Watzmann

Berg in den deutschen Alpen
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Watzmann
Höhe: 2.713 m
Geografische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Lage: Deutschland (Bayern)
Gebirge: Berchtesgadener Alpen
Erstbesteigung: August 1800 durch Valentin Stanič
Leichtester Anstieg: Bergtour

Der sagenumwobene Watzmann ist das zentrale Bergmassiv der Berchtesgadener Alpen. Er liegt im Südosten Oberbayerns im Nationalpark Berchtesgaden in den Gemeinden Ramsau und Schönau am Königssee. Das bekannte Massiv hat seinen Kulminationspunkt in der Watzmann-Mittelspitze, die mit ihren 2713 m Höhe zugleich höchster Punkt des Berchtesgadener Landes ist. Auf der bekannten Ansicht von Berchtesgaden aus, mit dem "Großen Watzmann" rechts und dem "Kleinen Watzmann" (Watzmannfrau) zur Linken, dazwischen die Watzmann-Kinder, beruht die Watzmannsage. Die Watzmann-Ostwand gilt als höchste Wand der Ostalpen.

Die Watzmann-Ostwand.
Sankt Bartholomä auf dem Schwemmkegel des Eisbaches
Der Watzmann von Caspar David Friedrich, um 1824-1825
Ein balzender Auerhahn am Watzmann

Gipfel

Durch den Watzmanngrat ist die Mittelspitze (2713 m, Hauptgipfel des Watzmanns) mit der Südspitze (2712 m, früher auch: Schönfeldspitze) und dem Hocheck (2651 m) verbunden. Abgesehen von diesen drei dominierenden Erhebungen des Großen Watzmanns sind vor allem der Kleine Watzmann ("Watzmannfrau", 2307 m) und die Watzmannkinder bekannt. Zu weiteren Informationen siehe unten das Kapitel über die anderen Gipfel im Watzmannmassiv.

Der Watzmann ist nach den Gipfeln des Hochkönigstocks (bis 2941 m) die höchste Erhebung der Berchtesgadener Alpen, die zu den nördlichen Kalkalpen zählen. Der Zugang erfolgt meist von Norden, ausgehend vom Ramsauer Ortsteil Wimbachbrücke oder aus der Hinterschönau vom Parkplatz Hammerstiel über das Watzmannhaus (1928 m). Ramsau bzw. Schönau liegen als Talorte über 2000 Höhenmeter unter dem Gipfel - damit weist der Watzmann eine für die Ostalpen sehr bemerkenswerte Höhendifferenz auf, die sogar alpenweit oft nur von Viertausendern übertroffen wird.

Geologie des Watzmannmassivs

Siehe auch: Infos der Nationalparkverwaltung zur Geologie der Berchtesgadener Alpen

Die Gipfelregion des Watzmanns besteht aus relativ witterungsresistentem gebankten Dachsteinkalk und Plattenkalk. Die Sedimente stammen aus dem jüngeren Trias, sie wurden ab etwa 230 Mio. Jahren vor unserer Zeit in der Tethys abgelagert. Die Schichtung des Dachsteinkalkes in Form aufeinander gelagerter Bänke ist vor allem im Relief der Ostwand zu erkennen, wo im zentralen Wandbereich die großen „Bänder“ ihre Umgebung prägen. Die ehemals horizontalen Schichten fallen dabei heute in einem Winkel von 30 bis 40 Grad nach Nordwesten ab, da sie bei der Alpenentstehung durch tektonische Bewegungen gekippt wurden. Typisch für diesen Kalk ist der Fossilienreichtum, vor allem Muschelreste sind zu finden (Kuhtritt).

Der Sockel des Gebirges besteht aus brüchigerem Ramsaudolomit. Dieser tritt besonders auf der Westseite des Gebirges im aufgeschotterten Wimbachtal und auf dem Schwemmkegel des Eisbaches zu Tage. Durch den ständigen Materialtransport aus dem Eisbachtal zu Füßen der Ostwand wird dieser Schwemmkegel den Königssee in erdgeschichtlich kurzer Zeit in zwei Hälften teilen.

