Waldviertel

nordwestlicher Teil des österreichischen Bundeslandes Niederösterreich
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Das Waldviertel ist der nordwestliche Teil des österreichischen Bundeslandes Niederösterreich.

Viertel und Bezirke Niederösterreichs
Landschaft bei Riebeis, Gemeinde Rappottenstein
Landschaft bei Weikertschlag, Gemeinde Bad Großpertholz

Im Süden wird es von der Donau, im Südwesten von Oberösterreich, im Nordwesten und Norden von Tschechien und im Osten vom Manhartsberg (537 m) begrenzt. Letzterem verdankt es auch den Namen Viertel ober dem Manhartsberg (siehe auch: Weinviertel).

Geografie

Das Waldviertel umfasst eine Fläche von etwa 4.600 km² und wird von etwa 231.000 Personen bevölkert (Stand: Volkszählung 1991). Die wichtigsten Städte sind die Bezirkshauptorte Gmünd, Waidhofen an der Thaya, Horn, die Braustadt Zwettl und Krems. Es umfasst die Bezirke Zwettl, Gmünd, Waidhofen an der Thaya, Horn, Krems-Land, die Statutarstadt Krems an der Donau und den Nordwestteil des Bezirks Melk. Orte im Südwaldviertel, wie Krems an der Donau oder Spitz, liegen auch in der weltbekannten Wachau und gehören zu den strukturstärksten Gebieten des sonst eher ruhigeren Viertels. Im Zentrum des Waldviertels befindet sich auch der nach dem Anschluss 1938 angelegte Truppenübungsplatz Allentsteig.

Geologie

Das Waldviertel ist eine Urgesteins-Hügellandschaft mit Höhen bis ca. 1.000 m. Wichtigster Fluss des nordöstlichen Teils dieser nördlich der Donau gelegenen Landschaft ist der Kamp. Nördlich von Krems tritt er in das Donautal, dessen nördliche Hangkante durch alte schotterführende Terrassen, dem sogenannten Wagram gebildet wird. Das Kamptal ist etwa 100 m tief in die Hochfläche des Waldviertels eingeschnitten. Das Waldviertel präsentiert sich heute als eine wellige Rumpffläche des zur böhmischen Masse gehörenden Grundgebirges. Granitblöcke (Restlinge) finden sich an vielen Stellen, wie in der Blockheide Gmünd, einige davon als so genannte Wackelsteine. Weite Teile weisen Verwitterungsböden auf, es gibt aber auch im Randbereich tertiäre Ablagerungen und auch Lößablagerungen (z.B. im Horner Becken, Donautal).

Geschichte

 
Bild

Aus dem Diluvium stammen die ersten nachgewiesenen Spuren des Menschens. Es sind dies die rund 50.000 Jahre alten Werkzeuge und sonstigen Hinterlassenschaften des Neandertalers, die in einer Höhle unterhalb der Ruine Hartenstein im Kremstal gefunden werden konnten. Zahlreiche Nachweise des eiszeitlichen Menschens liegen dann erst wieder für die Zeit der jüngeren Altsteinzeit vor, die somit 20.000 bis 30.000 Jahre alt sein werden. Diese Rast- und Siedlungsplätze wurden im südlichen Randbereich des Waldviertels, in der Wachau und in angrenzenden Gebieten (am bekanntesten die Fundorte Krems, Willendorf, Aggsbach, Stratzing), im Kamptal (Gobelsburg, Kammern, Kamegg, Langenlois, Zitternberg) und im Horner Becken festgestellt. Weltberühmt sind die Menschenplastiken von Willendorf und Stratzing. Auch Nachweise der Musikausübung (Flöten von Kammern und Gudenushöhle, jüngere Schichte) sind gefunden worden. Ein eigenes Kapitel sind die zahlreichen Fundstellen des Plateaulehmpaläolithikums in der Thayagegend, hauptsächlich im Land um Drosendorf, deren nähere Datierung innerhalb des Paläolithikums noch umstritten ist.

Spärlich dokumentiert ist derzeit noch der Übergangshorizont zum Neolithikum, das sogenannte Mesolithikum, das durch Fundstellen in Limberg, Kamegg, Horn, Mühlfeld und Rosenburg bekannt geworden ist. Die im 6. Jahrtausend einsetzende bäuerliche Lebensweise ("Neolithische Revolution") ist vor allem im Horner Becken, aber auch um Eggenburg und Weitersfeld durch zahlreiche Siedlungen der ältesten Linearbandkeramik vertreten. Es folgen in den selben Räumen Siedlungsnachweise der Notenkopfkeramik, der Stichbandkeramik, Bemaltkeramik (Lengyel-Kultur) und auch endneolithische Erscheinungen (Schnurkeramik, Glockenbecher etc.). Das Altneolithikum des Waldviertels ist durch seine zahlreichen anthropomorphen und auch zoomorphen Plastiken (Idole) besonders geprägt. Die um etwa 2000 v. Chr. einsetzende Bronzezeit ist sowohl für die frühen, mittleren als auch späten Abschnitte nachgewiesen (Aunjetitz-, Veterovkultur, Hügelgräberbronzezeit, Urnenfelderkulturen). Bedeutende Siedlungen und (Hügel-)Gräber kennt man von Roggendorf bei Eggenburg, Kamegg, Baierdorf und Theras, um nur einige zu nennen. Ab etwa 750 v. Ch. Geb. ist die Hallstattkultur belegt. Große Siedlungen und Gräberfelder (Gars/Kamp, Maiersch) belegen diesen Zeithorizont. Die nachfolgende Latenekultur (späte Eisenzeit) kennt man durch zahlreiche Siedlungen bereits für die Frühphase (Typus Kamegg-Poigen-Maiersch). Die Spätphase ist durch Siedlungen, die auch befestigt sein können (Altenburg, Umlaufberg), in Weitersfeld, Oberthürnau, Obermixnitz und Mühlbach am Manhartsberg gut vertreten. Ein Grabfund aus Horn zeigt die Ausrüstung des keltischen Kriegers (Lanze, Schwert, Schild). Die Einverleibung der süddanubischen Gebiete in das Reich der Römer mit 15 v. Chr. brachte für die nördlich der Donau gelegenen Gebiete vorerst keine Veränderungen. Im heutigen Waldviertel lebten keltische Populationen ungestört weiter. Erst die im Laufe des ersten nachchristlichen Jahrhunderts einwandernden Germanen veränderten die kulturelle Landschaft. Ab dem zweiten Jahrhundert siedelten im östlichen Randbereich des Waldviertels Markomannen. Große Siedlungen kennt man von Horn, Maiersch und Straning. An geeigneten Orten, wo Raseneisenerz oder Magnetit ansteht, wurden - wie bereits vorher von den Kelten - ausgedehnte Eisenverhüttungsanlagen errichtet. Die größte diesbezügliche Anlage erstreckt sich beidseits der Taffa in der Katastralgemeinde Strögen. Mit dem Zusammenbruch der römischen militärischen Ordnung im südlichen Niederösterreich erfolgte eine Veränderung des gesamtem Siedlungsraumes. Von den zahlreichen germanischen Stämmen, die Niederösterreich durchzogen, ist im Waldviertel bisher nur wenig gefunden worden. Es gibt gotische und langobardische Gräber, die meist nur dürftig ausgestattet sind. Nach dem Abzug der Langobarden Mitte des 6. Jahrhunderts nach Italien rückten in Niederösterreich awarische reiternomadische Bevölkerungsgruppen ein. Einige Gräber und Einzelfunde sind dafür auch aus dem Waldviertel bekannt. Die in der Folge einwandernden slawischen Menschengruppen sind etwa ab dem 8. Jahrhundert im Waldviertel spärlich nachweisbar. Im 9. und 10. Jahrhundert gibt es bereits größere slawische Siedlungen und auch befestigte Anlagen, wie die "Schanze" oberhalb von Thunau am Kamp. Im 11. Jahrhundert wurde das Waldviertel in den planmäßigen deutschen Landesausbau einbezogen. Die Rodung des Urwaldes (silva nortica) erschloss neue Siedlungsräume. Es entstehen die ältesten Burganlagen in der Nähe der Dörfer.

Die urzeitliche Besiedlung umfasste hauptsächlich nur die östlichen und südlichen Randgebiete des Waldviertels (Manhartsberggebiet, Bereich der Thaya und Randbereiche des Donautales). Das "Hohe Waldviertel" war anscheinend mehr oder weniger unbesiedelt. Es gibt kaum Anhaltspunkte für Siedlungsplätze und auch nur wenige Einzelfunde in den Bezirken Gmünd und Zwettl.

Die gute Kenntnis der urzeitlichen Besiedlung bzw. der gute Forschungsstand ist der Lokalforschung zu verdanken, die 1837 mit Candidus Ponz, Reichsritter von Engelshofen begann und über die Professoren Johann Krahuletz, Josef Höbarth und Hermann Maurer bis in die Gegenwart reicht.

Literatur

 
Alter Bauernhof bei Karlstift
  • Hermann Maurer, Über frühneolithische Idole und verwandte Objekte aus dem p.B. Horn, NÖ., Archaeologia Austriaca 52, 1972, 1ff.
  • Hermann Maurer, Eisenverhüttung im p.B. Horn, Das Waldviertel 23(34), 1974, 90ff.
  • Hermann Maurer, Siedlungsfunde der spätesten Latenekultur aus Mühlbach am Manhartsberg, p.B. Hollabrunn, NÖ. Archaeologia Austriaca 56, 1974, 21ff.
  • Hermann Maurer, Latenezeitliche Hallstattkultur im p.B. Horn, NÖ., Fundberichte aus Österreich 15, 1976, 91ff.
  • Hermann Maurer, Zwei späteisenzeitliche Kriegergräber aus Niederösterreich, Archaeologia Austriaca, Beiheft 13, 1976, 653ff. (Festschrift für R.Pittioni zum 70.Geburtstag)
  • Hermann Maurer, Zur ältesten Geschichte des p.B. Gmünd, Das Waldviertel 27(38), 1978, 153ff.
  • Hermann Maurer, Candidus Ponz, Reichsritter von Engelshofen, Begründer der Waldviertler Urgeschichtsforschung, Das Waldviertel 28 (39), 1979, 83ff.
  • Zoja Benkovsky-Pivovarova und Hermann Maurer, Ein Grab der älteren Urnenfelderkultur aus Straning, p.B. Horn, NÖ., Unsere Heimat 51, 1980, 149ff.
  • Hermann Maurer, Mittelalterliche Siedlungsfunde aus dem Waldviertel, Die Kuenringer, Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, NF 110, 1981, 569ff.
  • Hermann Maurer, Die ur- und frühgeschichtlichen Funde des Bezirkes Zwettl, Sallingberger Heimatbuch 1983, 19ff.
  • Hermann Maurer, Abriß der Ur- und Frühgeschichte des Waldviertels, Mannus 51, 1985, 276ff.
  • Hermann Maurer, Ein neuer Idolfund aus Fronsburg, NÖ., Archäologie Österreichs 3/2, 1992, 20f.
  • Hermann Maurer, Nachweise prähistorischer Musikausübung im Waldviertel, Katalog "Bilderbuch der Musik", Horn 1992, 120ff.
  • Hermann Maurer, Regesten zur Ur- und Frühgeschichte des Horner Bodens, Horner Kalender 123, 1994, 51ff.
  • Hermann Maurer, Bronzezeitliche Grabfunde aus dem Gerichtsbezirk Langenlois, Das Waldviertel 44(55) 1995, 168ff.
  • Hermann Maurer, Eine Privatveröffentlichung Josef Höbarths, Das Waldviertel 46(57), 1997, 59ff.
  • Hermann Maurer und Anton Stummer, Neue Beiträge zum "Plateaulehmpaläolithikum" des Waldviertels, Unsere Heimat 71, 2000, 127ff.
  • Friedrich Berg und Hermann Maurer, Die Sammlung Bauer. Archäologische Funde aus der Umgebung von Drosendorf, Das Waldviertel 53, 2004, 229ff.

