Die Berliner Allee ist die Hauptverkehrsstraße im Berliner Ortsteil Weißensee (Bezirk Pankow). Die etwa 3,5 Kilometer lange Ausfallstraße ist Teil der Bundesstraße 2 und führt in Richtung Malchow und Autobahndreieck Barnim.
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Berliner Allee in Richtung Südwesten von der Pistoriusstraße aus | |
Basisdaten | |
Ort | Berlin |
Ortsteil | Weißensee |
Angelegt | im 14. Jahrhundert |
Hist. Namen | Königschaussee, Berliner Straße, Klement-Gottwald-Allee |
Anschlussstraßen | Greifswalder Straße (Südwest), Malchower Chaussee (Nordost; Bereich Malchow) |
Querstraßen | siehe Lageskizze |
Plätze | Antonplatz |
Bauwerke | Bebauung entlang der Berliner Allee |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Straßenverkehr |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 3500 Meter |
Zusätzlich eingetragen sind der Weiße See, die Dorfkirche Weißensee und die Darßer Brücke.
Lage und Verkehr
Die Allee beginnt an der Grenze zum Ortsteil Prenzlauer Berg im Südwesten hinter der Kreuzung Gürtel-/Lehderstraße als Verlängerung der Greifswalder Straße und verläuft in einem Bogen östlich am Weißen See vorbei. Im Nordosten geht sie im Ortsteil Malchow des Bezirks Lichtenberg, rund 200 Meter vor der Darßer Brücke, an der Einmündung des Nachtalbenwegs zunächst in die Malchower Chaussee über, die als Dorfstraße weiter zum Dreieck Barnim bzw. zur Bundesautobahn 11 (Berlin–Stettin) führt.
Die Neue Berliner Pferdebahn-Gesellschaft hatte 1877 eine Strecke zur Personenbeförderung von Berlin nach Weißensee eröffnet. Die Allee wird seit den 1990er Jahren zwischen der Gürtelstraße und der Rennbahnstraße abschnittsweise von den Straßenbahnlinien M4, M13, 12 und 27 befahren sowie von den Buslinien 156, 255 und 259 erschlossen.
Geschichte
Die heutige Berliner Allee existierte in ihrem Verlauf bereits seit dem Mittelalter und diente als Fernhandelsweg zwischen Berlin und Bernau sowie weiter Richtung Nordosten und bis ins Böhmische. Weißensee war von Berlin aus das erste Dorf, es profitierte vom Warenhandel und dem Ausbau des Verkehrsweges durch das Gemeindeland.
In der Nachwirkung der Märzrevolution 1848 gab es in Berlin und ihren Nachbargemeinden zahlreiche Arbeitslose, für die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschlossen wurden. Hier in Weißensee führten arbeitslose Weber Straßenausbauarbeiten durch und verlegten Pflastersteine zur Befestigung. Die Straßenführung erfolgt seitdem nicht mehr direkt am Seeufer entlang sondern direkt durch das frühere Dorf.[1]
Im Jahr 1880 bekam der heutige südwestliche Straßenabschnitt im Bereich Neu-Weißensee (Provinzial-Chaussee) den Namen Königschaussee. Für die Namensvergabe gibt es zwei unterschiedliche Erklärungen: (1) Die Bezeichnung soll daher rühren, dass dieser Handelsweg am Berliner Königstor als Fortsetzung der innerstädtischen Königsstraße bzw. Neuen Königsstraße begann und durch den Ort führte. (2) Püschel erklärt, dass im Zusammenhang mit der verwaltungstechnischen Änderung – das Rittergut wurde 1880 zur selbstständigen Gemeinde Neu-Weißensee – der neue Straßennname daran erinnern soll, dass hier im Jahr 1809 ein Kurzbesuch des aus dem Exil zurückkommenden preußischen Königs stattgefunden hat.[2]
Der Abschnitt im Dorfkern Weißensee (zwischen heutiger Indira-Gandhi-Straße und Malchower Chaussee) erhielt ab spätestens 1884 die Bezeichnung Berliner Straße. Zuvor wurde sie wahrscheinlich schlichtweg als Dorfstraße bezeichnet.
Beide Abschnitte wurden 1910 zusammengelegt und in Berliner Allee umbenannt und sollten dazu beitragen, den Antrag auf das Stadtrecht zu unterstreichen.[3] In diesen Jahren beschloss die Gemeindeverwaltung den Bau eines neuen Dorfzentrums um den Kreuzpfuhl, der als Park angelegt und mit völlig neuer Bebauung umgeben wurde. Die gewünschte Bedeutung erhielt das neue Gebiet jedoch nicht; die Verkehrsführung über die Berliner Allee blieb weiterhin prägend für die Ortsentwicklung.
Im Zusammenhang mit der Novemberrevolution fanden 1918/1919 auf der Berliner Allee Demonstrationen und bewaffnete Kämpfe statt, angeführt von Arbeitern der Riebe-Kugellagerfabrik aus dem Ort.[3]
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs rückte die Rote Armee in Weißensee ein und postierte in der Allee, namentlich am Antonplatz, ihre Geschütze, mit denen Ziele im Berliner Zentrum beschossen wurden. Auf der Straße und den angrenzenden Häusern entstanden Schäden, die aber nach Kriegsende rasch repariert werden konnten.[4]
Bis zum 13. Juni 1953 behielt die Straße den Namen Berliner Allee, an diesem Tag erfolgte eine Umbenennung in Klement-Gottwald-Allee. Pate stand hierfür der tschechoslowakische Politiker Klement Gottwald. Nach der Wende erfolgte am 1. September 1991 die Rückbenennung in Berliner Allee.[5]
Bebauung entlang der Berliner Allee (Auswahl)
- Bebauung entlang der Berliner Allee
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Berliner Allee 109: Flora-Apotheke
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Berliner Allee 123: Ehemalige Brauerei, Haupteingang
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Berliner Allee 125: ehemaliges Kulturhaus „Peter Edel“
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Berliner Allee 185: zeitweiliges Wohnhaus von Bertolt Brecht
Nummerierung
Im Gegensatz zur Greifswalder Straße mit der älteren Hufeisennummerierung sind an der Berliner Allee die Hausnummern wechselseitig angeordnet (Orientierungsnummerierung), wobei die Grundstücke auf der Nord-/Westseite ungerade Zahlen haben und mit der Nummer 323 enden.
Wohnhäuser und Dienstleistungseinrichtungen
Zum Ende des 19. Jahrhunderts entstanden entlang der Verkehrswege für die schnell wachsende Bevölkerung neue Wohnhäuser. Einige der Gründerzeit-Wohnhäuser haben den Zweiten Weltkrieg nicht überdauert, einige sind einfach verfallen und mussten abgerissen werden. Trotzdem weist die Berliner Denkmalliste noch größere erhaltene und meist inzwischen sanierte Wohnanlagen aus wie Berliner Allee 18 (privates Wohnhaus),[6] Berliner Allee 174 und 178 / Ecke Buschallee (1914–1928),[7] Karree Berliner Allee 218–238 / Graacher Straße / Wehlener Straße[8][9] oder Berliner Allee 185.[10]
Hinzu kamen zur medizinischen Versorgung ein Krankenhaus (St. Joseph), etwas zurückgesetzt an der Gartenstraße, südöstlich des Parks am Weißen See[11] und eine Apotheke mit dem Namen Flora-Apotheke, deren Gebäude aus dem Jahr 1875 stammt und unter Denkmalschutz steht.[12]
Gewerbebauten
