Dampfkraftwerk
Ein Dampfkraftwerk ist die vorherrschende Bauart eines Kraftwerks zur konventionellen Erzeugung elektrischer Energie aus fossilen Brennstoffen, bei der die thermische Energie von Wasserdampf in einer Dampfturbine (in der Frühzeit in einer Kolbendampfmaschine) ausgenutzt wird.
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Für die Erzeugung von Strom aus Kernenergie wird auch ein Dampfkreisprozess durchlaufen; allerdings werden die Kraftwerke nicht unter dem Begriff Dampfkraftwerk sondern Kernkraftwerk eingeordnet.
Beschreibung
Der zum Betrieb der Dampfturbine notwendige Wasserdampf wird in einem Dampfkessel aus zuvor gereinigtem und aufbereitetem Wasser erzeugt. Durch weiteres Erwärmen des Dampfes im Überhitzer nimmt die Temperatur und das spezifische Volumen des Dampfes zu. Vom Dampfkessel aus strömt der Dampf über Rohrleitungen in die Dampfturbine, wo er einen Teil seiner zuvor aufgenommenen Energie als Bewegungsenergie an die Turbine abgibt. An die Turbine ist ein Generator angekoppelt, der die mechanische Arbeit in elektrische Leistung umwandelt. Danach strömt der entspannte und abgekühlte Dampf in den Kondensator, wo er durch Wärmeübertragung an die Umgebung kondensiert und sich als flüssiges Wasser an der tiefsten Stelle des Kondensators sammelt. Über die Kondensatpumpen und den Vorwärmern hindurch wird das Wasser in einen Speisewasserbehälter zwischengespeichert und dann über die Speisepumpe erneut dem Dampfkessel zugeführt. Wasser-Dampf-Kreisläufe in modernen Kraftwerken haben kompliziertere Schaltungen, um die Brennstoffenthalpie mit höchstem Wirkungsgrad in elektrische Leistung umzusetzen.
Der Dampfkessel wird mit konventionellen Brennstoffen wie Öl, Gas, Steinkohle oder Braunkohle befeuert. Aufgrund des Verbots der Deponierung von unbehandeltem Müll und hoher Kosten für die Entsorgung von nicht mehr einsetzbaren brennbaren Chemikalien sind Dampfkraftwerke für die Verbrennung dieser Stoffe vermehrt errichtet worden. Begünstigt durch Subventionen aus dem erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von Biomassedampfkesselanlagen errichtet worden, in denen Frisch- und Altholz als Brennstoff eingesetzt werden.
Heutige Dampfkessel können bis zu 830 kg Wasserdampf in der Sekunde erzeugen. Der Kondensator steht mit seiner Bauform als Rohrbündelwärmetauscher zumeist mit einem Kühlturm in Verbindung, über den die nicht mehr nutzbare Wärme des Dampfes mit Hilfe von Kühlwasser an die Umgebung abgegeben wird.
Diese Anwendung des Dampfkraftwerk-Kreislaufes zur Stromerzeugung unterliegt den Gesetzmäßigkeiten der Thermodynamik, mit deren Hilfe auch eine Aussage über den Wirkungsgrad und möglichen Optimierungsschritten eines Dampfkraftwerkes gemacht werden kann. Diese Zusammenhänge können sehr anschaulich im Ts-Diagramm dargestellt werden.
Dampfkraftwerksprozess im TS-Diagramm
Die Wärme ist das Produkt aus der Entropie und der absoluten Temperatur. Trägt man die Zustandsänderungen eines Dampfkraftwerksprozesses in dem Temperatur-Entropie-Diagramm (TS-Diagramm) ein, dann stellt die Fläche unterhalb der Kurve die zugeführte (Zustandsänderung von links nach rechts) oder abgeführte Wärme (Zustandsänderung von rechts nach links) dar.
In dem Diagramm ist der Kraftwerksprozess (siehe Blockschaltbild) einmal ohne Zwischenüberhitzung (gelb) und mit Zwischenüberhitzung (rosa) dargestellt. Die Turbine wird als ideal (reversibele Zustandsänderung) angenommen.
