Multikulturelle Gesellschaft ist ein soziologisches, politisches und publizistisches Schlagwort, mit dem eine Gesellschaft bezeichnet wird, in der Menschen unterschiedlicher Herkunft, Nationalität, Sprache, Religion und Ethnie zusammenleben.
Erstmals ist der Begriff 1957 in der Schweiz benutzt worden, in Deutschland wurde der Begriff in der öffentlichen Diskussion um die Migrationspolitik seit Ende der 1980er Jahre bekannt.
Vorstellung
Oft wird die multikulturelle Gesellschaft als Idealvorstellung konzipiert. In einem typischen Modell einer multikulturellen Gesellschaft wird eine Assimilation nicht angestrebt; die Selbstbestimmung jeder Kultur wird nicht oder nur soweit angetastet, als sie nicht zum Konflikt mit anderen Kulturen führt (Toleranzprinzip). Dabei beruht das Modell auf dem gegenseitigen Verständnis, Respekt, Toleranz, Gleichberechtigung und Rechtsgleichheit der beteiligten Menschen. Idealerweise sollte weder eine Gruppe dominieren, noch irgendeine Gruppe ausgeschlossen sein. Multikulturelle Gesellschaft findet überall dort statt, wo unterschiedliche Kulturen friedlich zusammenleben. Multikulturell meint nicht, dass es keinerlei Probleme zwischen verschiedenen Ethnien oder Religionsgemeinschaften gäbe, sowenig Demokratie politische Harmonie bedeutet. Konflikte müssen vielmehr als unvermeidlich angesehen und gemeinsam einer akzeptablen Lösung zugeführt, das Zusammenleben sollte durch interkulturelle Erziehung "erlernt" werden, so schwierig es gerade angesichts ständig wachsender sozialer Probleme auch ist, die Unterschiede zwischen den "Kulturkreisen" als Bereicherung und nicht als Bedrohung der eigenen Existenz wahrzunehmen.
Siehe auch
Literatur
- Alf Mintzel: Multikulturelle Gesellschaften in Europa und Nordamerika: Konzepte, Streitfragen, Analysen, Befunde, Passau: Wissenschaftsverlag Rothe, 1997
- Kien Nghi Ha: Ethnizität und Migration Reloaded. Kulturelle Identität, Differenz und Hybridität im postkolonialen Diskurs. Überarb. und erw. Neuauflage, [Westfälisches Dampfboot/WVB] 1999/2004, ISBN 3-86573-009-4
- Thomas Baumer: Handbuch Interkulturelle Kompetenz (2 Bände). Verlag Orell Füssli, Zürich
- Uli Sanwald, Stefan Stautner-Bhuruth: Am deutschen Multikulturalismus soll die Welt genesen, in Spiel ohne Grenzen. Verbrecher Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-935843-39-9
- jour fixe initiative berlin (Hg.): Fluchtlinien des Exils. Unrast Verlag, ISBN 3-89771-431-0
- jour fixe initiative berlin (Hg.): Wie wird man fremd? ISBN 3-89771-405-1
- Eva Kaewnetara, Hans Uske: Migration und Alter. Auf dem Weg zu einer kultur-kompetenten Altenarbeit. Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung, ISBN 3-927388-77-7
- Hito Steyerl, Encarnación Gutiérrez Rodríguez (Hg.): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik. Unrast Verlag, ISBN 3-89771-425-6
- Wolf-Dietrich Bukow et al.: Die multikulturelle Stadt. Leske + Budrich Verlag 2001, ISBN 3810026468.