Der Begriff Direktsuche bzw. wesentlich häufiger auch im deutschen Sprachgebrauch Executive Search (auch Direct Search, Direktansprache) steht für eine bestimmte Dienstleistung im Rahmen der Besetzung von vakanten Führungspositionen in Unternehmen. Diese Dienstleistung wurde Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt und hat sich mittlerweile zu einer eigenen Branche etabliert.
Vorgehensweise
Ein Executive-Search-Unternehmen wird von seinem Klienten, dem suchenden Unternehmen beauftragt, einen Manager eines bestimmten Erfahrungs- und Branchenprofils zu suchen. Zunächst erfolgt also eine Beschreibung der Profils durch den Klienten. Der sogenannte Researcher stellt nun eine Zielfirmenliste zusammen, analysiert die Zielfirmen, in denen potentielle Kandidaten vermutet werden, spricht diese telefonisch an und qualifiziert sie grob vor. Dieser Teil des Prozesses wird gelegentlich auch durch externe Dienstleister (Executive Research) vorgenommen.
Bei Eignung und Interesse findet ein persönliches Gespräch, das sog. "Interview" mit dem Kandidaten statt. Die geeigneten Kandidaten werden dem Klienten zunächst in einem "vertraulichen Bericht", dann später persönlich in der "Präsentation" vorgestellt. Nach dem Einholen von Referenzen einigen sich Kandidat und potentieller Arbeitgeber, der Kandidat tritt die Stelle an. In der Regel dauert ein kompletter Suchprozess bis zur Plazierung 3-4 Monate.
Executive Search und Anzeigengestützte Suche
Per Executive Search wird zumeist auf Basis eines Festhonorars gesucht (sog. "retained search", nach dem "retainer", der fest vereinbarten Honorarzahlung), bei der anzeigengestützten Suche wird oftmals ein erfolgsabhängiges Honorar vereinbart, im Branchenjargon "contingency" genannt. Executive Search wird bei der Suche nach Top-Führungskräften, die i.d.R. nicht auf eine Stellenanzeige reagieren würden sowie bei der Suche nach ungewöhnlichen Spezialisten angewandt, anzeigengestützte Suche eignet sich dagegen besser für Positionen, für die es eine Vielzahl von Bewerbern gibt (typisch: Hochschulabsolventen für Traineeprogramme). Durch die Präsenz in den Stellenanzeigenteilen der Zeitungen sind die anzeigenbasierten Personalberatungen dem Laien zumeist wesentlich präsenter, die meisten Executive-Search-Firmen betreiben aus einem Selbstverständnis heraus, welches dem der Anwälte und Wirtschaftsprüfer ähnelt, keine Werbung.
Trotz des zwar in Deutschland großen Bekanntheitsgrades der Firma Kienbaum, welcher in erster Linie aus den mehrseitigen Stellenanzeigen in den Tageszeitungen herrührt, ist deren Geschäft in der Regel nicht mit den vorgenannten Unternehmen vergleichbar, da deren Kerngeschäft vor allem in der anzeigengestützten Suche liegt und zumeist mit kleineren Positionen besetzt ist als verglichen mit den internationalen Search Firms, gleiches gilt für die Firma Baumann, die durch die prägnanten Anzeigen mit dem Telefonhörer-Logo bekannt wurden, aber in erster Linie kleinere bis mittlere Positionen besetzen und auch kein Direct Search anbieten. Durch die Einbeziehung der durchlaufenden Posten als Honorarumsatz entsteht oftmals der Eindruck, dass jene genannten Firmen der Größe und Bedeutung nach den internationalen Anbietern vergleichbar seien (vgl. http://www.wiwi-treff.de/home/index.php?mainkatid=1&ukatid=1&sid=9&artikelid=2060&pagenr=0).
