Archaeopteryx

ausgestorbene Gattung der Avialae (Vögel im weiteren Sinne)
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Archaeopteryx ist eine Gattung der Archosaurier, deren Fossilien in der Fränkischen Alb in Kalksteinen des oberen Juras entdeckt wurden. Da Archaeopteryx eng mit der Gruppe der Vögel verwandt oder ihr zuzurechnen ist, werden die Mitglieder der Gattung auch als Urvögel bezeichnet.

Archaeopteryx („Urvogel“)
Datei:Archaeopteryx Spindler2005.jpg
Lebendrekonstruktion (Spindler 2005)
Zeitraum
Oberer Jura (Malm)
150 Mio. Jahre
Fossilfundorte
Vorlage:Taxonomy
Herrscherreptilien (Archosauria)
Ornithodira
Dinosaurier (Dinosauria)
Paraves
Archaeopterygidae
Wissenschaftlicher Name
Archaeopteryx
von Meyer 1861
Vorlage:Speciesen
  • Archaeopteryx lithographica
  • Archaeopteryx siemensi
  • Archaeopteryx bavarica

Der Name Archaeopteryx stammt von Hermann von Meyer und ist aus den altgriechischen Wörtern archaios (uralt) und pteryx (Flügel, Feder, Schwinge) zusammengesetzt hat somit die Bedeutung von „Alter Feder“ oder „Alter Flügel“ - im Deutschen wahrscheinlich am besten wiederzugeben mit dem doppeldeutigen „Alte Schwinge“. Hermann von Meyers kurze Beschreibung gibt kaum Aufschluss über das zugrundeliegende Fossil. Er hatte selbst keinen Knochenfund von Archaeopteryx gesehen, sondern gründet seine Beschreibung auf einem in der Bayrischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie liegenden Federabdruck und einer aus dem Gedächtnis erstellten Skizze eines Untergebenen von einem sich in einer Privatsammlung (heute Londoner Exemplar) befindlichen Skelett. Zur Taxonomie siehe auch Bühler & Bock, 2002.tzalüt


Fundstücke

Bisher wurden zehn mehr oder minder gut erhaltene Skelette der Gattung Archaeopteryx sowie eine einzelne Feder gefunden. Alle diese Fossilien stammten aus den Schichten des oberen weißen Jura in den Steinbrüchen bei Eichstätt, Solnhofen, Langenaltheim und Jachenhausen bei Riedenburg. Der Abdruck der einzelnen Feder wurde 1860 entdeckt, das erste Skelett 1855 und das bisher letzte Exemplar 2005. Dabei handelt es sich um folgende Stücke (geordnet nach dem Zeitpunkt, an dem der jeweilige Fund erstmalig als Archaeopteryx erkannt wurde):

  1. Die Feder, entdeckt 1860 im Gemeindesteinbruch Solnhofen und 1861 beschrieben von dem Frankfurter Wirbeltier-Paläontologen Hermann von Meyer (1801-1869), der den heute noch gültigen Gattungsnamen Archaeopteryx prägte, war der erste bekannt gewordene Fund. Der eine Teil des Abdrucks befindet sich im Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin, die andere Seite im Paläontologischen Museum in München. Ob die isolierte Feder tatsächlich von Archaeopteryx stammt, ist nicht bekannt. Lange Zeit war dieses Exemplar jedoch problematischerweise der Holotypus.
  2. Das Londoner Exemplar, gefunden 1861 auf der Langenaltheimer Haardt bei Solnhofen, gehört zu den drei bedeutendsten Exemplaren. Es war das erste gefundene Skelett und ist das Typus-Exemplar der Art Archaeopteryx lithographica. Es wurde wenige Monate nach dem Fund vom Londoner Natural History Museum (damals noch zum British Museum gehörend) erworben.
  3. Das Berliner Exemplar
     
