Hugo Richard Jüngst (* 26. Februar 1853 in Dresden; † [[3. März 1923 in Dresden) war Chorleiter und Komponist.
Hugo Richard Jüngst wurde 1853 als viertes Kind des Ehepaares Friedrich Albert (*1812 bis †1871) und Marie Clementine, geb. Hauffe (*1816 bis †1885) in der sächsischen Residenzstadt Dresden geboren. Seine Geschwister hießen Armin Moritz, Privatus (*1846 bis †1922); Albert Eugen (*1845 bis †1930), Kaufmann; Hedwig, verh. Grünewald, königliche Oberförster (*1844 bis †1909).
Leben
J. stammte aus einer gut situierten, bürgerlichen Kaufmannsfamilie in Dresden. Sein Vater war Inhaber einer Fabrik und eines Lagers für französische Mühlsteine. Bereits im Alter von sieben Jahren erhielt J. seinen ersten Klavierunterricht. J., der von schwacher Konstitution war, sollte auf Wunsch seines Vaters durch den Eintritt in ein Comptoir einen kaufmännischen Beruf erlernen. Doch ging er nach dem Tod seines Vaters seinen musikalischen Neigungen nach. Noch 1871 trat er in das Königliche Konservatorium für Musik in Dresden ein und begann mit einem sechsjährigen Studium in seinen Spezialfächern Klavier und Komposition. 1874 bis 1877 erhielt J. beim Königlichen Generalmusikdirektor August Wilhelm Julius Rietz als dessen letzter und angeblich liebster Schüler Unterricht in freier Komposition. Darüber hinaus wurde er von den Lehrern Emil Bähr, Armin von Böhme, Paul Janßen, Gustav Merkel und Wilhelm Rischbieter in den Fächern Orgel, Violine, Sologesang und Theorie unterrichtet. 1875 übernahm J. die Direktion des Männergesangvereins „Sängerlust“ und gründete 1876 den Dresdner Männergesangverein, dem er bis 1903 vorstand. Überdies leitete J. seit 1877 den ein Jahr zuvor gegründeten Julius-Otto-Bund, der als Dachverband der Dresdner Männergesangvereine fungierte, und avancierte hier in den folgenden Jahren zum ersten Bundeschormeister. Der Julius-Otto-Bund wurde nach dem berühmten Dresdner Kreuzkantor Ernst Julius Otto benannt. Ferner war J. seit 1878 Mitglied im Dresdner Tonkünstlerverein, in dem sein Vater schon zuvor kurzzeitig Mitglied gewesen war. J. war seit 1891 Musikdirektor und seit 1898 Professor. Des Weiteren übernahm J. 1895 bis 1915 die Leitung der akademischen Sängerschaft „Erato“ an der Königlichen Technischen Hochschule zu Dresden. J. konnte die elitär-konservative Verbindung der „Eratonen“ bei Sängerwettbewerben zu zahlreichen Erfolgen führen. Seit Ende 1907 wurde J. in den Gesamtausschuss des Deutschen Sängerbunds gewählt. 1913/14 übernahm J. interimistisch die Leitung des Gesangvereins der Staatseisenbahnbeamten zu Dresden. Bei seinen Zeitgenossen erfreute sich J. zeitlebens großer Beliebtheit und Wertschätzung, so dass er in zahlreichen ausländischen und inländischen Gesangvereinen die Ehrenmitgliedschaft erhielt. Sein musikalisches Wirken reichte u.a. nach Böhmen, Österreich, Rumänien und in die USA. Zusammen mit dem Dresdner Oberbürgermeister Gustav Otto Beutler wurde J. 1901 zum Ehrenmitglied des Dresdner Männergesangvereins ernannt. Am Ende seines Lebens hatte J. in über achtzig Gesangvereinen die Ehrenmitgliedschaft inne. König Friedrich August III. von Sachsen verlieh J. die Krone zum Ritterkreuz 1. Klasse des Albrechtsordens, überdies erhielt J. das Ritterkreuz des Zähringer Löwen (Baden) sowie die Medaille für Kunst und Wissenschaft (Gotha-Coburg). Neben seinen Aktivitäten in zahlreichen Gesangsvereinen war er ebenso als Komponist tätig und schuf über 300 Kompositionen, die meisten davon für Männerchöre. J. liegt heute auf dem Johannisfriedhof in Dresden-Tolkewitz beerdigt. Für J.s Grab fertigte der bekannte Dresdner Bildhauer Albert Starke ein Relief, das als Grabsteindenkmal immer noch zu bestaunen ist. Fast alle Spuren und Wirkungsstätten von J. wurden bei den Bombenangriffen auf Dresden im Februar und April 1945 zerstört.
