Online-Journalismus

Genre des Journalismus
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Online-Journalismus (auch Onlinejournalismus) ist Webjournalismus, Dienste im World Wide Web (auch z.B. Newsletter per E-Mail).

Besonderheiten des Online-Journalismus

Viele Vorgänge im Online-Journalismus decken sich mit denen im Offline-Journalismus: Themenauswahl, Recherche, Produktion von Inhalten, Redigieren etc. Wichtige Unterschiede: Online-Medien haben keinen Redaktionsschluss, es sei denn er wird absichtlich gesetzt. Die Technik jedenfalls ermöglicht eine ständige Aktualisierung von Inhalten, einschließlich der Korrektur bereits publizierter Beiträge. Angebote des Online-Journalismus sind potenziell multimedial - zu jedem Thema kann die geeignete Darstellungsform (Bild, Ton, Film, Text) gewählt werden. Außerdem können prinzipiell beliebig viele Inhalte online gestellt werden (so viel eben produziert werden kann). Platz- bzw. Zeitbeschränkungen fallen, bis auf die Frage des Speicherplatzes und der Übertragungskapazität, weg. Angebote des Online-Journalismus können als Hypertext abgelegt werden. Für den Nutzer der Angebote ergibt sich noch weniger als in klassischen Medien (z.B. Zeitung, Fernsehen) die Notwendigkeit der sequentiellen Nutzung - Film- und Tonbeiträge können nur in "einer Reihenfolge" genutzt werden; eine Zeitung oder Zeitschrift ermöglicht zumindest durch die Seitenfolge dem Nutzer, sich führen zu lassen. Online-Angebote dagegen sind in anderen Strukturen organisiert, z.B. hierarchisch oder netzförmig. Der Nutzer kann und muss selektiv auf die Inhalte zugreifen und sich einen eigenen Weg durch das Angebot suchen. Trotzdem bestehen innerhalb der Strukturen Möglichkeiten, Aufmerksamkeit des Nutzers zu lenken, etwa durch Platzierung auf besonders schnell zugänglichen Seiten. Eine Sonderform, nämlich der partizipative Journalismus bzw. Graswurzel-Journalismus, bietet darüber hinaus auch die Möglichkeit der Mitwirkung, womit der passive Rezipient in die aktive Rolle des Berichterstatters tritt. Hier wird oft unter Umgehung der Meinungsfilterung in den etablierten Medien direkt vom Ort des Geschehens berichtet und ermöglicht so tiefergehende Einblicke wie zum Beispiel bei der "Revolution in Orange" in der Ukraine.

Würdigung und Kritik des Online-Journalismus

Der Online-Journalismus bietet Chancen für publizistische Aktivitäten jenseits der etablierten Medien. Die Kosten der Erstellung einer Online-Publikation sind im Vergleich zu einem gedruckten Medium oder einem ausgestrahlten Rundfunkprogramm meist geringer. Damit besteht die Möglichkeit, Meinungen und Themen zu publizieren, welche in anderen Medien nicht aufgegriffen werden. Jedoch sind auch etablierte Medienunternehmen wie Zeitungs- und Zeitschriftenverlage und Rundfunkanbieter (öffentlich-rechtlich und privat) mit Online-Angeboten vertreten und verfolgen damit kommerzielle Zwecke. Auch eigens zum Betrieb journalistischer Online-Angebote gegründete Unternehmen verfolgen das Ziel der Erwirtschaftung von Gewinnen. Medienunternehmen aus der Offline-Welt streben also danach, ihr Publikum an ihr Online-Angebot zu binden, ihre (relative) publizistische und wirtschaftliche Macht auch online nutzbar zu machen. Erleichternd für ihren Markteintritt ist es, dass sie auf häufig auf größere, bezahlte Redaktionen zurückgreifen können. Oft können sie auch auf anderen Ressourcen zugreifen, etwa die Korrespondentennetze der Mutterhäuser, Recherchemöglichkeiten und nicht zuletzt ihren Ruf (z.B. als Qualitätszeitung). Unabhängige Anbieter versuchen sich als Gegenbewegung dazu zu etablieren oder Minderheiten mit speziellen Interessen zu bedienen, welche durch große kommerzielle Anbieter nicht versorgt werden. Die Themenvielfalt ist hierbei unüberschaubar.

Bei vielen onlinejournalistischen Angeboten wird kritisiert, dass die Möglichkeiten des Mediums (meist aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gründen) nicht vollständig ausgenutzt würden. So bestünde zu viele Angebote aus blankem Text bzw. aus Offline-Inhalten, welche nicht dem Ideal des Hypertext entsprächen. Auch die Möglichkeiten der Multimedialität, also die Wahl des jeweils geeigneten Kommunikationsmodus, werde unzureichend ausgeschöpft. Öfter wird jedoch die Hoffnung geäußert, dass breitbandige Internet-Zugänge Ton- und Filmdokumenten im Online-Journalismus entgegenkommen. Dagegen wird jedoch eingewandt, dass der erhöhte Aufwand beim Erstellen multimedialer Inhalte zugunsten der einfacheren Textform sprechen würden.

Eine andere Ebene der Kritik betrifft die Beschaffung der Inhalte. Hier wird der Begriff des "Copy and Paste"-Journalismus gebraucht, was bedeutet, dass zu oft Inhalte von Offline-Medien einfach in digitaler Form hinterlegt, dass Agenturmeldungen und Pressemeldungen (diese auch oft zu wenig geprüft) übernommen würden. In noch stärkerem Maße als bei Offline-Medien werden die Recherche vernachlässigt; insbesondere würden Internet-Quellen zu sehr überwiegen.

Bei allen neuen Möglichkeiten, die der Online-Journalismus bietet, muss jedoch bedacht werden, dass die Technik alleine noch keine sozialen Zwecke und auch nicht den gesellschaftlichen Platz eines Mediums definiert. Technik alleine ist immer nur ein Potential, ob demokratisch, autoritär oder repressiv eingesetzt, entscheidet sich nicht in der virtuellen Netzwelt.

Schließlich wird bemängelt, dass journalistische Inhalte als "Füllmasse" für kommerzielle Internet-Portale diene, wo sie auf niedrigem Niveau, oft unter Vermischung mit kommerzieller Öffentlichkeitsarbeit, deren Attraktivität steigern oder einen Eindruck Seriosität erwecken sollen. Das ist wie für Zeitungen ein uralter Spruch: "Journalisten sind dazu da, um Anzeigen herum zu schreiben". Das war immer aktuell und in der Zeitungskrise führt es dazu, dass immer weniger Zeit für Recherche und Vermischung mit PR den Online-Bürgerjournalismus neuerdings eher in den Rang der vieren Gewalt erheben kann. Ein Gesichtspunkt: Wenn er - wie hier - anonym ist, können sich Informanten ohne Furcht vor Sanktionen in der eigenen Organisation äussern. In einer Kombination mit professionellen Anteilen entsteht eine digitale Demokratie, die Skandale aufdeckt, die dann auch etablierte Medien aufgreifen. Das beschreibt die N.Z.Z. am 27. Januar 2006 für die OhmyNews in Korea, die einmal wöchentlich, samstags, auch gedruckt erscheinen.



Siehe auch

Weblog, onlinejournalismus.de, Online-Redaktion, Online-Magazin

Literatur

  • Hooffacker, Gabriele: Online-Journalismus. Schreiben und Gestalten für das Internet. 2. völlig neu bearbeitete Auflage. List, München 2004 Online-Seiten zum Buch
  • Lind, Roland: Berufliches Selbstverständnis von Online-Redakteuren im Tagesjournalismus, Dipl.-Arb., Wien 2003
  • Löffelholz, Martin/Quandt, Thorsten /Hanitzsch, Thomas/Altmeppen, Klaus-Dieter: Onlinejournalisten in Deutschland. Zentrale Befunde der ersten Repräsentativbefragung deutscher Onlinejournalisten. In: Media Perspektiven 10/2003, S. 477-486
  • Meier, Klaus (Hg.): Internet-Journalismus. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. UVK, Konstanz 2002
  • Neuberger, Christoph/Tonnemacher, Jan (Hg.): Online – Die Zukunft der Zeitung? Das Engagement deutscher Tageszeitungen im Internet. 2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2003
  • Quandt, Thorsten: Journalisten im Netz. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005