Germanisches Nationalmuseum

kulturgeschichtliches Museum
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Das Germanische Nationalmuseum (GNM) in Nürnberg (Kartäusergasse 1) beherbergt eine der bedeutendsten Sammlungen zur deutschen Kultur und Kunst von der Vor- und Frühgeschichte bis zur unmittelbaren Gegenwart. Angeschlossen sind ein Archiv, eine Bibliothek und ein Pädagogisches Zentrum. Als Zweigstellen betreut das Museum u.a. die Spielzeugsammlung in der ehem. Kinderbewahranstalt der Kirchengemeinde von St. Lorenz (Kartäusergasse 20), das Kaiserburg-Museum auf der Burg in Nürnberg und das nördlich gelegene Schloss Neunhof, einen hervorragend erhaltenen Herrensitz, in dem die Jagdsammlung untergebracht ist.

Als Forschungseinrichtung hat das GNM auch den Auftrag, die Sammlungsgegenstände und deren geschichtliches Umfeld zu erforschen und in Publikationen und Ausstellungen zu zeigen.

Das Museum unterhält den Verlag des Germanischen Nationalmuseums.

Geschichte des Museums

Nach langjährigen Vorarbeiten begründete Freiherr Hans von und zu Aufseß im Jahre 1852 das Museum als "Repertorium", das der bayerische König nur wenig später als Stiftung genehmigte. Bereits 1853 wurde die Literarisch-artistische Anstalt des germanischen Museums, der Vorläufer des heutigen hauseigenen Verlages, etabliert. Am 20. April 1857 überließen die Stadt Nürnberg und das Königreich Bayern das ehemalige Kartäuserkloster als Standort. 1862 trat Aufseß freiwillig von der Leitung des Museums zurück. Die Leitung übernahm nun Andreas Ludwig Michelsen, der ein Hauptaugenmerk auf die Sammlung schriftlicher Quellen legte. 1866 wurde der Bauhistoriker und Architekt August Ottmar Ritter von Essenwein Museumsleiter, der besonderen Wert auf die Anschaffung neuer Objekte und auf eine Neuordnung und Dokumentation der Sammlung legte. Essenwein gab 1891 die Leitung auf und Nachfolger wurde Gustav von Bezold (1894-1920); in dieser Zeit wurde das Museum räumlich start erweitert.


Ludwig Grote wurde 1951 als Erster Direktor berufen; er schaffte durch Aufnahme des Geistes und der Werke des Bauhauses den Anschluss an das international bedeutsame Kunst- und Kulturschaffen. Dabei geschah Wiederaufbau nach Plänen des Architekten Sep Ruf. Erich Steingräber übernahm 1962 die Leitung; 1964 wurde die Sammlungsgrenze vom Verwaltungsrat bis in den Expressionismus verschoben. Jüngere zeitgenössische Werke wurden zur Ausstattung von Empfangs-, Sitzungs- und Büroräumen verwendet. Im Dezember 1980 trat Gerhard Bott das Amt des Generaldirektors an (bis 1993). Für das Bekenntnis zur Internationalität steht das Bestreben, einen universellen Kontext herzustellen. So erhielt Dani Karavan beispielweise den Auftrag, als Außenskulptur die »Straße der Menschenrechte« (»Way of Human Rights«) zu realisieren; dieses Werk ist somit dem Komplex Kunst am Bau zuzuordnen.

Der derzeitige Leiter ist G. Ulrich Großmann.

Im Jahr 1999 wurde das 1910 erbaute Haus der Kinderbewahranstalt der Kirchengemeinde von St. Lorenz erworben (das Gebäude ist gegenüber dem Südwestbau gelegen); seit dem 17. Mai 2002 ist dort die Spielzeugsammlung ausgestellt.

Der Sammlungsbestand

In der Sammlung sind Kunstwerke höchsten Ranges (Echternacher Codex, mittelalterliche Goldschmiedearbeiten, Gemälde von Albrecht Dürer, Skulpturen von Ferdinand Dietz) sowie Volkskunst und Kunstgewerbe, wissenschaftliche Instrumente (Fernrohre, Zeitmesser und Globen), Musikinstrumente, Möbel, Nürnberger Puppenhäuser, Spielzeug, eine Abgusssammlung, Architekturteile und vieles mehr aufbewahrt und großzügig ausgestellt.

Mit dem Bayerischen Gewerbemuseum wird sogar der Bestand eines kompletten Museums präsentiert.

Zahlreiche Stücke sind dem Museum leihweise zu Ausstellungszwecken überlassen worden; wichtige Leihgeber sind z.B. die Stadt Nürnberg und die Bundesrepublik Deutschland.


Sammlungen zur Architektur

Zu diesem Gebiet gehören so unterschiedliche Dinge wie bauplastische Fragmente (Kapitelle, Konsolen, Gewände), Brunnen, Treppen, Öfen oder Tapeten, aber auch nur einfache Backsteine. Andererseits müssen auch Großobjekte wie Kapellen in Teilen oder Stuben und Zimmer genannt werden. Auch Pläne zur Architektur sind hier anzuschließen.

Hervorzuheben sind das Chörlein des Sebalder Pfarrhofs in Nürnberg, um 1370, seit 1902 im Museum und am originalen Standort durch eine Kopie ersetzt, und der Schöne Brunnen, 1385-1392, ebenso am originalen Standort 1902 bzw. nach 1945 durch eine rekonstruierende Kopie ersetzt.

Literatur zu Sammlungen zur Architektur

  • G. Ulrich Großmann: Architektur und Museum - Bauwerk und Sammlung, Ostfildern-Ruit 1997 (= Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Bd.1), passim und bes. S.47-111.


Die Gebäude des Museums

Baugeschichte

Das spätmittelalterliche Kartäuserkloster bildet den Kern der Anlage. Die nächste erhaltene Zeitschicht bilden die im 1. Viertel des 20. Jahrhunderts hinzugebauten speziellen Museumsgebäude. Nach dem 2. Weltkrieg schuf Sep Ruf Zusatzbauten; dabei wurde historische Substanz zu erheblichen Teilen vernichtet und nur einige Bauten wurden restaurierend wiederaufgebaut.

Der großzügige Erweiterungsbau entstammt der jüngsten Zeit (1983/1988-1996), dieser sog. Kartäuserbau mit dem Museumsforum verursachte Kosten von 140 Mio. DM.

Baubeschreibung

Von der »Straße der Menschenrechte«, die zwischen den durch Glasflächen gekennzeichneten Erweiterungsbauten hindurchführt, betritt der heutige Besucher die zunächst verwirrenden Gebäudeeinheiten des Museums. In der Eingangshalle liegen am Rande die Museumskasse sowie engbedrängt der Museumsbuchladen. Im Kellergeschoss befinden sich die Garderoben, Toiletten und das Museumsbistro sowie der Durchgang zu den Räumlichkeiten für Wechselausstellungen. Durchscreitet man die großzügig bemessene Eingangshalle, so gelangt man rechter Hand in den Komplex des ehemaligen Klosters; vom Kloster selbst sind noch die Kirche sowie der große und der kleine Kreuzgang mit anliegenden Räumen erhalten.

Das Archiv

Das Archiv ist in mehrere Abteilungen untergliedert.

Das Historische Archiv

Von Aufseß war dem Archiv die erste Stelle im Abteilungsgefüge des Museums zugedacht, es sollte die Aufgabe eines deutschen Zentralarchivs übernehmen, indem es weniger die Originalurkunden, sondern Kopien und Faksimiles (bis 1650) verwahren sollte. Dies Projekt überforderte zur damaligen Zeit jedoch die Beteiligten; nur die Siegelabgußsammlung machte schnell gute Fortschritte.

Bald wandte man sich der Sicherung originaler Quellen zu; dabei wollte man bewußt nicht in Konkurenz zu den staatlichen Archiven treten, sondern man verstand sich in erster Linie als Auffangbecken für Adels- und Privatarchive, um so zu verhindern, daß Pargament- und Papierdokumente einer Zweitverwertung (Blattgoldmacher, Papierhersteller) zugeführt würden.

Der Bestand reicht heute u.a. von hochmittelalterlichen Kaiser- und Papsturkunden über Adelsarchive wie das der Grafen von Wolckenstein-Rodenegg (13.-18. Jahrhundert) bis zu Stadt- und Rechnungsbüchern, aber auch Gerichtsakten.

