Wörterbuch

Nachschlagewerk, das Wörter oder andere sprachliche Einheiten in einer meist alphabetisch sortierten Liste verzeichnet
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Ein Wörterbuch (selten: Sprachwörterbuch) ist ein Nachschlagewerk, in dem Stichwörter nach bestimmten Kriterien aufgeführt und erklärt werden. In Wörterbüchern werden (Wörter, Phrasen und Morpheme) beschrieben, die Informationen sind also sprachbezogen. Hierzu zählen Übersetzungswörterbücher, individualsprachliche Wörterbücher (z.B. Wörterbuch der Jugendsprache, Mundartwörterbücher, fachsprachliche Wörterbücher), etymologische Wörterbücher, Fremdwörterbücher, Rechtschreibwörterbücher. Ein Sachwörterbuch ist dagegen eine bestimmte Art von Fachlexikon.

Mehrbändiges lateinisches Wörterbuch im Lesesaal der Universitätsbibliothek Graz

Die Praxis der Erstellung von Wörterbüchern bezeichnet man als Lexikografie, die darauf bezogene wissenschaftliche Lehre als Metalexikografie oder Wörterbuchforschung.

Lange Zeit war das einzige verwendete Medium für die Publikation von Wörterbüchern das Papier (Printwörterbücher). Mit der weiten Verbreitung von Personal Computern wurden Wörterbücher zunehmend auch auf Diskette oder CD-ROM verbreitet (elektronische Wörterbücher). Als jüngstes Medium für die Publikation von Wörterbüchern ist das WWW als Hypertext-Schnittstelle des Internet hinzugekommen (Internetwörterbücher).

Wikimedia betreibt mit dem Wiktionary ein eigenes online-Wörterbuch.

Wörterbuchtypen

Ausgehend von dem allgemeinsprachlichen Gesamtwörterbuch, das ein umfassendes Informationsprogramm für den Kern der Allgemeinsprache bietet (Beispiel: Duden Universalwörterbuch), kann man eine Reihe von Wörterbuchtypen unterscheiden, die im Verhältnis zu diesem Wörterbuchtyp entweder in der Lemmaauswahl oder im Informationsprogramm beschränkt sind:

  • Wörterbücher mit pragmatisch beschränkter Lemmaauswahl verzeichnen Teile des Wortschatzes, die pragmatisch markiert sind. Hierunter fallen u. a. Umgangssprachenwörterbücher, Neologismenwörterbücher, Fremdwörterbücher, Schimpfwörterbücher.
  • Wörterbücher mit wortgeschichtlich beschränkter Lemmaauswahl. Hierunter fallen die Lehnwörterbücher, die Erbwörterbücher und die Wörterbücher untergegangener Wörter. Kriterium für die Lemmaauswahl ist eine auffällige Wortgeschichte.
  • Wörterbücher mit semantisch beschränkter Lemmaauswahl. Hierunter fallen Namenwörterbücher und Wörterbücher, die sich bestimmten semantischen Feldern widmen
  • Wörterbücher mit formal beschränkter Lemmaauswahl. Die Form des Lemmazeichens ist hier das ausschlaggebende Auswahlkriterium. Hierunter fallen u. a. Morphemwörterbücher und Abkürzungswörterbücher.
  • Informationstyporientierte Wörterbücher zeichnen sich nicht durch Einschränkungen der Lemmaauswahl aus, sondern durch ein eingeschränktes Informationsprogramm
  • Syntagmatische Wörterbücher beschreiben die syntaktischen Eigenschaften lexikalischer Zeichen. Hierunter fallen u. a. die Valenzwörterbücher, Konstruktionswörterbücher und Kollokationswörterbücher.
  • Inhaltsparadigmatische Wörterbücher informieren hauptsächlich über die lexikalisch-semantischen Relationen, in denen die beschriebenen lexikalischen Einheiten zueinander stehen. Hierunter fallen die Synonymenwörterbücher, Antonymenwörterbücher, linguistischen Thesauri, Analogiewörterbücher und Bildwörterbücher.
  • Ausdrucksparadigmatisch orientierte Wörterbücher informieren über Formaspekte sprachlichen Ausdrücke. Hierunter fallen rückläufige Wörterbücher, phonologische Wörterbücher, Kreuzworträtselwörterbücher und Reimwörterbücher
  • Weitere informationstyporientierte Wörterbuchtypen sind das etymologische Wörterbuch, das Frequenzwörterbuch, das Aussprachewörterbuch und das Rechtschreibwörterbuch.
  • Benutzergruppenorientierte Wörterbücher sind Wörterbücher deren Lemmaauswahl und Informationsprogramm auf einen bestimmten Typ von Benutzer zugeschnitten sind. Hierunter fallen die Lernerwörterbücher, die Grundschulwörterbücher und die Kinderwörterbücher.
  • Sprachvarietätenorientierte Wörterbücher beschränken ebenfalls ihre Lemmaauswahl allerdings mit dem Anspruch, innerhalb der erfassten Varietät(en) umfassend zu sein. Hierzugehören Sondersprachenwörterbücher verschiedener Gruppen, Dialektwörterbücher und Fachwörterbücher.
  • Schließlich gibt es einige Typen textbezogener Wörterbücher. Der Beschreibungsgegenstand fällt hier mit der Wörterbuchbasis zusammen. Zu diesem Wörterbuchtypen gehören die Autorenwörterbücher und die Belegstellenwörterbücher.