Die Eckpunkte des Kreisprozesses bezeichnen folgende Zustandsänderungen:
- 1 - 2: Verdichtung des Speisewassers
- 2 - 3: isobare Erhitzung des Speisewassers auf die Sattdampftemperatur
- 3 - 4: isobare Verdampfung
- 4 - 5: Überhitzung
- 5 - 6: Entspannung an der Turbine
- 6 - 7: Kondensation
(nur Prozess mit Zwischenüberhitzung (rosa):
- 5 - 5a: Entspannung an der Hochdruckturbine
- 5a- 5b: Zwischenüberhitzung
- 5b - 6: Entspannung an der ND-Turbine
In dem Diagramm kann die spezifische zugeführte und abgeführte Wärme (bezogen auf 1 kg Wasser) für die jeweiligen Prozessparameter als Fläche unterhalb der Kurve abgelesen werden. Unter Vernachlässigung der zugeführten technischen Arbeit an der Speisewasserpumpe, der Vernachlässigung von Wärmeverlusten und der Annahme einer idealen Turbine (reversible Entspannung) tritt folgender Enthalpieaustausch zwischen den Systemgrenzen des Kraftwerks und der Umgebung auf:
Die im Brennstoff enthaltene chemische Enthalpie wird umgesetzt in die technische Arbeit an der Turbinenwelle und die Abwärme, die über den Kondensator abzuführen ist. Die schraffierten Flächen in dem Diagramm beschreiben die abzuführende Kondensationswärme. Die nutzbare technische Arbeit wird durch die einfarbigen Flächen dargestellt. Der Wirkungsgrad des Dampfkraftprozesses kann abgeleitet werden aus:
Der Wirkungsgrad kann auf Grund des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik den Carnot-Wirkungsgrad nicht überschreiten. der Carnot-Wirkungsgrad wird aus der höchsten und niedrigsten Temperatur eines Prozesses gebildet. Beim Dampfkraftwerkskreislauf sind dies die Überhitzungstemperatur und die Kondensationstemperatur. Anhand des Diagramms kann der Wirkungsgrad des Prozesses berechnet werden und Maßnahmen für eine Wirkungsgradoptimierung grafisch abgeleitet werden:
- Erhöhung des Dampfdruckes,
- Erhöhung der Frischdampftemperatur,
- niedrige Kondensationstemperatur.
Die Zwischenüberhitzung erhöht den Wirkungsgrad nicht direkt, sie verhindert aber, dass in der Niederdruckturbine Wasser kondensiert. Das hätte erhebliche konstruktive Probleme zur Folge. Durch Zwischenüberhitzer ist der Einsatz von optimierten Turbinen möglich, die den theoretisch möglichen Wirkungsgrad näher kommen als Turbinen, die Kondensation aushalten müssen.
Wirkungsgrad
Die theoretische Beschreibung des Dampfkraftprozesses erfolgt mit dem Rankine-Zyklus.
Der Wirkungsgrad eines Dampfkraftwerkes hängt von dem Temperaturgefälle ab, das der Dampf durchläuft. Eine weitere Optimierung ist möglich, wenn versucht wird, den realen Prozess soweit wie möglich dem Carnot-Prozess anzunähern.
Mit der Überhitzungstemperatur und der Kondensationstemperatur kann für einen Dampfkraftwerksprozess mit dem Carnot-Faktor die Obergrenze des exergetischen oder Carnot-Wirkungsgrades abgeleitet werden.
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mit:
: Absolute Überhitzungstemperatur in K
: Absolute Kondensationstemperatur in K
Für Dampfkraftprozesse aus der Entwicklungsgeschichte können folgende Carnot-Wirkungsgrade abgeleitet werden: Newcomen (100°C / 30°C): ; Dampfkraftwerk um 1900 (10 bar, 350°C / 30°C): ; Modernes Dampfkraftwerk (600°C / 30°C): . Die tatsächlich erreichbaren Wirkungsgrade liegen deutlich niedriger.
Die Frischdampftemperatur lässt sich durch die Auslegung des Dampferzeugers beeinflussen. Eine weitere Steigerung der Temperatur am Überhitzer als Heizfläche mit der höchsten Temperatur lässt sich nur noch in kleinen Schritten umsetzen. Eine Frischdampftemperatur von 600°C stellt derzeit die technische und betriebswirtschaftliche Grenze dar, da bei weiterer Steigerung der Überhitzer aus teuren austenitischen Stählen hergestellt werden müsste.
Die Dampftemperatur am Austritt der ND-Turbine wird durch den Kondensatordruck bestimmt, der möglichst niedrig liegen sollte. Die niedrigsten Kondensationsdrücke werden durch Wasserkühlung in einem Rohrbündelwärmetauscher erreicht. In diesem Fall muss das Kraftwerk an einem Fluss, dem Wasser zu Kühlzwecken entnommen werden kann, errichtet sein. Die Einleittemperatur bei der Rückführung des Kühlwassers ist allerdings begrenzt. So kann es an heißen Sommertagen mit geringem Wasserstand im Gewässer vorkommen, dass die Kraftwerksleistung zurückgenommen werden muss. Die Rohrbündel des Kondensators verschmutzen durch Algenwachstum und Salzablagerungen und verschlechtern den Wärmeübergang auf der Kühlwasserseite. Die Rohre müssen deshalb gereinigt werden, wobei beispielsweise dasTaprogge-Verfahren verwendet wird.
Eine niedrige Kondensationstemperatur wird auch bei der Verdunstungskühlung in Kühltürmen erreicht. Durch das Verdüsen von Wasser und der eintretenden Verdunstung erfolgt eine Sättigung der Luft, so dass die Luft wegen der Abgabe der Verdampfungswärme zusätzlich gekühlt wird. Auf diese Weise können niedrigere Kondensationstemperaturen erreicht werden. Bei der Verwendung von Luftkondensatoren (LuKo) liegen die Kondensationstemperaturen höher, da der Wärmeübergang zur Luft ohne Unterstützung durch Verdunstung schlechter ist. Die Kondensationstemperaturen liegen je nach Verfahren und Jahreszeit zwischen 25°C und 40°C, die entsprechenden Kondensationsdrücke mit 0,026 - 0,068 bar, so dass der Kondensator immer Vakuum gefahren wird.
Moderne Dampfkraftwerke haben einen Wirkungsgrad von bis zu 45 %. Das heißt: Mehr als 55 % der eingesetzten Energie in Form von Wärme können nicht genutzt werden und gehen über den Kühlturm verloren. Unterstellt man eine technisch realisierbare Überhitzung von 700°C, so erreicht man im Carnot-Prozess einen Wirkungsgrad von 69 %. Der Abwärmeverlust von 31 % ist physikalisch bei dem Temperaturniveau bedingt und kann technisch nicht unterschritten werden.
Nach der vom Bundesministerium für Wirtschaft in Auftrag gegebenen COORETEC-Studie können diese heutigen Wirkungsgrade vom Dampfkraftwerksprozessen durch konsequente Weiterentwicklung bis 2010 auf ca. 51 Prozent gesteigert werden.
Wärmekraftkopplung
Um die Nutzung der eingesetzten Primärenergie weiter zu verbessern, kann eine so genannte Kraft-Wärme-Kopplung genutzt werden. Die Turbine wird mit Gegendruck gefahren oder es wird eine Turbinenanzapfung eingerichtet, um Dampf bei einer für Wärmezwecke zur Erzeugung von Nah- oder Fernwärme geeigneten Temperatur (z.B. 100°C / Druck = 1 bar (abs)) auszukoppeln. Durch den höheren Abdampfdruck sinkt aber der Wirkungsgrad der Stromerzeugung.
Bei der thermischen Nutzung der Abwärme ist der Anteil der Exergie an der nutzbaren Energie gering, da das Temperaturniveau bezogen auf die Umgebungstemperatur klein ist. Die Wirkungsgrade, die bei der Erzeugung von elektrischen Strom aus dem Einsatzbrennstoff erzielt werden und der thermische Wirkungsgrad bezogen auf die Nutzung der Abwärme auf dem Einsatzbrennstoff, dürfen nicht gleich behandelt oder addiert werden.
Ein wesentlich höherer Wirkungsgrad der Stromerzeugung kann durch die Nutzung von heißem Abgas aus einer Gasturbine anstatt der Verfeuerung von Kohle zum Verdampfen des Wassers erreicht werden. Solche aus Gas- und Dampfturbine bestehenden Kraftwerke nennt man daher auch GuD-Kraftwerke (Gas- und Dampf-Kraftwerke).
Weiterentwicklungen
In der Vergangenheit wurden immer wieder Überlegungen angestellt, das Arbeitsmittel Wasser durch andere verdampfende Stoffe im Dampfkraftwerk zu ergänzen. In erster Linie ist das Metall Quecksilber zu nennen, das in einen eigenen Dampfkreislauf zirkuliert, in einer eigenen Dampfturbine expandiert und danach seine Kondensationswärme in einem eigenen Kondensator an einen Wasserdampfkreislauf abgibt. Die höchsten Werte für den Quecksilberdampfkreislauf betrugen bei den ab 1914 in den USA ausgeführten Anlagen 10 bar und 500 °C.
Weiterhin wurden um 1980 Studien in Auftrag gegeben, die in analoger Weise Drei-Kreis-Systeme aus dampfförmigen Kalium, Diphenyl und Wasser beinhalteten. Jedes dieser Arbeitsmittel wirkt dabei auf eine eigene Dampfturbine. Trotz hoher Wirkungsgrade derartiger Prozesse hat man bislang wegen der hohen Kosten auf die Ausführung eines solchen Dampfkraftwerkes verzichtet.