Flora und Fauna des Watzmannmassivs

Der Watzmann hat aufgrund seiner großen Höhendifferenzen und der großen ökologischen Vielfalt eine besonders artenreiche Pflanzen- und Tierwelt. Dabei werden die Tieflagen besonders von montanen Buchenwäldern dominiert, welche in subalpine Mischwälder übergehen. Die obere Waldstufe wird bestimmt durch Nadelgehölze, vor allem durch Fichte, Lärche und Zirbe. Allerdings wurden diese natürlichen Wälder vor allem auf der leicht zugänglichen Nordseite des Massivs wegen des starken Holzbedarfs der Berchtesgadener Saline durch Fichten-Monokulturen ersetzt. Ab einer Höhe von etwa 2000 Metern ist kein Waldwuchs mehr möglich. Hier dominieren Zwergstrauchheiden, die beispielsweise aus der Bewimperten Alpenrose (Rhododendron hirsutum) gebildet werden, Latschen- und Grünerlengebüsche, Rasengesellschaften (Blaugras-Horstseggenrasen, Rostseggenrasen und Polsterseggenrasen) sowie Felsspalten- und Felsschuttgesellschaften.

Im Nationalpark und auch speziell am Watzmann kommen zahlreiche Pflanzenarten der Ostalpen vor, die im übrigen bayerischen Alpenraum fehlen, etwa das Wilde Alpenveilchen (Cyclamen purpurascens), die Schneerose (Helleborus niger), Einseles Akelei (Aquilegia einseleana), Clusius-Schlüsselblume (Primula clusiana), Bursers Steinbrech (Saxifraga burseriana), den Dolomiten-Mannsschild (Androsace hausmannii), das Tauernblümchen (Lomatogonium carinthiacum), den Österreichischen Bärenklau (Heracleum austriacum) und das Eberrauten-Greiskraut (Senecio abrotanifolius).

Die Tierwelt des Watzmann sowie des gesamten Nationalparks Berchtesgaden ist geprägt durch verschiedene Huftiere wie das Reh, Rot- und Gamswild. Hinzu kommen alpine Tiere wie das Murmeltier (nur Trischübel), der Schneehase, das Auerhuhn und das Birkhuhn sowie das Alpenschneehuhn und das Haselhuhn, der Steinadler, der Alpensalamander sowie die schwarze Kreuzotter. Der Steinbock kommt gelegentlich als Wechselwild aus dem Hagengebirge/Röth selten vor. Viele weitere Arten von Vögeln und natürlich auch Insekten sind in den verschiedenen Höhenlagen des Watzmann anzutreffen.

Schnee- und Eisfelder am Watzmann

Am Watzmann halten sich ganzjährig einige Schnee- und Eisfelder, von denen der so genannte Watzmanngletscher das größte und die Eiskapelle aufgrund ihrer leichten Erreichbarkeit von St. Bartholomä das bekannteste ist. Bei dem bereits von Berchtesgaden aus sichtbaren Watzmanngletscher im oberen Watzmannkar handelt es sich nicht um einen Gletscher im eigentlichen Sinne, sondern um ein Toteisfeld, da keine Fließbewegung zu verzeichnen ist. Auf und östlich des Eisfeldes liegen die Überreste eines im Oktober 1940 abgestürzten Transportflugzeugs JU 52. Bei der Eiskapelle dürfte es sich um das am niedrigsten gelegene ganzjährig vorhandene Schneefeld der Alpen handeln. Ihr unteres Ende liegt auf 930 Meter Höhe im oberen Eisbachtal und ist in etwa einer Stunde Fußmarsch von St. Bartholomä am Königssee erreichbar. Die Eiskapelle speist sich aus den gewaltigen Lawinen, die im Frühjahr die Ostwand des Watzmanns hinabstürzen und sich im Wandwinkel sammeln. Bisweilen bildet sich ein torartiges Gewölbe im Eis an der Stelle, wo der Eisbach aus der Eiskapelle hervortritt. Vor dem Betreten wird dringend gewarnt, es hat hier durch herabstürzendes Eis bereits Tote gegeben. In der Ostwand selber befindet sich im so genannten Schöllhornkar ein weiteres Eisfeld, Schöllhorneis genannt, über das bei einer Durchsteigung des Kederbacher-Weges aufgestiegen wird. Kar und Eisfeld tragen den Namen des Müncheners Christian Schöllhorn, der das erste Opfer der Ostwand wurde. Am 26. Mai 1890 stürzte er am oberen Ende des Eisfelds in die Randkluft und verletzte sich tödlich. Ein weiteres kleines namenloses Schneefeld befindet sich einige Hundert Meter unterhalb der Mittelspitze ebenfalls in der Ostwand.