Im mittleren Bereich ist die Berliner Allee eine belebte Einkaufsstraße, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts neben Wohnhäusern als zusammenhängender Straßenzug in kleinerem Umfang auch Geschäftsbauten erhielt. Begünstigt durch die Einrichtung eines Industrie-Eisenbahnanschlusses am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden an der Allee auch kleinere und größere Betriebe wie die nach dem Unternehmer Rudolf Sternecker benannte Sternecker-Brauerei (Berliner Allee 123) mit Fabrikhallen, Bürohaus und Speichergebäuden (um 1900)[13] oder das markante verklinkerte Bauensemble der ehemaligen Apparatewerke von Carl Otto Raspe („Askanierhaus“ von 1941, seit den 1990er Jahren: Rathaus Pankow, Filiale Weißensee) an der Ecke Liebermannstraße. Die vorgenannten Gebäude sind ebenfalls Bestandteil der Landesdenkmalliste.[14]
Die Hausnummern 62/66 gehören zu einem dreistöckigen Warenhaus, das im Jahr 1886 vom jüdischen Kaufmann Adolf Brünn eröffnet wurde. Der Name Brünn verschwand in der Nazi-Zeit, später übernahm die HO das Kaufhaus.[15] Nach der Wende fanden sich verschiedene Betreiber, seit den 2010er Jahren bietet Woolworth hier seine Waren an.[16]
In der Berliner Allee 100 (damals: Klement-Gottwald-Allee) Ecke Smetanastraße wurde am 13. Dezember 1956 in einem von der zu Karstadt gehörenden Einheitspreis AG (EPA) 1929/1930 gebauten Gebäude der erste Selbstbedienungsladen Ost-Berlins eröffnet.[17]
Das Teilstück der Berliner Allee Richtung nordöstlich des Parks am Weißen See erhielt in den vergangenen Jahrzehnten Seniorenheime, gefolgt von Einkaufszentren, einem Autohaus, Tankstellen – neue Wohnbebauung entstand aber nicht.
Kirche, Bismarckstein, Kulturhaus und weitere Bauten
Das älteste und bekannteste Baudenkmal in der Berliner Allee ist die Dorfkirche Weißensee (Hausnummer 180) an der Ecke Falkenberger Straße, die bereits im 15. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt wurde und nach umfangreichen Sanierungsarbeiten in den 2000er Jahren wieder im frischen Glanz erstrahlt.[18]
Einen bei Bauarbeiten freigelegten großen Granitfindling hat die Gemeindeverwaltung mit der Inschrift „Unserm Bismarck – Die Bürger Weißensees“ dem damaligen Reichskanzler Otto von Bismarck gewidmet. Er wurde am 30. Juli 1908 eingeweiht und in einer kleinen Grünanlage an der Kreuzung Rennbahnstraße / Bernkasteler Straße platziert.[19] Im Sommer 12945 hatten Unbekannte den schweren Stein umgewälzt, so dass die Inschrift nicht erkennbar war.[20] So blieb er in der DDR-Zeit stehen, wurde aber wegen der daneben wachsenden großen Eiche wenig beachtet und nicht von Bewachsungen befreit. Ende des 20. Jahrhunderts wurde er umgedreht, restauriert und die Grünfläche instand gesetzt.
Zwischen dem Park am Weißensee und der Sternecker-Brauerei wurde im Jahr 1946 in den Räumen des ehemaligen Schlosspavillons das Volkshaus Weißensee eröffnet (Hausnummer 125).[21] Im Jahr 1962 entstand hier das Kreiskulturhaus Weißensee, das 1984 den Zusatznamen „Peter Edel“ erhielt. Direkt an der Straßenecke vor dem Kulturhaus befand sich eine Rotunde (ein Pissoir), das wegen maroder Abwasserleitungen in den 1970er Leitungen abgerissen wurde.[5] Es stand einige Jahre leer, konnte aber 2020 nach umfassender Sanierung wieder öffnen unbd trägt jetzt die Bezeichnung Bildungs- und Kulturzentrum Peter Edel.[22]
Im Brechthaus in der Nähe des Weißen Sees (Hausnummer 185) wohnten 1949 bis 1953 Bertolt Brecht und Helene Weigel. Nach der Wende wurde es Eigentum des Literaturforums Brecht, das bis in die späten 1990er Jahre gelegentlich im Gebäude Lesungen mit Autoren und Werkstattgespräche mit Künstlern veranstaltet hat.[23] Seit einigen Jahren ist keine Nutzung zu erkennen.
