Askese ist der Verzicht auf Genuss.
Ein häufiges Motiv dabei ist ein Gewinn an Macht: :Macht ist dabei in erster Linie bezogen auf die Macht über die eigene Person, die sich in Gestalt von Selbstkontrolle oder Konzentration auf geistige Vorgänge z.B.: Meditation äußert. In zweiter Linie erwächst aus asketischem Verhalten durchaus eine Wirkung (z.B. als Vorbild) auf andere, und somit auch Macht nach außen: auf eine Jüngergruppe oder in bestimmten Fällen die gesamte Gesellschaft.
Es gibt jedoch auch andere Motive, z.B. eine vertiefte Gottesbeziehung oder Solidarität mit den Armen (Franz von Assisi.
Häufig geübte asketische Praktiken sind Verzicht auf Nahrung, Schlaf, Kleidung, Geschlechtsverkehr, Wohnung oder Vermögen, wobei die Anforderungen unterschiedlich streng sein können. Unter Askese kann aber auch eine allgemeine Disziplinierung des Lebens verstanden werden, die nicht zu Weltverneinung führen muss.
Geschichte
Eine Reihe religiös-ethischer Systeme des Altertums standen der Askese fremd gegenüber. (Naturreligionen, Vorderer Orient, Klassisches Griechenland, Altes Rom, Zoroastrismus oder Konfuzianismus).
Askese in Asien
Das vermutlich älteste durch Askese geprägte System ist der Hinduismus. Bereits die Induskultur kannte Asketen. Sie treten auf als Yogis, Sadhus oder Sannyasins, wobei der Tantrismus das entsprechende System mit Shiva an der Spitze dafür schuf.
Der Jainismus basiert auf einer Fastentradition, die in Gandhi einen Höhepunkt fand.
Auch der Buddhismus vesteht sich in seiner Geschichte und Gegenwart als Bewegung der Askese, wie am Leben des Buddha und der von ihm gegründeten Mönchsgemeinschaften abzusehen ist. Von einer Mahlzeit am Tag über das Schlafen in sitzender Stellung unter freiem Himmel bis zu den Selbstverbrennungen von Mönchen während des Vietnamkrieges reichen die asketischen Lebensäußerungen.
Griechische und römische Antike
Der Begriff Askese (v. griech. askesis aus askeo schmücken, sich befleißigen) bedeutet ursprünglich Übung oder Training und bezog sich auf das Exerzieren der griechischen Soldaten bzw. die Lebensweise der Athleten.
Die Lebensweise der Kyniker führte wohl bestimmte asketische Züge auf (Triebbeherrschung, Armut und Heimatlosigkeit), da sie darin aber einen unmittelbaren Lustgewinn sowie eine Zerstörung etablierter Strukturen sah, wird sie nicht zur Askese gezählt.
Ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. finden sich deutlich mit dem Verzicht und Weltverneinung einhergehende Züge, die mit der Gnosis und dem Neuplatonismus einhergehen. Die Stoa wertet die zeitlichen Güter ab; der griechische und römische Kult begreift Fasten und sexuelle Enthaltsamkeit als einen Bestandteil des Ritus, um auf die Götter einwirken zu können. (siehe: Mysterien von Eleusis)
Die Gnosis als ein auf der Dualität von Licht und Finsternis basierendes System funktionalisiert die Askese zur Erreichung der Weltverneinung. Manis drei Siegel erstrecken sich auf das Siegel
- des Mundes: Verzicht auf Fleisch, Fisch, Wein und Alkohol
- der Hände: Verzicht auf Arbeit
- des Leibes: Verzicht auf Fortpflanzung
Askese im Judentum
Das Judentum, eine grundsätzlich eher weltbejahende Religion weist auch bestimmte asketische Züge auf, insbesondere bezüglich des Studiums der Heiligen Schrift. Ebenso sind Verzicht auf Schweinefleisch, auf Geschlechtsverkehr zu bestimmten Zeiten (während der Menstruation und eine Woche danach) und der Verzicht auf Arbeit am Sabbat wesentliche Bestandteile der orthodoxen jüdischen Lebensweise. Am Versöhnungstag wird auf Essen und Trinken verzichtet.
Nasiräer waren diejenigen, die ihr gesamtes natürliches Leben zugunsten des Torastudiums zurückstellten, während ihres ganzen Lebens oder während einer bestimmten Zeit. Im Alten Testament war der Verzicht auf einen festen Wohnsitz bekannt (siehe Rekabiter).
Askese im Islam
Die islamische Lebensweise versteht sich in bestimmten Zügen als asketische Lebensweise. Von Moslems ist generell Verzicht auf Schweinefleisch und auf Alkohol erwartet. Askese entspricht wörtlich dem arabischen Begriff dschihad (Heiliger Krieg, eigtl.: "Bemühung"). Dazu zählen die regelmäßigen Gebetszeiten, Fasten (Ramadan), Pilgerreisen Hadsch, zahlreiche riegorose Ge- und Verbote. Besonders traten in der muslimischen Askese Gruppierungen hervor wie die Sufis, Derwische oder Fakire.
Askese im Christentum
Askese als freiwilliger Verzicht auf Annehmlichkeiten des Lebens in unterschiedlichem Mass gehört in der christlichen Kirche von Anfang an zur Nachfolge Jesu.
Die Motive dabei können rein zweckbedingt sein (z.B. bei Paulus auf Missionsreisen, Phil. 4, 11f), gemeinschaftsbezogen (Verkauf von Eigentum zugunsten der Gemeinschaft Apg 2,45) es kann aber auch die Suche nach grösserer Nähe zu Gott sein (1. Kor. 7,5).
Tertullian entfaltete systematische Anweisungen für ein asketisches Leben von Christen, wobei hauptsächlich auf der Ehelosigkeit ein Schwergewicht lag. Origenes prägte diesen Weg von der vita activa zur vita contemplativa weiter aus. Wahre auf Grundlage der Askese bewirkte Gottesschau sei nur bestimmten Erwählten möglich.
Im dritten Jahrhundert entwickelte sich von Ägypten augehend ein Einsiedlertum, dessen berühmtester Vertreter der heilige Antonius war. Siehe: Styliten, Eremiten, Anachoreten).
Im vierten Jahrhundert fasste zuert Pachomius diese Einsiedler in Gemeinschaften zusammen, aus denen die ersten Klöster entstanden.
Basilius von Caesarea verfasste dann eine Mönchsregel, die neben der Askese auch körperliche Arbeit und intensives Bibelstudium enthielt und bis heute die Mönchsregel der orthodoxen Kirchen ist. Basilius predigte Verzicht auf Eigentum und Sicherheit motiviert durch konkrete Hilfe für Notleidende, praktizierte aber auch Fasten (einschliesslich ständigem Verzicht auf Fleisch) und nächtliches Gebet mit Schlafverzicht um eine intensivere Beziehung zu Gott zu entwickeln.
Benedikt von Nursia verfasste aufgrund der Regel von Basilius seine eigene Mönchsregel, die bis heute in manchen westlichen Orden bestimmend ist.
Für die irischen Mönche war die Peregrinatio (Heimatlosigkeit) ein wesentlicher Faktor ihrer Askese, der die gesamte Geschichte von Europa beeinflusste: viele europäische Länder wurden durch irische Wandermönche christianisiert.
Askese in Geschichte der Kirche wird verstanden hinsichtlich
- des eigenen Körpers
- Nahrungsaskese
- sexuelle Enthaltsamkeit, Zölibat
- Vernachlässigung der Körperpflege, (kein Haareschneiden etc.)
