Unter Oralverkehr (von lat. os, oris „Mund“) versteht man sexuelle Praktiken, bei denen ein Sexualpartner die Genitalien des anderen mit dem Mund (den Lippen, der Zunge, den Zähnen) liebkost und stimuliert.

Begriffe
Fellatio (von lat fellare: saugen) bezeichnet die orale Stimulation des Penis. Umschreibungen:
„blasen“, „französisch“ oder „blowjob“ (engl.). Übt eine Frau die Fellatio aus, wird sie gelegentlich als Fellatrix bezeichnet, ein Mann, der sie ausübt, wird als Fellator bezeichnet. In Callgirl-Anzeigen sind häufig Abkürzungen verbreitet: „FO“, „franz. opt.“, „französisch optimal“ und selbst „naturfranzösisch“ (ohne Kondom) bzw. „franz. tot.“ oder „französisch total“ (ohne Kondom mit Sperma-Schlucken).
Die orale Stimulation der weiblichen Vulva wird als Cunnilingus bezeichnet. Umschreibungen:
„sie (sch)lecken“, „Pussyknutschen“. Eine spezielle Bezeichnung für die ihn ausübende Person ist allgemein nicht bekannt. Mit dieser erotischen Spielart wird nicht selten in Anzeigen von Callboys geworben. Sogenannte Gigolos beherrschen häufig hohe Fertigkeiten in dieser Kunst, die oft einen Teil des ihnen vorauseilenden Rufes ausmacht.
Manche Menschen benutzen für den Oralsex Umschreibungen: „es französisch machen“ oder Bezeichnungen aus dem Englischen wie „to go down on somebody“ oder „to give head“ werden bei beiden Geschlechtern verwendet. Die Enttabuisierung vieler Aspekte der Sexualität hat jedoch zu einer größeren Unbefangenheit auch im sprachlichen Umgang mit dem Oralsex geführt.
Bedeutung
Oralverkehr wird von den meisten Menschen als Möglichkeit, den Partner zu stimulieren und ihn zum Orgasmus zu bringen, als sehr reizvoll empfunden. Außerdem kommt er oft im sexuellen Vorspiel vor, zum Beispiel um beim Mann eine Erektion bzw. bei der Frau den Sekretfluss anzuregen.
Oralverkehr kann von beiden Partnern als sehr intensiv empfunden werden, weil die Geschlechtsorgane vom Mund und mit der Zunge sehr zielgenau und auf variable Weise stimuliert werden können und weil es sich dabei um eine besonders intime Geste handelt, da der oder die Gebende Geruch und Geschmack der Genitalien intensiv wahrnimmt.
Oralverkehr gehört zu den verbreitetsten Sexualpraktiken neben dem vaginalen Verkehr und wurde zu allen Zeiten praktiziert. Da es nicht zur Penetration kommt, wird Oralverkehr teilweise nicht als „richtiger“ Sex empfunden. In der so genannten Lewinsky-Affäre behauptete US-Präsident Bill Clinton, keine sexuelle Beziehung mit Monica Lewinsky gehabt zu haben, da es nur zum Oralverkehr gekommen sei. In der aktuellen deutschen Rechtsprechung wird Oralverkehr nicht als Beischlaf gewertet, siehe Juristische Terminologie des Geschlechtsverkehrs.
Zu den Vorteilen des Oralverkehrs gehört, dass eine Befruchtung dadurch nicht möglich ist und darum keine Empfängnisverhütung erforderlich ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass der jeweils Gebende entscheidet, wie weit er bzw. sie gehen möchte. Diese beiden Sicherheitsaspekte sind die Hauptgründe für die Beliebtheit des Oralverkehrs bei Teenagern und beim Gruppensex. Bei älteren Männern hingegen ist Oralverkehr oft ein wirksames Hilfsmittel, nachlassende Potenz auszugleichen.
Es gibt allerdings auch Männer und Frauen, die diese Art der Intimität nicht angenehm finden und es ablehnen, die Genitalregionen mit dem Mund zu liebkosen oder solches zu empfangen.
In einigen antiken Kulturen, auch solchen, die sonst bei Sexualpraktiken eher tolerant waren, wurde der Oralverkehr – jedenfalls offiziell – abgelehnt. Möglicherweise lag dies an der damals höheren Infektionsgefahr durch die geringeren Möglichkeiten der Hygiene, wobei Infektionen sehr viel häufiger ernste Krankheiten zur Folge hatten, da moderne Medikamente noch nicht bekannt waren.
Techniken
Fellatio
Die männlichen Genitalien, vor allem der Penis, aber auch die Hoden, werden mit Zunge und Lippen zur sexuellen Stimulation geleckt, geküsst und in den Mund genommen. Dabei ist es möglich, die Eichel mit der Zunge zu stimulieren, indem man mit ihr um diese kreist, leicht vibriert usw. Das Gleiche gilt auch für den Schaft und die Hoden. Es ist aber genauso möglich, die Eichel oder Teile des Penis in den Mund zu nehmen und leicht dran zu saugen.
Eine besondere Form der Fellatio ist die tiefe Aufnahme des erigierten Penis bis in den hinteren Rachenbereich, was nur bei (erlernter) absoluter Entspannung der Kehle möglich ist (siehe Deepthroating). Als besonders schwierig gilt diese Variante der Fellatio, wenn dabei der Samenerguss zugelassen werden soll. Dies setzt bei der Aufnehmenden eine bestimmte Atemtechnik voraus, beim Mann ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Selbstkontrolle und bei beiden ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Vertrauen.
Irrumatio
Die Irrumatio ähnelt weitestgehend der Fellatio. Hierbei wird jedoch der Penis vom Träger selbst in der Mundhöhle bewegt, während die Partnerin bzw. der Partner passiv bleibt.
