Als Zeitzeuge bezeichnet man eine Person, die einen historischen Vorgang selbst miterlebt hat.
Die Glaubwürdigkeit ist dabei - wie bei Zeugen allgemein - abhängig von der zeitlichen und räumlichen Nähe vom Vorgang (unmittelbare Anwesenheit am Tatort oder nur vermittelte Kenntnis), von ihrem sachlichen Verständnis des Vorgangs (z.B. bei juristischen Verhandlungen) und von ihrem Interesse an einer bestimmten Interpretation des Vorgangs.
Zeitzeugen aus der Sicht der Geschichtswissenschaft
Alle Aussagen, die dem Interesse der Person widersprechen, sind besonders glaubwürdig.
Bei der Charakterisierung von Personen gilt dementsprechend: Positive Aussagen über einen Gegener sind glaubwürdig so wie negative über einen Freund.
Seit die Bedeutung der Oral history für die Beurteilung eines Vorgangs erkannt worden ist, werden auch die Aussagen relativ uninformierter Zeitzeugen wichtig genommen, weil etwa Stimmungsvaleurs (z.B. erwartungsfreudig, zuversichtlich, unbesorgt o.ä.) oder das Gefühl für Angemessenheit von Handlungen in bestimmten Situationen (z.B. gegenüber Eltern, Vorgesetzten, Kameraden) aus schriftlichen Quellen schwer erschließbar, doch von Zeitzeugen mitgeteilt werden können.
Zeitzeugen als Mittler zwischen den Generationen
Das Aussterben von Zeitzeugen - etwa des Holocaust oder der Zeit des Nationalsozialismus - ist auch deshalb zu beklagen, weil damit die letzte Chance, primär über diese Gefühle informiert zu werden, verloren geht. Es trägt damit entscheidend zur Historisierung der Vorgänge bei. (Diesen Verlust beschreibt fiktional Leslie Kaplan in ihrem Roman Fever).
Die Arbeit der Zeitzeugen
Am Beginn steht die Gründung eines Kreises von Zeitzeugen. Diese treffen sich regelmäßig. Zu einem Themenschwerpunkt, wie z. B. Flucht, Bombardierung, Schulzeit tragen die Zeitzeugen ihre Berichte vor, diese werden diskutiert, geschrieben und anschließend für Interessierte veröffentlicht, vorgelesen, erzählt (Erzählcafe) oder im Internet publiziert. Durch die Veröffentlichung ergeben sich vielfältige Kontakte zu Schulen, Hochschulen sowie Interviewanfragen, Schilderungen im Radio oder Fernsehen. Aber auch Gleichaltrige freuen sich über den Gedankenaustausch mit den Zeitzeugen.
Siehe auch
- A Letter To The Stars (eine österreichische Aktion, bei der viele Opfer des NS-Regimes befragt wurden)