Watzmannsage

Häufig auf Fotos und Bildern abgebildet ist die Ansicht von Norden; von links nach rechts erscheinen die Watzmannfrau, die Kinder und der Große Watzmann (der aus den Hauptgipfeln besteht) als nebeneinander aufgereihte "Familie". Der Sage nach wurde das Land einst vom grausamen König Watze beherrscht, der mit seiner Frau und den Kindern Furcht und Schrecken verbreitete. Als er eine Bauernfamilie mit seinem Ross zerstampfte, fluchte die Bäuerin, dass Gott ihn und seine Familie zu Stein verwandeln solle. Danach tat sich die Erde auf, spuckte Feuer und verwandelte den König und seine Familie zu Stein. In manchen Sagen wird noch erzählt, dass der Königs- und Obersee durch das zusammengeflossene Blut der Königsfamilie entstanden sei.

Alpinismus

Die Mittelspitze wurde wahrscheinlich im August 1800 erstmals durch den Slowenen Valentin Stanič erstiegen, auch wenn andere Quellen bereits 1799 als Jahr der Erstbesteigung nennen. Wenige Tage nachdem Stanič den Gipfel des Großglockners am Tag nach dessen Erstbesteigung erreichte, erkletterte er auch den höchsten Punkt des Watzmanns vom Hocheck her kommend. Die erste Überschreitung des Großen Watzmanns (Hocheck, Mittelspitze, Südspitze) wurde 1868 vom Ramsauer Bergführer Johann Grill, dem Kederbacher, und Johann Punz durchgeführt. Diese beiden erreichten auch den Gipfel des Kleinen Watzmanns im Jahr 1852 als erste. Die Watzmann-Ostwand wurde zum ersten Mal 1881 ebenfalls von Johann Grill durchstiegen.

Watzmannüberschreitung

Eine der lohnendsten und eindrucksvollsten Gratüberschreitungen der Ostalpen ist die Überschreitung des Watzmanngrates, kurz "Watzmann-Überschreitung" genannt. Dabei werden die drei Gipfel des Hauptkammes, Hocheck, Mittelspitze und Südspitze meist von Norden nach Süden überschritten. In der Regel wird diese Tour so durchgeführt, dass man am ersten Tag vom Tal (Wimbachbrücke, der Parkplatz Hammerstiel, die Königssee-Rodelbahn oder St. Bartholomä kommen als Ausgangspunkt in Frage) zum Watzmannhaus (Alpenvereinssektion München, 1928 m, 169 Schlafplätze, oft voll belegt) aufsteigt, dort übernachtet und am nächsten Tag die Überschreitung angeht.

 
Das Watzmannhaus
 
Unterwegs am Watzmanngrat

Vom Watzmannhaus wandert man zunächst zum Hocheck hinauf, überwindet dann den exponierten und ziemlich langen Grat, dessen höchste Erhebung die Mittelspitze ist, und erreicht dann die Südspitze. Von der Südspitze, wo der Grat endet, führt ein steiler und steinschlaggefährdeter Pfad durch beeindruckende alpine Landschaftsformen hinab ins Wimbachgrieß, einem gigantischen Schuttstrom, über den man auf einem einfachen Wanderweg parallel zum Watzmannstock wieder nach Norden in die Zivilisation zurückwandern kann. Alle Etappen zusammengerechnet benötigt man etwa 12-17 Stunden reine Gehzeit (vom Tal ausgehend über die Gipfel und wieder ins Tal zurück), abhängig von der Anzahl der Überschreiter, die an schönen Herbsttagen in die Hunderte geht. Sportlich Ambitionierte können jedoch das ganze Pensum auch an einem Tag oder sogar in weniger als sieben Stunden absolvieren.