- Verzicht auf körperliche Bedürfnisse (Schlaf, Wärme)
- der äußeren Lebensgrundlagen (Verzicht auf Eigentum)
- der eigenen Persönlichkeit
- Kommunikationsverzicht (Schweigebot)
- Isolation (Klausur, Einzelzelle,
- Heimatlosigkeit (Wanderprediger, Bettelmönche)
- Gebundenheit (Gehorsam, Mobilitätsverzicht)
Als Tugendmittel, durch deren Gebrauch die Askese die Erlangung der religiösen und sittlichen Vollkommenheit anstrebt, gelten in der katholischen Kirche:
- die Andacht, die Meditation und Kontemplation umfasst, und der sich als Hilfsmittel die asketische oder Erbauungsliteratur bietet, ebenso die religiöse Kunst;
- das Bibelstudium;
- das Gebet, teils als freies, teils als Formulargebet;
- der gemeinschaftliche Gottesdienst Erbauungsstunden und Konventikel;
- die Sakramente.
Als die Verzichtgebote in den Klöstern gelockert werden, entstehen im Mittelalter neue asketische Bewegungen sowohl innerhalb der Kirche (Zisterzienser, Franziskaner etc.) als auch außerhalb in häretischen Bewegungen (Katharer, Waldenser).
[Im Mittelalter erfährt die Askese ein Steigerung hin zu bewussten Peinigung. (Geißler)]
Die Reformation verwarf programmatisch das katholische Ideal der Askese, da sie damit einen Rückfall in die Gesetzlichkeit des Glaubens verbunden sah. Andererseits gehörte gerade im zwinglianischen Zürich und im Calvinismus von Anfang an ein disziplinierter Lebensstil mit Verzicht auf weltlichen Luxus (aber ohne Weltflucht) unverzichtbar zum christlichen Leben.
Bestimmte Bewegungen innerhalb des Protestantismus haben eine religiös motivierte Wiederbelebung weltverneinender Züge in ihre Programme aufgenommen. (Pietismus).
"Moderne" Askese
Max Weber hat den Begriff der Askese umgedeutet. Sie sei als "innerweltliche Askese" durch den Geist des Protestantismus in die Moderne eingezogen, um die menschliche Kultur auf nachhaltige Weise äußerlich zu prägen und zu verändern, wie kein Lebensentwurf zuvor. So wurde unternehmerischer Erfolg im reformiert-puritanischen Kapitalismus als Belohnung für Verzicht und Entsagung aufgefasst. Askese und Religion gingen und gehen miteinander einher, wobei sie sich offenkundig zunehmend verselbständigen und auch voneinander lösten. Demgemäß kann eine Vielzahl heutiger auf Verzicht basierender Lebensentwürfe nur in bestimmter Hinsicht als asketisch verstanden werden, da sie (wie modisches Schlank- und Heilfasten, oder Vegetarismus) den religiösen bzw. weltabgewandten Idealen der Askese teilweise oder vollständig zuwiderlaufen.
Die katholische Kirche hat heute die Fastengebote sehr stark gelockert, es gibt jedoch immer noch Katholiken, die am Freitag auf Fleisch verzichten.
Andererseits gibt es auch heute im Christentum religiös motivierten Verzicht: die Orthodoxen Kirche kennt bis heute mehrere mehrwöchige Fastenperioden pro Jahr (teilweise mit völligem Verzicht auf tierische Nahrungsmittel).
Evangelikale und insbesondere charismatische Kreise haben das Fasten neu entdeckt und praktizieren oft auch bewussten Verzicht (auf Schlaf zugunsten von Gebet, auf einzelne Mahlzeiten zugunsten von Hungernden, etc.), allerdings nicht als Kirchengebote sondern als freiwillige spirituelle Erfahrung.
Weblinks
- http://www.uni-greifswald.de/~postdoc/askeseexpose.htm -- Geschlecht und Geschichte der Selbstdisziplinierung (Interdisziplinäre Tagung)
- http://medi-report.de/nachrichten/2000/07/20000707-01.htm -- Askese aus medizinischer Sicht.
- http://www.stjosef.at/morallexikon/askese.htm -- Askese (Lexikon der christlichen Moral)