Ein Kopftuch ist ein Stück Stoff, mit dem der Kopf bedeckt wird. Ein Kopftuch kann aus vielfältigen Gründen getragen werden: zum Beispiel zum Schutz vor der Witterung (Kälte, Hitze, Wüstenwind) oder damit die Haare nicht bei der Arbeit stören, aber auch als Zierde oder als modisches Accessoire. In manchen Kulturen besitzt das Kopftuch religiöse Bedeutung. Das Kopftuch kann auch ein Kleidercode sein, das der Identitätsbildung dient.

Vorrangig werden Kopftücher von Frauen und Kindern getragen, aber es gibt auch Kopftücher für Männer. Besonders für kleine Kinder ist die Schutzfunktion eines Kopftuchs oder einer anderen Kopfbedeckung wichtig. Das Kopftuch und sein Symbolgehalt bei muslimischen Frauen ist zentraler Bestandteil des Kopftuchstreits.
Kopftücher für Frauen
Das Tragen von Kopftüchern war bis in die 1970er und 1980er Jahre zumindest regional üblich und entsprach der Mode. Eine besondere Blüte erlebte es in der Nachkriegszeit (Stichwort Trümmerfrauen), um sowohl die Haare vor Schmutz zu schützen als auch die umständehalber oft nicht besonders gepflegten Haare zu verbergen. Später verdrängten andere Kleidungsstücke wie zum Beispiel Hüte oder Mützen das Kopftuch weitgehend. Heute werden Kopftücher vorrangig aus religiösen und traditionellen, vereinzelt auch aus praktischen Gründen (Cabrio-Fahrerinnen) getragen.
Üblich sind Kopftücher - zumindest bei älteren Frauen - auch heute noch in vielen osteuropäischen Ländern, sogar in einer Trageweise (Falte in der Stirn), die eher an ein "islamisches Kopftuch" erinnert, was wiederum gemeinsame Wurzeln erahnen lässt.
Zum Verdrängen des Kopftuchs trug bei, dass viele aus modischen Gründen auf Kopfbedeckungen jeglicher Art selbst bei starker Sonne oder großer Kälte verzichteten. Auch wurde das Kopftuch vielfach als Zeichen von Rückständigkeit angesehen, was sich u.a. an Witzen, warum Bäuerinnen ein Kopftuch tragen (um sie beim melken von den Kühen unterscheiden zu können) zeigte. Ergänzend wuchs in den vergangenen Jahren die Abneigung gegen das Kopftuch, in dem dieses zunehmend als Symbol muslimischer Frauen und als Zeichen der Unterdrückung begriffen wurde.
Christentum
Im heutigen Christentum kennt man das Kopftuch als Teil der katholischen Ordenskleidung bei Ordensschwestern.
Kopftücher finden sich daneben nur bei Kirchbesuchen von Frauen in einigen wenigen protestantischen evangelikalen Freikirchen in Deutschland; werden aber ansonsten im Alltag, Berufs- und Privatleben selbst von Frauen in Freikirchen nur selten mehr aus religiösen Gründen getragen. Allerdings ist es noch heute üblich, dass bei Papstaudienzen Frauen ein (schwarzes) Kopftuch (oder ein ähnliches Kleidungsstück) tragen.
Das Bedecken des Kopfes während des Gebets wurde bis vor ca. 50 Jahren noch in vielen christlichen Kirchen praktiziert. In vereinzelten Brüdergemeinden und Apostolischen Pfingstgemeinden und in den Gemeinden der baptistischen Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion bedecken viele Frauen bis heute ihren Kopf beim Gebet und beziehen sich hierbei auf die Bibelstelle aus 1. Korinther 11:5 "Ein Weib aber, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt." In manchen orthodoxen Kirchen tragen Frauen und Ordensschwestern beim Besuch der Kirche ein Habit mit einer Kopfbedeckung.
Islam
Viele konservative oder traditionell verbundene oder aus traditionellen Familien stammende muslimische Frauen tragen ein Kopftuch nicht nur beim Moscheebesuch sondern auch im Alltag, einen so genannten Tschador (persisch) oder Hidschab bzw. Hijab (arabisch), als Teil der Glaubenspraxis.
Die Begründung für das Tragen eines Kopftuchs ergibt sich für muslimische Frauen aus dem Koran, Sure 24:31, der Frauen dazu aufruft, ihre Reize – soweit sie nicht normalerweise sichtbar sind – vor Männern, die nicht mit ihnen verwandt oder verheiratet sind, zu verbergen. Genauere Vorschriften bezüglich der Kleidung sind allerdings dem Koran nicht zu entnehmen.
Es werden zusätzlich Berichte über das Leben des Propheten Mohammed hinzugezogen. Die Mehrheit der Korangelehrten bezieht sich auch auf Ibn Abbas, einen Wegbegleiter Mohammeds, der gesagt haben soll, dass „was normalerweise sichtbar ist“ sich auf „Gesicht und Hände“ bezieht, diese daher nicht bedeckt werden müssen. Eine kleinere Anzahl von Muslimen lehrt jedoch, dass die Frauen sich komplett verhüllen müssen, was eben auch das Gesicht und die Hände mit einschließt.
Bei dogmatischer Interpretation haben Frauen wegen Sure 2:256 eine Entscheidungsfreiheit. Insbesondere in der jüngeren Generation der islamischen Frauen in Europa wird das Kopftuch zunehmend nicht als eine Pflicht angesehen, die sich aus dem Koran ergibt. Gegen die Emanzipation islamischer Frauen (nicht nur in dieser Frage) wehren sich allerdings zunehmend konservative Kreise (Stichwort Islamismus). Den Strukturen des Islams folgend gibt es aber keine Stelle, die zu einer eindeutigen Entscheidung befugt bzw. dafür anerkannt wäre.
Die Motivation Kopftuch zu tragen ist unter Frauen sehr vielfältig: Tradition, religiöses Selbstverständnis, individueller Selbstausdruck (Kopftuch als Mode-Accessoire [1]), Symbol der Gruppenzugehörigkeit (Schule bzw. als "Flagge des Islamismus" laut Alice Schwarzer) und (in seltenen Fällen) Ausdruck des Protestes (Vollverschleierung in der Schule [2]). Im Einzelfall ist die Motivlage jedoch nicht immer überprüfbar und ist daher in einer säkulären Gesellschaft der Glaubens- und Gewissensfreiheit des Individuums zu überlassen.
Die Haltung der Männer zum Kopftuch ist ebenfalls sehr unterschiedlich. Für die weitüberwiegende Mehrzahl muslimischer Männer liegt die Kopftuchfrage im Kompetenzbereich der Frau. Es gibt aber auch Männer, die von ihrer Frau das Tragen eines Kopftuchs verlangen, ebenso wie Männer, die ihren Frauen das Kopftuch verbieten, weil sie selbst nicht als islamistisch und konservativ gelten wollen. [3]
Das Kopftuch ist auch nicht in allen islamischen Ländern verbreitet: in Zentralasien bzw. den ehemaligen Sowjetrepubliken wird es nur begrenzt getragen, ebenso in Indonesien und in Westafrika ist das Kopftuch seltener anzutreffen.
Bei den Aleviten, einer eigenständigen Glaubensgemeinschaft, tragen die Frauen kein Kopftuch. In der laizistisch und muslimisch geprägten Türkei besteht für Lehrer, Schüler und Studenten sogar ein Kopftuchverbot in öffentlichen Institutionen und an der Universität. Dieses staatliche Verbot in der Türkei ist höchstgerichtlich bestätigt worden. Am 17. Mai 2006 wurde in Ankara ein Richter erschossen, der diesem Gericht angehörte.
Eine besonders extreme Form des verschleiernden Kopftuchs für Frauen ist die Burka, die sogar die Augen hinter einem Netz versteckt. Sie war in Afghanistan unter dem Taliban-Regime üblich. Eine weitere häufig verbreitete Version im Nahen Osten ist die Kombination aus Kopftuch (Hidschab) und Niqab, wobei hier ein zusätzlicher Gesichtsschleier getragen wird oder das Kopftuch über das Gesicht gelegt wird. Die Augen der Trägerin bleiben frei oder werden nur durch leichte Stoffschichten verhüllt.
Das Kopftuchgebot soll laut konservativer/traditioneller Auslegung des Korans, die Würde der muslimischen Frauen schützen. Es soll zum gegenseitigen respektvollem Umgang der Männer und Frauen beitragen. Ihm steht das gegenseitige Senken des Blicks zwischen Männern und Frauen gegenüber (Sure 24:30).
In Deutschland urteilte das Bundesverfassungsgericht (Kopftuchurteil), dass ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen an Schulen nur seitens der einzelnen Bundesländer erlassen werden könne. Von dieser Möglichkeit machen viele Bundesländer in Deutschland mittlerweile Gebrauch (Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Schleswig-Holstein, …). Allerdings ist die rechtliche Situation weiterhin schiwerig, da das Grundgesetz die Diskriminierung aus religiösen Gründen verbietet. In Baden-Württemberg musste einer Lehrerin - zumindest bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens - zunächst gestattet werden ihr Kopftuch zu tragen, da das Gesetz es zuließ, dass christliche Bekleidung (hier Nonnenhabit) getragen werden darf, was in einer ehemaligen (heute staatlichen) Klosterschule auch noch praktiziert wird.
Von Kritikern wird eingewandt, das Kopftuch führe zu einer Stigmatisierung der Frau als Mensch, der sich den Männern unterordne und fördere das Patriarchat. Das Kopftuch mache nach Ansicht von Alice Schwarzer Menschen zu zweiter Klasse und behindere die Gleichberechtigung von Frauen, was von den Befürworterinnen des Kopftuches bestritten wird.
Judentum
Im orthodoxen Judentum bedecken verheiratete Frauen ihr Haar aus religiösen Gründen mit einem Tuch oder einer Perücke.
Hinduismus
Frauen aus dem indischen Raum (Hindus) tragen oft einen Sari, wobei ebenfalls die Haare mit einem langen Stück Stoff bedeckt werden.
Kopftücher für Männer
Männer der Saharavölker wie der Tuareg, Peul, Tukulor und Mauretanier, bedecken den Kopf mit Tuch und Gesichtsschleier – oft in Turbanform. Der Turban der Tuareg, die als Berbervolk nomadisch in den Staaten Algerien, Libyen, Niger, Mali, Burkina Faso und Nigeria leben, wird Schesch genannt. Er besteht aus einer rechteckigen Stoffbahn, die zwischen vier und zehn Metern lang ist. Im Gegensatz zu den weiblichen Verschleierungen durch Burka und Tschador, ist in der traditionell matriarchalisch geprägten Gesellschaft der Tuareg das Gesicht des Mannes vermummt. Kunstvoll wird der Gesichtsschleier um den Kopf gewickelt – lediglich die Augen bleiben frei. Die Kopfbedeckung schützt vor Sonne, Wind und Sand, hat jedoch auch die Funktion, den Mund als unreine Körperöffnung zu verdecken.
Im arabischen Raum tragen Männer als übliche Kopfbedeckungen die Kufiya in rotweiß oder schwarzweiß gemusterter oder einfarbiger Art und Weise.
In westlichen Ländern findet sich gelegentlich das Bandana oder Bandanna (von Hindi bandhana, dt. "binden") als modisches Accessoire oder als Schutz vor Sonnenstrahlung, das in der Art eines Piraten-Kopftuchs getragen wird.
Kopftuch und Kultur
Es sind hauptsächlich kulturelle (zum Beispiel auf dem Klima beruhende) und religiöse Hintergründe, die als Motivation für das Tragen eines Kopftuchs sprechen, aus unterschiedlichen Motiven, aber als Teil der Identität der Träger und Trägerinnen. Ähnliches kennt man von den männlichen Sikhs und ihrem obligatorischen Turban.
In Deutschland trugen bis vor kurzer Zeit viele Frauen das Kopftuch aus Tradition. Ein Kopftuch, schwarz, farbig, oft auch prachtvoll bestickt, gehörte zu vielen traditionellen Trachten. Heute sieht man jedoch nur noch sehr selten eine elegante Dame, die ein edles Seidentuch als Kopftuch trägt.
Kulturell war die Bedeutung des Kopftuchs bzw. des Schleiers in allen Teilen der Welt einem starken Wandel unterlegen. Neben dem praktischen Nutzen diente es auch der Abgrenzung zwischen Gesellschaftsschichten und der Darstellung der Lebenssituation. Derzeit wird versucht, das Kopftuch als politisches Symbol zu instrumentalisieren, siehe dazu den Artikel Kopftuchstreit.
Herkunft
Das Kopftuch (bandana) wurde ebenso wie der Pyjama oder der Kummerbund von Europa aus Indien übernommen und erfreute sich großer Beliebtheit.
Fußnoten
- ↑ Kreative Variationen zum Thema Verschleierung (Qantara),
Baden im Burkini (Deutschlandradio),
Kopftuchmode: Das Accessoire des Islam (FAZ),
Integration: Die schönen Töchter Kreuzbergs (FAZ) - ↑ Verhüllte Schülerinnen (Spiegel)
- ↑ „Eine Dolmetscherin erlebte einige Scheidungen, weil der plötzlich aufflammende Wunsch der Ehefrau das Kopftuch zu tragen nur noch zu Streit und Gängelei führte.“
Rheinische Post Online: Das Kopftuch-Syndrom, am 23.09.2006
Literatur
- Mag. Monika Höglinger (Ethnologin): Verschleierte Lebenswelten, http://www.hoeglinger.com/kopftuch/buch.htm 2002, 2.Auflage 2003, ISBN 3-902300-03-5
Weblinks
Islamische Tradition, politische, kulturelle und religiöse Aspekte
- Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Motivation von Kopftuchträgerinnen
- Erklärung der Christlich-Islamischen Gesellschaft zum Verbot von Kopftüchern für muslimische Lehrerinnen
- Webseite der Initiative „Mein Kopftuch“, hier sind viele Zeitungsartikel zum Thema dokumentiert
- Initiative für Selbstbestimmung in Glaube und Gesellschaft - Umfassende Seite mit Informationen zum Kopftuchverbot in NRW
- AMJ: Webseite zum Thema Kopftuch
- AMJ: „Warum trägt die Muslima Kopftuch oder Schleier?“
- Katholische Kirche in Deutschland: Die Kopftuchdebatte: Berlin verbietet alle sichtbaren religiösen Symbole
- Uni Kassel: Ein Stück Identität
- TAZ: „Kopftuch ist wie gelber Stern“
- Hamburger Abendblatt: Die Lüge von der Freiheit der Frau unterm Kopftuch
- TAZ: Kopftuchgründe von Birgit Rommelspacher, 18.7.2003
- TAZ: Christen werfen Nebelkerzen von Heide Oestreich, 11.10.2003
- Kopftuchfrage in Österreich: „Das Kopftuch ist selbstverständlich erlaubt.“
- FAZ: Kopftuchmode: Das Accessoire des Islam
- FAZ: Alice Schwarzer im Interview: „Die Islamisten meinen es so ernst wie Hitler“
- Evangelischer Pressedienst: Alice Schwarzer gegen Kopftuch an Schulen
Trachten
Siehe auch: Liste der Kleidungsstücke