An der Ecke Berliner Allee/Tassostraße 22 wohnte die letzten Jahre seines Lebens der Grafiker Werner Klemke. Desweiteren wohnte in dieser Straße auch der Schriftsteller Christoph Hein.[24]
Erwähnenswert, weil nicht mehr erhalten, ist ein Spezialausschank der Kindl-Brauerei, der sich direkt an der südwestlichen Ecke Berliner Allee/Lichtenberger Straße befand. Er wurde bei der Straßenverbreiterung im Kreuzungsbereich abgetragen.[25]
Parks und Plätze
Rund um den für den Ortsteil namensgebenden Weißen See ist bereits im 19. Jahrhundert ein Park mit Spazierwegen, einem Tiergehege, einem Café („Milchhäuschen“) und einigen Denkmalen angelegt worden. Er dient als grüne Lunge von Weißensee, ist aber auch Ort für größere Freiluftveranstaltungen. An der Einmündung der Langhansstraße in die Berliner Allee befindet sich der Antonplatz, der von der Allee in einen nördlichen und einen südlichen Bereich geteilt wird.
Literatur
- Walter Püschel: Spaziergänge durch Weißensee, Erster Spaziergang: Ein Bummel durch die Allee mit kleinen Ausflügen in die Geschichte (S. 13–32.) Haude & Spener, Berlin, 1998, ISBN 3-7759-0432-8.
Weblinks
- Berliner Allee. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
Einzelnachweise
- ↑ Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 17–18.
- ↑ Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 18.
- ↑ a b Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 19.
- ↑ Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 20.
- ↑ a b Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 21.
- ↑ Baudenkmal Mietswohnhaus BA 18; 1883
- ↑ Baudenkmalsensemble BA 174+178 Ecke Buschallee (1914–1928)
- ↑ Wohnblöcke Berliner Allee 196+198 / Caseler Straße (um 1914)
- ↑ Baudenkmal Wohnanlage BA 218–238 / Graacher Straße / Wehlener Straße (um 1928)
- ↑ Baudenkmal BA 185 Brechthaus Weißensee (um 1870).
- ↑ St. Joseph-Krankenhaus
- ↑ Baudenkmal Flora-Apotheke BA 109 (1875)
- ↑ Kurztext zur Sternecker-Brauerei und eine Reihe Fotos auf Silent Ruins; abgerufen am 18. Dezember 2010 ( vom 28. Dezember 2010 im Internet Archive)
- ↑ Baudenkmal Produktionshallen der Brauerei (1886) und des Saalgebäudes (1927), BA 121–125, Baudenkmal BA 252–260 Askanierhaus mit MfS-Wachturm von 1970, BA 100 Baudenkmal Karstadt-Kaufhaus
- ↑ Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 24.
- ↑ Website Woolworth Berliner Allee, abgerufen am 11. Januar 2023.
- ↑ Berlin in historischen Aufnahmen. Der erste Selbstbedienungsladen der DDR. In: Berliner Zeitung, 5. April 2018.
- ↑ Baudenkmal Dorfkirche Weißensee
- ↑ Private Homepage mit Kurzinfo zu einigen Findlingen im Berliner Straßenbild; abgerufen am 30. März 2010
- ↑ Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 29/30.
- ↑ Eröffnung des Volkshauses Weißensee. In: Neues Deutschland, 11. Oktober 1946, S. 4.
- ↑ Umbau beginnt mit Abriss: Das Kulturhaus an der Berliner Allee wird endlich saniert . In: Berliner Woche, Ausgabe Weißensee, 9. Januar 2018.
- ↑ Homepage des Literaturforums Weißensee; abgerufen am 29. März 2010 ( vom 8. Juli 2009 im Internet Archive)
- ↑ Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 23/24.
- ↑ Püschel: Spaziergänge durch Weißensee. S. 28.
Koordinaten: 52° 33′ 10″ N, 13° 28′ 0″ O