Übernommene Archivalienbestände wurden nie aufgelöst (nur Pergamenturkunden wurden aus dem jeweiligen Komplex herausgenommen); allerdings wurden vornehmlich in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts "Flurbereinigungen" mit dem Ziel vorgenommen, versprengte Einzelstücke und Reste zuständigen Archiven zuzuführen.




Archiv für Bildende Kunst

Das Archiv für Bildende Kunst wurde 1964 gegründet und beherbergt mehr als 1.200 Nachlässe (Stand 1997) von Künstlern, Kunstwissenschaftlern und -kritikern, aber auch von -mäzenen und -institutionen wie Kunstvereinen und schriftliche Quellen aus dem Bereich der bildenden Kunst überhaupt. Zu nennen sind u.a. die folgenden Nachlässe: Wilhelm Worringer, Franz Marc, August Macke, Erich Heckel, Richard Riemerschmid oder Otto Dix.

Seit 1976 stellt das Archiv bedeutende Nachlässe aus, die es erworben konnte; dabei wird stets eine Werkauswahl gezeigt und es erscheint eine erläuternde Publikation.

Neuzugänge werden im Anzeiger mitgeteilt.


Seit 1966 ist auch das Deutsche Glockenarchiv ein Teil des Archivs für Bildende Kunst; vgl. Claus Pese: Mehr als nur Kunst. Das Archiv für Bildende Kunst im Germanischen Nationalmuseum, Ostfildern-Ruit 1998, S.136-145.

Literatur zum Archiv

  • Ludwig Veit: Das Historische Archiv und das Archiv für Bildende Kunst, in: Bernward Deneke und Rainer Kashnitz (Hg.): Das Germanische Nationalmuseum. Nürnberg 1852-1977. Beiträge zu seiner Geschichte, München/Berlin 1978, S. 521-546.


Die Bibliothek

Die Bibliothek ist ihrer Bestimmung nach zugleich eine Sammlung wie auch eine öffentlich zugängliche Handbibliothek, die nunmehr in die Systematik intergrierte Bibliothek des Gründers (Aufseß-Bibliothek) bildete dazu den Grundstock.


Im 19. Jahrhundert baute sich der Bestand hauptsächlich durch Freiexamplare der Verlage auf. Im 20. Jahrhundert ließ die Spendenfreudigkeit mehr und mehr nach.

Literatur zur Bibliothek

  • Elisabeth Rücker: Die Bibliothek, in: Bernward Deneke und Rainer Kashnitz (Hg.): Das Germanische Nationalmuseum. Nürnberg 1852-1977. Beiträge zu seiner Geschichte, München/Berlin 1978, S. 546-583.



Literatur

  • Bernward Deneke und Rainer Kashnitz (Hg.): Das Germanische Nationalmuseum. Nürnberg 1852-1977. Beiträge zu seiner Geschichte, München/Berlin 1978. - Ein umfassender Sammelband (1242 Seiten).
  • Schatzkammer der Deutschen. Aus den Sammlungen des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg, Nürnberg 1982.

Laufende Publikationen

  • Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums (Jahrbuch)
  • Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum (Jahresgabe):
    • Bd.1: G. Ulrich Großmann: Architektur und Museum - Bauwerk und Sammlung, Ostfildern-Ruit 1997
    • Bd.2: Claus Pese: Mehr als nur Kunst. Das Archiv für Bildende Kunst im Germanischen Nationalmuseum, Ostfildern-Ruit 1998
    • Bd.3: Ursula Peters: Moderne Zeiten. Die Sammlung zum 20. Jahrhundert, in Zusammenarbeit mit Andrea Legde, Nürnberg 2000
    • Bd.4: Petra Krutisch: Aus aller Herren Länder. Weltausstellungen seit 1851, Nürnberg 2001
    • Bd.5: Anette Scherer (Red.): Mäzene, Schenker, Stifter. Das Germanische Nationalmuseum und seine Sammlungen, Nürnberg 2002
  • monats anzeiger. Museen und Ausstellungen in Nürnberg -- auch als PDF-Datei unter http://www.gnm.de/Archiv/Newsarchiv_ma.htm