Arabische Literatur
Arabische Literatur im engeren Sinn ist Literatur in arabischer Sprache. Im weiteren Sinn versteht man darunter auch Literatur von arabischen Autoren, gleich in welcher Sprache das Original verfasst wurde. Zum einen schreiben etliche bedeutende arabische Autoren in anderen Sprachen als Arabisch, sei es, dass sie die Sprache des ehemaligen Koloniallandes benutzen, wie es im Maghreb häufig vorkommt, sei es, dass sie im Exil leben und die Sprache des Exillandes bevorzugen. Zum anderen gab es gerade in der Frühzeit des Islam wichtige Autoren nicht-arabischen Ursprungs, die Arabisch als Literatursprache wählten.
Vorislamische Zeit
Aus der vorislamischen Zeit ist nur weniges direkt erhalten, das meiste wurde mündlich überliefert und erst viel später niedergeschrieben. Einen besonderen Stellenwert nahm die Dichtung ein. Die traditionelle Gedichtform war die Qaside. Darunter versteht man ein polythematisches Gedicht mit gleich bleibendem Metrum und Endreim. Diese Gedichtform blieb bis in die Moderne für die arabische Lyrik bestimmend. In vorislamischer Zeit besonders verbreitet waren Liebesgedichte, Traueroden (die meist Frauen auf den Tod ihrer im Kampf gefallenen Verwandten dichteten, nicht jedoch auf ihre eigenen Ehemänner), Lobgedichte (auf Waffen, gute Reittiere ..) und Schmähgedichte mit denen ein feindlicher Beduinenstamm mit Spott übergossen wurde. Imru' al-Qais ist der berühmteste Dichter aus dieser Epoche. Ihm wird eines der sieben hochgeschätzten Gedichte zugeschrieben, die der Legende nach in vorislamischer Zeit auf Tüchern standen, die vor dem Tor der Ka'aba aufgehängt waren, und darum al-Mu'allakat (die Aufgehängten) genannt wurden. Ein weiteres Gedicht dieser Sammlung stammt von dem berühmten Helden Antara Ibn Shaddad al-'Absi. Von der Prosa sind die "Tage der Araber" zu nennen, die wichtige Kämpfe zwischen rivalisierenden Beduinenstämmen schildern.
Islamische Zeit (außer der Moderne)
Der Koran ist durchgängig in Reimprosa gestaltet und eines des ältesten erhaltenen Werke der arabischen Literatur. Zitate aus dem Koran oder Anspielungen auf den Koran durchziehen die arabische Literatur bis heute.
Schon zur Zeit des Kalifats der Umajjaden nahm das Lobgedicht auf hochgestellte Persönlichkeiten bei Hofe und das Schmähgedicht auf den Gegner einen wichtige Rolle ein. Die beiden Dichter Farazdaq (640-728) und al-Dschabir (653- 729) verspotteten sich gegenseitig jahrzehntelang auf die bissigste Weise. Die Legende sagt, dass al-Dschabir aus Kummer starb, als er vom Tode seines Dichtergegners erfuhr. Zu den berühmtesten Dichtern von Lobgedichten einer späteren Zeit gehört al-Mutanabbi (915-965), der einen ehemaligen Gönner auch kräftig schmähen konnte, wenn er von ihm enttäuscht worden war und inzwischen einen großzügigeren Mäzen gefunden hatte. Ghasalen sind arabische Liebesgedichte. Immer wieder wurde die unglückliche Liebe von Laila und Madschnun besungen, die rivalisierenden Stämmen angehörten und darum nicht heiraten konnten.
Einer der wichtigsten Vertreter der Adab Literatur ist Amr Ibn Bachr Uthman, genannt al-Dschahiz (i.e. der Glotzäugige) (776-869), der Enkel eines schwarzen Sklaven. Er war für seine Belesenheit, seinen Bildungshunger und seine sprichwörtliche Hässlichkeit berühmt. al-Dschahiz schrieb in einem eleganten Stil und hatte eine scharfe Zunge. Man sagt, dass er seinen Tod unter einem umgestürzten Bücherstapel gefunden habe. Zu einem Büchernarr sagt man noch heute : "Du bist wie al-Dschahiz". Zu seinen bekanntesten Werken zählt die Anekdotensammlung Die Geizigen, in der er allzu sparsame Menschen ins Lächerliche zieht.