Bis zum Watzmann-Hocheck verlangt der Weg nur selten die Zuhilfenahme der Hände und ist für jeden konditionsstarken Bergwanderer ohne größere Probleme zu meistern. Am Hocheck-Gipfel (der interessanterweise zwei Gipfelkreuze aufweist) beginnt jedoch schlagartig der ausgesetzte Grat, der den Weiterweg eine Kategorie schwieriger macht. Die Markierungen führen meist knapp unterhalb, manchmal jedoch auch direkt auf der Gratschneide über die Mittel- zur Südspitze, oft mit sagenhaften Tiefblicken direkt in die Ostwand und zum Königssee hinab. Durch die vielen Begehungen sind die Felsen ziemlich abgespeckt und dementsprechend rutschig. Bei Nässe, Schnee, Eis, Gewitter oder Nebel verwandelt sich der Grat schnell in ein sehr gefährliches Terrain, auf dem schon erfahrene Bergsteiger ihr Leben verloren haben. Bei schönem Wetter ist die Tour allerdings ein Genuss, denn auch wenn hier alpine Erfahrung gefragt ist, übersteigen die Schwierigkeiten doch nie den zweiten Grad der UIAA-Skala. Sportliche Bergwanderer, die trittsicher und schwindelfrei sind, sollten damit also keine Probleme haben; außerdem sind alle heiklen Stellen durch Drahtseile, Eisenstifte oder in den Fels gehauene Stufen entschärft. Die Benutzung eines Klettersteigsets zur Sicherung ist insbesondere bei Nässe und Vereisung dringend empfohlen. Einige Bergsteiger nehmen extra für den steilen Abstieg über die Südflanke einen Helm mit, da es hier bei vielen Begehern stellenweise zu Steinschlag kommen kann. Während die Mittelspitze ein sehr schroffer, ausgesetzter Gipfel ist, auf dem schnell Platzmangel entsteht, ist die Südspitze dagegen ein geräumiger, relativ ebener Gipfel, der mit seinem Rundumblick (vor allem zum direkt gegenüberliegenden Steinernen Meer) der vielleicht schönste Aussichtsgipfel des Watzmannmassivs ist. Die kleine Glocke im Gipfelkreuz der Südspitze darf gemäß der Tradition nur von Bergsteigern geläutet werden, die über die Ostwand aufgestiegen sind! An schönen Sommertagen sind verständlicherweise viele Dutzend Bergsteiger am Watzmanngrat unterwegs; dabei kann es zu Stauungen an manchen Gratstellen kommen.

Es lohnt sich, vom Watzmannhaus bereits nachts aufzusteigen, um dann bei Sonnenaufgang als Erster auf dem Hocheck zu stehen. Alternativ kann man auch in der offenen Unterstandshütte am Hocheck übernachten (keine Lager, nur Holzbänke). Diese kleine Hütte ist jedoch bei Gewitter lebensgefährlich, da sehr exponiert. Vor dem weiteren Aufstieg vom Watzmannhaus sollte man sich vergewissern, ob die Plätze nicht möglicherweise schon belegt sind. Des Weiteren kann es sehr nützlich sein, sich bereits vor der Tour über den Zustand des Grates zu informieren, denn die Verhältnisse sind oft nur schwer vorherzusagen: Während beispielsweise im Jahrhundertsommer 2003 die Überschreitung bereits Anfang Juni fast ohne Schneekontakt möglich war, wartete der Grat Anfang September 2003 (also eigentlich zur besten Jahreszeit) mit gefährlichem Blankeis auf; doch kann es auch durchaus vorkommen, dass der Grat selbst Ende Oktober oder sogar Anfang November (zum Beispiel 2005) noch völlig schneefrei und trocken ist.

 
Die Watzmann-Ostwand von den hohen Roßfeldern her betrachtet
 
Der Watzmann vom Obersee her betrachtet

Watzmann-Ostwand

Höchste Wand der Ostalpen?

Die Ostwand der Watzmann-Südspitze, auch Bartholomäwand genannt, ist eine der berühmtesten und bekanntesten Felswände der Alpen. Ob ihr auch das Prädikat der höchsten Ostalpenwand gebührt, ist jedoch umstritten, sind doch die in der Literatur oft zitierten 1800 Meter Wandhöhe niedriger als die 1900 Meter, die der Alpenvereinsführer "Julische Alpen" für die Westwand des Montasch (2754m) angibt. Hier stellt sich die Frage, was man noch als Felswand und was "nur" als Steilflanke bezeichnen kann. Mit Sicherheit übertrifft die Watzmann-Ostwand an Höhe die Nordwand des Hochstadel (2680m) in den Lienzer Dolomiten (ca. 1300-1400 Meter Wandhöhe), die Südwand des Birnhorn (2634m) in den Leoganger Steinbergen (ca. 1400-1500 Meter Wandhöhe) und die Nordwand des Triglav (2864m) in den Julischen Alpen (ca. 1500 Meter Wandhöhe) und ist somit - vielleicht nach der Montasch-Westwand - mindestens die zweithöchste Wand der Ostalpen.

Schwierigkeiten und Gefahren

Seit der Erstdurchsteigung 1881 durch Johann Grill, dem "Kederbacher", und den von ihm geführten Wiener Alpinisten Otto Schück fanden hier schon an die hundert Menschen den Tod. Das sind mehr Todesopfer als bei der Eigernordwand - allerdings kommen auch viel mehr Bergsteiger hierher, oft ohne die nötigen Fähigkeiten, und versuchen sich am Watzmann, daher die größere Unfallrate. Mit etwa 1800 Metern Höhenunterschied von der Eiskapelle (das ist eine Eisgrotte, die von St. Bartholomä auf einem bezeichnetem Wanderweg erreichbar ist) bis zum Gipfel ist die Watzmann-Ostwand eine der höchsten Wände alpenweit. Allerdings ist diese Riesenwand nicht besonders schwierig: Auf dem leichtesten Weg, dem Berchtesgadener Weg, ist "nur" der dritte Schwierigkeitsgrad gefordert, und auch das nur auf weniger als 100 Metern. Die Schwierigkeiten dieser Wand liegen vielmehr in der Orientierung, in ihren Dimensionen und in der fehlenden Möglichkeit, von Westen heranziehende Schlechtwetterfronten frühzeitig zu erkennen. Des Weiteren besteht akute Steinschlaggefahr. Im Winter oder Frühjahr, wenn die Felsen von Eis oder Schnee überzogen sind und Lawinengefahr herrscht, ist die Watzmann-Ostwand (wie auch die Watzmann-Überschreitung) selbstverständlich nur absoluten Profis und Gebietskennern vorbehalten.

Routen

Abgesehen vom Berchtesgadener Weg ziehen noch einige weitere Routen durch die Wand zur Südspitze, namentlich sind dies der Kederbacherweg (benannt nach dem Erstdurchsteiger, obwohl die Seilschaft im oberen Teil den Weg zur Mittelspitze und nicht zur Südspitze wählte), der Salzburger Weg, der Münchner Weg, der Frankfurter Weg, der Polenweg, der Franz-Rasp-Gedächtnisweg und noch einige weitere. Varianten sind in dieser stark gegliederten und nicht sonderlich steilen Wand oft möglich.

Besondere alpinistische Leistungen

Franz Rasp war der langjährige "Hausmeister" der Ostwand: Er durchstieg mehrere Routen als erster im Alleingang und war wohl der beste Kenner der Wand. Am 1. Januar 1988 stürzte Rasp mit einem weiteren Bergsteiger ab und kam dabei ums Leben - es wäre seine 295. Durchsteigung der Wand gewesen. Heute ist Heinz Zembsch die absolute Autorität und Koryphäe in der Watzmann-Ostwand: etwa 300 Mal durchstieg er schon erfolgreich die Wand und bietet seine Erfahrung jedem Ostwandaspiranten als Bergführer an. Die vielleicht größte alpinistische Leistung, die je am Watzmann vollbracht wurde, war eine Winterbegehung des Salzburger Weges von Hermann Buhl im Jahre 1953. Dieser Ausnahmekletterer der 1950er-Jahre trainierte für seine so berühmt gewordene Nanga Parbat Erstbesteigung des selben Jahres und schaffte es, diese ihm neue Route allein, nachts und im Winter zu meistern, was eine außergewöhnliche Leistung darstellt und zu Unrecht in der alpinen Geschichte nur Insidern bekannt ist. Albert Hirschbichler rannte im Herbst 1988 von St. Bartholomä in unglaublichen 2:10:12 h durch die Ostwand zur Watzmann-Südspitze hinauf [1].

Biwakschachtel

Im oberen Wandteil der Watzmann-Ostwand befindet sich auf 2380m (unter dem "Massigen Pfeiler") eine Biwakschachtel, die vor allem bei Wetterstürzen eine wichtige Notunterkunft darstellt.

Westflanke

Die Watzmann-Westflanke bricht zwischen Schüttalpelschneid und Griesspitze mit einer Wandhöhe von bis zu 1700 m gegen das Wimbachtal ab. Auf etwa 2000 m befindet sich die Grenze zwischen Ramsaudolomit und Dachsteinkalk. Oberhalb ist die Flanke im allgemeinen vergleichbar mit der Ostwand, nur etwas flacher. Unterhalb durchziehen zwei mächtige Grabensysteme die hier sehr brüchige und latschenbewachsene Flanke. Die Routen durch die Westflanke sind sehr mühsam und stellen hohe Anforderungen an die Orientierung. Sie werden selten und dann meist im Abstieg begangen.

Klettern am Watzmann

Die berühmtesten Kletterrouten am Watzmann sind natürlich die Ostwandführen, siehe oben. Darüber hinaus gibt es jedoch noch eine Vielzahl anderer, meist hochalpiner und anspruchsvoller Klettereien. Die meisten befinden sich in der Westwand des Kleinen Watzmanns, die fast senkrecht über dem Watzmannkar aufragt und auch vom Wanderweg, der zum Watzmannhaus hinaufführt, gut sichtbar ist. Es gibt hier Dutzende Kletterrouten verschiedener Schwierigkeitsgrade, darunter das Sakrische Eck, welches die erste Siebener-Kletterroute im Berchtesgadener Land ist. Weitere Kletterrouten finden sich hauptsächlich an den gewaltigen Südabstürzen der Watzmannkinder sowie an den Ostwänden von Hocheck und Mittelspitze. Besonders erwähnenswert ist dabei die Wiederroute durch die Ostwand der Mittelspitze, die eine landschaftlich sehr eindrucksvolle Kletterei in den unteren Schwierigkeitsgraden darstellt. Auch wurden Klettereien durch andere Wände des Watzmannmassivs durchgeführt, wie z. B. solo von Franz Rasp durch die Hachelkopf-Nordwand, doch liegen diese meist außerhalb schnell erreichbarer Zustiege und sind damit für viele Kletterer uninteressant.


Andere Gipfel des Watzmannmassivs

Kleiner Watzmann (Watzmannfrau)

