Grafschaft Saarbrücken
Die Grafschaft Saarbrücken ist ein ehemalig selbständiges, reichsunmittelbares Fürstentum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im deutschen Südwesten mit der Residenzstadt Saarbrücken. Ab 1381 wird die Grafschaft nach der neuen Herrscherfamilie aus dem Haus Nassau auch als Grafschaft Nassau-Saarbrücken bezeichnet.
Geografie
Das Gebiet der Grafschaft Saarbrücken umfasste 1789 im Wesentlichen den heutigen Landkreis Neunkirchen (d.i. die ehemalige Grafschaft Ottweiler), den Stadtverband Saarbrücken (die eigentliche Grafschaft Saarbrücken), die Grafschaft Saarwerden (am Oberlauf der Saar im heutigen Grenzgebiet zwischen Elsaß und Lothringen in der Umgebung der Stadt Sarre-Union) und die Herrschaft Lahr in Baden.
Geschichte
Um das Jahr 1080 wurde der Graf des Saargaus, Graf Sigibert, mit den gesamten Besitzungen des Bistums Metz an der Saar, am Rhein und im Elsaß belehnt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Metzer Lehnshoheit nur noch Formsache, spielte aber im 17. Jahrhundert während der Reunionskriege Ludwigs XIV. wieder eine Rolle. Die Grafen führten ab 1728 den Fürstentitel.
Siegberts Sohn führte ab 1123 als erster Saargaugraf den Titel „Graf von Saarbrücken“. 1120 wurden die Güter im Elsaß abgetrennt, 1180 fand eine Erbteilung statt, bei der die Güter an der Saar und am Rhein geteilt wurden. Aus den letzten entstand die Grafschaft Zweibrücken.
1274 starb der letzte Graf aus dem älteren Haus Saarbrücken; seine Tochter Mathilde war mit Graf Simon von Commercy verheiratet, der sich fortan „Graf von Saarbrücken-Commercy“ nannte. 1381 starb auch dieses Grafenhaus in männlicher Linie aus, die Erbtochter hatte 1353 einen Grafen von Nassau aus dem Haus Nassau-Weilburg (Walramische Linie) geheiratet. Zunächst wurden die Güter an der Saar mit denen an Lahn und Main vereint, 1442 aber in eine linksrheinische Linie „Nassau-Saarbrücken“ und eine rechtsrheinische „Nassau-Weilburg“ (jüngere Linie Nassau-Weilburg) geteilt.
1507 heiratete Graf Johann Ludwig I. Katharina von Moers-Saarwerden, die einzige Erbtochter der Grafen von Moers-Saarwerden, wodurch 1527 die gesamte Grafschaft Saarwerden und die Herrschaft Lahr in den Besitz der Grafen von Nassau-Saarbrücken kamen.
1574 starb das ältere Haus Nassau-Saarbrücken mit Graf Johann III. aus und die gesamte Grafschaft fiel wieder an das Haus Nassau-Weilburg. Dort hatte Graf Philipp (in Nassau-Weilburg zählt er als Philipp IV, in Nassau-Saarbrücken aber als Philipp III.!) bereits 1526 die Reformation nach lutherischem Bekenntnis eingeführt, die nun auch für Saarbrücken galt. Diese Einführung der Reformation führte dazu, dass das Herzogtum Lothringen die Grafschaft Saarwerden als erledigtes Lehen einzog, wogegen die Grafen vor dem Reichskammergericht klagten. Der Prozeß zog sich viele Jahrzehnte hin und endete 1629 mit einem Vergleich, wonach die Dörfer Bockenheim und Saarwerden an Lothringen fielen.
1642, nach dem Tode Graf Wilhelm Ludwigs im Metzer Exil 1640 und dem frühen Tode seines ältesten Sohnes Kraft, teilten die jüngeren Söhne Johann Ludwig, Gustav Adolf und Walrad die Besitzungen des Familienzweiges unter sich auf: Johann Ludwig erhielt Ottweiler, Gustav Adolf Saarbrücken und Walrad die linksrheinischen Besitzungen Nassau-Usingen. Da die beiden ersten Linien in der nächsten Generation schon wieder ausstarben, fiel die ganze Grafschaft letzlich an die Linie Nassau-Usingen, die 1735 Saarbrücken wieder abteilte.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde das gesamte Gebiet fürchterlich verheert und ganze Landstriche entvölkert. Der Bevölkerungsverlust, der im ganzen Reich bei ca. 30 % lag, betrug in der Grafschaft gut und gerne 60 - 75 %. Da Lothringen vom Westfälischen Frieden ausdrücklich ausgenommen war, Frankreich ab 1679 im Zusammenhang seiner Reunionspolitik auch Ansprüche auf die Grafschaften Saarbrücken und Saarwerden erhob und schließlich ab 1688 der Pfälzische Erbfolgekrieg neue, schwerste Verwüstungen über ganz Südwestdeutschland brachte, war das Land bis zum Ende des 17. Jahrhunderts weiteren ungeheuren Belastungen ausgesetzt.
Der Wiederaufbau des Landes ging nur zögernd voran, gelang aber ab dem Beginn des 18. Jahrhunderts, nicht zuletzt befördert durch eine geschickte Ansiedlungspolitik der Grafen (wiederholt wurden französische Hugenotten und evangelische Österreicher ins Land geholt, aber auch katholische Immigranten z.B. aus den Niederlanden angeworben). Dem kam die Entdeckung der ertragreichen Steinkohlegruben und ihre Verstaatlichung zuhilfe, was zu einer wirtschaftlichen Blüte führte. Die Residenzen des Landes (vor allem die Städte Saarbrücken und Ottweiler wurden durch den fürstlichen Baumeister Friedrich Joachim Stengel unter den Fürsten Wilhelm Heinrich und Ludwig glanzvoll ausgebaut.
Das Fürstentum wurde 1793 von französischen Revolutionstruppen besetzt. Die fürstliche Familie konnte in den unbesetzten Teil des deutschen Reiches flüchten. Nassau-Saarbrücken wurde, wie später das gesamte linke Rheinufer, Frankreich einverleibt. Nach den Beschlüssen des Wiener Kongresses 1815 kam es zur preußischen Rheinprovinz.
Grafen und Fürsten von Saarbrücken
Haus Saarbrücken (1080-1274)
- Sigibert, Gaugraf von Saarbrücken, + ca. 1105
- Friedrich I. ca. 1070 - 1135
- Simon I. ca. 1100 - 1180/83
- Simon II. + ca. 1207/11
- Simon III. + ca. 1234 oder 1245
- älteste Tochter Lauretta reg. 1234 - 1271
- zweite Tochter Mathilde reg. 1271 - 1274, heiratet Simon von Commercy.
Haus Saarbrücken-Commercy (1274-1380)
- Simon IV. reg. 1274 - 1309
- Johann I. reg. 1309 - 1341
- Johann II. 1325 - 1380
Johanns II. Tochter Johanna heiratet Johann von Nassau-Weilburg (+ 1371), es erbt ihr Sohn Philipp. Weil dieser letztgenannte Johann manchmal als Johann III. gezählt wird (obwohl er nie regierender Graf von Saarbrücken war), wird manchmal Johann III. von Nassau-Saarbrücken auch als Johann IV. gezählt.
Haus Nassau-Saarbrücken (1381-1799)
siehe dazu auch die Liste der nassauischen Herrscher
ältere Linie Nassau-Saarbrücken
- Philipp I. 1368 - 1429; Philipp war verheiratet mit Elisabeth von Lothringen
- Elisabeth (1395 - 1456), reg. für ihren unmündigen Sohn 1429 - 1438
- Philipp II. 1418 - 1492
- Johann Ludwig I. reg. 1492 - 1545 (heiratet 1507 Katharina von Moers-Saarwerden, seit 1527 damit Graf von Saarwerden)
- Johann III. reg. 1545 - 1574, stirbt kinderlos
Linie Nassau-Saarbrücken-Weilburg
- Philipp III. 1542 - 1602 (wird in Nassau-Weilburg als Philipp IV. gezählt!) stirbt kinderlos, es erbt sein ältester Neffe
- Ludwig II. 1565 - 1627
- Wilhelm Ludwig 1590 - 1640 (muss im Dreißigjährigen Krieg nach Metz fliehen, stirbt dort im Exil)
- Kraft 1621 - 1642, stirbt kinderlos, Saarbrücken erbt sein Bruder Gustav Adolf
jüngere Linie Nassau-Saarbrücken
- Gustav Adolf 1632 - 1677, fällt als Generalmajor im kaiserlichen Heer während des Reunionskrieges in der Schlacht am Kochersberg, es regierte seine Frau
- Eleonore Clara von Hohenlohe reg. 1677 - 1697
- Ludwig Crato (oder Kraft) 1677 - 1713, stirbt ohne überlebenden männlichen Erben, es erbt sein Bruder
- Karl Ludwig 1665 - 1723, stirbt ohne Erben, Saarbrücken fällt an seinen direkten Vetter
Linie Nassau-Saarbrücken-Ottweiler
- Friedrich Ludwig 1651 - 1728, stirbt ohne erbberechtigten Sohn, Saarbrücken fällt an
Linie Nassau-Saarbrücken-Usingen
- Wilhelm Heinrich (d.J.) 1718 (reg. 1735) - 1768
- Ludwig 1745 - 1794, stirbt in Aschaffenburg im Exil (seit 1793)
- Erbprinz Heinrich 1768 - 1799
Persönlichkeiten
Die bedeutendsten Persönlichkeiten, die in der Grafschaft Saarbrücken wirkten, waren:
- die Gräfin Elisabeth von Lothringen (1395-1456)
- der Botaniker, Pharmazeut, Arzt und lutherische Prediger Hieronymus Bock (1498-1554)
- der Generalbaumeister Friedrich Joachim Stengel (1694-1787)