    Abguss des „Berliner Exemplars“
    (gefunden zwischen 1874 und 1876) auf dem Blumenberg bei Eichstätt, gilt mit seinen deutlichen Federabdrücken und einem erhaltenen Schädel als das wahrscheinlich schönste und vollständigste Stück. Der Finder Jakob Niemeyer tauschte den Fund für eine Kuh im Wert von 150 bis 180 Mark ein. Der neue Besitzer Johann Dörr veräußerte es für 2000 Mark an Ernst Häberlein aus Pappenheim. Schließlich erwarb Werner von Siemens das Exemplar 1879 für 20000 Mark und übergab es als Dauerleihgabe dem Mineralogischen Museum der Humboldt-Universität, welches ihm zwei Jahre später den Kaufpreis erstattete. Es lagert seitdem im Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität.
  4. Das Maxberger Exemplar (1956 auf der Langenaltheimer Haardt bei Solnhofen), ein Torso mit einigen Federabdrücken, befand sich bis zum Tod des Entdeckers 1991 in dessen Privatbesitz. Seitdem gilt es als verschollen.
  5. Das Haarlemer Exemplar (1855 in Jachenhausen bei Riedenburg) wurde schon 1855, also fünf Jahre vor der Feder gefunden, aber erst 1970 durch John Ostrom Archaeopteryx zugeordnet. Dieses Exemplar war durch Hermann von Meyer 1860 als Pterodactylus crassipes klassifiziert worden, daher hätte sein Artname crassipes gemäß den Prioritätsregeln der Benennung von Fossilien nach den Namen litographica ersetzen müssen. Dies wurde durch energischen Einsatz von Ostrom verhindert. Das Fragment ist in Besitz des Teyler's Museum, Haarlem.
  6. Das Eichstätter Exemplar (1951 in Workerszell bei Eichstätt), galt zunächst als kleiner Raubdinosaurier Compsognathus, wurde 1973 wieder entdeckt und 1974 von Peter Wellnhofer beschrieben. Das Stück befindet sich im Besitz des Jura-Museums in Eichstätt.
  7. Das Solnhofener Exemplar wurde in den 60er Jahren von einem türkischen Gastarbeiter in der Nähe von Eichstätt entdeckt und zunächst ebenfalls fälschlich als Compsognathus bestimmt, 1988 aber durch Peter Wellnhofer beschrieben. Es hängt im Bürgermeister-Müller-Museum zu Solnhofen (2001 entschied das Oberlandesgericht Nürnberg, dass das Fossil nicht an einen Steinbruchbesitzer herausgegeben werden muss, der behauptet hatte, es sei 1985 von seinem Besitz entwendet worden. Die Abweisung der Klage ist mittlerweile rechtskräftig; dennoch ist die tatsächliche Herkunft immer noch nicht restlos geklärt).
  8. Das Exemplar des Solnhofener Aktienvereins
     
    A. bavarica im Münchner Paläontologischen Museum
    (gefunden im Sommer 1992 in einem Steinbruch der "Solnhofer Aktien-Verein AG" auf der Langenaltheimer Haardt bei Solnhofen) kann im Paläontologischen Museum München besichtigt werden. 1993 wurde der Fund von Peter Wellnhofer als neue Art Archaeopteryx bavarica in die Wissenschaft eingeführt. Die schönen Federabdrücke und das sehr gut erhaltene Skelett ermöglichten zahlreiche neue Erkenntnisse. Die von Wellnhofer als Brustbein beschriebene Struktur hat sich allerdings nach neueren Untersuchungen (Tischlinger 2005) als Teil des Rabenbeines erwiesen. Die möglicherweise doch recht gute Flugfähigkeiten bleiben dabei allerdings erhalten, da das Brustbein wohl als verknorpelte Struktur vorhanden war. Auch zahlreiche Details des Schädels, des Kiefers und des Schwanzes des elstergroßen Urvogels öffneten neue Blickwinkel auf die Evolution der Vögel. Durch diese Besonderheiten gehört dieser letzte große Fund zweifellos zu den drei bedeutendsten, manche halten ihn sogar für schöner als das Berliner Exemplar.
  9. Ein sehr fragmentarischer, neunter Fund ist seit 1997 nur durch einen Abguss bekannt, unbekannt sind aber Besitzer und Aufbewahrungsort. Im Jahr 2004 wurde über einen weiteren, ebenfalls fragmentarischen Fund berichtet, der sich jetzt im Bürgermeister-Müller-Museum Solnhofen befindet.
  10. Ein zehntes Exemplar des Archaeopteryx wurde 2005 vom Wyoming Dinosaur Center von einem privaten Sammler aufgekauft und untersucht, die Ergebnisse wurden in der Science Ausgabe vom Dezember 2005 veröffentlicht. Herausragend an dem neuen Exemplar ist neben seinem äußerst gutem Erhaltungszustand die Tatsache, dass erstmals der Kopf von oben zu sehen ist und der Mittelfußknochen einen nach oben gerichteten Fortsatz aufweist.

Nur rund 10 bis 15 Millionen Jahre jünger als die Funde von Archaeopteryx aus Bayern sind die aus der frühen Kreidezeit stammenden fossilen Vögel aus China. Der stattlichste davon ist der mehr als 30 Zentimeter große Sapeornis, der wie Archaeopteryx noch Zähne im Kiefer trug, was als Merkmal der Reptilien gilt.