Der bedeutendste Gipfel des Watzmannmassivs nach den Hauptgipfeln des Großen Watzmanns ist sicherlich der Kleine Watzmann, auch Watzmannfrau (2307 m). Der einfachste Weg auf diesen formschönen Gipfel führt von der Kührointalm von Norden durch eine atemberaubende Landschaft auf den Gipfel, wobei an ein paar Stellen kleine Kletterpassagen (bis zum zweiten Grad) zu meistern sind. Eine davon, der sogenannte Gendarm, ist ausgesetzt und verlangt Schwindelfreiheit. Abgesehen davon ist der Aufstieg nicht besonders schwierig, allerdings gibt es hier im Gegensatz zum Großen Watzmann weder Drahtseilsicherungen noch deutliche Markierungen. Überhaupt findet der Bergsteiger hier eine viel größere Einsamkeit vor als am vielbesuchten Nachbarn. Sehr markant ist die Westwand des Kleinen Watzmanns, die schon viele Tausend Wanderer, die beim Aufstieg zum Watzmannhaus die Falzalm erreichen, beeindruckt haben dürfte. Diese annähernd senkrechte Wand ist (einmal abgesehen von der Südspitze-Ostwand) die bedeutendste Kletterwand am Watzmann. Erfahrene und ortskundige Bergsteiger können vom Gipfel des Kleinen Watzmanns in östlicher Richtung weglos zum Königssee hin absteigen, dabei kommt man am Watzmannlabl vorbei, einer kleinen Wiese, die unter Einheimischen als landschaftliches Juwel gilt.

Watzmannkinder

Die Watzmannkinder schließen das Watzmannkar am oberen Ende ab (der Sage nach sind es sieben; jedoch sind nur fünf als eigenständige Gipfel ausgeprägt: 1.Kind 2247 m, 2.Kind 2230 m, 3.Kind 2165 m, 4.Kind (Watzmann-Jungfrau) 2270 m, 5.Kind 2225 m). Sie sind am leichtesten von Norden aus dem Watzmannkar zu erreichen (teils über Pfade, teils weglos) und werden gerne im Winter im Zuge einer Skitour besucht. Nach Süden brechen die Watzmannkinder mit steilen Wänden von über 1000 Metern ins Eisbachtal ab.

Grünstein

Der Grünstein ist mit 1304 Metern Höhe der kleinste und zugleich der am leichtesten zu besteigende Gipfel des Watzmannmassivs. Er erhebt sich unmittelbar über der Schönau und ist über Wanderwege entweder vom Parkplatz Hammerstiel oder von der Königssee-Rodelbahn aus erreichbar. Wenige Minuten unterhalb des Gipfels befindet sich eine bewirtschaftete Hütte, das Grünsteinhaus. Aufgrund seiner geringen alpinistischen Anforderungen und des schönen Rundblicks über den Berchtesgadener Talkessel ist der Grünstein ein äußerst beliebtes Wanderziel.

Hirschwiese

Die Hirschwiese (auch Hirschwieskopf), 2114 m, ist der südlichste Gipfel des Watzmannmassivs und stellt die Verlängerung des Felsgrates dar, der von der Watzmann-Südspitze südlich herabzieht. Vom Trischübel (1765 m), dem Nahtpunkt zwischen Watzmann und Steinernem Meer, führt ein markierter Pfad durch steiles Grasgelände auf die kleine Gipfelhochfläche mit den beiden Gipfeln, die wenige Minuten auseinanderliegen. Die Erreichbarkeit über diesen Weg sowie die landschaftliche Entlegenheit und Schönheit, insbesondere aber auch die ungewohnte Perspektive auf den alles dominierenden Watzmann machen die Beliebtheit der Hirschwiese bei Wanderern aus. Außerdem ist sie im Umkreis von mehreren Kilometern bzw. einigen Gehstunden der einzige Zweitausender, der über einen Wanderweg erreichbar ist.

Weitere Gipfel

Aufgrund seiner Kompaktheit und geringen Fläche weist der Watzmannstock nur noch wenige weitere Gipfel auf:

