Max Weber

deutscher Soziologe, Jurist, National- und Sozialökonom (1864–1920)
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Maximilian Carl Emil Weber (* 21. April 1864 in Erfurt; † 14. Juni 1920 in München) war ein deutscher Jurist, Nationalökonom und Soziologe. Er ist der Bruder des Kultursoziologen Alfred Weber und Ehemann von Marianne Weber.

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Max Weber

Leben

Max Weber wird am 21. April 1864 in Erfurt geboren. Seine Eltern sind der Jurist und spätere Reichstagsabgeordnete der Nationalliberalen Partei Max Weber (Sen.) und Helene (geb. Fallenstein). 1868 wird sein Bruder Alfred (1868-1958) geboren, der später ebenfalls als Nationalökonom und Soziologe Universitätsprofessor werden wird.

Von 1882 bis 1886 studiert Weber in Heidelberg, Berlin und Göttingen Jura, Nationalökonomie, Philosophie und Geschichte und wird 1889 in Jura promoviert (Dr. jur. magna cum laude an der Universität Berlin; Dissertation: Entwicklung des Solidarhaftprinzips und des Sondervermögens der offenen Handelsgesellschaft aus den Haushalts- und Gewerbegemeinschaften in den italienischen Städten). In Heidelberg wird er Mitglied der Studentenverbindung Burschenschaft Allemannia (SK). 1892 Habilitation für Römisches, Deutsches und Handelsrecht an der Universität Berlin bei August Meitzen; Titel: Die römische Agrargeschichte in ihrer Bedeutung für das Staats- und Privatrecht. Im Jahre 1893 heiratet er in Oerlinghausen seine entfernte Cousine Marianne Schnitger (1870-1954), die später als Frauenrechtlerin und Soziologin aktiv werden wird.

Weber wird 1894 zum Professor für Nationalökonomie an die Universität Freiburg im Breisgau berufen, 1897 wird er Professor für Nationalökonomie an der Universität Heidelberg. Ab 1898 muss er aufgrund einer psychischen Erkrankung seine Lehrtätigkeit einschränken und 1903 ganz aufgeben. 1904 übernimmt er zusammen mit Edgar Jaffé und Werner Sombart die Redaktion des Archiv für Sozialwissenschaften und Sozialpolitik, nimmt damit seine publizistische Tätigkeit wieder auf und gründet 1909 zusammen mit Ferdinand Tönnies, Georg Simmel und Werner Sombart die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS).

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 ist Max Weber Disziplinaroffizier der Lazarettkommission in Heidelberg, wo er allerdings schon 1915 ausscheidet. Auf den Lauensteiner Tagungen 1917 fordert er ein Durchstehen des Krieges, gleichzeitig tritt er aber auch für die Parlamentarisierung ein. Im Jahre 1918 ist er Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). Nach Kriegsende wird er 1919 zum Sachverständigen der deutschen Delegation bei der Friedenskonferenz zum Versailler Vertrag unter der Leitung des Reichsaußenministers Graf Brockdorff-Rantzau berufen.

Zwischen 1903 und 1918 fanden auch mehrere regelmäßige Gesprächszirkel im Hause der Webers in Heidelberg statt, zu denen Größen wie Georg Jellinek, Friedrich Naumann, Emil Lask, Karl Jaspers, Werner Sombart, Georg Simmel, Georg Lukács, Ernst Bloch, Gustav Radbruch, Theodor Heuss und andere kamen und welche den "Mythos von Heidelberg" begründeten.

1919 nimmt Max Weber einen Ruf auf den Lehrstuhl für Nationalökonomie an der Universität München an, den zuvor Lujo Brentano innehatte. Joseph E. Drexel, ein Student Max Webers im Wintersemester 1919/20, erinnert sich, daß rechtsradikale Studenten dessen Vorlesung in der Münchner Universität sprengten. Als der herbeigeeilte Rektor droht, das Licht abzuschalten, ruft man ihm zu: „Um so besser, dann können wir die Juden im Dunkeln verprügeln.“ So weit sei man schon damals gewesen. Wenige Monate nach diesem denkwürdigen Tag sei Max Weber zur Bestürzung aller gestorben. Seine Frau Marianne Weber habe die Grabrede gehalten. [1] Tatsächlich kann Max Weber die Lehrtätigkeit krankheitsbedingt nicht fortführen und stirbt am 14. Juni 1920 in München an den Folgen einer Lungenentzündung, die durch die Spanische Grippe ausgelöst worden war. Sein Grab befindet sich auf dem Bergfriedhof in Heidelberg. Zu seiner Beerdigung fanden sich knapp 1.000 Menschen zusammen.

Werk

Max Weber gilt als einer der drei Mitbegründer der deutschen Soziologie (neben Tönnies und Simmel) und beschrieb die Soziologie als "Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will". Weber grenzt die Soziologie von der Psychologie ab, da sich die Soziologie laut ihm mit rationalen Inhalten und die Psychologie mit irrationalen Inhalten beschäftigt. Soziales Handeln ist nach Weber Handeln, welches sich dem Sinn nach auf das Verhalten anderer bezieht und daran in seinem Ablauf orientiert ist. Es kann wertrational, zweckrational, affektuell oder traditional sein, es gibt aber auch Mischformen. Soziales Handeln ist für Weber die kleinste Einheit der Soziologie. Reines Handeln dagegen ist ein Handeln, Unterlassen oder Dulden, welches nur auf einen subjektiven Sinn bezogen ist, welches also nicht an anderen Individuen orientiert ist, sondern nur für einen selbst durchgeführt wird. Wissenschaftstheoretisch trat er also für eine qualitative Methode ein (siehe auch Methodenstreit). Des Weiteren bestand Weber auf einer Soziologie als werturteilsfreier Wissenschaft (siehe auch Werturteilsstreit).

Eine der Grundfragen Webers war, wo die Gründe für die spezifischen Eigenarten des Kapitalismus im Okzident (der westlichen Hemisphäre) liegen. Als Ökonom ging er bei seinen Arbeiten letztendlich von einem sozial-ökonomischen Erkenntnisinteresse aus.

Seine Begriffsbildungen werden bis heute in der Soziologie und der Politikwissenschaft oft als Grundlage genommen, z.B. seine Definitionen von Macht und Herrschaft, der Begriff des Idealtypus sowie die Einteilung des moralischen Handelns in Gesinnungs- und Verantwortungsethik. Der Idealtypus stellt den Grad der Abweichung individueller Erscheinungen vom Ideal dar. Er ist stets auf rein logisch-gedankliche Perfektion hin angelegt und auf Ideen (= Gedankenbilder) bezogen. Das Ziel des Idealtypus ist die Erfassung historischer Phänomene unter dem Gesichtspunkt ihrer Kulturbedeutung. Idealtypus hat also nichts mit Idealfall zu tun. Seine oberste Aufgabe besteht außerdem darin, individuelle Erscheinungen einem idealen Verlauf zuzurechnen. Laut Weber sind Zweckvereine der Idealtypus der Vergesellschaftung, da diese Verbände eine rationale Motiviertheit innehaben. Da alle Mitglieder eines solchen Vereins aus gemeinsamen Interessen zusammengekommen sind. So entsteht eine Gesellschaft.

Zu seinen bekanntesten und den weltweit wichtigsten Werken der Soziologie zählen "Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus" und das Monumentalwerk "Wirtschaft und Gesellschaft", das von ihm selbst nie publiziert wurde, aber als eine grundlegende Darstellung seines Begriffs- und Denkhorizontes angesehen werden kann, und dessen Editionen subtile Kontroversen hervor gerufen haben. Seine Arbeiten, die er vor Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus publizierte, sowie seine spätere Vorarbeit zur Musiksoziologie wurden und werden in der Soziologie kaum wahrgenommen.

Weber wird als Begründer der Herrschaftssoziologie und neben Émile Durkheim als Begründer der Religionssoziologie betrachtet. Auch auf vielen anderen Soziologiegebieten publizierte Weber grundlegend. Zu Lebzeiten standen Webers Arbeiten jedoch keineswegs im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Diskurses, obwohl seine Wirkung bereits in der Weimarer Republik beträchtlich war, den Nationalsozialismus überdauerte und er auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland weiterhin rezipiert wurde (anders als z. B. Ferdinand Tönnies und Georg Simmel); Im Mittelpunkt standen in der Nachkriegszeit jedoch die Untersuchungen zur nivellierten Mittelstandsgesellschaft Schelskys, die Konfliktsoziologie von Dahrendorf und danach die Dialektik der Aufklärung von Horkheimer und Adorno. In Amerika hingegen wurde die Rezeption Webers durch den damals in der Soziologie weltweit vorherrschenden Strukturfunktionalismus Talcott Parsons' und dessen Übersetzungen der Weberschen Werke Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus sowie Wirtschaft und Gesellschaft ins Englische voran getrieben. Die deutsche Neubelebung Webers kam mit dem Heidelberger Soziologentag 1964 ins Rollen, auf dem den deutschen Soziologen zu Webers 100. Geburtstag durch Parsons, Herbert Marcuse, Reinhard Bendix, Raymond Aron und Pietro Rossi der Stand der internationalen Weber-Rezeption vor Augen geführt wurde.

Weber hat auch wichtige Erkenntnisse zum Gebiet der Ökonomie beigesteuert. Von ihm rührt etwa die Theorie des rationalen Handelns her, gemäß der die Handlungen einer Person durch ein Zweck-Mittel-Kalkül bestimmt sind.

Kritik

Trotz, oder vielleicht auch gerade aufgrund, seines Einflusses auf die moderne Ökonomie und Soziologie wurden die Arbeiten Webers immer wieder kritisiert.

Weber stand zu Lebzeiten den neoklassischen Ansätzen von Autoren wie Carl Menger und Friedrich von Wieser, dessen formaler Ansatz sich beträchtlich von Webers Ansatz der historischen Soziologie unterschied, kritisch gegenüber, wenn er auch im Rahmen einer Kritik am herrschenden Historismus der Nationalökonomie offen für deren Ansätze einer reinen Theoriebildung war. Die Arbeit dieser Autoren begründete die Österreichische Schule, und so ist es kaum verwunderlich, dass auch heute noch die an Webers Arbeiten geübte Kritik von durch diese Schule beeinflussten Personen herrührt. Zu diesen zählen die Anhänger Friedrich Hayeks und in neuerer Zeit auch die Autoren Daniel Yergin und Joseph Stanislaw. In ihrem Pro-Globalisierungsbuch Staat oder Markt (The Commanding Heights, 1999) attackieren sie Weber unter Hinweis auf die Tigerstaaten Asiens für seine angebliche Aussage, dass nur der Protestantismus zu Arbeitsethos geführt haben könne.

In ähnlicher Weise wurde Webers These der protestantischen Ethik von vielen Historikern seiner Zeit kritisiert. In seiner Biographie Benjamin Franklins (Weber griff in seinem Werk exemplarisch auf Franklin zurück) weist beispielsweise Walter Isaacson Webers These als ein "marxistisches" Argument zurück, dass dieser trotz seiner eigenen Kritik an der Monokausalität vieler der Thesen Marx' aufstelle.

Die Kritik erscheint jedoch trotz der Einseitigkeit seiner Fragerichtung in Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus (die Weber durchaus bewusst war) fraglich, denn Weber weist in der Mitte seines Werkes ausdrücklich darauf hin: "Aber andererseits soll ganz und gar nicht eine so töricht-doktrinäre These verfochten werden, wie etwa die: daß der 'kapitalistische Geist' [...] nur als Ausfluß bestimmter Einflüsse der Reformation habe entstehen können oder wohl gar: daß der Kapitalismus als Wirtschaftssystem ein Erzeugnis der Reformation sei. Schon daß gewisse wichtige Formen kapitalistischen Geschäftsbetriebes notorisch erheblich älter sind als die Reformation, stände einer solchen Ansicht ein für allemal im Wege." Und gegen Ende des Werkes: "...so kann es dennoch natürlich nicht die Absicht sein, an Stelle einer einseitig 'materialistischen' eine ebenso einseitig spiritualistische kausale Kultur- und Geschichtsdeutung zu setzen. Beide sind gleich möglich, aber mit beiden ist, wenn sie nicht Vorarbeit, sondern Abschluss der Untersuchung zu sein beanspruchen, der historischen Wahrheit gleich wenig gedient." Weber behauptet überhaupt kein Bestehen einer echten Kausalität zwischen Protestantismus und Kapitalismus, sondern eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit der Entstehung eines modernen Kapitalismus bei Zusammentreffen bzw. -wirken von Kapitalismus und Berufsethos bzw. innerweltlicher Askese.

Eine grundsätzliche Kritik von Franz Borkenau erschien 1984 (Ende und Anfang): Die protestantische Mentalität ist nach Borkenau nur eine neuere Ausformung einer Mentalität, die sich bereits ausgangs der Völkerwanderung bei den seefahrenden Kelten und Germanen Nordwesteuropas entwickelt habe, und deren - gleichfalls religiöse - Ausformung der Pelagianismus sei.

Werke

Das Gesamtwerk Max Webers, die Max Weber-Gesamtausgabe (MWG), ist im Erscheinen.

Literatur (Sammlungen und Sekundärliteratur)

Siehe auch

Wikiquote: Max Weber – Zitate
Wikisource: Max Weber – Quellen und Volltexte
Commons: Max Weber – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Biographien
Schriften
Sekundärliteratur


Quellen

  1. Joseph E. Drexel: Geschichte und Geschichten - Ein Leben in Franken. Vortrag: Bayerischer Rundfunk, Studio Nürnberg, 27. März 1969. Nürnberg: Verlag Nürnberger Presse, 1969, S. 14 f.



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