Kausalattribuierung

Zuschreibung von Ursachen des eigenen oder fremden Verhaltens als einen Aspekt der Attribution
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Die Kausalattribuierung oder Kausalattribution (oft kurz Attribuierung, Attribution) beschreibt den Vorgang der Ursachenzuschreibung des eigenen oder fremden Verhaltens. Die Kausalattribuierung ist eine alltägliche vom Menschen durchgeführte Handlung. Beobachtete Ereignisse werden dabei auf naiv psychologische und wissenschaftliche Art und Weise erkundet und auf eine mögliche Ursache zurückgeführt. Die Kausalattribuierung hat somit eine Strukturierungsfunktion, die den Ereignissen eine Bedeutung gibt, die Ursachen erklärt und dadurch versucht die Ereignisse vorhersehbar zu machen. Daher sind Kausalattribuierungen für menschliches Zusammenleben notwendig. Aus dem Bereich der Sozialpsychologie kommend finden sich viele Attributionstheorien, die diesen Vorgang genauer beschreiben.

Man unterscheidet folgende zwei grundlegenden Arten der Kausalattribuierung:

  1. Als internale Kausalattribuierung bezeichnet man, wenn eine Person die Ursache eines Ereignisses bei sich sieht.
  2. Als externale Kausalattribuierung bezeichnet man, wenn eine Person die Ursache eines Ereignisses bei anderen Personen, Umwelteinflüssen oder Faktoren sieht.

In der Regel neigt der Mensch dazu, bei Erfolg eine internale Kausalattribuierung anzuwenden, d. h. er sieht sich selbst als Ursache für den Erfolg. Ein Schüler sagt so zum Beispiel, dass er eine gute Arbeit geschrieben hat, weil er gelernt hat oder schlau ist. Bei Misserfolg wird bevorzugt die externale Kausalattribuierung herangezogen, d. h. einer andere Person oder einem Umwelteinfluss wird die Schuld an dem Misserfolg zugeschrieben. Ein Schüler würde so zum Beispiel sagen, dass er eine schlechte Arbeit geschrieben hat, weil der Lehrer ihn nicht leiden kann oder die Arbeit viel zu schwer war. Diese Attribuierung stellt einen Schutz des eigenen Selbstwertgefühls dar, da man sich nicht selbst als Ursache eines negativen Ereignisses sieht und darstellen muss.

Ebenso ändert sich die Art der Ursachenzuschreibung je nach Standpunkt der Personen. Ein Beobachter bevorzugt innere Ursachen ("Die Person ist hingefallen, weil Sie gerannt ist!"), der Handelnde begünstigt hingegen äußere Ursachen ("Ich bin hingefallen, weil es rutschig war!"). Dies führt auf Seiten der Beobachter zum fundamentalen Attributionsfehler, d.h. das Verhalten einer Person wird auf Charakteristiken der Person zurückgeführt, wobei situative Aspekte, die einen Großteil der Verhaltensvarianz ausmachen, vernachlässigt werden.

Aufgrund dieser Struktur der Attribution kann es zu so genannten Attribuierungsfehlern kommen. Der Mensch möchte die Ursache eines Ereignisses vorhersehbar machen und gelangt zu einer Ursachenzuschreibung, ohne jedoch die wahre Ursache des Verhaltens zu kennen. Häufig treten Attribuierungsfehler auf, wenn sich eine Person in einer Notlage befindet. Der Beobachtende kommt zu dem Ergebnis, dass die in Not befindliche Person selbst an ihrer Notsituation schuld ist, wegen mangelnder Qualifikation, Flexibilität etc. und diese daher selber ändern kann ("Er ist selber schuld wenn er keine Arbeit besitzt, denn jeder der arbeiten will, der bekommt auch eine Arbeit!"). Für den Betroffenen überwiegen dagegen meist die äußeren Umstände (die Situation am Arbeitsmarkt, die Gesellschaft im Allgemeinen etc.). Der Beobachtete bewahrt so sein Selbstwertgefühl und der Beobachter versucht seinen Glauben und das Ideal einer gerechten Welt aufrechtzuerhalten. Er kann somit in dem Glauben bleiben, die Situation sei grundsätzlich kontrollierbar.

Kausaldimensionen: Kausaldimensionen dienen dazu, viele verschiedene Kausalfaktoren aufgrund funktionaler Ähnlichkeiten in möglichst wenige Dimensionen einzuteilen. Das Wort Dimension impliziert, dass es sich um ein Kontinuum mit zwei Extrempolen handelt. Eine Kausaldimension ist die oben im Text schon genannte Lokationsdimension mit den Polen "internale Kausalattribuierung" und "externale Kausalattribuierung". Eine weitere ist die Stabilitätsdimension mit den Polen "stabil" und "variabel". Diese ist insbesondere in Bezug auf die Bildung zukünftiger Erwartungen von Bedeutung. Nimmt man an, dass eine Ursache "stabil" ist, so geht man davon aus, dass sie in Zukunft immer noch wirksam sein und das entsprechende Ereignis bedingen wird. Bei einer "variablen" Ursache, z.B. wenn man das Ereignis auf den Zufall zurückführt, dann wird man nicht sicher sein, ob die Ursache in der Zukunft wieder vorhanden sein wird und das entsprechende Ereignis bedingt. Eine dritte Attributionsdimension ist die Kontrollierbarkeitsdimension mit den Polen "kontrollierbar" und "nicht kontrollierbar". Diese drei Kausaldimensionen können nun zu einer dreidimensionalen Taxonomie mit 8 Zellen kombiniert werden. Beispiel: Die Fähigkeit einer Person wird häufig als eine interne, stabile und nicht kontrollierbare Ursache zur Erklärung eines Handlungsergebnis herangezogen. Man geht also davon aus, dass das Handlungsergebnis durch die handelnde Person verursacht wurde (intern). Da Fähigkeit als etwas stabiles betrachtet wird, also als ein Merkmal einer Person, dass sich nicht von einem Tag auf den anderen verändert, wird man erwarten, dass die Person bei einer vergleichbaren Aufgabe in Zukunft wieder ein vergleichbares Leistungsergebnis erzielen wird. Als "unkontrollierbar" wird Fähigkeit häufig deshalb betrachtet, weil sie im Gegensatz zu Anstrengung nicht einfach willentlich beeinflusst werden kann. Es ist an dieser Stelle jedoch wichtig zu erwähnen, dass es sich bei Kausalattributionen um keine Universalitäten handelt, sondern dass es interindividuelle Unterschiede in der Klassifikation verschiedener Ursachen gibt. So gibt es durchaus auch Personen, die der Meinung sind, dass die Fähigkeit einer Person durch Übung gesteigert werden kann, also etwas kontrollierbares ist.

Literatur

  • Aronson, E.; The Social Animal; New York: Worth, 1999
  • Mietzel, G.; Wege in die Psychologie; Stuttgart: Klett, 1996
  • Weiner, B.; Motivationspsychologie; Weinheim: Beltz, Psychologie-Verl.-Union, 1994

http://www.lvh-bw.de/index.php?id=15 (Förderung günstiger Ursachenerklärungen)