Nosemose

Bienenkrankheit durch Sporentierchen der Gattung Nosema
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Die Nosemose (auch Nosemosis, Nosematose, Nosema, Frühjahrsschwindsucht, Darmseuche) ist eine durch Nosema sp. verursachte Erkrankung bei Honigbienen. Die Nosemose ist die häufigste Tierseuche bei erwachsenen Bienen und hochansteckend.

Erreger

Nosema ceranae
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Wissenschaftlicher Name
Nosema ceranae
Fries et al., 1996
Nosema apis
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Vorlage:Classis: Dihaplophasea
Vorlage:Ordo: Dissociodihaplophasida
Vorlage:Subordo: Nosematiodea
Vorlage:Familia: Nosimatidae
Vorlage:Genus: Nosema
Vorlage:Species: Nosema apis
Wissenschaftlicher Name
Nosema apis
Zander, 1909

Bis vor Kurzem galt Nosema apis als einziger Erreger der Nosemose bei der westlichen Honigbiene. Nosema apis ist ein einzelliger Parasit aus der Abteilung der Mikrosporidien (Microsporidia), das sind Kleinsporentierchen, die meist zu den Pilzen gerechnet werden. Das Ruhestadium von Nosema apis ist eine langlebige Spore, die relativ unempfindlich gegen Temperatur und Austrocknung ist.

1996 wurde in Asien ein ähnliches Mikrosporidium als Parasit der östlichen Honigbiene (Apis cerana) entdeckt, das folgerichtig als Nosema ceranae bezeichnet wird. Über die Symptome und den Krankheitsverlauf bei der asiatischen Honigbiene ist bis heute jedoch nur wenig bekannt.

Chinesische Forscher (Huang u. a.) fanden Nosema ceranae im Frühjahr 2005 in Taiwan erstmals auch auf der westlichen Honigbiene (Apis mellifera). Kurz darauf berichteten spanische Bienenwissenschaftler (Higes u. a.), dass der neue Erreger 2005 auch in Spanien entdeckt worden ist und nach ihren Erkenntnissen eine deutlich höhere Virulenz als die westliche Variante besitzt. Die durch Nosema ceranae verursachte Nosemose bei westlichen Honigbienen in Spanien ist mit einem vom bisher typischen Befund abweichenden, schwereren Erkrankungsbild verbunden (ungewöhnlich schwere Darmschädigungen bei den Bienen, kein Durchfall, bevorzugter Befall älterer Sammelbienen, die fernab der Behausungen sterben, und dadurch bedingtes "Leerfliegen" und Kollabieren der Bienenvölker). Beobachtet wurde ferner eine binnen weniger Jahre sehr stark vermehrte Ausbreitung der Nosemose und ihr Auftreten zu bisher ungewöhnlichen Jahreszeiten (ganzjährig), was offenbar auf die höhere Widerstandsfähigkeit von Nosema ceranae zurückzuführen ist. Vermutet wird daher auch eine höhere Reinfektionsrate der Bienenvölker, da der Erreger in der Außenumwelt länger überlebt.

Beide Erregertypen lassen sich mit den bisher üblichen Routineuntersuchungen nicht unterscheiden, sondern nur mithilfe molekulargenetischer Methoden (PCR) auseinanderhalten.

Als Besorgnis erregend sehen die Forscher den Umstand an, dass sich Nosema ceranae in Spanien offenbar gegen Nosema apis durchgesetzt hat (es wurden fast nur noch östliche Exemplare gefunden). Sie bringen das Auftauchen dieses Erregers daher mit dem in Spanien seit Herbst 2004 beobachteten massiven Bienensterben in Zusammenhang. Sie vermuten, dass sich auch in anderen europäischen Ländern ein ähnlicher Befund stellen ließe, da auch aus Frankreich (seit Ende der 90-er Jahre) und Deutschland (2002/2003) von vermehrten und bislang nicht schlüssig aufgeklärten Völkerverlusten berichtet wird.

Bei ersten Stichproben deutscher Referenzlabore im Winter 2005/2006 wurde der neue Erregertyp auch in Deutschland in acht von zehn untersuchten Bienenständen nachgewiesen (CVUA Freiburg), wobei die Verteilung von Bundesland zu Bundesland schwankt. Die Bienen mit dem klassischen Erreger Nosema apis kamen aus Thüringen und Bayern, während Nosema ceranae in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen gefunden wurde.