Cum-Swap und Snowballing
Zwei Varianten des Oralsex sind das so genannte Cum-Swapping („Samenaustausch“) und das Snowballing („Schneeballspiel“). Ersteres besteht darin, dass die (oder der) Fellierende, den aufgenommenen Samen nicht für sich behält und schluckt, sondern bei einem intimen Zungenkuss mit dem Fellierten oder auch mit weiteren Sexualpartnern teilt. Das Snowballing besteht darin, den Samen dann wieder zurück- oder aber an einen weiteren Partner weiterzugeben. Der Samen beginnt dabei aufgrund seiner Konsistenz zu schäumen, womit sich das Volumen der ausgetauschten Flüssigkeit scheinbar vermehrt. Beide Techniken sind in Pornofilmen weit verbreitet.
Sauberlecken
Diese Technik besteht darin, dass die Partnerin bzw. der Partner entweder nach dem vaginalen Verkehr die aus der Scheide der Partnerin wieder austretende Mischung aus Samen und Scheidensekret bzw. nach dem analen Verkehr den Kot (Koprophilie) und Samen mit dem Mund aufnimmt. Dadurch entfällt das wenig harmonische Reinigen des Genitalbereichs nach dem Geschlechtsverkehr. Da man im Zustand hoher Erregung das Schamgefühl zeitweilig verliert, zeigt sich kurz nach dem erfüllten Geschlechtsverkehr normalerweise kein Widerstand gegen die orale Stimulation. Das Sauberlecken kann auch mit Cum-Swap und Snowballing kombiniert werden.
Cunnilingus
Die weiblichen Genitalien, vor allem die Vulva und insbesondere der Klitoris, werden mit Zunge und Lippen geleckt und geküsst. Auch der Vaginaleingang kann mit der Zunge stimuliert werden. Mittels Cunnilingus gelingt es leichter, die Frau zu besonders intensiven bzw. mehrfachen Orgasmen zu bringen, weil eine direkte Reizung der Klitoris möglich ist.
Da Konsistenz, Geruch und Geschmack des weiblichen Scheidensekrets je nach Zyklusphase verschieden sind, verstärkt die Praxis des Cunnilingus das Bewusstsein des Partners für die jeweilige Zyklusphase der Frau. Dies ist ein Vorteil, da der weibliche Zyklus oft von veränderten Stimmungen begleitet ist (PMS), auf die sich der Partner sinnvollerweise einstellt.
Neunundsechzig
Die gegenseitige Anwendung von oraler Stimulation bei beiden Partnern wird als „Neunundsechzig“ bezeichnet – entsprechend der Form der beiden arabischen Ziffern 69.
Grundsätzlich gibt es bei dieser Technik zwei Varianten: Ein Partner liegt oben der andere unten. Die Position oben gilt gewöhnlich als die bequemere, da man in dieser Position eine bessere Kontrolle hat. In einer für beide Partner gleich bequemen Stellung liegen beide auf der Seite.
Anilingus
Auch wenn der Anus nicht ursprünglich zu den Geschlechtsorganen zählt, gehört die Stimulation des Afters mit Mund oder Zunge, der so genannte Anilingus, doch zu den oralen Sexualtechniken. Sie wird auch als „zungenanal“ oder englisch als „Rimming“ oder „Rimjob“ bezeichnet. Der Anilingus reicht von ganz flüchtiger Berührung der Umgebung des Anus mit den Lippen bis hin zu intensiver Penetration mit der Zunge. Der Reiz besteht darin, dass der Anus ein hochsensibles, von vielen Nervenenden belegtes Körperteil ist, dessen Stimulation direkt oder durch die Nähe zu den Genitalien von vielen als sehr erotisch empfunden wird.
Summen
Einige Empfänger oraler Stimulation empfinden es als reizvoll, wenn ihr Partner dabei einen Ton summt oder singt. Die davon ausgehende Vibration soll als besonders stimulierend empfunden werden.
Hygienische und medizinische Aspekte
Eine französische Studie legt den Schluss nahe, dass die beim Oralsex übertragenen Papilloma-Viren Mundkrebs auslösen können. So haben Patienten, bei denen dieses Virus in der Mundschleimhaut nachgewiesen wurde, 10-mal häufiger Oralsex als der Durchschnitt. Da aber Alkohol- und Zigarettenkonsum der Hauptverursacher des Mundkrebses bleibt, raten die Wissenschaftler der Studie nicht zur Oralsexabstinenz.
Syphilis kann durch Oralsex übertragen werden; die durch Fellatio im Rachen übertragenen Primärläsion heißt Angina specifica.
Weiterhin kann Oralverkehr Hepatitis B und besonders Anilingus Hepatitis A übertragen.
Die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion ist sehr gering, trotzdem wird nach allgemeiner Lehrmeinung empfohlen, beim Fellatio kein Sperma im Mund aufzunehmen und auf Cunnilingus während der Regelblutung zu verzichten oder ein Lecktuch zu benutzen.
Oralverkehr und Religion
Islam
Im Islam ist der Orale Geschlechtsverkehr erlaubt, gilt jedoch als „makruh“ (eine Tat, die nicht empfohlen, aber geduldet wird). Das Onanieren in den Mund ist verboten (Haram).
Siehe auch
Sexualpraktik, Cunnilingus, Fellatio, Anilingus, Kondom, Lecktuch, Pornografie, Deepthroating, Cumshot
Literatur
- Susan Crain Bakos: Sex-Geheimnisse für den ultimativen Lust-Trip. ISBN 3442165385 (Autorin hat weltweit recherchiert, unter anderem mit Edelprostituierten, Gigolos und Meistern des Tantra kontaktet, und viel Wissenswertes zum Thema Sex, besonders zum Thema Oralsex zusammengetragen.)