Unter dem Begriff Citratzyklus (auch Citratcyclus, Zitronensäurezyklus, Tricarbonsäurezyklus oder Krebs-Zyklus genannt) fasst man eine Reihe biochemischer Reaktionen zusammen, die in lebenden Zellen ablaufen, bei denen die Zitronensäure (Citrat) beteiligt ist, die zum Zwecke der Gewinnung von Reduktionsäquivalenten in andere organische Säuren umgewandelt wird. In den Citratzyklus tritt als einfache organische Kohlenstoffverbindung das Abbauprodukt der Glukose oder einer Fettsäure, die so genannte aktivierte Essigsäure (das heißt, ein an ein Coenzym gebundener Essigsäure-Rest) ein, um zu Energie, Kohlendioxid und Wasserstoff abgebaut zu werden.
Die Bezeichnung Krebs-Zyklus ist benannt nach Sir Hans Adolf Krebs (1900-1981), der 1953 den Nobelpreis für Medizin für seine Entdeckung metabolischer Abbauwege erhielt.
Der Citratzyklus läuft in den Mitochondrien von Eukaryoten, sowie im Cytoplasma von Prokaryoten ab. Er ist Teil der Zellatmung und geht bei aeroben Organismen den eigentlichen Oxidationsprozessen innerhalb der Atmungskette voraus. Anaerobe Organismen verwenden zunächst die gleichen Abbauwege für energiereiche organische Substanzen, z.B. die Glykolyse, dann aber andere, nicht Sauerstoff-abhängige Fermentationsprozesse, um Energie zu gewinnen. Siehe Gärung.
Der Citratzyklus ist der dritte von vier Schritten im Kohlehydrat-Katabolismus (dem Abbau von energiereichen, Kohlenstoff enthaltenden Verbindungen). Er findet nach der Glykolyse und der oxidativen Decarboxylierung und vor der Endoxidation statt.
Acetyl-CoA tritt in den Citratzyklus ein: Citrat (I) ist das erste Produkt des Zyklus (→Abbildung 1) und wird durch die Kondensation von Oxalacetat (X) und dem Acetylrest des Acetyl-CoA (XI) gebildet. Dabei ist Acetyl-CoA ein Produkt eines vorangegangenen Abbauweges, z.B. der Glykolyse, des Protein-Katabolismus oder des Fett-Katabolismus (→Abbildung 2).
Abbildung 1 : Schematische Darstellung des Citratzyklus.
Molekül | Enzym | Reaktionstyp | Rektionspartner/ Coenzyme |
Produkte/ Coenzyme |
---|---|---|---|---|
I. Citrat | 1. Aconitase | Dehydrierung | H2O | |
II. cis-Aconitat | 2. Aconitase | Hydrierung | H2O | |
III. Isocitrat | 3. Isocitrat Dehydrogenase | Oxidation | NAD+ | NADH+H+ |
IV. Oxalosuccinat | 4. Isocitrat Dehydrogenase | Decarboxylierung | ||
V. α-Ketoglutarat | 5. α-Ketoglutarat Dehydrogenase | Oxidative Decarboxylierung | NAD+ CoA-SH |
NADH+H+ CO2 |
VI. Succinyl-CoA | 6. Succinyl-CoA Synthetase | Hydrolyse | GDP Pi |
GTP CoA-SH |
VII. Succinat | 7. Succinat Dehydrogenase | Oxidation | FAD+ | FADH2 |
VIII. Fumarat | 8. Fumarase | Addition (H2O) | H2O | |
IX. L-Malat | 9. Malat Dehydrogenase | Oxidation | NAD+ | NADH+H+ |
X. Oxalacetat | 10. Citrat Synthetase | Kondensation | ||
XI. Acetyl-CoA |
Summarische Zusammenfassung
Die Summe aller Reaktionen im Citratzyklus ist :
- Acetyl-CoA + 3 NAD+ + FAD + GDP + Pi + 3 H2O →
CoA-SH + 3 NADH + 3 H+ + FADH2 + GTP + 2 CO2
Zwei Kohlenstoffatome verlassen innerhalb des Citratzyklus als CO2 sozusagen die (6 C-Atome enthaltende) Citronensäure, so dass am Ende des Zyklus das (4 C-Atome enthaltende) Oxalacetat entsteht, das erneut zwei Kohlenstoffatome (die in Form des Acetyl-CoA angeliefert werden) aufnehmen kann.
Weiter wird die Energie, die bei den einzelnen Reaktionsschritten frei wird, an einer Stelle in GTP (wie ATP eine "universelle Energiewährung" der Zelle) und vor allem in Reduktionsäquivalenten (NADH + H+ und FADH2) gespeichert. Letztere werden dann in der Atmungskette für die Synthese einer Vielzahl von ATP-Molekülen genutzt, was dem Hauptenergiegewinn bei der Zellatmung entspricht. Damit der Citratzyklus ablaufen kann, ist es nötig, dass vorher z.B. Kohlehydrate zu aktivierten Essigsäureresten abgebaut werden, die in Form von Acetyl-CoA in den Zyklus eintreten.
NADH + H+ und FADH2 sind Coenzyme (Coenzyme sind Moleküle, die Enzyme aktivieren oder deren Leistung verbessern), die Wasserstoffionen und Elektronen aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben können. Die Gesamtenergie, die im Citratzyklus frei wird, entspricht 2 ATP, die Gesamtenergie aller vier Reaktionen der Zellatmung (inklusive der Endoxidation in der Atmungskette) entspricht 38 ATP, jeweils pro eingesetztem Molekül Glukose.
Der Citratzyklus im Stoffwechsel
Datei:Citratzyklus Überblick.png |
Abbildung 2 : Schematische Darstellung der mit dem Citratzyklus assoziierten metabolischen Wege.
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Im oberen Teil der Abbildung 2 sind (mit den Ziffern 1 bis 3 bezeichnet und braun unterlegt) die drei Klassen von Nährstoffen eingetragen, die im Stoffwechsel abgebaut werden: Proteine, Fette und Kohlehydrate. Durch Abbau der Proteine entstehen Aminosäuren (Ziffer 4), durch Abbau der Kohlehydrate Pyruvat (Brenztraubensäure, Ziffer 6). Weitere Reaktionen lassen sowohl aus den Aminosäuren als auch aus dem Pyruvat Acetyl-CoA (Ziffer 5) entstehen. Aus Fettsäuren (Ziffer 2) werden durch Beta-Oxidation direkt Acetyl-CoA-Moleküle gebildet. Acetyl-CoA kann daher als zentrales Abbauprodukt aller drei Nährstoffklassen bezeichnet werden. Sein Essigsäure-Rest tritt in den Citratzyklus ein und wird dort zwecks Gewinnung von Energie (GTP, in der Abb. fälschlich ATP genannt) und von Reduktionsäquivalenten (NADH + H+, FADH2) und unter Kohlenstoffdioxid-Abgabe weiter abgebaut.
Der im Citratzyklus gewonnene, an Coenzyme gebundene Wasserstoff wird der Atmungskette zugeführt, um dort bei der biologischen Knallgasreaktion den Hauptanteil an Zellenergie zu liefern, die in vielen ATP-Molekülen gespeichert wird.