Ödipus (altgriechisch Vorlage:Polytonisch, Oidípous, heute Οιδίποδας, Idípodas) ist eine Gestalt der griechischen Mythologie. Er ist ein Sohn des Laios, des Königs von Theben, und dessen Frau Iokaste, die er später seinerseits zur Frau nimmt.
(4. Jahrhundert v. Chr.)
Sagenkreis
Lateinische Geschichte
König Laios von Theben hatte einst die Gastfreundschaft des Königs Pelops - nach dem der Peloponnes benannt ist - missbraucht, indem er dessen Sohn Chrysippos entführen wollte, weil er sich in den Knaben verliebt hatte.
Laios und seine Frau Iokaste blieben lange Zeit kinderlos und eines Tages machte sich Laios auf den Weg zum Orakel von Delphi.
Das Orakel sagte: „Dir soll ein Sohn geboren werden, der wird seinen Vater erschlagen und seine Mutter heiraten". Iokaste bekam tatsächlich einen Sohn. Laios lässt also im Einverständnis mit seiner Frau Iokaste dem Neugeborenen die Füße durchstechen und zusammenbinden und ihn von einem Hirten so im Gebirge aussetzen.
Der Hirte aber hat Mitleid mit dem Neugeborenen und übergibt ihn einem befreundeten Hirten in Korinth. Über diesen gelangt Ödipus zum Königspaar Polybos und Merope von Korinth, welches ihn adoptiert und nach seinen geschwollenen Füßen Oidipus (deutsch: "Schwellfuß") nennt.
In neuerer Zeit ist diese Etymologie des Namens angezweifelt worden. Einige Graecisten schlagen vor, "Oidipous" mit "Der, der alles weiß" zu übersetzen (siehe: Der entzauberte Ödipus, Ursprünge und Wandlungen eines Mythos, Christlieb, Wolfgang, Nymphenburger Verlag).
In Korinth wächst Ödipus liebevoll auf, ohne von seiner Herkunft zu wissen. Als er erwachsen ist, macht ein Betrunkener auf einem Fest Andeutungen, denen zufolge er nicht der leibliche Sohn seiner Eltern sei. Ödipus ist beunruhigt, die Antwort von Polybos und Merope befriedigt ihn nicht und so befragt er schließlich seinerseits das Orakel. Als ihm dieses verkündet, er werde seinen Vater töten und seine Mutter zur Frau nehmen, bricht er in die Ferne auf, damit sich die Prophezeiung an seinen vermeintlichen Eltern in Korinth nicht bewahrheite.
An einer engen Weggabelung im Gebirge trifft er einen Wagen und gerät in heftigen Streit mit dem Fahrer, der ihm seiner Meinung nach zu langsam ausweicht. In diesem Streit trifft er den Passagier des Wagens tödlich - nicht ahnend, dass er damit seinen Vater Laios getötet hat, womit sich der erste Teil der Vorhersage des Orakels erfüllt.
Vor den Toren Thebens stößt er auf die Sphinx, die alle Reisenden verschlingt, welche an ihr vorbei wollen und ihr Rätsel nicht lösen können. Ödipus löst das Rätsel, worauf sich die Sphinx ins Meer stürzt, und befreit so Theben von der Sphinx. Zur Belohnung wird er als Nachfolger des Laios zum König von Theben ernannt und erhält Iokaste, seine Mutter, zur Frau, mit welcher er die Zwillinge Eteokles und Polyneikes und die Töchter Antigone und Ismene zeugt. So erfüllt sich auch der zweite Teil der Prophezeiungen. Mutter und Sohn wissen jedoch weder von der Tötung des Laios durch Ödipus noch von ihrer biologischen Verwandtschaft.
Andere Interpretationen gehen davon aus, dass die Mutter Iokaste ihren eigenen Sohn Ödipus (Schwellfuss) an den geschwollenen Füssen und wegen der Ähnlichkeit zum verstorbenen ersten Mann wohl habe erkennen müssen.
Als nach glücklichen Jahren in Theben eine Seuche ausbricht, verkündet das Orakel von Delphi, der Mörder des Laios müsse gefunden werden, damit die Seuche verschwinden könne. Der blinde Seher Teiresias enthüllt widerwillig, von Ödipus dazu gedrängt, diesen als den Mörder von Laios. Ödipus glaubt ihm, untersucht die alten Vorfälle selber und gelangt schließlich zu der Erkenntnis, dass er Laios getötet hat, dass Laios sein Vater und Iokaste, seine Frau, auch seine Mutter ist. Daraufhin erhängt sich Iokaste an ihrem Schleier und Ödipus sticht sich mit der Nadel aus Iokastes Gewand die Augen aus.
Kreon, Bruder der Iokaste, wird nun König von Theben und verbannt Ödipus aus der Stadt. Dieser wandert einige Jahre mit seiner Tochter Antigone umher, bis er in Kolonos bei Athen in einem heiligen Hain für Bittsteller stirbt.
In der Odyssee wird erzählt, dass die Götter die Blutschande aufgeklärt und Epikaste - wie Iokaste bei Homer genannt wird - daraufhin erhängt haben. Andere Legenden berichten, dass Ödipus nur das Werkzeug des Schicksals war und deshalb seinen Vater tötete. Als er später die Wahrheit über sich erfährt, nimmt er sich das Augenlicht und geht von seinen Töchtern Antigone und Ismene begleitet nach Kolonos, wo er auch stirbt.
Fortwirken des Mythos in der Kunst
Wie die karnickel von winde Als Inbegriff einer griechischen Tragödie wurde das Thema schon in der Antike künstlerisch mehrfach bearbeitet. Sophokles gestaltete Ödipus' Schicksal gleich in mehreren Stücken. Die Ödipus-Dramen von Aischylos und Euripides sind uns nicht erhalten geblieben. Ebenso verarbeitete der Römer Seneca der Jüngere diesen Stoff.
Auch mehrere neuzeitliche Künstler haben den Ödipus-Mythos dargestellt : z. B. Pierre Corneille, Voltaire, J. Péladan, Hugo von Hofmannsthal, André Gide, Jean Cocteau und Max Frisch in der Literatur sowie Igor Strawinski, George Enescu und Carl Orff in der Musik. Zuletzt Andreas Schmitz in seinem Stück "Schwellfußeinlagen", dessen Welturaufführung am 12. Juni 2006 vielbejubelt in Salzburg über die Bühne ging. Handelt es sich bei "Schwellfußeinlagen" um einen übermütigen Jux mit Motiven aus dem Ödipus-Mythos, so ist "König Ödipus - Eine Komödie aus der Alten Zeit" von Anselm Korff die wahrscheinlich erste Ödipus-Komödie, die den Stoff und den darin enthaltenen Konflikt sehr ernst nimmt.
Aufnahme des Mythos in der Wissenschaft
Sigmund Freud benannte ein psychoanalytisches Phänomen nach dem Mythos "Ödipus-Komplex", die Psychoanalyse spricht dementsprechend von einer ödipalen Phase.
Erich Fromm verwirft diese Interpretation Freuds und führt unter Berufung auf Bachofen aus, der Mythos (also alle drei Teile) beschreibe den Kampf zwischen patriarchalischem und matriarchalischem Prinzip. In allen drei Teilen sei somit auf der familiären Ebene der Vaterkonflikt als Autoritätskonflikt zu deuten. Dies schlägt sich auch auf gesellschaftlich-staatlicher Ebene nieder, in Person des Kreon, der für das patriarchalische Gesellschaftssystem eintritt, und seiner Konfrontation mit Antigone und Haimon, die beide die alte matriarchalische Ordnung vertreten. Kreon vertritt die Auffassung, dass die Söhne ihren Vätern zu Diensten sein sollen, das staatliche Gesetz oberste Priorität habe und der Herrscher den Staat und seine Untertanen besitze. Dies muss laut Bachofen zur Zeit des Mutterrechts anders gewesen sein. Aufgrund der Unmöglichkeit, die Vaterschaft in einer promiskuitiven Gesellschaft zu bestimmen, müssen früher alle Menschen als Brüder und Schwestern gegolten haben und einzig die Frau konnte ihre Kinder zuordnen. Somit kam der Blutsverwandschaft und dem mütterlich-fürsorglichem Prinzip eine größere Bedeutung zu als staatlichen Bindungen. Das mütterliche Prinzip finde sich jedoch nicht nur in Familie und Gesellschaft wieder, sondern auch in der Religion, weshalb Bachofen darauf hinweist, dass die ältesten Gottheiten Frauen gewesen seien (z.B. Demeter). Ödipus sei in diesem Zusammenhang als einer der letzten Vertreter der matriarchalischen Ordnung zu verstehen.[1]
Immanuel Velikovsky stellte in seinem Buch Ödipus und Echnaton die Theorie auf, dass es sich um eine Wandersage aus dem "hunderttorigen" ägyptischen Theben handeln müsse.[2]
Quellen
Literatur
Bollack, Jean: Ödipus. Von der Tragödie zum Komplex und vice versa In Maske und Kothurn, Ausgabe 1/2006, S. 9 - 17
Weblinks
Siehe auch
Portal:Mythologie, Oidipus tyrannos, Ödipuskomplex, König Ödipus