Honorar
Das Honorar für diese Dienstleistung wird üblicherweise in drei bis vier Raten fällig. In der Branche hat sich zumindest bei den großen Unternehmen ein Festhonorar durchgesetzt, welches bei erfolgreicher Plazierung durch eine variable Komponente ergänzt wird. Rein auf Erfolgsbasis agierende Unternehmen werden "contigency firms" genannt und sind der Regel weniger hoch im Markt angesehen. In der Regel liegt das endgültige Honorar bei rund einem Drittel des Jahreseinkommens des Kandidaten. Bei den großen, internationalen Firmen ist das Mindesthonorar zumeist 40,000 EUR und mehr.
Geschichte
Die Wurzeln des Executive Search liegen alle in Nordamerika. Die älteste Executive-Search-Firma war die 1926 gegründete Thorndike Deland Associates in New York, die 2001 ihren Betrieb einstellen musste, damals unter dem Namen "Thondike Deland Executive Placement Bureau" tätig. Nach dem ersten Weltkrieg gab es in Nordamerika eine große Knappheit an geeigneten Persönlichkeiten für Spitzenpositionen in der Politik. Deland hatte die Idee, nicht potentielle Kandidaten auf eine Stellenanzeige reagieren zu lassen, sondern nach vorheriger Recherche jene aktiv anzusprechen und dürfte damit als "Erfinder", zumindest als Pionier des Executive Search gelten.
George A. Fry, der seit den frühen dreißiger Jahren Partner der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton war, gründet 1942 seine eigene Gesellschaft, George Fry & Associates in Chicago. Diese Beratungsfirma arbeitet auf den Gebieten Marketing, Unternehmensplanung und Personalberatung und wird später umbenannt in FRY CONSULTANTS INC., die bereits 1952 auf dem deutschen Markt tätig wird, sich in Deutschland später in "SUP Societät für Unternehmensplanung" umbenennt und noch heute existiert (wenngleich auch in sehr reduziertem Umfang). Einer der Gründungspartner von Fry in Deutschland war der nicht unumstrittene Dr. Maximilian Schubart, der mit teils recht ungewöhnlichen Methoden agierte und sich einen Namen machte (er veröffentlichte u.a. 1964 das Buch "Das Tabu der Gehälter").
Ein weiterer Kopf der Booz-Allen-Mannschaft, Sidney Boyden, gründete 1946 eines der bedeutendsten Executive-Search-Unternehmen. Spencer Stuart gründete sein Unternehmen 1956 und war eines der ersten mit Präsenz in Kontinentaleuropa. Dort erlernten beispielsweise Egon Zehnder und Jürgen Mülder ihr Handwerk, die später ihre eigenen Unternehmen gründeten und (im Fall Zehnder) zu einer ernstzunehmenden internationalen Größe ausbauten.
Auf dem deutschen Markt sind die genannten Unternehmen seit Ende der sechziger Jahre präsent. Daneben gibt es in den achziger Jahren neu gegründete Unternehmen, die zwar nur national tätig sind, aber sich einer großen Reputation erfreuen (z.B. Delta Management Consultants, Deininger, ehemals Hofmann Herbold) und viele mehr, sowie prominente Einzelkämpfer wie Dieter Rickert und Heiner Thorborg wie auch eine Vielzahl von sehr kleinen Ein-Mann-Beratungsunternehmen. Wenig bekannt ist, dass auch Roland Berger bis vor einigen Jahren diese Dienstleistung anbot, aber wenig bewarb.
Innerhalb der Branche gibt es Firmen, die quasi als "Schule" gelten und ihrerseits wiederum Berater hervorgebracht haben, die später ihr eigenes Unternehmen zu großer Bedeutung entwickelt haben (z.B. Spencer Stuart für Jürgen Mülder oder Egon Zehnder). In den späten 90er Jahren gab es einen großen Konsolidierungsprozess, der zudem durch die prominenten Börsengänge der Konkurrenten um den Weltmarktführerplatz, Korn/Ferry und Heidrick & Struggles, geprägt war, die beide insbesondere durch Übernahmen kleinerer Firmen expandierten.