  • Großer Hachelkopf (1866 m): Dieser Gipfel ist der höchste der Hachelköpfe, des Grates also, der von der Hirschwiese ostwärts abzweigt und über den Burgstallstein schließlich nach St. Bartholomä hinabzieht. Er ist von der Hirschwiese aus weglos und mühsam, aber ohne besondere alpinistische Schwierigkeiten erreichbar. Der Große Hachelkopf wird wegen seiner Entlegenheit und mangelnden Bekanntheit nur selten besucht, ist jedoch ein lohnenswertes Ziel, vor allem wegen der einzigartigen Einblicke in die Watzmann-Ostwand, die seine Lage ermöglicht.
  • Grießspitze (2257 m): Die Grießspitze ist die einzige markante Erhebung des Westsüdwest-Grates der Watzmann-Südspitze, der zusammen mit dem Südgrat der Watzmann-Südspitze das Schönfeld einrahmt. Sie ist nur weglos und in Kletterei zu erreichen, weshalb sie nur äußerst selten bestiegen wird.
  • Mooslahnerkopf (1815 m): Der Mooslahnerkopf ist streng genommen kein eigenständiger Gipfel, sondern nur eine untergeordnete Erhebung im Kamm, der vom Kleinen Watzmann ostwärts hinabzieht. Er ist jedoch von Kühroint aus über einen Pfad erreichbar und bietet sehr schöne Tiefblicke zum Königssee, weshalb er in der Reihe der Watzmann-Gipfel immer wieder genannt wird.
  • Falzköpfl (1928m): Auch das Falzköpfl ist kein eigenständiger Gipfel, sondern eine untergeordnete, wenn auch weithin sichtbare Erhebung im breiten Hang, der vom Watzmann-Hocheck nördlich ins Tal hinunterzieht. Die eigentliche Bedeutung des Falzköpfls ergibt sich aus der Tatsache, dass auf ihm das Watzmannhaus steht, die wichtigste Bergsteigerunterkunft am Watzmann. Somit besteigt gewissermaßen jeder, der im Zuge der Watzmann-Überschreitung das Watzmannhaus besucht, automatisch auch das Falzköpfl.


Zweit-, dritt- oder vierthöchster Berg Deutschlands?

Siehe auch: Liste der höchsten Berge Deutschlands

Die weit verbreitete Meinung, der Watzmann sei nach der Zugspitze (2962 m) Deutschlands zweithöchster Berg, hält einer genaueren Überprüfung nicht stand. Im Wettersteingebirge gibt es tatsächlich sogar mehr als drei Erhebungen, die höher sind als er. Die meisten davon befinden sich im Zugspitzmassiv. Nicht alle gelten aber als eigenständige Gipfel, da sie oft nur wenige Höhenmeter aus einem Grat herausragen. Der Schneefernerkopf (2875 m) erhebt sich jedoch deutlich als eigener Gipfel über der Schneefernerscharte (2699 m) und hat somit eigentlich das Prädikat als zweithöchster Berg Deutschlands verdient.

Weil jedoch der Schneefernerkopf zum Zugspitzmassiv gehört, kann auch der Hochwanner (2746 m) als zweithöchster Berg Deutschlands betrachtet werden. Dieser ist durch Reintal, Gatterl und Feldernjöchl sehr deutlich vom Zugspitzmassiv getrennt. Er bildet mit dem Wettersteinhauptkamm, dessen höchsten Gipfel er darstellt, ein eigenes Bergmassiv. Schaut man sich also nur ganze Bergmassive an, so stellt man fest, dass außer dem Zugspitzmassiv lediglich der Hochwanner höher ist als der Watzmann.

Um Missverständnisse zu vermeiden, sagt man am besten: Der Watzmann ist Deutschlands vierthöchster Gipfel oder dritthöchstes Bergmassiv und der höchste Berg, der mit seiner Basis vollständig auf deutschem Boden steht (alle oben genannten Gipfel sind Grenzgipfel zu Österreich/Tirol).

Literatur

  • Höfler, Horst: Watzmann. Mythos und wilder Berg. Zürich 2001
  • Rasp, Franz: Watzmann-Ostwand. München 3. Aufl. 1990
  • Schöner, Hellmut: 2000 Meter Fels. Ein Watzmann-Ostwand-Buch. Leipzig 1955
  • Schöner, Hellmut; Kühnhauser, Bernhard: Alpenvereinsführer Berchtesgadener Alpen. München 18. Aufl. 2003
Commons: Watzmann – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien