Simon Magus

Gegner des Petrus
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Simon Magus († vermutlich in Rom um 65), auch Simon der Magier, Simon von Samarien oder Simon von Gitta, war ein samaritanischer Gnostiker. Die spätantike gnostische Gruppe der Simonianer verehrte ihn als einen Gott in menschlicher Gestalt (theios anér). Simon Magus gilt als erster Häretiker der Kirche.

Der Fall des Simon Magus (unbekannter Künstler), Hildesheim, 1170

Die Quellen

Fast alle erhaltenen Quellen über Leben und Gedanken des Simon Magus stammen aus christlichen Werken, der Apostelgeschichte, den Kirchenvätern (Irenäus, Justin der Märtyrer, Hippolyt) und den apokryphen Petrusakten. Die Quellen über Simon entwerfen sehr unterschiedliche Bilder über seine Person, so dass gefragt wurde, ob alle die gleiche Person meinen. Da die großkirchliche Reaktion den simonianischen Synkretismus ausschloss, sind die Quellen weniger an Verständnis, sondern an Abgrenzung interessiert, ihre Darstellung ist daher oft verzeichnend und im Ton scharfer Polemik. Viele antike literarische Quellen - einige unecht, einige echt - bestätigen, daß sowohl Simon Magus, als auch Simon Petrus in Rom gestorben sind.

Apostelgeschichte

Der früheste Hinweis auf Simon findet sich in der wohl um die Jahre 80-95 entstandenen Apostelgeschichte (Apost 8, V 9-25), die von Simon Magus in Sebaste in Samaria berichtet. Er soll demnach ekstatische Wirkungen ausgelöst haben. Simon, den seine Anhänger als eine „Kraft Gottes, die ... große“ verehren, ist von den Heilungen durch Samariamissionare beeindruckt und wird vom Diakon Philippus getauft. Er wirkt als Missionar (Pseudoapostel?) und versucht erfolglos, die apostolische Gabe des heiligen Geistes von Petrus und Johannes gegen Geld zu erhalten, woher das Wort Simonie stammt.

Justin

Justin der Märtyrer († 165) schildert Simon als einen von seinen Anhängern religiös verehrten Mann zur Zeit des Claudius (41 - 54). Er sei mit Helena unterwegs gewesen, die er aus einem Bordell befreit habe und von den Simonianrern als göttliche Teilinstanz "erster Gedanke" verehrt werde. Justin berichtet von einer hauptsächlich aus Samaritanern bestehenden römischen Gemeinde Simons. Darüber hinaus von einer Simon geweihten Statue auf der Tiberinsel. Sie wurde 1574 wiederentdeckt, war jedoch dem römischen Schwurgott Semo Sancus geweiht, welcher wahrscheinlich mit Jupiter identifiziert wurde. Justin berichtet von einem diesem Jupiter nachgebildeten Bild des Simon.

Irenäus von Lyon

Während die Apostelgeschichte nur vom Magier Simon, aber keinem Lehrsystem weiß, hat nach Irenäus die „fälschlich so genannte“ Gnosis mit Simon begonnen. Nach Irenäus von Lyon (Gegen die Häretiker, Buch 1 aus den Pseudo-Clementinen) habe Simon den Anspruch erhoben, ein Messias (Christus) zu sein, und sei gekommen, um den (weiblichen) „ersten Gedanken" Ennoia aus der Materie zu erlösen. Dies könnte zu Justins Nachricht über Helena passen. Dieser „erste Gedanke" stieg in die niedrigeren Regionen ab und erschuf Engel und Mächte. Die Engel lehnten sich aus Neid (gegen Ennoia-Helena) auf und schufen die Welt als ihr Gefängnis, in dem sie in einem weiblichen Leib gefangen lag. So zog sie von Leib zu Leib wie von Gefängnis zu Gefängnis. Sie nahm u.a. in Helena von Troja Gestalt an, bis sie als Prostituierte in der phönizischen Stadt Tyrus durch Gott, der in Gestalt des Simon Magus abgestiegen war, erlöst wurde. Diese von den Engeln geschaffene Welt wäre dem Verderben preisgegeben. Nur die an Simon und an Helena glaubten, könnten mit ihnen in die höheren Regionen zurückkehren.

Die apokryphen Petrusakten

Die vermutlich Ende des zweiten Jahrhunderts in Kleinasien entstandenen apokryphen Petrusakten schildern eine Legende über den Tod des Simon Magus. Simon übt im Forum Zauberei vor dem römischen Caesar Claudius. Um seine Göttlichkeit zu beweisen, erhebt sich Simon in die Luft. Der Apostel Petrus betet, dass Gott dem Flug Einhalt gebietet ("Doch möge er nicht sterben, sondern bloß unschädlich gemacht werden und sich den Schenkel an drei Stellen brechen. Und Simon stürzte vom Himmel und brach sich den Schenkel an drei Stellen. Da warfen alle Steine auf ihn und gingen heim und vertrauten von nun an Petrus." Petrus-Akten XXXII).

Nach dem Zitat der Petrusakten war es den Autoren nicht mehr bekannt, dass eine jüdische Steinigung vor Caesar Claudius im Forum Romanum unvorstellbar gewesen wäre. Auch angemessenes Verhalten vor Caesar Claudius war Ende des zweiten Jahrhunderts offensichtlich nicht mehr geläufig. Die Legende vom levitierenden und über Rom abstürzenden Simon dagegen bewegte viele Gemüter und wurde in mittelalterlicher Kunst häufig dargestellt.

Hippolyt

Hippolyt (Philosophumena) liefert eine komplexe Darlegung des Simonianismus, einschließlich seines Systems göttlicher Emanationen und Deutungen des alten Testaments. Wahrscheinlich liegt dieser Darstellung eine spätere Gestalt des Simonianismus zugrunde, während ihre ursprünglichen Lehren schlichter und der Darstellung des Justin und Irenäus ähnlicher waren.

Der historische Simon Magus und der Simonianismus

Es handelt sich bei dem historischen Simon um einen Magier der Gnosis. Von seinem gnostischen Anspruch eines Erlösers, der die in Knechtschaft geratene Welt durch seinen „Ruf“ zu befreien vermochte und mit Befreiung der Helena unter Beweis stellt, berichtet die Apostelgeschichte verständlicherweise nichts.

Das System simonianischer Gnosis, wie es zu Ende des 2. Jahrhunderts belegt ist, zeigt sich als Konkurrenzbildung zum beginnenden Christentum, was zum in der Apostelgeschichte berichteten Ausschluss und Nachrichten über Simons Aufenthalt in Rom passt. Es richtete sich an Christen und Nichtchristen, nahm Einflüsse des Vulgärplatonismus (gefangene, wandernde Weltseele) auf, integrierte römische religiöse Bräuche (Verehrung einer Statue der - dem Haupt des Zeus entsprungenen - Athena als Helena) und enthält die Vorstellung göttlich personifizierter weiblicher Weisheit des hellenistischen Judentums (Buch der Weisheit, AT).

Als geflügeltes Wort hat sich das historisch schillernde Delikt der Simonie erhalten.

Literatur

  • A. H. B. Logan: Art. "Simon Magus". In: Theologische Realenzyklopädie 31 (1999), S. 272-276
  • Karlmann Beyschlag: Simon Magus und die christliche Gnosis. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 16. Mohr, Tübingen 1974 ISBN 3-16-135872-4
  • Gerd Lüdemann: Untersuchungen zur simonianischen Gnosis. Göttinger theologische Arbeiten 1. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1975 ISBN 3-525-87351-4
  • H. M. Enzensberger (Hrsg.): Die Andere Bibel. Apokryphen AT, NT. Frankfurt am Main, Eichborn 1990. ISBN 3-8218-4068-4
  • Florent Heintz: Simon "le magicien". Actes 8, 5-25 et l'accusation de magie contre les prophètes thaumaturges dans l'antiquité. Cahiers de la Revue biblique 39. Gabalda, Paris 1997 ISBN 2-85021-104-4
  • Gerd Theißen: "Simon Magus: Die Entwicklung seines Bildes vom Charismatiker zum gnostischen Erlöser. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Gnosis". In: Axel von Dobbeler (Hrsg.): Religionsgeschichte des Neuen Testaments. Festschrift für Klaus Berger zum 60. Geburtstag. Francke, Tübingen u.a. 2000, S. 407-433 ISBN 3-7720-2756-3
  • Jürgen Zangenberg: "Dynamis tou theou. Das religionsgeschichtliche Profil des Simon Magus aus Sebaste". In: Axel von Dobbeler (Hrsg.), Ebd., S. 519-541 ISBN 3-7720-2756-3
  • Roland Bergmeier: "Die Gestalt des Simon Magus in Act 8 und in der simeonianischen Gnosis. Aporien einer Gesamtdeutung". In: Ders.: Das Gesetz im Römerbrief und andere Studien zum Neuen Testament. WUNT 121. Mohr Siebeck, Tübingen 2000 ISBN 3-16-147196-2
  • Dominique Côté: Le thème de l'opposition entre Pierre et Simon dans les Pseudo-Clémentines. Collection des Études Augustiniennes, Série Antiquité 167. Inst. d'Études Augustiniennes, Paris 2001 ISBN 2-85121-188-9
  • Stephen Haar: Simon Magus: The First Gnostic?. Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche 119. de Gruyter, Berlin u.a. 2003 ISBN 3-11-017689-0
  • Alberto Ferreiro: Simon Magus in Patristic, Medieval and Early Modern Traditions. Studies in the History of Christian Traditions 125. Brill, Leiden u.a. 2005 ISBN 90-04-14495-1

Siehe auch