Einen ähnlich umfassenden Anspruch wie das allgemeinsprachliche Gesamtwörterbuch haben auch die enzyklopädischen Wörterbücher und die historischen Wörterbücher. Erstere erweitern das Informationsprogramm und enzyklopädische Aspekte der Bedeutungsbeschreibung und enzyklopädierelevante Lemmata, letztere beschreiben vergangene Stadien einer Sprache.

Nicht immer treten die hier beschriebenen Wörterbuchtypen in reiner Form auf. So weisen Rechtschreibwörterbücher im Deutschen meistens einen weit umfassenderes Informationsprogramm auf und unterscheiden sich in dieser Hinsicht kaum von den (kleineren) Gesamtwörterbüchern.

Die Wörterbuchlandschaft verschiedener Sprachen ist recht unterschiedlich gestaltet. Einige Wörterbuchtypen dominieren den Wörterbuchmarkt, andere sind nur marginal oder gar nicht vertreten. So kennt das Englische kein Fremdwörterbuch, dessen Funktion wird teilweise von Schwierigkeitenwörterbüchern abgedeckt. Der reichhaltigen Auswahl von Lernerwörterbüchern für die englische und die französische Sprache hatte der deutsche Wörterbuchmarkt lange Zeit nicht entgegenzusetzen. Auch Neologismenwörterbücher, die im angelsächsischen Raum sehr beliebt sind, sind im deutschen Sprachraum praktisch nicht existent.


Die Struktur von Wörterbüchern und Wörterbuchartikeln

Ein Wörterbuch besteht in der Regel aus Außentexten und aus dem Wörterverzeichnis. Im Wörterverzeichnis sind die Lemmata (Stichwörter) aufgelistet. Zu den Außentexten gehören z.B. das Vorwort, Einleitung die Benutzerhinweise und Flexionstabellen, also alles was außerhalb des Wörterverzeichnisses steht.

In einem Wörterbuch wird zwischen Makrostruktur und Mikrostruktur unterschieden: Die Makrostruktur ist die Menge der Lemmata und die Ordnung die über sie gelegt werden plus die Anordnung der Außentexte. Eine der wichtigsten makrostrukturellen Entscheidungen ist, wie die Lemmata angeordnet werden sollen. In den meisten Wörterbüchern geschieht dies Alphabetisch. In der Alphabetischen Anordnung hat es wiederum unterschiedliche Möglichkeiten:

  • Glattalphabetisch/Striktalphabetisch: Die Anordnung der Lemmata erfolgt wie der Name sagt strikt alphabetisch.
  • Nischenalphabetisch: Ist auch strikt alphabetisch. Werden jedoch zu einer Wortfamilie mehrer Wörter aufgelistet erscheinen diese als Sublemmata von dem Hauptlemma abgesetzt.
  • Nestalphabetisch: Hier kann die alphabetische Struktur durchbrochen werden, indem ein Sublemma auch aus eine flektierten Form, oder einem zusammengesetzten Wort bestehen kann. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn unter dem Lemma Aal als Sublemma Räucheraal aufgeführt wäre. Die meisten Wörterbücher heute haben diese Anordnungsform gewählt, da Wörter die thematisch nah beieinander stehen so nicht auseinander gerissen werden.

Weitere makrostrukturelle Überlegungen betreffen die Auswahl der Lemmata und das Datensortiment, also welche Angaben es beispielsweise zu bestimmten Wortarten geben soll.

Unter der Mikrostruktur dagegen versteht man die konkreten Angaben, die zu einem Lemma gemacht werden. Diese Angaben sind in den meisten Wörterbüchern durch Textverdichtung (Abkürzungen, Paraphrasen etc.) gekennzeichnet, um möglichst viele Angaben auf möglichst wenig Raum zusammenzufassen.


Wörterbuchbenutzung

Wörterbücher sollen dem Nutzer helfen, lexikalische Wissenslücken zu schließen. Sie müssen deshalb so strukturiert sein, dass Informationen schnell und gezielt nachgeschlagen werden können. Sowohl bei Fremd- als auch bei einsprachigen Wörterbüchern müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein.

  • die Systematik des Wörterbuchs muss bekannt sein
  • dem gesuchten Lexem muss anhand dieser Systematik das zugehörige Lemma zugeordnet werden

Die Wörterbuchbenutzungsforschung beschäftigt sich mit Benutzererwartungen an Wörterbücher (welche Fragen werden in welchem Wörterbuch beantwortet) und untersucht die Bedingungen erfolgreicher Wörterbuchbenutzung. Die Erkenntnisse der Wörterbuchbenutzungsforschung fließen in das Design neuer Wörterbücher (oder existierender Wörterbücher, die in andere Medien übertragen werden) ein.

Bedeutende Wörterbücher

Die Erstellung von Wörterbüchern und deren Produkte, die Wörterbücher selber, haben eine lange Geschichte. Im Folgenden sollen einige Meilensteine lexikografischen Schaffens erwähnt werden.

Wichtige ältere Wörterbücher zur deutschen Sprache

Wichtige aktuelle Wörterbücher zur deutschen Sprache

  • Großes Wörterbuch der deutschen Sprache, 10 Bände, herausgegeben vom Dudenverlag.
  • Duden Universalwörterbuch, ein einbändiges allgemeinsprachliches Gesamtwörterbuch. Mittlerweile (2004) in der vierten Auflage erschienen.
  • Deutsches Wörterbuch, ursprünglich herausgegeben von Wahrig, mittlerweile von Bertelsmann
  • Der Dudenverlag verlegt eine mittlerweile zwölfbändige Reihe von Spezialwörterbücher. Hierzu gehören: Rechtschreibwörterbuch, Aussprachewörterbuch, Stilwörterbuch, Wörterbuch der Sprachschwierigkeiten, Bildwörterbuch, Bedeutungswörterbuch, Wörterbuch bedeutungsverwandter Wörter, Wörterbuch der Redewendungen.
  • Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache WDG, Publikationsende 1977, herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften der DDR. Hiervon abgeleitet wurde das von Kempcke bearbeitete Handwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache in zwei Bänden.
  • Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache und das von Kempcke herausgegebene, bei de Gruyter erschienene Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Mit diesen beiden Wörterbüchern konnte die Gattung des Lernerwörterbuchs auch für die deutsche Sprache etabliert werden.
  • Das 2004 erschienene Variantenwörterbuch des Deutschen beschreibt erstmals alle Varianten der deutschen Standardsprache.
  • Wörterbuch der Sozialpolitik (hier online: [1]), ein Fachwörterbuch.
  • Wörterbuch der deutschen Umgangssprache von Heinz Küpper 1987, ein Spezialwörterbuch für einen pragmatisch markierten Wortschatzausschnitt.
  • Österreichisches Wörterbuch

Wichtige Wörterbücher zur älteren deutschen Sprache

  • Das erste deutsche Wörterbuch war der Abrogans, ein handgeschriebenes lateinisch-althochdeutsches Wörterbuch (oder auch Glossar) aus dem 8. Jahrhundert, es gilt bisher auch als das erste deutsche Buch überhaupt. Es wurde mehrmals kopiert, jedoch ist nur noch ein Original bis heute erhalten geblieben.
  • Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Mit Benutzung d. Nachl. von Georg Friedrich Benecke ausgearb. von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. Hirzel, Leipzig 1854 - 1863
  • Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Zugleich als Supplement und alphabetischer Index zum Mittelhochdeutschen Wörterbuche von Benecke-Müller-Zarncke. Hirzel, 1872 - 1878
  • Jelinek, Franz: Mittelhochdeutsches Wörterbuch zu den deutschen Sprachdenkmälern Böhmens und der mährischen Städte Brünn, Iglau und Olmütz. (XIII. bis XVI. Jahrhundert). Winter, Heidelberg 1911 (Germanische Bibliothek Abt. 1, Reihe 4, Bd. 3)
  • Frühneuhochdeutsches Wörterbuch
  • Mittelniederdeutsches Handwörterbuch

Wichtige Dialektwörterbücher aus dem deutschen Sprachgebiet

Wichtige Fachwörterbücher in der deutschen Sprache

Wichtige ältere Wörterbücher in anderen Sprachen

Wichtige aktuelle Wörterbücher in anderen Sprachen

  • Diccionario de las lengulas espanola y alemana, zweibändig (4. Auflage, 1994)

Sonstige Sprachen

  • Aserbaidschanisch: Azerbaycanca-Almanca Lueget, 1 Band (1. Auflage, Verlag auf dem Ruffel-Engelschoff 1999)
  • Esperanto Plena Ilustrita Vortaro erschienen 1972 in Paris, Neuauflage 2002
  • Finnisch: Suomi-Saksa-Suomi sanakirja, einbändig, Rolf Klemmt & Ilkka Rekiaro, Verlag: Gummerus Kustannus Oy

Wichtige Fachwörterbücher in anderen Sprachen

Siehe auch

Literatur

  • Henning Bergenholtz / Sven Tarp: Die moderne lexikographische Funktionslehre. Diskussionsbeitrag zu neuen und alten Paradigmen, die Wörterbücher als Gebrauchsgegenstände verstehen. In: Lexikographica. Internationales Jahrbuch für Lexikographie 18/2002, 253-263.
  • Stefan Engelberg / Lothar Lemnitzer: Lexikographie und Wörterbuchbenutzung. Tübingen:Stauffenburg 2001
  • Csaba Földes: Was gilt als Großwörterbuch? Zur Problematik der Größenklassen von Sprachlexika. In: Korhonen, Jarmo (Hrsg.): Von der mono- zur bilingualen Lexikografie für das Deutsche. Frankfurt a.M./Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien: Lang 2001 (Finnische Beiträge zur Germanistik; 6), 31-42, siehe: http://www.vein.hu/german/grosswoerterbuch.html
  • Burkhard Schaeder: Germanistische Lexikographie. Tübingen:Niemeyer 1987 (Lesenswert zur Geschichte von Lexikografie und Wörterbüchern)
  • Herbert Ernst Wiegand: Wörterbuchforschung : Untersuchungen zur Wörterbuchbenutzung, zur Theorie, Geschichte, Kritik und Automatisierung der Lexikographie. Berlin/New York:de Gruyter, 2000.
Wiktionary: Wörterbuch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen