Weißwurst

Nahrungsmittel
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Weißwurst ist eine helle Brühwurst aus feingemahlenem Kalbfleisch, Schweinerückenspeck und Gewürzen. Weil die Wurst nicht gepökelt wird, hat sie eine helle grau-weiße Farbe. Eng verwandt mit der Weißwurst sind Wollwurst und Stockwurst.

Münchner Weißwürste mit Brezel und süßem Senf

Die Münchner Weißwurst

Die bekannteste Weißwurst ist die Münchner Spezialität. Sie wird traditionell frühmorgens hergestellt und vormittags als Imbiss auf Märkten und in Wirtshäusern mit süßem Senf, Brezel und Weißbier verzehrt.

Entstehung

Die Weißwurst ist, so wird es jedenfalls erzählt, eine Zufallserfindung des Wirts vom „Gasthaus zum ewigen Licht“ am Münchner Marienplatz, Sepp Moser: Am Rosenmontag 1857 gingen ihm die Schafsdärme für die Kalbsbratwürstchen aus, während schon die Gäste warteten. Der losgeschickte Lehrling kam aber mit Schweinedärmen zurück, die zu zäh für Bratwürste sind. In der Not füllte Moser sie trotzdem mit der fertigen Masse, briet die Würste jedoch nicht, sondern brühte sie in heißem Wasser. Ähnliche Würste gab es bereits im 14. Jahrhundert in Frankreich, die ebenfalls im heißen Wasser serviert wurden.

Seltene Zutaten machten die Weißwurst zu einem teuren Essen, denn neben dem Kalbfleisch waren im 19. Jahrhundert auch Zitronen noch nicht leicht zu beschaffen. Außerdem muss der Wurstmasse gestoßenes Eis beigemengt werden, was das Ergebnis besonders zart und locker werden lässt, die Herstellung aber einstmals aufwendig machte.

Herstellung und Zubereitung

Original Münchner Weißwürste werden aus Kalbfleisch, Schweinerückenspeck und gekochter Schweineschwarte hergestellt und je nach Rezept mit Petersilie, Zitronenschale, Macis und Zwiebeln, auch Ingwer und Kardamom gewürzt. Die fertige Wurstmasse wird in Schweinedärme gefüllt, zu etwa 12–15 cm langen Würsten von 80–90 Gramm Gewicht abgedreht und möglichst frisch gebrüht, also in heißem, aber nicht kochendem Wasser gegart.

Zubereitet werden Weißwürste, indem man sie zehn Minuten in ca. 75 °C heißem, leicht gesalzenem Wasser (eventuell mit einer Zitronenscheibe) erwärmt. Man kann auch Wasser zum Kochen bringen, den Topf vom Feuer nehmen und die Weißwürste in das sich abkühlende Wasser geben. In kochendem Wasser platzen sie und verlieren an Geschmack.

Aus der Zeit vor Erfindung der Kühltechnik stammt die Empfehlung, Weißwürste dürften das Mittagsläuten um 12 Uhr nicht hören. Nach einer anderen Erklärung wurden sie vormittags in den Gaststätten an Handwerker verkauft, die zum Mittagstisch Platz für zahlungskräftigere Kundschaft machen sollten. Heute werden Weißwürste den ganzen Tag über angeboten.

Mittlerweile werden „Münchner Weißwürste“ auch industriell und außerhalb Münchens hergestellt und vorgebrüht in Dosen oder eingeschweißt weltweit vertrieben. Diese Würste entsprechen aber nicht dem ursprünglichen Rezept, schon weil sie nur aus Schweinefleisch hergestellt werden.

Verzehr

Bei Weißwürsten wird der Darm nicht mitgegessen. Sie wird entweder „gezuzelt“, d. h. der Inhalt wird mit den Zähnen aus dem Darm gezogen, oder man isst sie, indem man sie zuerst auf dem Teller längs halbiert, so dass der Darm auf der Unterseite intakt bleibt und der Inhalt mit dem Besteck quer heruntergewälzt werden kann. Eine Weißwurst zu häuten und in Scheiben zu schneiden oder komplett mit dem Darm zu verzehren ist unter Weißwurstkennern verpönt.

Herkunftsbezeichnung

Die Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst will die „Original Münchner Weißwurst“ bei der EU-Kommission in Brüssel als Herkunftsbezeichnung schützen lassen, und hat dazu 2004 einen Antrag beim Patent- und Markenamt gestellt. Dann dürften sich nur noch in München nach Originalrezepten hergestellte Weißwürste „Münchner Weißwürste“ nennen. Der Fleischerverband Bayern hat einen zweiten Antrag gestellt mit dem Ziel, das Herstellungsgebiet von München auf Altbayern und Schwaben auszudehnen. (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Die Hamburger Weißwurst

Entstehung

In der hamburgischen Franzosenzeit (1806 bis 1814) entwickelte der Leibkoch des Marschall Davout, ausgehend von der aus feinstem Kalbfleisch bereiteten „Boudin blanc“, eine Luxusvariante, die hohen Gästen bei ihren Besuchen oder Hamburger Bürgern zum zweiten Frühstück vorgesetzt wurden. Das Besondere an dieser Wurst war nicht nur das hochwertige Fleisch, die feine Würze und die sorgfältige Zubereitung, sondern auch der beigefügte Kaviar. Diesen gab es in jener Zeit in Hamburg genug, denn in der Elbe wurden massenhaft Störe (Sterlet) gefangen.

Wertungen

Karl Friedrich von Rumohr notierte diese Weißwurst während eines Hamburg-Besuchs für sein 1822 erschienenes Werk „Geist der Kochkunst“, nachdem er sich über den Knoblauchgeschmack italienischer Würste beklagt hatte: „Eine überaus feine Variante der französischen weißen Boudins sind die Kalbswürstchen, die ich in einer Hamburger Restauration kennenlernte. Auch wenn ich es im Allgemeinen für einen Fehler halte, das Fleisch von Land- und Meeresgetier zu vermengen, darf ich behaupten, dass diese scheinbar geckenhafte Veredelung des Wurstbräts einen Gaumenschmaus besonderer Güte darstellt.“

Auch in einer frühen Ausgabe des „Appetitlexikons“ von Habs und Rosner wird unter dem Stichwort Wurst nach Grütz-, Blut-, Zervelat-, Erbs- und Knoblauchwurst die Weißwurst erwähnt, „deren bayerische Variante recht sättigend ist, während die Hamburgische Weiße von ungewöhlicher Feinheit und Delikatesse“ sei.

Alexandre Dumas weist in seinem Wörterbuch der Kochkunst, nachdem er den heldenhaften Charakter des Marschal Davout gelobt hat, auf den „Boudin hambourgeois“ hin und forderte: „Mögen meine hochgeschätzten Gourmets aus der Normandie auch darauf bestehen, ihren Boudin blanc mit Bier zu verzehren, ich verlange zu diesem feingestopften Darm ein Glas weißen Burgunders!“

Verbleib

Im Laufe des 19. Jahrhunderts geriet die Hamburger Weißwurst in Vergessenheit, nicht zuletzt, weil all jene Bürger, die sich den französischen Sitten geöffnet hatten, nun lieber schwiegen und allen Erinnerungen an ihre Kollaboration, und seien es auch nur kulinarische, zu tilgen versuchten.

Alles zur Weißwurst (Food from Bavaria / Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten)

Siehe auch: Weißwurstäquator