Wirtschaft

 
Waldviertler Schmalspurbahnen bei Langschlag

Das Waldviertel ist seit jeher ein strukturschwaches Landwirtschaftsgebiet. Neben der Landwirtschaft entstand hier sehr zeitig eine Textilindustrie, die sich aus den zahlreichen Kleinwebereien entwickelte. Auf vielen Bauernhöfen stand vorher ein Webstuhl, auf dem die Schafwolle des eigenen Hofes verarbeitet wurde. Speziell Bandwebereien und Flechtereien entstanden hier, die dem Waldviertel auch den Beinamen Bandlkramerland gaben. Auch nach dem zweiten Weltkrieg war das Waldviertel durch den Eisernen Vorhang stark benachteiligt. Erst durch die Öffnung kann das Waldviertel durch das neue Hinterland ein kleinwenig wirtschaftlich aufholen.

Im Raum Karlstein an der Thaya hatte sich eine Uhrenindustrie gebildet, man nennt diese Region auch "Horologenland". Österreichs einzige Uhrmacherfachschule ist hier situiert. Durch den Holzreichtum entstanden aber auch zahlreiche Glaserzeugungen, wodurch der Waldbestand stark reduziert wurde. Dieser hat sich aber durch den Wechsel zu anderen Energieträgern wieder erholt, durch den Rückgang der Landwirtschaft ist die Waldfläche sogar in der Zunahme begriffen.

Im Tourismus setzt man auf vornehmlich auf sanften Tourismus und Wellnesstourismus wie im Moorbad Harbach oder im Dunglzentrum in Gars am Kamp. Viele landwirtschaftliche Produkte, wie den Waldviertler Graumohn und daraus hergestellte Artikel werden vermarktet. Die Landwirtschaft setzt sehr stark auf Direktvermarktung (Abhof-Verkauf) in den Wiener Bereich. Auch die Fischzucht in vielen Fischteichen, die massiv zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia angelegt wurden, um die immer wieder auftretenden Lebensmittelknappheiten zu schwächen, ist ein Nischenprodukt. Alljährlich zu Weihnachten werden viele Karpfen vor allem für den Wiener Markt abgefischt.

Im nördlichen Waldviertel gibt es den Versuch einer eigenen Regionalwährung, der Waldviertler Regional wird in etwa 200 Unternehmen akzeptiert.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Kulturelle Anziehungspunkte sind neben Krems, dem Kamptal und der Wachau, die Wallfahrtsorte Maria Taferl und Maria Dreieichen, die Stifte Altenburg, Geras und Zwettl sowie zahlreiche Burganlagen wie etwa Rappottenstein, Rosenburg. Stark besucht ist auch das Ausflugsgebiet rund um den Stausee Ottenstein. Besuchenswerte Museen gibt es in den Städten Horn, Drosendorf-Zissersdorf, Raabs an der Thaya, Eggenburg und natürlich Zwettl.

Allgemeine Literatur (Auswahl)

  • Margaretha Beninger, Gereimtes von gester und heute aus dem Waldviertel. Geschnitztes von Rupert Beninger., Litschau (1970).
  • Kitty Curtiz, Erlebte Natur. Das Waldviertel im Wandel der Jahreszeiten., Schrems 1999.
  • Gustav Dichler, Das Waldviertel. Eindrücke und Erlebnisse., Krems 1974.
  • Franz Eppel, Das Waldviertel. Seine Kunstwerke, historische Lebens- und Siedlungsformen, Salzburg 1963 (mehrere Auflagen).
  • Hermann Maurer, Waldviertel 1985, Bonn 1985 (mit zwei Beiträgen von Herbert Puschnik und Werner Vasicek).
  • Eytan Reif, Der Karpfen im Walde - Menschen und Fische im Waldviertel (Bildband), Eytan Reif Eigenverlag, 2000.
  • Eduard Stepan (Hg.), Das Waldviertel, 7 Bände, Wien 1925 - 1936.
  • Johann Anton Friedrich Reil, Der Wanderer im Waldviertel. Ein Tagebuch für Freunde österreichischer Gegenden (1823), Neuauflage Wien 1981.
  • Gerald Szyszkowitz, Der Thaya Wien 1981.
  • Gerhard Trumler, Granit. Das Land vor dem Winter. Waldviertel., Wien 1994.
  • Andreas Zimanzl, Sehenswertes - Liebenswertes im südlichen Waldviertel., Wien 1984.
Commons: Waldviertel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


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