Ein weiteres bedeutendes Werk der klassischen Literatur ist die Fabelsammlung Kalīla wa Dimna, die der Perser Ibn al-Mukaffa (hingerichtet 755 oder 756) aus dem Mittelpersischen in makelloses Arabisch übertrug und dabei noch erweiterte. Diese Sammlung geht im Kern auf das indische Pantschatantra zurück.
Nicht zur Hochliteratur gehört dagegen die weltbekannte Sammlung Tausendundeine Nacht, die zunächst vor allem in Kaffeehäusern von professionellen Erzählern zur Unterhaltung der männlichen Gäste vorgetragen wurde. Erst durch ihre begeisterte Aufnahme in Europa wird Tausendundeine Nacht heute auch in arabischen Ländern als literarisch wertvoll angesehen.
Die Makamen des Hariri sind in kunstvoller Reimprosa abgefasste Stücke über kluge Bettler, Betrüger und arme Dichter. Dieses fast unübersetzbare Werk des Hariri (1054- 1122) gilt als unübertroffenes Sprachkunstwerk des Arabischen.
Wissenschaftliche Literatur
Einen bedeutenden Betrag hat die arabische wissenschaftliche Literatur geleistet, indem sie die gesammelte griechische Fachliteratur über die Wirren der Völkerwanderung gerettet, überarbeitet und erweitert hat sowie die Verbindung zur indischen und chinesischen Forschungstradition herstellte. Ein Gutteil der Arbeit mittelalterlicher europäischer Wissenschaftler beruht auf Übersetzungen aus dem Arabischen, insbesondere in der Astronomie, der Mathematik und der Chemie.
- Siehe hierzu:
Zeitgenössische Arabische Literatur
Die arabische Welt als Gastland auf der Frankfurter Buchmesse
Arabische Literatur war Schwerpunktthema der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2004. Über den arabischen Schriftstellerverband sind an den Zensurbehörden der arabischen Staatenwelt vorbei nicht nur regimetreue "Staatsschriftsteller" eingeladen worden. Unabhängig davon luden in Deutschland sowie im übrigen Europa ansässige Verlage die von ihnen vertretenen Autoren ein.
Anlässlich des Ehrengast-Auftritts der arabischen Welt auf der Frankfurter Buchmesse wurde eine Aufstellung arabischer Literatur in deutscher Übersetzung gemacht. Diese Liste steht über die Webseite des Ehrengast-Auftritts zur Verfügung.
Buchmarkt-Strukturen
In arabischen Ländern begann der Buchdruck in arabischer Sprache Anfang des 18. Jahrhunderts mit religiösen Traktaten christlicher Gemeinden im Gebiet des heutigen Syriens und des heutigen Libanon. Einen Aufschwung nahm der Buchdruck jedoch erst Anfang des 19. Jahrhunderts, ausgelöst von einer Druckerpresse, die Napoleon bei seinem Einmarsch in Ägypten dabei hatte.
Auch heute noch liegt der Schwerpunkt der arabischen Verlagstätigkeit im Libanon und in Ägypten. Wegen der relativ liberalen Gesetzgebung im Libanon werden hier viele Bücher veröffentlicht, die in anderen arabischen Ländern durch die Zensur verboten wären. Probleme für die Buchbranche bestehen nicht nur in der Zensur sondern auch in dem noch immer verbreiteten Analphabetismus und der Tatsache, dass sich ärmere Bevölkerungsschichten keine Bücher leisten können. Daher sind die Auflagen arabischer Literatur oft sehr niedrig.
Ins Deutsche übersetzt wurden bisher nur wenige arabische Autoren. Subventionen der Verlage und Übersetzer sind dabei nötig, denn arabische Belletristik in deutscher Übersetzung findet nur wenige Leser.
Für die Übersetzung von Belletristik aus dem Arabischen sind im deutschen Sprachraum der Lenos Verlag und der Unionsverlag die am Markt führenden. Interessante Entdeckungen kann man aber auch bei den Verlagen Donata Kinzelbach, Edition Orient, Hans Schiler,Lisan Verlag, Jadara Verlag und Ammann machen. Einige dieser Verlage führen zweisprachige arabisch-deutsche Ausgaben.
Europa besitzt eine herausgehobene Bedeutung für die arabische Literatur, weil hier Bücher veröffentlicht werden können, die in vielen arabischen Staaten der Zensur zum Opfer fallen würden. Ein Beispiel eines Exilverlags, der seinen Sitz in Deutschland hat, aber Bücher in arabischer Sprache herausgibt, ist der in Köln ansässige Verlag Al-Kamel des irakischen Verlegers und Dichters Khalid Al-Maaly.
In der Neuen Zürcher Zeitung findet man öfters Besprechungen arabischer Literatur.
Aktuelle Informationen zur modernen arabischen Literatur bietet die Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika.
Arabische Dichter und Schriftsteller
- Abu Tammam († 845), Dichter und Kompilator (Hamasa, von Friedrich Rückert 1846 poetisch übertragen und kommentiert; Neuherausgabe 2004)
- al-Ma'arri
Ägypten:
- Latifa Al-Zayyat (1923-1996)
- Majj Al-Tilmissani (*1965))
- Radua Ashur (*1946)
- Taha Hussein (1898 - 1973)
- Yusuf Idris (* 1927 - 1991)
- Muntasir Al-Qaffash (*1964))
- Nagib Mahfuz (1911 - 2006), Literaturnobelpreisträger 1988
- Salama Moussa (1889 - 1958)
- Mustafa Zikri (*1966))
Algerien:
Palästina:
- Dschabra Ibrahim Dschabra(1920-1994)(Palästina)
- Ghassan Kanafani(1936-1972)(Palästina)
- Mahmud Darwisch (* 1941) (Palästina)
Sudan:
- El Tayeb Salih (* 1929)
Syrien:
- Adonis (* 1930) (Syrien)
- Suleman Taufiq (* 1953)
Saudi Arabien/ Jordanien:
Literatur
- Khalid Al-Maaly, Mona Naggar: Lexikon arabischer Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts. Palmyra Verlag, Heidelberg 2004. ISBN 3-930378-55-8
- Petra Dünges: Kinder- und Jugendliteratur aus arabischen Ländern - Eine Einführung. in: IJB Report. Internationale Jugendbibliothek, München 22.2004, 1, S. 18-21. ISSN 1013-0071
- Manar Omar: Bibliografie der deutschen Übersetzungen arabischsprachiger Werke: von 1990 bis 2004. Kairo 2004.http://www.scc.gov.eg/esdarat-kotob%20nashr5/247.htm
- Paul Starkey, Modern Arabic Literature, Edinburgh University Press 2006, ISBN 0748612904
- Wiebke Walther: Kleine Geschichte der arabischen Literatur. C.H.Beck, München 2004. ISBN 3-406-52243-2
- Stefan Weidner: Erlesener Orient. Ein Führer durch die Literaturen der islamischen Welt. Edition Selene, Wien 2004. ISBN 3-85266-239-7
- Die Farbe der Ferne. Moderne arabische Dichtung (Anthologie) C.H. Beck, München 2000. ISBN 3-406-45860-2
Weblinks
- Die arabische Literatur heute - aus Deutschland gesehen (von Stefan Weidner)
- http://www.alwaraq.net/ (klassische arabische Literatur on-line)
- Die moderne arabische Literatur: Grundzüge und Probleme (von Abdo Abboud)
- Schreiben seit Jahrhunderten für Generationen auf Arabisch (von Hartmut Fähndrich)
- Interview mit Verleger Hans Schiler über die arabische Literatur, die Besonderheiten des arabischen Buchmarkts
- Ehrengast Arabische Welt auf der Frankfurter Buchmesse 2004
- Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika
- Unionsverlag
- Lenos Verlag
- Lisan Verlag
- Lisan Magazin, Zeitschrift für arabische Literatur
- Der arabische Almanach, Kulturzeitschrift für Arabien, Iran und Türkei
- Buchhandlung für arabische Literatur und arabischsprachige Bücher
- Belletristik arabischer Autoren in deutscher Übersetzung
- Kinder- und Jugendliteratur aus dem Arabischen
- LiBeraturpreis - Leserpreis an Frauen aus Afrika, Asien und Lateinamerika