Als Mikrofinanz-Institutionen (engl. microfinance institutions) werden Organisationen bezeichnet, die finanzielle Basisdienstleistungen wie Kredite, Sparbücher oder Versicherungen auch Kunden zur Verfügung stellen, die von herkömmlichen Banken aus verschiedenen Gründen nicht bedient werden. Microfinance ist daher ein wichtiges Instrument der Entwicklungspolitik.
Methoden und Dienstleistungen der Mikrofinanz
Wichtige Dienstleistungen von Mikrofinanz-Institutionen sind
- Mikrokredite (engl. micro credit/micro lending)
- Sparbücher (engl. micro savings)
- Mikroversicherungen (engl. micro insurance)
- Finanztransfers und Überweisungen
Mikrofinanz und Mikrokredit
Der Begriff Mikrofinanz umfasst ein weiteres Feld als der nur auf die Kredit-Seite beschränkte Mikrokredit-Begriff, unter anderem eben auch Spar-, Versicherungs- und Geldtransferleistungen, die den viel zitierten "ärmsten der Armen" sonst verschlossen wären.
Abgrenzung zu anderen Finanzdienstleistern
Menschen die über kein regelmäßiges Einkommen oder keine Kredit-Sicherheiten verfügen sind oftmals, nicht nur in Entwicklungsländern, vom formellen Finanzmarkt ausgeschlossen. Als einzige Alternative zum klassischen Banksystem gibt es vielerorts nur private Geldverleiher mit oft hohen Zinsen. Diese bieten aber nur Kredite. Die Möglichkeit sich gegen Krankheit zu versichern oder Geld aus eigener Kraft anzusparen gab es bis zum Aufkommen von Mikrofinanz-Systemen nicht. Auch heute noch legen viele Mikrofinanz-Institutionen ihren Schwerpunkt auf das Geschäftsfeld Mikrokredite.
Als Kunden für klassische Geschäftsbanken kommt die Zielgruppe aus verschiedenen Gründen nicht in Frage: Sie verfügen meist über kein regelmäßiges Einkommen in entsprechender Höhe, das oft für eine Kontoeröffnung (Sparbuch) vorausgesetzt wird, über keine Sicherheiten für Kredite, und im Regelfall der Entwicklungsländer auch nicht über zur Kontoeröffnung notwendige Ausweisdokumente (Pass, Personalausweis). Mikrofinanz-Institutionen arbeiten hier anders.
Als weiterer funktionierender Anbieter von "Finanzdienstleistungen" fungiert in Gesellschaften mit engem sozialen Zusammenhalt die Großfamilie. Hier dient das soziale Netz als Sicherheit (was sich auch Mikrofinanz-Anbieter oft zu Nutze machen), gleichzeitig werden z.B. aber durch Kreditvergabe auch soziale Abhängigkeiten geschaffen oder zementiert.
Mikrofinanz und Entwicklungspolitik
Mikrofinanz wird oft unter dem Aspekt der Armutsbekämpfung und der Gleichstellung von Frauen diskutiert. Grundsätzlich wenden sich Mikrofinanz-Programme oder -Institutionen an den ökonomisch aktiven Teil der Bevölkerung. Das sind oft aber nicht immer Frauen und wirtschaftlich besonders aktive Menschen, die durch den Zugang zu Finanzdienstleistungen ihre Gewerbe und damit ihren Lebensstandard verbessern wollen. [1]
Pionier-Mikrofinanz-Institutionen
Bekannte Mikrofinanz-Institute, die schon sehr lange auf dem Markt sind, sind die Grameen Bank in Bangladesch, die Banco Sol in Bolivien und die Bank Rakyat Indonesia (BRI) in Indonesien [2].
Im Bereich Mikrofinanz tätige EZ-Organisationen und Finanzdienstleister
- ACCION International (USA)
- Horus Banque et Finance (Frankreich)
- Mercy Corps (USA)
- PlaNet Finance (Frankreich)
- ProCredit Holding (Deutschland)
- ResponsAbility (Schweiz)
- ShoreBank Corp. (USA)
- Women’s World Banking (USA)
- Oikocredit Austria (Österreich)
Sonderfall: Mikrofinanz in Ländern der 1. Welt
Auch in Ländern Europas und Nordamerikas gibt es Menschen, die von Bankdienstleistungen weitgehend ausgeschlossen sind. In Großbritannien haben sich die klassischen Geschäftsbanken aus unrentablen Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit weitgehend zurück gezogen. Savings and loans societies ähnlich den deutschen Genossenschaftsbanken sind hier oft die einzigen, die dieser Klientel Sparkonten auch für kleinste Beträge, Kredite mit gesetzlich geregelten Zinssätzen und Bankkarten zur Verfügung stellen.
In Deutschland baut das Deutsche Mikrofinanz-Institut (DMI) seit 2005 in Kooperation mit regionalen Partnern ein Mikrokreditangebot für Kleinstunternehmen und Gründer auf, gefördert von der GLS Gemeinschaftsbank, Bundesministerien und der EU.
Literatur
- Joanna Ledgerwood: Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective. 2001, ISBN 0821343068.
- Juliet Hunt, Nalini Kasynathan: Pathways of empowerment? Reflections on microfinance and transformation in gender Relations in South Asia. In: Caroline Sweetman (Hrsg.): Gender, Deveropment and Money. Oxfam 2001, S. 42-52.
- Beatriz Armendáriz de Aghion/Jonathan Morduch: The Economics of Microfinance. MIT Press, 2004.
Weblinks
- Micro-Insurance Centre
- Microfinance Gateway
- Basic facts about microfinance - UNCDF
- Key principles of microfinance - CGAP (Consultative Group to Assist the Poor)
- Microfinance Network