Markt heute
Es ist eine interessante Aufteilung des Marktes zu beobachten:
1. International Players Die fünf größten Unternehmen mit internationaler Bedeutung (zweistellige Anzahl der Niederlassungen, Umsatz in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe) und Präsenz in fast allen Ländern der Erde sind heutzutage Korn/Ferry, Heidrick & Struggles, Spencer Stuart, Russell Reynolds und Ray & Berndtson, die alle US-amerikanischen Ursprungs sind. Hier herrscht einen Parallele zu den oliogopolistischen Marktstrukturen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, deren größte Vertreter den Begriff der "Big Four" geprägt haben. Einzig Egon Zehnder, ein von einem ehemaligen Spencer-Stuart-Berater gegründetes Unternehmen aus der Schweiz, ist mit den vorgenannten vergleichbar.
Bis in die 80er Jahre hinein boten auch die US-stämmigen Strategieberatungen wie McKinsey und Booz Allen Hamilton sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ("Big Four"), namentlich Price Waterhouse, Coopers & Lybrand, Ernst & Young und KMPG Peat Marwick (mit dem heute noch existierenden Ableger PEAT Executive Search AG in der Schweiz) diese Dienstleistungen an, haben sich aber mittlerweile vollständig aus diesem Markt zurückgezogen. Die Executive-Search-Sparte von A.T. Kearney - eine der ältesten noch existierenden Executive-Search-Firmen - wurde im Januar 2006 an den ehemaligen Europachef von Korn/Ferry, den Amerikaner Edward Kelley, verkauft Pressemitteilung.
2. Nationale Größen
Unternehmen, die zwar innerhalb eines Landes oder einer bestimmten Region sehr gut positioniert sind, jedoch keine weltweite Präsenz haben.
3. "Boutique Firms" und Einzelkämpfer
Zur Marktsituation siehe auch http://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/0,2828,18726,00.html
Berufsverbände
In Deutschland sind viele der größeren Beratungsunternehmen, die Executive Search anbieten, vor rund 20 Jahren durch Jürgen Mülder initiiert, im „Verband Deutscher Executive Search Berater“ (VDESB) organisiert und haben sich bestimmten Standesrichtlinien unterworfen, unter anderem eine ausschließliche Arbeit auf Festhonorarbasis, was den Berufsverband z.B. vom BDU unterscheidet. Der Verband diente vor allem dazu, Lobbyarbeit gegen das damalig bestehende Vermittlungsmonopol der heutigen Bundesanstalt für Arbeit zu betreiben. Nachdem dieses fiel und zwei der internationalen Beratungsfirmen ausgetreten sind, befindet sich der Verband in der Auflösung (wenngleich seine Website noch existiert). Die Interessenvertretung der rein auf Festhonorar arbeitenden Firmen übernimmt heute der AESC, die der kleineren, auch anzeigengestützte Suche anbietenden Firmen eine Sektion des BDU.
Rechtliche und kulturelle Probleme
In Deutschland hat es in der Vergangenheit öfter rechtliche Unsicherheit bezüglich Executive-Search-Dienstleistungen gegeben. Laut Urteil (Az.:I ZR 221/01) des für Wettbewerbsrecht zuständigen ersten Zivilsenats des Bundesgerichtshof ist der Erstkontakt zu fremden Mitarbeitern per telefonischer Ansprache am Arbeitsplatz als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt 1. Gerade in Deutschland haftete dem vermeintlichen "Abwerben" loyaler und zufriedener Mitarbeiter in der Anfangszeit des Executive Searchs oftmals ein zweifelhafter Ruf an. Mittlerweile gehört auch diese Personalbeschaffungsmethode in den Kreis der akzeptierten und etablierten Rekrutierungsmethoden. Weiterhin kursieren teils recht abenteuerliche Vorstellung darüber, wie im Executive Search an die Informationen über Kandidaten und Unternehmen gelangt wird.