Biologische Einordnung

 
Archaeopteryx in einer frühen Rekonstruktion

Archaeopteryx, der vor rund 150 Millionen Jahre lebte, konnte vermutlich bereits Gleitflüge machen, was beispielsweise von Bäumen oder Bergen aus geschah. Durch den knöchernen Kiefer mit Zähnen und die schweren Schwanzwirbel, wie sie bei heutigen Vögeln nicht vorkommen, war der Vogel zu schwer, um vom Boden aus zu starten. Ein weiterer Grund war die fehlende Brustbeinausprägung heutiger Vögel. Dem Archaeopteryx fehlte es an Kraft, um vom Boden aus zu starten.

Bekannte Arten:

  • Archaeopteryx lithographica (Ungültige Synonyme: Archaeopteryx siemensi, Archaeopteryx macrura)
  • Archaeopteryx bavarica

Weitere sehr vogelähnliche Fossilien stammen unter anderen von den so genannten gefiederten Dinosauriern:

Bedeutung für die Evolutionstheorie

Der Archaeopteryx ist eines der wertvollsten und berühmtesten Fossilien der Welt. Charles Darwin hatte in der von ihm entwickelten Evolutionstheorie 1859 vorhergesagt, dass es bei der Entwicklung neuer Arten Übergangsformen geben sollte, die noch Merkmale der alten, aber auch schon Merkmale der neuen Art besitzen müssten. Als Darwin seine Theorie veröffentlichte, waren noch keine solchen Fossilien bekannt, sie wurden deshalb als fehlendes Glied (missing link) bezeichnet. Nur zwei Jahre später wurde die erste Versteinerung des Archaeopteryx gefunden.

Der Archaeopteryx war das erste Fossil, an dem bereits deutliche Merkmale von Vögeln, aber auch noch solche von Reptilien bzw. Sauriern zu erkennen waren. So besaß er schon Federn, hatte aber noch Finger mit Krallen, einen langen knöchernen Schwanz und statt eines Hornschnabels einen knöchernen Kiefer mit Zähnen. Der Archaeopteryx ist damit ein wichtiges Indiz für die Richtigkeit der Darwinschen Evolutionstheorie.

Die Auseinandersetzung um die Evolutionstheorie schlug sich auch in der Geschichte dieses Fossils nieder. Hermann von Meyer, der in einer kurzen Notiz das Fossil benannt hatte, stand ebenso wie Richard Owen, der die erste Beschreibung des Fossils lieferte, aufgrund religiöser Überzeugungen der Evolutionstheorie ablehnend gegenüber. Beide vermieden peinlich genau jeden Punkt in ihren Publikationen, der als Hinweis auf die Deutung als ein vermittelndes Bindeglied (Mosaikform) zwischen Reptilien und Vögeln gewertet werden konnte. Erst Thomas Henry Huxley lieferte die erste systematische Untersuchung des Fossils, die die Deutung als Beleg für die Evolutionstheorie ergab. Grobe Fehler in Owens Beschreibung sowie Owens Ankauf des Fossils entgegen der ausdrücklichen Weisung des Aufsichtsrates des Londoner Museums für Naturgeschichte, schwächten seine bis dahin unangefochtene Position in der britischen Wissenschaft. Dies machte den Weg für die Evolutionstheorie und ihre Anhänger auch in einer der bedeutendsten naturwissenschaftlichen Institutionen der Welt frei.

Siehe auch

Literatur

  • Bühler, Paul und Bock, Walter J.: Zur Archaeopteryx-Nomenklatur-Missverständnisse und Lösung, J. Ornithol. 143:269 -286.
  • Chambers, Paul: Die Archaeopteryx-Saga. Das Rätsel des Urvogels, Zweitausendeins : Frankfurt/a.M. 2003, 304 S., ISBN 3-8077-0139-7
  • Alonso, P.D., Milner, A.C., Ketcham, R.A., Cokson, M.J and Rowe, T.B., The avian nature of the brain and inner ear of Archaeopteryx, Nature 430(7000):666–669, 5. August 2004;
    • Witmer, L.M, Inside the oldest bird brain, in der gleichen Ausgabe pp. 619–620.
  • Bielohlawek, Gerold: Wer fand den Urvogel? Die Geschichte des Archaeopteryx aus dem Altmühljura Forum Verlag : Riedstadt 2005, 176 S., ISBN 3-937316-08-6
  • Gerhard Mayr, Burkhard Pohl, D. Stefan Peters: A Well-Preserved Archaeopteryx Specimen with Theropod Features. In: Science 310, 2005, S. 1483- 1486
Commons: Archaeopteryx – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien