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Mühlhausen/Thüringen

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Wappen Karte
Großes Wappen Mühlhausen Deutschlandkarte, Position von Mühlhausen hervorgehoben
Basisdaten
Bundesland: Thüringen
Landkreis: Unstrut-Hainich-Kreis
Geografische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Höhe: 216 m ü. NN
Fläche: 86,34 km²
Einwohner: 37.285 (31. Dezember 2005)
Bevölkerungsdichte: 432 Einwohner je km²
Postleitzahlen: 99961–99974
Vorwahl: 03601
Kfz-Kennzeichen: UH
Gemeindeschlüssel: 16 0 64 046
Stadtgliederung: 5 Stadtteile
Adresse der Stadtverwaltung: Ratsstraße 19
99974 Mühlhausen
Website: www.muehlhausen.de
Bürgermeister: Hans-Dieter Dörbaum (parteilos)

Mühlhausen/Thüringen ist die Kreisstadt des Unstrut-Hainich-Kreises im Nordwesten Thüringens. In der Raumordnung des Freistaates Thüringen nimmt die Stadt den Rang eines Mittelzentrums mit Teilfunktionen eines Oberzentrums ein. Die nächstliegenden Großstädte sind Erfurt (etwa 55 Kilometer südöstlich), Göttingen (etwa 60 Kilometer nordwestlich) und Kassel (etwa 85 Kilometer westlich). Mühlhausen war im Mittelalter nach Erfurt die zweitmächtigste Stadt im Thüringer Raum, wovon heute neben der größten noch erhaltenen Stadtbefestigung auch der höchste Kirchturm Thüringens (98 Meter; Marienkirche) zeugen. Des Weiteren ist die Stadt bekannt für die größte Stadtkirmes Deutschlands (Mühlhäuser Kirmes), welche 1877 das erste Mal stattfand.

Geografie

Geografische Lage

Fußgängerzone Steinweg

Mühlhausen liegt geografisch in der Mitte Deutschlands am Nordwestrand des Thüringer Beckens. Das Stadtgebiet wird im Westen durch das Nordhessische Bergland, im Süden durch die Höhenzüge des Hainichs und im Norden durch die Berge des Obereichsfelds begrenzt. Mühlhausen liegt am Oberlauf der Unstrut, einem Nebenfluss der Saale.

Stadtgliederung

Die Stadt besteht aus den Ortsteilen:
(Einwohnerzahlen vom 31. Dezember 2003)

  • Mühlhausen (33.660 Einwohner)
  • Felchta (990 Einwohner)
  • Görmar (1.109 Einwohner)
  • Saalfeld (211 Einwohner)
  • Windeberg (260 Einwohner)

Geschichte

Vor dem Zweiten Weltkrieg

Stadtmauer am Frauentor (außen)
Stadtmauer am Frauentor (innen), rechts Rabenturm

967 wurde Mühlhausen erstmals urkundlich als „mulinhuson“ durch Otto II. erwähnt; es war Zentrum eines bedeutenden Reichsgutbezirkes mit befestigtem Königshof, dessen Ursprünge bis in das fränkische Reich Karls des Großen zurückreichen.

Im 11. Jahrhundert begann die Entstehung der Altstadt (Marktsiedlung), im 12. Jahrhundert folgte die der Neustadt um die Marienkirche unter Friedrich I. Barbarossa. Im Jahr 1135 söhnte sich Kaiser Lothar III. in der erstmalig so bezeichneten „villa regia“ Mühlhausen endgültig mit Konrad von Staufen aus. Mit dem Jahr 1135 ist Mühlhausen der erste Ort Thüringens, der die Stadtrechte erhielt. Heinrich der Löwe eroberte Mühlhausen, das sich zu einem bedeutenden Zentrum der Reichsgewalt entwickelt hatte, 1180.

Um 1200 wurde die Stadtmauer um die Innenstadt (49 Hektar) mit sieben Doppeltoren und 38 Wehr- und Kanzeltürmen und einer Länge von 2,7 Kilometern erbaut. Mühlhausen, ursprünglich ein königliches Kammergut, erhielt zu Anfang des 13. Jahrhunderts Münz- und Zollrecht. Gegen die Burg, auf der ein königlicher Burggraf waltete, schloss sich die Stadt in der gleichen Zeit durch Mauern ab. Um 1220 wurde das Mühlhäuser Rechtsbuch nach des Reiches Recht (das älteste Stadtrechtsbuch in deutscher Sprache) aufgezeichnet. Es war auch für die Reichsstadt Nordhausen geltendes Recht. 1251 erhielt die Stadt Mühlhausen das Recht einen Schultheißen zu ernennen und wurde dadurch freie Reichsstadt, wenn auch jenes Amt noch im 14. Jahrhundert eine Zeit lang an den Grafen von Henneberg verpfändet war. Inzwischen hatte auch die Burggrafschaft ihr Ende erreicht, und ihre Befugnisse wurden von der Stadt erworben. Unter Karl IV., also Mitte des 14. Jahrhunderts erhielten die Zünfte Vertretung im Rat. Die freie Reichsstadt Mühlhausen war seit 1286 Mitglied der Hanse. 1292 wurde die Breitsülze, der an der Stadt entlang fließende Bach, in einem künstlichen Bachlauf zur Wasserversorgung in die Oberstadt geleitet. Dies war für mittelalterliche Verhältnisse ein ingenieurtechnisches Meisterwerk. Der Bach wurde in einem Graben von 5350 Metern Länge mit einem Gefälle von nur 0,33 Millimeter pro Meter in die Oberstadt geleitet. Die Pläne für dieses Bauvorhaben stammen von einem Mönch, welcher der Sage nach einen Pakt mit dem Teufel traf und kurze Zeit nach der Fertigstellung verschwand.

1430 trat Mühlhausen gemeinsam mit Erfurt und Nordhausen, mit diesen beiden Städten seit 1310 im Thüringer Dreistädtebund vereinigt, dem starken Goslarer Bund innerhalb der Hanse bei. 1500 wird Mühlhausen Teil des Niedersächsischen Reichskreises.

Mit dem Bauernkrieg im Jahre 1525 wurde Mühlhausen durch Thomas Müntzer zum Zentrum der radikalreformatorischen Bewegung der Bauern, die durch die Stadt niedergeschlagen wurde. 1556 nahm sie die Reformation an. Nach der Niederlage der Bauern wurde der radikale Reformator Thomas Müntzer vor den Toren der Stadt hingerichtet. An dieser Stelle erinnert heute ein Denkmal an ihn. Die Stadt verlor ihre Reichsfreiheit; die Fürsten von Sachsen und Hessen wurden Schutzherren. Durch den Ankauf der Liegenschaften des Deutschen Ritterordens (1599) erwarb die Stadt einen großen Grundbesitz (im Ganzen 220 km²).

Die freie Reichsstadt Mühlhausen um 1630, Stich von Matthäus Merian

Auf dem Fürstentag zu Mühlhausen (März 1620) gab der Kurfürst von Sachsen die Sache der Union preis und erklärte sich mit den rheinischen Erzbischöfen für den Kaiser.

1707/1708 war Johann Sebastian Bach Organist an der Hauptkirche Divi Blasii (Sankt Blasius). Zum Ratswechsel am 4. Februar 1708 entstand die Kantate Gott ist mein König BWV 71 .

1802 kam Mühlhausen an Preußen, 1807 an Westfalen und 1815 wieder an Preußen. 1831 wanderte Johann August Röbling, geboren 1806 in Mühlhausen, in die USA aus und wurde dort zum Konstrukteur der größten Drahtseilhängebrücke der Welt, der Brooklyn Bridge in New York (1883). 1861 wurde Mühlhausen an das Telegrafennetz angeschlossen. 1870 wurde die Bahnstrecke Gotha-Leinefelde eingeweiht und somit ein Eisenbahnanschluss für die Stadt hergestellt. 1887 wurde sie schließlich auch an das Telefonnetz angebunden.

Zweiter Weltkrieg bis heute

1944, gegen Ende des Nazi-Regimes, wurden in Mühlhausen zwei Außenlager des KZ Buchenwald (Martha und Martha II) eingerichtet. Die internierten Häftlinge wurden zur Arbeit in Rüstungsbetrieben gezwungen.

Bis zum Ende der DDR war Mühlhausen stark industrialisiert. Vor allem durch Verstaatlichungen in den Jahren 1952 bis 1972 entstanden aus den vor dem Zweiten Weltkrieg bestehenden Mühlhäuser Industriebetrieben unter anderem folgende Volkseigene Betriebe:

  • Textilindustrie: VEB Mülana („Obertrikotagen“), VEB Cottana (vorher: VEB Buntweberei Mühlhausen; ursprünglich: Binkebank & Hammer, Weberei), VEB Westthüringer Kammgarnspinnerei Mühlhausen, VEB Textilveredlungswerke Mühlhausen (entstanden aus Gebrüder Hecht KG, Textilveredlung, und Heinz Schüler, Garnveredlung)
  • Schwerindustrie: VEB Möve-Werk (Zulieferer für Fahrzeugtechnik, z. B. an IFA), VEB Förderwagen und Beschlagteile, VEB Stehlagerwerk, VEB Kinderfahrzeuge ZEKIWA, VEB Spezialnähmaschinenbau
  • Computerindustrie: 1982 wurde der VEB Röhrenwerk in den VEB Mikroelektronik „Wilhelm Pieck“ umbenannt. Als Teil des Kombinats Mikroelektronik Erfurt stellte der Betrieb elektronische Taschenrechner (darunter den einheitlichen Schultaschenrechner SR-1) her. Später kam die Produktion der verbreitetsten Heimcomputer-Serie der DDR hinzu: die sogenannten Kleincomputer KC 85/2, KC 85/3 und KC 85/4.

Zum 450. Todestag von Thomas Müntzer erhielt Mühlhausen 1975 den amtlichen Namenszusatz „Thomas-Müntzer-Stadt“.

Am 21. Februar 1991 strich die Stadtverordnetenversammlung den Beinamen „Thomas-Müntzer-Stadt“ aus dem Stadtnamen und beschloss als offizielle Bezeichnung der Stadt „Mühlhausen/Thüringen“.

Im Jahr 2005 trat Mühlhausen als erste deutsche Stadt dem Verein Deutsche Sprache bei.

Politik

Rathaus

Die Stadtrat Mühlhausen besteht aus 36 Stadträten und dem Oberbürgermeister. Die Sitzverteilung stellt sich seit der letzten Kommunalwahl am 27. Juni 2004 wie folgt dar:

CDU : 12 Sitze
PDS : 10 Sitze
SPD : 8 Sitze
FDP : 3 Sitze
FW-MHL : 3 Sitze

Der Oberbürgermeister Hans-Dieter Dörbaum wurde am 7. Mai 2006 wiedergewählt.

Wappen

Blasonierung: Geteilt von gold und rot. Oben einen wachsenden, schwarzen, rotbewehrten Adler und unten in Rot ein silbernes Mühleisen.

Bedeutung: Der Adler verweist auf den Status der Stadt als freie Reichsstadt und das Mühleisen auf den Namensursprung der Stadt. Die Farbpaarung silber-rot im unteren Teil des Wappens ist auf den jahrhunderte langen Einfluss des Erzbistums Mainz zurück zu führen.

Städtepartnerschaften

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museum am Lindenbühl
Divi-Blasii-Kirche
Rückansicht der Divi-Blasii-Kirche

Theater

Seit 1991 erarbeitet der Verein, Theaterstücke, Performances, Spielaktionen mit Jugendlichen und Erwachsenen.

Museen

  • Museum am Lindenbühl (Heimatmuseum der Stadt Mühlhausen)
  • Müntzergedenkstätte in der Marienkirche
  • Bauernkriegsmuseum in der Barfüßerkirche (Kornmarktkirche)
  • Museumsgalerie Allerheiligenkirche
  • Fernmeldemuseum Mühlhausen im Gebäude der Deutschen Telekom
  • Feuerwehrmuseum

Bauwerke

  • mittelalterlicher Stadtmauerring mit erhaltenem Wehrgang
  • Inneres und Äußeres Frauerntor
  • Rabenturm
  • Divi-Blasii Kirche
  • St. Marien (zweitgrößte Kirche Thüringens nach dem Erfurter Dom)
  • Nikolaikirche
  • Georgii Kirche
  • Rathaus mit historischem Ratssaal und Reichsstädtischem Archiv
  • Popperöder Quellhäuschen

Parks und Naherholungsgebiete

  • Grünanlagen direkt an der Stadtmauer mit Übergang zum Hohen Graben
  • Das Lindenbühl (ebenfalls an der Stadtmauer gelegen)
  • Parkanlagen zwischen Schwanenteich und Popperöder Quelle
  • Der Mühlhäuser Stadtwald am westlichen Stadtrand
  • Thomas-Müntzer-Park am Rieseninger
  • Grünanlagen am Kriegerdenkmal (Mühlhäuser Löwe)
  • Geographischer Mittelpunkt Deutschlands bei Niederdorla)

Kulinarische Spezialitäten

  • Mühlhäuser Pflaumenmus (nach Originalrezept von 1908, Firma Herthä (Herrmann Thämert), 1972 enteignet; Deutschland bekanntester Pflaumenmusproduzent; hauptsächlich in Ostdeutschland aktiv; Expansion nach Westdeutschland geplant; Tochterunternehmen der Tegros Vertriebsgesellschaft)

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Mühlhausen liegt am Kreuzungspunkt von B 247 (LeinefeldeGotha) und B 249 (SondershausenEschwege). Landesstraßen gibt es nach Anrode, Heyerode, Eisenach, Bollstedt und Menteroda.

Mühlhausen besitzt einen Bahnhof an der Bahnstrecke Gotha-Leinefelde auf der unter anderem die REs von Göttingen über Erfurt nach Chemnitz verkehren. In der Vergangenheit gab es außerdem Bahnstrecken nach Treffurt und Sondershausen, die inzwischen stillgelegt wurden.

Bildung

  • Albert-Schweitzer-Gymnasium
  • Tilesius-Gymnasium
  • Evangelisches Gymnasium
  • Berufliche Schulen des Unstrut-Hainich-Kreises
  • Berufliches Gymnasium
  • Forstbergschule
  • Margaretenschule
  • Martinischule
  • Nikolaischule
  • Petrischule
  • Thomas-Müntzer-Schule
  • Petrischule

Persönlichkeiten

Jennifer Witthoeft

Literatur

  • Mühlhausen, in: Meyers Konversationslexikon, 4. Auflage, Leipzig 1888-89, Bd.11, S. 853.
  • Christian G. Altenburg: Chronik der Stadt Mühlhausen. Topographisch-historische Beschreibung der Stadt Mühlhausen, Verlag Rockstuhl, Reprint 1824/1999, ISBN 3-932554-83-3
  • Reinhard Jordan: Band 1 – Chronik der Stadt Mühlhausen bis 1525, Verlag Rockstuhl, Reprint 1900/2000, ISBN 3-934748-04-X
  • Reinhard Jordan: Band 2 – Chronik der Stadt Mühlhausen 1526–1599, Verlag Rockstuhl, Reprint 1903/2001, ISBN 3-934748-05-8
  • Reinhard Jordan: Band 3 – Chronik der Stadt Mühlhausen 1600–1770, Verlag Rockstuhl, Reprint 1906/2002, ISBN 3-934748-06-6
  • Reinhard Jordan: Band 4 – Chronik der Stadt Mühlhausen 1771–1890, Verlag Rockstuhl, Reprint 1908/2002, ISBN 3-934748-07-4
  • Gunter Görner & Beate Kaiser: Band 5 – Chronik der Stadt Mühlhausen 1891 - 1945, Verlag Rockstuhl, 2004, ISBN 3-934748-08-2
  • Jens Hiersemann: Mühlhäuser Straßennamen damals und heute, Verlag Rockstuhl, 2004, ISBN 3-937135-35-9
  • Dieter Fechner: Literarisches Mühlhausen in Thüringen, Verlag Rockstuhl, 2005, ISBN 3-937135-91-X
  • Dieter Fechner: Mühlhäuser Brunnenfest – seit 1605, Verlag Rockstuhl, 2005, ISBN 3-937135-77-4
  • Georg Wolff: Das Mundartbuch der Stadt Mühlhausen – Müllhüsches Schingeleich, Verlag Rockstuhl, 2005, ISBN 3-929000-28-8
Commons: Mühlhausen – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien