Landau-Niveau

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Die Landau-Niveaus (nach Lew Dawidowitsch Landau) stellen eine Quantelung der Energie von geladenen Teilchen dar, die sich in homogenen Magnetfeldern bewegen. Man kann zeigen, dass die Energie eines geladenen Teilchens der Masse (z. B. eines Elektrons) und Ladung (beim Elektron ist mit der Elementarladung e), das sich parallel zu einem Magnetfeld in -Richtung bewegt, folgendermaßen lautet:[1]

Erlaubte Zustände von Teilchen im transversalen Impulsraum und die klassische Spiralbahn eines Teilchens im Ortsraum

Dabei ist der (nicht quantisierte) Impuls des Teilchens in -Richtung, die Zyklotronfrequenz und das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum. Weist das geladene Teilchen auch einen Spin auf, so führt dies zu einer zusätzlichen Aufspaltung der Niveaus nach der Quantenzahl für die -Komponente (= Magnetfeldrichtung) des Spins:[2]

wobei der Landé-Faktor ist, beim Elektron also

Dies bedeutet, dass (wie rechts in der Abbildung angedeutet) nur bestimmte Teilchenbahnen erlaubt sind, die durch die zwei Quantenzahlen und (und evtl. den Spin ) charakterisiert werden. Man kann sich die Bewegung auch so vorstellen, dass sich das Teilchen longitudinal frei ausbreitet und transversal (radial) dazu eine harmonische Schwingungsbewegung ausführt (siehe harmonischer Oszillator (Quantenmechanik)). Dies entspricht insgesamt einer Schraubenbahn um die Magnetfeldlinien. Im transversalen Impulsraum (nur --Komponente) bleibt die Bewegung auf einen Kreis für jede Quantenzahl beschränkt, im 3-dimensionalen Impulsraum liegen die Zustände also auf Zylindern (Landau-Zylinder).

Die Aufspaltung in Landau-Niveaus lässt sich zum Beispiel in der Festkörperphysik messen (De-Haas-van-Alphen-Effekt). Dort sind die transversalen Impulse aufgrund des Kristallgitters gequantelt. Es lässt sich dann zeigen, dass auf jedem Landau-Zylinder exakt gleich viele Zustände liegen.

Herleitung mithilfe der Schrödingergleichung

Die hier dargestellte Herleitung orientiert sich an den Referenzen[3] und der Originalarbeit.[4][1]

Ein Teilchen der Masse   und der Ladung   befinde sich in einem homogenen Magnetfeld  , das nur eine Komponente in  -Richtung aufweise. Dieses Feld kann auch durch folgendes Vektorpotential   dargestellt werden:

 

Man kann leicht zeigen, dass sich daraus über   wieder obiges Magnetfeld ergibt.

Man erhält dann den Hamilton-Operator dieses Systems zu

 

indem man die Orts- und Impulsvariablen der Hamilton-Funktion eines klassischen geladenen Teilchens durch die entsprechenden quantenmechanischen Operatoren ersetzt (→ Korrespondenzprinzip). Aus der klassischen Behandlung weiß man, dass die Lösung des Problems eine schraubenförmige Bewegung (Helixbewegung, siehe Abbildung oben) in  -Richtung ist. Darum ist es sinnvoll, die folgende Aufteilung des Hamilton-Operators in einen longitudinalen (entlang der Magnetfeld-Richtung) und einen dazu transversalen Teil (in der klassischen Betrachtung findet in dieser Ebene eine Drehbewegung statt, die zu einer Schraubenbewegung führt) vorzunehmen:

 

wobei   ersetzt wurde. Da   und   vertauschen, kann eine gemeinsame Basis von Eigenzuständen gefunden werden und die Eigenwerte der beiden Operatoren können getrennt voneinander berechnet werden.

  •   beschreibt die Bewegung eines freien Teilchens in  -Richtung und hat entsprechend ein kontinuierliches Spektrum an Eigenwerten  , wobei   die Eigenwerte des Impulsoperators   sind.
  • Um die Energieeigenwerte von   zu erhalten, führt man folgende Operatoren ein:
 .
Damit ist
 ,
was der Form eines quantenharmonischen Oszillators entspricht. Insbesondere gilt zwischen   und   die Vertauschungsrelation  . Das Spektrum von   ist somit gleich dem des harmonisches Oszillators diskret mit
 

Die Gesamtenergie ergibt sich aus der Summe der Eigenenergien von   und  :

 

Diese Niveaus bezeichnet man als Landau-Niveaus. Sie sind durch das kontinuierliche Geschwindigkeitsspektrum unendlichfach entartet.

Je nach angelegtem Magnetfeld erhält man damit für eine feste Geschwindigkeit   unterschiedliche Niveauabstände:

 

Die Schrödinger-Gleichung berücksichtigt nicht den Spin des geladenen Teilchens. Diesem kann künstlich über einen heuristischen Zusatzterm Rechnung getragen werden, der die Schrödinger-Gleichung in die Pauli-Gleichung überführt. Statt die Pauli-Gleichung zu verwenden, kann bei der Herleitung auch die relativistische Dirac-Gleichung verwendet werden, die den Spin ebenfalls berücksichtigt (siehe unten).

Eichung des Vektorpotentials

Im Obigen wurde das Magnetfeld durch folgendes Vektorpotential repräsentiert:  . Diese Wahl von   wird oft als Landau-Eichung bezeichnet; jedoch benutzte Landau selbst auch die symmetrische Eichung:  , die dasselbe Magnetfeld ergibt, siehe Gleichung (2) der Originalveröffentlichung[1].

Das erste Vektorpotential erhält die Translationsinvarianz entlang der y-Achse; die symmetrische Eichung hat keine Translationsinvarianz, aber erhält dafür die Rotationsinvarianz des Systems. Es ist nicht möglich, ein Vektorpotential zu wählen, das sowohl Translations- als auch Rotationsinvarianz erhält. In den Herleitungen wird hier die „Landau“-Eichung in der ersten Form verwendet.

Bemerkung zur Landau-Eichung:

  • Landau verwendete zwar die symmetrische Eichung für das Vektorpotential, zur einfachen Bestimmung der Eigenfunktionen schrieb Landau dann die Wellenfunktion aber als Produkt  , was für die nunmehr zu lösende Wellenfunktion   den Effekt hat, dass diese dann die Gleichung für die Hamiltonfunktion mit der „Landau-Eichung“ löst (Eichtransformation[5]); in den modernen Abhandlungen wird gleich diese Eichung verwendet und als „Landau-Eichung“ bezeichnet.
  • Der Zusatzfaktor   hat den Betrag 1, ändert also am Amplitudenbetrag der Wellenfunktion nichts. Die Asymmetrie im Amplitudenbetrag für die x und y Richtung entsteht nicht bereits durch die Wahl der Eichung, sondern durch die Wahl der Funktionenbasis für die Lösungen. Wählt man Eigenfunktionen des  - Operators als Ausgangsbasis, dann sind diese Lösungen in y-Richtung eben alles ebene Wellen. Da die Energie-Eigenwerte jedoch nicht vom Eigenwert des  - Operators abhängen, lassen sich mit dieser Funktionenbasis mit unterschiedlichen  - Eigenwerten dann andere Lösungsfunktionen zusammensetzen, die in y-Richtung keine ebene Welle sind.

Herleitung mithilfe der Dirac-Gleichung

Die untere Herleitung erfolgt ausgehend von der Dirac-Gleichung. Die obere Herleitung mit der Schrödinger-Gleichung liefert ohne Zusatzterme nicht die Energie-Auspaltung durch die Spin-Einstellung und auch nicht den additiven Term der Ruheenergie. Im Folgenden werden die in der relativistischen Quantenmechanik üblichen natürlichen Einheiten mit   verwendet.

Die Dirac-Gleichung lautet:

 .

Dabei ist   ein Vierer-Spinor. Die   und   sind die vier vierdimensionalen Dirac-Matrizen. Eine mögliche Darstellung der Dirac-Matrizen lautet mit den drei zweidimensionalen Pauli-Matrizen   und der zweidimensionalen Einheitsmatrix  , die in der folgenden Notation unterdrückt wird,

 .

Über die minimale Kopplung   wird das Vektorpotential im Impulsterm der Bewegungsgleichung berücksichtigt. Mit dem obigen Vektorpotential für das spezielle Problem ergibt sich:

 

In dieser Form zerfällt   in zwei Zweier-Spinoren   und die Matrix-Gleichungen lassen sich ausmulitiplieren. Sie lauten dann:

 

Einer der beiden Spinoren kann nun eliminiert werden. Auflösen der zweiten Gleichung nach   liefert:

 

Dies wird in die erste Gleichung eingesetzt:

 

Beim Ausmultiplizieren der rechten Seite ist es notwendig, die Reihenfolge der Operatoren zu beachten. Weiterhin ist es vorteilhaft, in Komponentenform,  , zu arbeiten. Dann kann die Relation zwischen den Pauli-Matrizen   ausgenutzt werden, um diverse Terme zu vereinfachen, wobei   das Kronecker-Symbol und   das Levi-Civita-Symbol ist. Damit folgt:

 

Die ersten beiden Terme können quadratisch ergänzt werden. Es ergibt sich

 .

Da der Spinoperator mit allen anderen Operatoren kommutiert, kann immer eine gemeinsame Eigenbasis dieses Operators mit den anderen gefunden werden und es gilt  . Dividiert man die Gleichung durch  , bringt den Spin-Term auf die linke Seite und führt die Ersetzung   durch, folgt

 

Diese Gleichung hat bis auf die Ersetzung

 

dieselbe Form wie im nichtrelativistischen Fall, obgleich   ein zweikomponentiger Spinor ist. Da alle Operatoren im Spinraum jedoch proportional zur Einheitsmatrix sind, ist dies für die Lösung nicht von Belang. Aus der Lösung der nichtrelativistischen Schrödingergleichung kann entsprechend die Lösung der Dirac-Gleichung abgeleitet werden:

 

Ist die Bewegungsenergie in  -Richtung und die Bewegungsenergie des harmonischen Oszillators klein gegenüber der Masse, kann die Wurzel im ersten Klammerterm entwickelt werden und es gilt:

 

Zusätzlich zu den Termen, die aus der Schrödinger-Gleichung folgen, existieren die konstante Ruheenergie, die keinen Einfluss auf die Niveauabstände hat, und der Spin-Term  .

Weiteres

Es lässt sich zeigen, dass die Entartung   der Landau-Niveaus proportional zur magnetischen Flussdichte ist:  .[6] Mit der obigen Erkenntnis, dass die Niveauabstände   ebenfalls proportional zu   sind, kann man die im De-Haas-van-Alphen-Effekt auftretenden Oszillationen in physikalischen Größen, die von der Zustandsdichte abhängen, erklären: Wird das Magnetfeld erhöht, so steigt die Energie der Landauniveaus an, während gleichzeitig ihre Entartung ansteigt. Elektronen werden daher in ein tiefer gelegenes Niveau wandern. Daher wird, falls das oberste zunächst besetzte Landau-Niveau (also das ehemalige Fermi-Niveau) vollständig geleert wurde, das nächsttiefere Landau-Niveau plötzlich zum Fermi-Niveau.[7]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Lev Landau (1930): Diamagnetismus der Metalle. Abgerufen am 18. März 2023.
  2. L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Quantum Mechanics: Non-relativistic theory. 3. Auflage. Pergamon Press, Oxford, 1977, S. 455ff.
  3. Claude Cohen-Tannoudji, Bernard Diu, Franck Laloë: Quantenmechanik 1. 3. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-013592-2.
  4. L. Landau: Diamagnetismus der Metalle. In: Zeitschrift für Physik. Band 64, Nr. 9-10, September 1930, ISSN 1434-6001, S. 629–637, doi:10.1007/BF01397213.
  5. Gauge Symmetry in Quantum Mechanics. In: quantummechanics.ucsd.edu. Abgerufen am 9. April 2023.
  6. Kittel, Festkörperphysik, Auflage 9, S. 286.
  7. Kittel, Festkörperphysik, Auflage 9, S. 287.