Marskanäle

feine Linienstrukturen des Mars
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Die Marskanäle sind feine Linienstrukturen auf dem Mars, die 1877 vom italienischen Astronomen Schiaparelli entdeckt wurden. Der bekannte und sehr erfahrene Planeten-Beobachter hatte besonders scharfe Augen, weshalb seine "Canali" (ital. für Rinnen) erst zwei Jahre später bei der nächsten Marsopposition bestätigt werden konnten.

Karte der Marsoberfläche nach Schiaparelli

Diese noch ausführlicheren Beobachtungen wurden vor allem auf der Sternwarte in den Bergen über Nizza vorgenommen und ergaben zeitweise mehrere Dutzend solcher Linien. Nach diesen Feststellungen (und jener von anderen Marsforschern um die Jahrhundertwende) verliefen sie fast geradlinig und nahmen in der Mehrzahl ihren Ausgang von dunklen Stellen des Planeten.

Zusammen mit jahreszeitlichen Verfärbungen (grau, rot, grünlich) ließ das in Camille Flammarion und Percival Lowell die Vorstellung entstehen, es könnte sich um künstliche Bauwerke von "Marsianern" handeln. Abschätzungen ergaben eine Breite der "Kanäle" (falsche englische Übersetzung) von mindestens hundert Kilometern, was von den meisten Astronomen mit breiten Vegetationsgürteln entlang von Wasserläufen erklärt wurde. Lovell nahm sogar an, eine sterbende Zivilisation würde ihren langsam vertrocknenden Planeten durch Schmelzwasser von den beiden Polkappen künstlich bewässern.

Diese Vorstellung - die noch auf der Annahme einer relativ dichten Atmosphäre beruhte - gab Anlass zu zahlreichen Fachartikeln und Science Fiction-Romanen, bis hin zu einem realistischen Hörspiel von Orson Welles, das um 1930 die halbe USA alarmierte. Mit größeren Fernrohren beobachtet, veränderten die "Canali" allerdings meist ihre Gestalt, teilweise verdoppelten sie sich aber auch. In den 1930er Jahren kam zunehmend die Vermutung auf, es könnte sich um optische Täuschungen handeln, wie sie die Linienverstärkung der visuellen Bildverarbeitung im Gehirn bei besonderen Kontrastverhältnissen zuwege bringt.

Dennoch bestand bis etwa 1965 die Vorstellung in der Fachwelt, dass der Mars niedriges Leben wie Moose oder Flechten aufweise. Erst durch die Raumsonden der 1960er konnte dies weitgehend ausgeschlossen werden. Heute neigt die Fachwelt der Ansicht zu, dass die Marskanäle durch Besonderheiten der damaligen Refraktoren und von Helligkeit, Flecken und Kontrast der Marsoberfläche vorgetäuscht werden. Doch lässt sich ein Teil der Canali mit weiträumigen, nur schwach gekrümmten Linienstrukturen (Terrassen, Reihen von Kratern usw.) erklären. Zu 100% sicher ist, dass Schiaparelli und seine Nachfolger das riesige, 4000 km lange Canyon der Valles Marineris regelmäßig ausnehmen konnten.

Literatur (Auswahl) und Quellen

  • Aarhus Univ., 2002: The Danish Mars Project, [1]
  • Beatty K. et al., 1983/90: Die Sonne und ihre Planeten. 1.Auflage 242p., 2.~260, Physik-Verlag Weinheim
  • Gerstbach G., 2003: Mars Channel Observations 1877-90, Compared with Modern Orbiter Data, [2]
  • Golombek M., 1998: Die Pathfinder-Mission zum Mars. Spektrum d.Wiss. Sept.98, p.62-73, Heidelberg
  • Hain Walter, 1995: Das Marsgesicht und andere Geheimnisse des Roten Pkaneten. 300p., ISBN 37766-19120, Herbig-Verlag München
  • Herrmann J., 1963: Leben auf anderen Sternen? 190p., Bildung und Wissen Bd.12, Bertelsmann Gütersloh
  • MOC 2003: [3]
  • Raeburn P., 2000: Mars. Die Geheimnisse des roten Planeten. 232p., NASA & Steiger Augsburg
  • TU Wien 2003f: TU Wien liefert Software für den Mars. [4]