Augusteische Schwelle

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. Oktober 2006 um 19:44 Uhr durch Orient (Diskussion | Beiträge) (Weblinks: falscher Link entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Augusteische Schwelle ist ein in jüngster Zeit vor allem vom Politologen Herfried Münkler verwendeter Begriff, wobei Münkler sich eng an die Überlegungen Michael Doyles anlehnt. Der Ausdruck dient zur Bezeichnung der Feststellung, dass langlebige Imperien in der Geschichte die Peripherie ihres Machtbereichs, auch zum eigenen Vorteil, an den Errungenschaften und am Wohlstand des „Zentrums“ teilhaben ließen. Langlebige und stabile Imperien wie etwa das Römische Reich und das Kaiserreich China gingen nach einer Phase der Expansion zu einer Konsolidierungsphase über, wobei es ihnen gelang, die Säulen der politischen, ökonomischen, militärischen und ideologischen Macht auszubalancieren. Münkler weist als mustergültiges Beispiel auf die Zeit des Augustus hin, der die Pax Romana, den Römischen Frieden, für das gesamte Römische Reich erreichte. Anderen Imperien, wie etwa dem Steppenreich der Mongolen oder den Seereichen der Spaniern und Portugiesen, gelang dieser Übergang nicht, da ihnen auch keine langfristige Konzeption zu Grunde lag.[1]

Münkler erläutert diesen Begriff auch im Rahmen der Diskussion, ob der derzeitig einzigen Weltmacht USA der Sprung über die „augusteische Schwelle“ gelingen kann und welche Konsequenzen sich für die EU ergeben könnten. Dabei bedarf allerdings die Frage, ob der Begriff Imperium auf die USA überhaupt anwendbar ist, noch weiterer Diskussion, zumal nach Münkler kein „demokratisches Imperium“ längere Phasen durchsteht, in denen die Aufrechterhaltung der Ordnung mehr kostet als sie einbringt. Münkler definiert Imperium dabei wie folgt:

Imperien sind mehr als große Staaten; sie bewegen sich in einer ihnen eigenen Welt. Staaten sind in eine Ordnung eingebunden, die sie gemeinsam mit anderen Staaten geschaffen haben und über die sie daher nicht allein verfügen. Imperien dagegen verstehen sich als Schöpfer und Garanten einer Ordnung, die letztlich von ihnen abhängt und die sie gegen den Einbruch des Chaos verteidigen müssen. Der Blick in die Geschichte der Imperien zeigt, dass sprachliche Wendungen wie die von der 'Achse des Bösen' oder den 'Vorposten der Tyrannei' nichts Neues und Besonderes sind. - Während Staaten an den Grenzen anderer Staaten Halt machen und es ihnen selbst überlassen, ihre inneren Angelegenheiten zu regeln, mischen sich Imperien in die Verhältnisse anderer ein, um ihrer Mission gerecht zu werden. Deshalb können Imperien auch sehr viel stärker Veränderungsprozesse in Gang setzen, während die Ordnung der Staaten durch einen strukturellen Konservatismus geprägt ist.[2]

Literatur

  • Michael Doyle: Empires. Princeton 1986.
  • Herfried Münkler: Imperien. Die Logik der Weltherrschaft – vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten. Berlin 2005 (auch bei der bpb sehr günstig erhältlich).

Anmerkungen

  1. Vgl. Münkler, Imperien, S. 112ff.
  2. Münkler, Imperien, S. 8.