Werke
„Höre uns, Germania!“, Opus 16; Das alte Lied, für Männerchor, Gedicht von Heinrich Heine, Opus 18 Nr.1; Das Mühlenrad, Opus 23 Nr.1; Abendstille, Opus 27c; Rosenfrühling, Opus 35 Nr. 1; Zwei Männerchöre oder Soloquartett mit Begleitung des Pianoforte, Opus 36; Sachsenhymne, Opus 38; Heimliche Liebe, Volkslied für Männerchor, Opus 41 Nr.1; Hoch über den Sternen, Partitur und Stimmen, op. 79; Heimfahrt, op. 81; Fremdländische Volksweisen, op. 87 No.2, „Tik e tik e tok!“ (aus Italien); Männerchöre, Von der Spielmannsfahrt, op. 88 No.1; Südslawische Dorfbilder, Ein Zyklus für Männerchor oder gemischten Chor mit Klavierbegleitung und verbindender Dichtung, op. 94; Norwegische Bauernhochzeit, Nach norwegischen Volksweisen für Männerchor, op. 97; Deutsche Volkslieder für Männerchor, op. 100; Ungarische Steppenbilder, op. 102; „An die Mägdelein!“, für Männerchor, Gedicht von Erich Langer, op. 103; An der Wolga, ein Cyclus für Männerchor mit Klavier- oder Orchesterbegleitung unter Benutzung russischer Volks- und Zigeunerweisen, Opus 104; D-dur, „Spinn’! Spinn’!“, (aus dem Schwedischen nach einer estländischen Volksweise) für eine Singstimme mit Clavierbegleitung; Vier neue da capo Nummern für Männergesangvereine.
Quellen und Literaturhinweise
A. R. Scheumann, Festschrift anläßlich der Hundertjahrfeier Julius Ottos zugleich Geschichte des Julius-Otto-Bundes zu Dresden, Dresden 21904, S. 40-41; Die Sängerhalle, Allgemeine deutsche Gesangvereinszeitung, Offizielles Organ des Deutschen Sängerbundes, Jg. 15-49 (1875-1880;1882-1894;1896 [Bildnis];1898-1901;1903-1909); Deutsche Sängerbundeszeitung, Jg. 50-55 (1910-1915); Deutsche Sängerbundeszeitung, Jg. 56-67 (1916-1927); V. von Schmeidel, Der Deutsche Sängerbund 1862-1912, Graz 1912; Dresdner Männergesangverein - Mitgliederverzeichnis, hrsg. vom Dresdner Männergesangverein, Dresden 1913; M. Fürstenau, Das Conservatorium für Musik in Dresden 1856-1881, Dresden 1881; Festschrift zur fünfzigjährigen Jubelfeier des Königlichen Conservatoriums für Musik und Theater zu Dresden 1856-1906, hrsg. vom Direktorium, Dresden 1906; S. Raschke, 150. Geburtstag – 80. Todestag, Hugo Richard J. (1853-1923), in: Der Elbhang-Kurier 3/2003, S. 18.
Bilder und Fotografien
C. Arazim, 1874, Fotografie s/w, Universitätsbibliothek Frankfurt/Main, Sammlung Manskopf, URL: http://manskopf.ub.uni-frankfurt.de/S36_F00904; Grabsteindenkmal mit Relief von J. auf dem Johannisfriedhof in Dresden-Tolkewitz, Albert Starke 1923-24.