In der algebraischen Zahlentheorie ist eine Ordnung des Zahlköpers K ein Unterring von K, der (via Multiplikation) als Endomorphismenring auf bestimmten Untergruppen von K, den Gittern operiert, zugleich ist die Ordnung selbst ein spezielles Gitter. Die Begriffe Ordnung und Gitter spielen eine Rolle bei der Untersuchung von Teilbarkeitsfragen in Zahlkörpern und bei der Verallgemeinerung des Fundamentalsatzes der Arithmetik auf Zahlkörper. Diese Ideen und Begriffsbildungen gehen auf Richard Dedekind zurück.[1] Die Definitionen in diesem Artikel richten sich nach Leutbecher (1996). In der Literatur sind auch davon abweichende Definitionen und Verallgemeinerungen des Begriffs Ordnung in Zahlkörpern verbreitet. Zur Unterscheidung werden die hier verwendeten Begriffe auch als Dedekind-Gitter und Dedekind-Ordnung bezeichnet.
Definitionen
- Ein Zahlkörper K ist hier ein Erweiterungskörper des Körpers Q der rationalen Zahlen, der über den rationalen Zahlen eine endliche Dimension n hat. Diese Dimension heißt Grad der Körpererweiterung.
- Als Gitter im Zahlkörper K bezeichnet man jede endlich erzeugbare Untergruppe M von (K,+), die eine Q-Basis von K enthält.
- Die Ordnung eines Gitters M ist .
- Zwei Gitter M und N heißen (im weiteren Sinne) äquivalent, wenn es eine Zahl gibt, mit der λ·M=N gilt, im engeren Sinne äquivalent, wenn ein solches λ sogar in Q existiert.
Eigenschaften
- Äquivalente Gitter haben dieselbe Ordnung.
- Jede Ordnung ist selbst ein Gitter.
- Jede Ordnung ist ein Unterring von K.
- Jedes Element einer Ordnung ist eine algebraisch ganze Zahl.
- Ist algebraisch ganz und eine Ordnung, dann ist auch eine Ordnung.
- Es existiert über K eine im Sinne der Inklusion maximale Ordnung , die Hauptordnung oder Maximalordnung von K.
- Die Hauptordnung umfasst genau alle algebraisch ganzen Zahlen in K, d. h. die Begriffe Ganzheitsring und Hauptordnung bezeichnen dieselbe Teilmenge von K.
Zusammenhang mit geometrischen Gittern
Die Wortwahl Gitter deutet einen Zusammenhang mit Gittern in euklidischen Räumen an, der tatsächlich besteht: Der Zahlkörper K ist ein n-dimensionaler Vektorraum über Q. Dieser Vektorraum kann in einen n-dimensionalen reellen Vektorraum eingebettet werden. In diesem Vektorraum sind die Dedekind-Gitter spezielle geometrische Gitter. Dedekind-Gitter sind nie „flach“ (d. h. in einem echten Unterraum enthalten), da sie stets eine Q-Basis von K enthalten müssen und damit im reellen Vektorraum eine R-Basis.
Die anschauliche Vorstellung eines Gitters im n-dimensionalen Raum kann für das Verständnis nützlich sein. Zum Beispiel ist für eine ganze Zahl k>1 das Dedekind-Gitter k·M ein Gitter, das „grobmaschiger“ als das Dedekind-Gitter M ist. Die Gitter M und k·M lassen sich durch zentrische Streckungen aufeinander abbilden.
Bei Beweisen, die auf die beschriebene Einbettung Bezug nehmen, ist Vorsicht geboten. Wird zum Beispiel in einem Zahlkörper K, der die algebraische Zahl enthält, diese als Vektor mit der reellen Zahl skalar multipliziert, dann ist das Ergebnis nicht „2“. Um die verschiedenen Multiplikationen zu unterscheiden, muss man diese Einbettung formal korrekt als Tensorprodukt über Q einführen.
Verallgemeinerung
Ist allgemeiner eine endlichdimensionale, nicht notwendigerweise kommutative -Algebra, so nennt man einen Unterring eine Ordnung in , wenn
- ein endlich erzeugter -Modul ist und
- der kanonische Homomorphismus
- ein Isomorphismus ist.
Dieser Begriff verallgemeinert den oben definierten Begriff der Ordnung in einem Zahlkörper. Beispiele für Ordnungen in Quaternionenalgebren über sind Endomorphismenringe supersingulärer elliptischer Kurven.
Quelle
- Armin Leutbecher: Zahlentheorie: Eine Einführung in die Algebra. Springer-Verlag, 1996. ISBN 3-540-58791-8.
- Joseph H. Silverman: The Arithmetic of Elliptic Curves. Springer-Verlag, New York 1986. ISBN 3-540-96203-4
Ordnungen, insbesondere in Quaternionenalgebren: III.§9; supersinguläre elliptische Kurven: V.§3
- ↑ Richard Dedekind:Vorlesungen über Zahlentheorie von P. G. Lejeune Dirichlet mit Zusätzen versehen. 4. Auflage. Vieweg, Braunschweig 1894