Bulimie
Die Bulimie – (lateinisch: bulimia nervosa) volkstümlich auch Ess- und Brechtsucht genannt, gehört zusammen mit der Magersucht (Anorexie) zu den meist verbreiteten Essstörungen bei jugendlichen Frauen und seltener auch Männern (je nach Definition und Quelle sind fast 99 % aller Betroffenen weiblich, meist zwischen der Pubertät und Volljährigkeit, selten bis etwa 30 bis oder gar 35 Jahren. Bulimie bedeutet übersetzt so etwas wie "Ochsenhunger".
Die Betroffenen versuchen ihr Gewicht durch Hunger, Diäten und extensiven Sport (manchmal auch Tanz) zu kontrollieren, sie werden jedoch von wahrhaftigen Heißhungerattacken heimgesucht. Das kann auch unregelmäßig, einmal in 2 bis 20 Tagen sein, bei einigen Betroffenen doch auch mehrmals täglich. Während dieser Essanfälle verlieren sie die Kontrolle über sich selbst und auch über die Nahrungsmengen, die sie dabei verzehren. Anschließend müssen sich oft bereits alleine wegen der Unmenge im Magen selbst übergeben oder es packt sie das schlechte Gewissen wegen möglicher Gewichtszunahme und sie forcieren das Erbrechen. Auch versuchen sie die Gewichtszunahme mit Abführmitteln und anderen Methoden oder Medikamenten zu verhindern. Dieses Wechselbad zwischen Hungern und Essen mit anschließenden Erbrechen, Abführen oder Abtrainieren hat der Bulimie auch den irreführenden volkstümlichen Namen Ess-Brech-Sucht (auch Kotz-Fress-Sucht) gegeben.
Diese so genannte Ess-Brech-Sucht beginnt meist in einem wenig höheren Alter als die Magersucht - und manchmal ist sie nur die Folgeerkrankung - etwa mit 17 oder 18 Jahren. Die Betroffenen leiden meistens unter einer gestörten Selbstwahrnehmung. Wie die Magersüchtigen selbst. empfinden sie sich immer zu dick, doch sind sie oft, im Gegensatz zu den Magersüchtigen, fast normalgewichtig. Die Ursachen der Bulimie liegen sehr nahe bei der Magersucht, nur sind Bulimiekranken Gottlob nicht so konsequent-selbstzerstörerisch, wie die Magersüchtigen. Oft kommen aber noch zusätzliche Störungen dazu, auch solche, die bereits vor der Bulimieerkrankung deutlich aufgetreten sind:
- Missbrauch von Alkohol, Drogen, Medikamenten, starkes Rauchen (soll ja auch schlank machen!)
- autodestruktives Verhalten, Selbstverletzungen, Verstümmelungen, Vorliebe für Piercing, Tätowierungen, aber auch Haarausreisen, Fingernägelkauen, Kratzen ...
- unkontrolliertes Mode- und Konsumverhalten, übertriebenes Geldausgaben, so genannten Frustkäufe, nicht selten auch Ladendiebstähle
- soziale Isolation, aber auch das Gegenteil: eine Überanpassung an Gruppe, Familie, Leistungszwang, Karrieredrang (jung, dynamisch und erfolgreich).
- Depressionen, meistens auch mit Unzufriedenheit über die eigene Geschlechtsrolle, zum Beispiel auch die Ablehnung der Weiblichkeit und Sexualität allgemein oder aber auch Promiskuität.
Bulimieerkrankte können ihre Krankheit über viele Jahre hinweg sehr erfolgreich zu verbergen. Das führt dazu, dass die Krankheit oft erst mehrere Jahre nachdem sie begonnen hat, erkannt und behandelt werden kann. Die Therapie von Bulimie ist deutlich erfolgreicher als bei der Magersucht und besteht meistens aus Psychotherapie mit Suche nach Lösungen der auslösenden Probleme, die Erfolgsquote liegt derzeit bei etwa 30 bis 45 %. Auch eine Verbesserung der Einkaufsgewohnheiten, der persönlichen Einstellung zum eigenen Körper, zu den Lebensmitteln als die Lebensquelle und nicht nur Konsumgut, Freude am Essen als Freude am Leben und sozialen Kontakten, erleichtert wesentlich die Therapie.
Von Magersucht bis zur Esssucht mit Fettsucht als Folge gibt es eine sehr breite Palette der Essstörungen, die Grenzen sind nicht immer ganz klar zu definieren und es besteht meist ein ursächlicher Zusammenhang selbst zwischen den extremsten Auswüchsen, wie der Magersucht und Fettsucht. Nicht selten wird die eine Erkrankunsform durch eine andere aus dieser Palette abgelöst. Es mag nur als eine starke Vereinfachung auszusehen, aber die Bulimie ist ein relativ lebenserhaltender Versuch eines Kompromisses zwischen dem langsamen Verhungern und der ebenfalls tödlichen Fettleibigkeit.
siehe auch: Magersucht, Essstörungen, Ernährung, Gesunde Ernährung, Idealgewicht, Esssucht, Fettsucht, Sucht