Die deutschen Wissenschaftler (Ritter, CVUA Freiburg) fragen sich allerdings, ob der "östliche" Erreger (die Herkunft ist nicht wirklich geklärt) nicht schon länger in Europa präsent sein könnte und bisher nur nicht von Nosema apis unterschieden wurde. Möglicherweise seien die aktuellen Krankheitsverläufe beim Anstieg eines Nosema-Befalls deshalb extremer, weil die Völker durch die Varroa-Milbe und andere Faktoren insgesamt geschwächt und daher anfälliger sind. Es gebe allerdings auch hierzulande tatsächlich Anzeichen dafür, dass sich der Verlauf der Nosemose verändert hat und die Krankheit nun im Gegensatz zur klassischen Form während des ganzen Jahres auftritt.

Die Untersuchung von 131, in der Mehrzahl klinisch auffälligen Bienenvölkern aus Bayern im Rahmen einer Dissertation (Zohni, 2006) stützt die These einer ursächlichen Beteiligung von Bienenviren, die durch Arthropoden (etwa die Varroa-Milbe) übertragen werden, an den periodisch auftretenden Massenverlusten. Da nur vergleichsweise wenige dieser Völker mit Mikrosporidien belastetet waren (in 14,5 % der Fälle wurde ein Nachweis von Mikrosporidiensporen erbracht, jeweils Hälfte dieser Funde war auf Nosema apis bzw. Nosema ceranae zurückzuführen), konnte eine Korrelation zwischen Mikrosporidienbefall und Virusinfektion dagegen nicht festgestellt werden.

Übertragung

Die Übertragung auf andere Völker erfolgt durch kontaminierte Waben oder Gerätschaften des Imkers oder durch Räuberei und Verfliegen einzelner Bienen.

Frisch geschlüpfte Bienen sind praktisch parasitenfrei. Die Infektion der Bienen erfolgt durch Aufnahme von Sporen. Der Parasit tritt in seine vegetative Entwicklungsphase ein und besiedelt die Epithelzellen des Mitteldarms der Biene (Ventriculus). Dort kommt es zur Vergrößerung und Vermehrung und zu einem Sistieren der zelleigenen RNA-Synthese und somit zu einer schweren Schädigung des Darms. Nach etwa einer Woche ist die befallene Darmepithelzelle mit Sporen angefüllt. Sie schelfert ab und durch die Verdauungsenzyme werden die Sporen (30-50 Millionen) aus der Zelle freigesetzt. Sie werden über den Kot der Biene ausgeschieden, zumeist auf Waben und innerhalb der Bienenwohnung.

Symptome

Die Symptome der Nosemose sind relativ unspezifisch, wodurch Verwechslungen mit anderen Bienenkrankheiten entstehen können. Sie tritt zumeist im Frühjahr nach Schlechtwetterperioden auf. Am stärksten werden die Arbeiterinnen befallen, weniger die Drohnen. Da befallene Bienen kaum an der Fütterung der Bienenkönigin teilnehmen, ist diese ebenfalls seltener infiziert.

Wichtigstes Symptom ist Dysenterie ("Durchfall"), die sich in gelben Streifen außerhalb der Kolonie zeigt. Außerdem können Flugunfähigkeit ("Krabbler"), Umfangsvermehrung des Abdomens, fehlender Stechreflex und früher Ersatz der Königin auftreten. Die Honigproduktion und Lebenserwartung der Bienen sinkt aufgrund der reduzierten Verwertung von Pollen.

Bei einer Erkrankung der Königin kommt es zu einer Degeneration ihrer Eierstöcke und ihre Eiproduktion sinkt durch Atrophie der Eizellen. Hierdurch wird im Volk ein Ersatz der Königin ausgelöst.

Das von Higes u. a. in Spanien beschriebene und mit dem Befall durch Nosema ceranae in Zusammenhang gebrachte klinische Bild weist einige Besonderheiten auf. Die bei befallenen Bienen beobachteten Veränderungen am Verdauungsapparat waren wesentlich gravierender als die von Nosema apis bekannten Schädigungen und mit besonders schweren und großräumigen Zellläsionen verbunden. Dagegen fehlten klassische Symptome wie Durchfall, Krabbler, auffälliger Totenfall in Standnähe usw. Als Grund für die anhaltende Abnahme der Bienenanzahl des Volkes wird u. a. der Befall der Flugbienen angenommen, die nicht mehr zurückkehren und weit vom Stand entfernt sterben. Hierdurch bedingt wird immer weniger Futter eingebracht, was zusammen mit den übrigen Folgen des Bienenschwundes bis zum Volkszusammenbruch führen kann.

Auch Ritter (CVUA Freiburg) berichtet von Veränderungen im Krankheitsverlauf der Nosemose, so traten im Gegensatz zur klassischen schleichenden Form Krabbler und Verluste während des ganzen Jahres auf. Im Winter starben manche Völker in kurzer Zeit ab und die Bienen lagen tot im Kasten (anders als in Spanien, wo die Beuten meist einfach bienenleer blieben). Ob diese Erscheinungen mit der neuen Form der Nosema zusammenhängen, lasse sich momentan nicht abschließend klären.

Diagnose

Die Diagnose wird anhand einer mikroskopischen Untersuchung von Nativpräparaten des Darms oder des zerriebenen Hinterleibs fluguntüchtiger und damit verdächtiger Bienen auf Sporen gestellt. Hierbei lassen sich die beiden Erregertypen Nosema apis und Nosema ceranae nicht oder nur sehr schwer unterscheiden (dazu bedarf es gentechnischer Untersuchungen).

Behandlung

Die Behandlung kann mit dem Antibiotikum Fumagillin (aus Aspergillus fumigatus) erfolgen, welches die Entwicklung der Sporen im Darm verhindert. Es beseitigt jedoch nicht die Sporen selbst. Eine Desinfektion der Waben und Gebrauchsgegenstände ist empfohlen. Empfindlich sind die Sporen gegenüber Essigsäure, Formalin, Ultraschall und Gammastrahlung. Auch eine biologische Bekämpfung durch Brutablegerbildung ist möglich.

Eine Vorbeugung ist durch Pflegemaßnahmen wie Nachelternpflege möglich.

Nosemose bei anderen Tieren

Erreger der Gattung Nosema befallen auch andere Insekten, z. B. Nosema vespula (europäische Wespenarten), Nosema oulemae (Getreidehähnchen), Nosema trichoplusiae (Gammaeulenart Trichoplusia ni), Nosema furnacalis (Zünslerart Ostrinia furnacalis), Nosema necatrix (Eulenfalterart Mythimna unipuncta), Nosema bombycis (Seidenspinner). Die durch Nosema bombycis hervorgerufene Flecksucht (Pébrine-Krankheit) ist eine der wichtigsten parasitären Erkrankungen der Seidenraupe.

Ähnliche Erreger wie Nosema sp. können auch bei Säugetieren Krankheiten hervorrufen. In der tierärztlichen Praxis geläufig ist die auch als Nosematose bezeichnete Encephalitizoonose bei Kaninchen, eine Infektion des Gehirns mit dem intrazellulär-parasitären Mikrosporidium Encephalitozoon cuniculi. Die Bezeichnung Nosematose rührt daher, dass die Encephalitozoen (deren übrige Arten den Menschen befallen) der Gattung Nosema phylogenetisch am nächsten stehen und früher dazu gerechnet wurden.

Literatur

  • T.A. Gochauer, B. Furgala, H. Shimanuki: The Hive and the honeybee. Chapter 21 Diseases and enemies of the honey bee, Dadant 1975.
  • Higes, Mariano; u. a.: El Síndrome de Despoblamiento de las Colmenas en España (Das Phänomen des Bienensterbens in Spanien). In: Vida Apícola 133 (September/Oktober 2005), 15-21 (Montagud Editores, Barcelona, Spanien).
  • Higes, Mariano; u. a.: Nosema ceranae, a new microsporidian parasite in honeybees in Europe. In: Journal of Invertebrate Pathology 91 (2006) (Elsevier).
  • Huang, Wei-Fone; u. a.: Complete rRNA Sequence of the Nosema ceranae from honeybee (Apis mellifera). National Taiwan University, Taipeh 2005.
  • Ritter, Wolfgang, (CVUA Freiburg): Nosema ceranae. Asiatischer Nosema-Erreger festgestellt. Neu verbreitet oder erst jetzt entdeckt? ADIZ, die Biene, der Imkerfreund (Zeitschrift der Landesverbände) 3/2006, S. 7 (Online auf der Website des Landesverbandes Schleswig-Holsteinischer und Hamburger Imker e.V.).
  • Webster, Thomas C.; u. a.: Nosema apis infection in worker and queen Apis mellifera / Nosema-apis-Infektion von Arbeiterinnen und Königinnen (Apis mellifera). In: Apidologie 35 (2004), 49–54 (EDP Sciences, Les Ulis, Frankreich).
  • Zohni, Dalia: Zur Epidemiologie arthropodenübertragener Virosen der Honigbiene, Apis mellifera, in Bayern. München 2006 (Inaugural-Dissertation an der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig–Maximilians–Universität München).