" (VCP) und der "Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder" (BdP) an. Neben den Ringbünden gibt es eine große Anzahl weiterer Pfadfinderbünde in Deutschland. Die größten sind dabei wohl der Deutscher Pfadfinderverband (DPV), die Christliche Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD) und der Deutsche Pfadfinderbund (DPB).

Daneben existiert seit 1996 die "World Federation of Independent Scouts" (WFIS), ein Weltverband unabhängiger Pfadfindergruppen und -verbände. Ihr Ziel ist es, auch anderen Bünden und Verbänden, die zwar Pfadfinderarbeit machen, aber nicht Mitglied der WOSM oder WAGGGS sind, ein internationales Dach zu bieten.

Die Bünde gliedern sich in verschiedene Stämme, und diese wiederum in alterspezifischen Kleingruppen: Sippen in der Pfadfinderstufe bzw. Meuten für die Wölflinge und Runden für die Rover und Ranger. Ein Kennzeichen der Pfadfinderarbeit ist eine alterspezifische Arbeit. Es gibt nahezu überall die Altersstufe der Wölflinge (etwa 6 bis 10 Jahre), Pfadfinder (11-16) und Ranger/Rover (ab etwa 16 Jahren). Manchmal bilden Leiter eine eigene Altersgruppe (in den evangelischen Bünden auch Kreuzpfadfinder). Die Alterseinteilungen können je nach Bund schwanken. Die Pfadfinderstufe wird in manchen Bünden weiter unterteilt, z.B. in Jungpfadfinder (11-13) und Pfadfinder (14-16) bei Deutschlands größtem Verband, der DPSG.

Die hochumstrittenen Mitgliederzahlen sind ungefähr in folgenden Größenordnungen:

PSG 15.000
VCP 40.000
DPSG 100.000
BdP 30.000
DPV 20.000
CPD 4.000
DPB 4.000

Es gibt ca. 250.000 Pfadfinder in Deutschland, da in obiger Tabelle viele kleine Bünde fehlen. Das Größenspektrum reicht von den 100.000 der DPSG bis zu den berühmten VW-Bus-Bünden, die in besagten passen.

Österreich

Der in Österreich von WAGGGS und WOSM anerkannte Verband heißt PPÖ (Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs). Es gibt circa 28.000 Mitglieder (Stand 1997).

1957 fand in Bad Ischl (Oberösterreich) das 7. Weltjamboree statt.

Schweiz

Der Verband der Pfadfinder in der Schweiz heißt PBS (Pfadibewegung Schweiz). Dem PBS unterstellt sind 23 Kantonalverbände. Diese sind jeweils wieder in Korps oder Regionen aufgeteilt, welche dann wiederum die Abteilungen unter sich vereinen. Momentan hat die PBS rund 50.000 Mitglieder (Stand 2003) und ist somit die größte Jugendorganisation der Schweiz.

Besondere Einflüsse in Deutschland

Im Laufe der ersten Jahrzehnte wurden die Pfadfinder in Deutschland stark von der Jugendbewegung und damit von den Idealen der Wandervogel-Bewegung, der Bündischen Jugend und der Romantik beeinflusst. Diese Wurzeln wirken heute in der deutschen Pfadfinderbewegung unterschiedlich stark fort. Die heutigen deutschen Pfadfinderbünde unterscheiden sich untereinander und von Pfadfinderbünden anderer Länder vor allem darin, wie stark und auf welche Weise sie immer noch durch die Jugendbewegung beeinflusst sind.

Bei vielen Bünden sind sowohl Traditionen der internationalen Pfadfinderbewegung wie der deutschen Jugendbewegung verbreitet, wie z.B.

  • Das Motto Allzeit bereit und der Pfadfindergruß Gut Pfad
  • das Pfadfindergesetz und das Pfadfinderversprechen
  • der Gruß mit der linken Hand
  • die Kluft/Tracht (äußerlich vergleichbar mit einer Uniform, ist aber keine)
  • Verwendung von Kohten und Jurten
  • Einen (Zelt-)Platz sauberer zu verlassen, als man ihn vorgefunden hat.
  • Jugend "führt" Jugend (wobei dieses Prinzip auf völliger Freiwilligkeit basiert und man sich nicht bloß durch Alter oder Ränge, sondern nach Kompetenz und Fachwissen autorisiert.)
  • eine spezifische Singkultur mit einem charakteristischen Liedgut
  • das Auf Fahrt gehen, also auf mehrtägige Wanderungen zu gehen, bei denen man sich bewußt auf Spontanes einläßt und sich der Natur aussetzt
  • Siehe auch: Survival


Große Verbände im deutschsprachigen Raum