Cellulosenitrat

chemische Verbindung
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Strukturformel
Datei:Zellulose Nitrat.png
Allgemeines
Name Zellulosenitrat
Andere Namen Schießbaumwolle
Summenformel Vorlage:Unbekannter Wert
CAS-Nummer 9004-70-0
Kurzbeschreibung Vorlage:Unbekannter Wert
Eigenschaften
Molmasse 252,14 bis 297,14 (abhängig vom Nitrierungsgrad) g·mol-1
Aggregatzustand fest
Dichte ca. 1,67 g·cm-3
Schmelzpunkt ca. 185 °C (Verpuffung)
Siedepunkt Vorlage:Unbekannter Wert °C
Dampfdruck Vorlage:Unbekannter Wert Pa (x °C)
Löslichkeit Vorlage:Unbekannter Wert
Sicherheitshinweise
Vorlage:Gefahrensymbol 2
R- und S-Sätze R: Vorlage:Unbekannter Wert
S: Vorlage:Unbekannter Wert
MAK Vorlage:Unbekannter Wert
Vorlage:SI-Chemikalien

Zellulosenitrat ist eine weiße, faserige, geruch- und geschmackslose Masse. Sie wird umgangssprachlich auch als Nitrozellulose bezeichnet. Diese Bezeichnung ist jedoch falsch, denn sie enthält jedoch keine RC-NO2 -Bindungen, sondern ist ein Ester der Zellulose mit der Nitrat-Gruppierung RCO-NO2.

Datei:Schießbaumwolle.JPG
Schießbaumwolle aus einem Tischfeuerwerk.

Geschichte

Die "Schießbaumwolle" wurde 1846 sowohl von Christian Friedrich Schönbein und unabhängig davon im gleichen Jahr auch von dem Chemiker Rudolf Christian Böttger (1806-1881) entdeckt.

Gewinnung und Darstellung

Zellulosenitrat wird in der chemischen Industrie durch Umsetzung von Zellulose mit Nitriersäure hergestellt. Formal gesehen handelt es sich um die Reaktion eines Alkohols mit einer Säure zu einem Ester. Der Stickstoffgehalt der herzustellenden Nitrozellulose wird durch Zusammensetzung der Nitriersäure und die Reaktionsdauer geregelt. Bei einem Stickstoffgehalt > 12,75% handelt es sich dann überwiegend um Zellulosetrinitrat (Schießbaumwolle), bei einem Gehalt < 12,75% um Zellulosedinitrat (Kollodiumwolle).
Nach der Reaktion wird die restliche Nitriersäure mit Wasser ausgewaschen, bis die Nitrozellulose pH-neutral ist, da sonst Spuren von restlicher Salpetersäure eine Selbstentzündung bewirken können. In früherer Zeit ist es in den Fabriken häufig zu Explosionen gekommen, da Verunreinigungen in den Fasern wie die als Nebenprodukt gebildeten Schwefelsäureester Spontanzersetzungen der Nitrozellulose bewirkten. Erst 1864 entdeckte der Engländer Abel, daß sie durch eine feuchte Zerkleinerung im Papierholländer völlig stabilisiert werden kann.

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

  • Explosionstemperatur: ca. 3100 °C
  • Bleiblockausbauchung: 342 cm³
  • Schlagempfindlichkeit: 3 Nm
  • Stickstoffgehalt: 14,14 % max.
  • Detonationsgeschwindigkeit: 6300 m/s
  • Explosionsstärke: 147 % von TNT
  • Sauerstoffbilanz: -29,6 % (13,3 % N2-Gehalt)

Chemische Eigenschaften

Zellulosenitrat verbrennt nach Entzündung augenblicklich - auch bei Abwesenheit von Luftsauerstoff - mit gelblicher Flamme zu CO2, CO, H2O, N2 und H2. Bei der Verbrennung entsteht, im Gegensatz zu Schwarzpulver, keinerlei für das menschliche Auge sichtbaren Rauch ab, darum wird Nitrozellulose auch als Rauchloses Pulver bezeichnet.  

Verwendung

  • Aus Nitrozellulose wurde früher eine Kunstseide, die sogennante Chardonnet-Seide hergestellt. Aufgrund der bestehenden Feuergefährlichkeit wurde dies jedoch schnell wieder eingestellt.
  • Durch Hinzufügen von Kampfer als Weichmacher entsteht aus Zellulosedinitrat Zelluloid (Kurzzeichen CN). Dieses Material war der erste thermoplastische Kunststoff und wurde trotz seiner großen Feuergefährlichkeit lange Zeit als Träger für fotografische Filme verwendet. Später wurde es durch Zelluloseacetat ersetzt. . Diese, bis etwa 1960 währende Verwendung ist heute noch ein großes Problem: Filmarchive aus dieser Zeit sind durch die Neigung des Materials zur Selbstentzündung und Explosion extrem gefährdet und müssen entsprechend gesichert werden. Noch heute werden aber Tischtennisbälle aus Zelluloid hergestellt
  • In Aceton, Essigsäureethylester und anderen Lösungsmitteln gelöst kommt Zellulosedinitrat als das namensgebende Bindemittel in Nitrolack zum Einsatz. Da für die vielfältigen Anwendungsgebiete (z.B. Flexo- oder Tiefdruckverfahren, Leder- oder Holzlack) unterschiedliche Viskositäten der Nitrolacke erforderlich sind, wird bei der Zellulosedinitrat durch Überdruckkochung in Autoklaven die Viskosität abgebaut.
  • In der Pyrotechnik wird Zellulosetrinitrat wegen seiner Raucharmut für Feuerwerkseffekte in geschlossenen Räumen eingesetzt. Es wird in vielen Formen in den Handel gebracht, wie zum Beispiel als Pyrowatte, -papier, -schnur, -flocken oder -chips, die sich durch das Abbrennverhalten voneinander unterscheiden. Auf diesem Gebiet findet sie außerdem als Hauptanteil von rauchschwachen Treibladungspulvern, als Komponente in Raketentreibstoffen, Bergbausprengstoffen, Klebstoffen und Kitten Anwendung.
  • In der Molekularbiologie und Biochemie werden Membranen aus Nitrocellulose bei verschiedenen Blotverfahren verwendet. Siehe: Southern-Blot, Northern-Blot, Western-Blot.

Sicherheitshinweise

Zellulosenitrat unterliegt Deutschen Sprengstoffgesetz und darf nur im Unterricht und zu Untersuchungszwecken hergestellt werden. Hochnitrierte Schießbaumwolle kann bei Schlag, statischer Entladung und schnellem Erhitzen detonieren.

Literatur

  • Richard Escales: Die Schiessbaumwolle (Nitrocellulosen), BoD GmbH Norderstedt, September 2003, ISBN 3-831149542