Byzantinischer Bilderstreit

theologische Debatte um Ikonenverehrung
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Der Byzantinische Bilderstreit ist eine Zeit der leidenschaftlichen theologischen Debatte in der Orthodoxen Kirche und dem byzantinischen Kaiserhaus, in der es um den richtigen Gebrauch und die Verehrung von Ikonen ging. Die beiden Parteien wurden als Ikonoklasten (Ikonenzerstörer) und Ikonodulen (Ikonenverehrer) bezeichnet.

Ikonen haben in der orthodoxen Kirche einen ganz anderen Stellenwert als Kunstwerke in westlichen Kirchen. Sie sind nicht nur Kunstwerke, sondern gleichzeitig ein Ausdruck der theologischen Lehre und der Spiritualität. Ikonen werden verehrt - nicht angebetet - weil sie, wie ein Fenster zum Himmel, einen Blick ins Jenseits zulassen.

Von daher ist verständlich, dass eine Bewegung, die die Ikonen abschaffen wollte, sehr viel tiefer in das Leben der Kirche eingriff, als ein bloßer Bildersturm. Die orthodoxe Kirche hat zahlreiche Heilige, die im Bilderstreit zu Märtyrern wurden - vergleichbar mit den protestantischen Märtyrern, die für den freien Zugang zur Bibel starben.

Über die Gründe, die zum byzantinischen Bilderstreit führten, wird bis heute gestritten, wobei Thesen von islamischem Einfluss über das zweite Gebot bis zu persönlicher Zerstörungsfreude weltlicher byzantinischer Kaiser diskutiert werden.

Erste ikonoklastische Periode

Kaiser Leo III. der Isaurier (717-741) verbot 730 die Anbetung der Ikonen Jesu, Marias und der Heiligen und befahl die Zerstörung dieser Bilder. Leo war in der Lage, seine Politik wegen seiner persönlichen Popularität und militärischen Siege zu verkünden - er hatte das Wohlwollen Konstantinopels durch Siege gegen Arabien 717-718 erworben.

Der Bilderstreit wurde durch die Ablehnung vieler Christen geschürt, die außerhalb des Byzantinischen Reiches im islamischen Einflussbereich lebten.

Johannes von Damaskus und Germanus von Konstantinopel waren in dieser Zeit die wichtigsten Gegner der Ikonoklasten. Es ist bemerkenswert, dass den Christen unter moslemischer Herrschaft mehr Freiheit zur Bilderverehrung gewährt wurde, als den Byzantinern. Nur hier im Islamischen Reich blieben auch nennenswerte Zahlen von alten Ikonen erhalten, die bekanntesten sind die im Katharinenkloster auf dem Sinai.

Leos Sohn Konstantin V. (741-775) war ebenfalls Ikonoklast. Nach einer Rebellion eroberte er Konstantinopel zurück, und ging in der Folge noch fanatischer als sein Vater gegen die Ikonodulen vor. In den Jahren, die folgten, kam es nicht nur zu einer Zerstörung von Ikonen und Reliquien sondern auch zu einer blutigen Verfolgung von Ikonenverehrern, wobei Tausende, insbesondere Mönche, verbannt, gefoltert und getötet wurden. Die Verfolgung endete erst mit Konstantins Tod im Jahre 775.

754 berief Konstantin ein Konzil in Konstantinopel, das die Bilderverehrung verurteilte und Johannes von Damaskus und Germanus von Konstantinopel exkommunizierte. Das Konzil bezeichnete sich selbst als siebtes ökumenisches Konzil, wurde aber von keiner Kirche anerkannt, da kein Patriarch daran teilgenommen hat (westliche Begründung), und da seine Beschlüsse im Volk weithin abgelehnt wurden (östliche Begründung).

Der Nachfolger Konstantins, Leo IV., (750-780) war ebenfalls auf Seiten der Ikonoklasten aber moderater in der Verfolgung, seine Frau Irene von Athen gehörte jedoch zu den Ikonodulen - ein diesbezüglicher Ehestreit ist dokumentiert.

Das zweite Konzil von Nicäa

Nach dem Tod Leos wurde Irene von Athen Regentin für ihren unmündigen Sohn Konstantin VI.. Sie beendete die erste ikonoklastische Periode durch Einberufung des zweiten Konzils von Nicäa 787, wobei die Ikonenverehrung als erlaubt galt, jedoch ihre Anbetung ausdrücklich verboten wurde. Man begründete dies mit der Lehre der Inkarnation: Weil Gott in Jesus Christus Fleisch wurde, eine konkrete, körperliche, menschliche Gestalt annahm, ist eine körperliche Darstellung möglich. Die Heiligen verkörpern je auf ihre Weise den Heiligen Geist. Christus und die Heiligen können nun bildlich dargestellt werden -- im Gegensatz zum zweiten Gebot, das vor der Inkarnation von Jesus Christus galt. Jedoch wurde auch beschlossen, dass alle Ikonen mit Aufschriften versehen werden sollen, um eine Verselbständigung der Verehrung der Ikone als Gegenstand, ohne Rücksicht auf den dargestellten realen Menschen, zu verhindern. Auch der Papst in Rom, wo die Heiligenbilder nie ernsthaft in Frage gestellt worden waren, stellte sich hinter diese Beschlüsse. Im Frankenreich unter Karl dem Großen dagegen wurden die Beschlüsse auf dem Konzil von Frankfurt abgelehnt.

Das zweite Konzil von Nicäa ist offiziell das siebte ökumenische Konzil der Katholischen und Orthodoxen Kirche; im Protestantismus reichen die Ansichten zu diesem Konzil von totaler Ablehnung bis zu Anerkennung unter Vorbehalt.

Die Ikonenverehrung war auch während der Regierung des Nachfolgers der Kaiserin Irene, Nicephorus I. (802-811) und zweier kurzer Regierungsperioden nach ihm gestattet.

Zweite Ikonoklastische Periode

Kaiser Leo V. (813-820) leitete 813 eine zweite Periode des Ikonoklasmus ein, sie scheint weniger rigoros erzwungen, da es wenige Todesopfer und öffentliche Ikonenzerstörungen gab. Leo folgte Michael II., dem dessen Sohn Theophilus II. nachfolgte.

Wiederherstellung der Ikonen

Theophilus starb, und seine Frau Theodora übernahm die Regierung für den unmündigen Erben Michael III.. Wie Irene 50 Jahre vor ihr, mobilisierte Theodora die Ikonodulen und ordnete 843 die Wiederherstellung der Ikonen an.

Seitdem wird der erste Sonntag der Fastenzeit in der orthodoxen Kirche als das Fest Triumph der Orthodoxie gefeiert.

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