Arado Ar 234

erster einsatzfähiger strahlgetriebener Bomber und Aufklärer der Welt
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Der Arado Ar 234 (Blitz) war der erste einsatzfähige (und tatsächlich eingesetzte) Strahltriebwerksbomber der Welt. Im Dezember 1943 flog zuerst die Aufklärerversion Ar 234 B-1, 1944 folgten die ersten Bomber-Einsätze. Der Bomber wurde Anfang 1945 eingesetzt, wobei die Bomben extern mitgeführt wurden. Das setzte die Geschwindigkeit allerdings soweit herab (auf ca. 660 km/h), dass schnelle alliierte Kolbenmotorjäger das Muster bekämpfen konnten. Auch wenn in den Endtagen des Krieges dem Bomber eine eher bescheidene Rolle zukam, da er wegen des allgemeinen deutschen Treibstoffmangels die meiste Zeit am Boden blieb, zeigte sich doch in den wenigen Einsätzen, dass es für die Alliierten nahezu unmöglich war, ihn abzufangen.

Geschichte

Datei:Arado 234B 2.jpg
Arado Ar 234 B von Amerikanern erbeutet
Datei:Arado 234B 3.jpg
Arado Ar 234 B
 
Modell in Aufsicht
 
Seitenansicht eines Modells
 
Modell von unten

Anfang 1941 schrieb das Reichsluftfahrtministerium (RLM) den Auftrag für die Entwicklung eines schnellen, strahlgetriebenen Aufklärungsbombers mit einer Reichweite von mindesten 2150 Kilometer aus. Lediglich die Arado-Flugzeugwerke antworteten auf diese Ausschreibung und boten dem RLM ihren Prototypen E.370 an. Dabei handelte es sich um einen Schulterdecker in Ganzmetallbauweise mit ungepfeilten Tragflächen und mit je einem Strahltriebwerk vom Typ Junkers Jumo 004 unter jeder Tragfläche.

Die Arado-Werke veranschlagten eine Höchstgeschwindigkeit von 780 km/h in einer Operationshöhe von knapp 11.000 Meter bei einer Reichweite von knapp 2000 Kilometer. Da es Schwierigkeiten bei der Erfüllung der vom RLM vorgeschriebenen Mindestreichweite gab, begann Arado damit, das Gewicht des Flugzeuges drastisch zu reduzieren. Das führte soweit, dass die Ar 234 nicht mehr auf eigenen Rädern, sondern auf einem abwerfbaren Startwagen startete, um schließlich auf Kufen wieder zu landen.

Obwohl die Reichweitenanforderungen nicht erfüllt wurden, bestellte das RLM zwei Prototypen des Ar 234, wohl auch mangels Alternativen, da sich lediglich Arado auf die Ausschreibung gemeldet hatte. Die Prototypen wurden noch vor 1941 fertig gestellt und vorgeführt, jedoch nicht im Einsatz, denn die Jumo-004-Triebwerke waren noch nicht fertig und konnten auch erst gegen Anfang 1943 geliefert werden. So fand der Jungfernflug der Ar 234 erst am 30. Juli 1943 statt. Da sich die Benutzung des Startwagens als vollkommen unpraktikabel erwies, musste ein normales Fahrwerk mit Bugrad entwickelt werden. Da auch noch eine Verstärkung des Rumpfes erforderlich war, konnte der Erstflug einer solchen Maschine erst im März 1944 stattfinden.

Von der Ar 234 gibt es mehrere Versionen:

  1. Ar 234 A-0: Aufklärer ohne Fahrwerk
  2. Ar 234 B-0: Vorserie
  3. Ar 234 B-1: Aufklärer
  4. Ar 234 B-2: Bomber Blitz
  5. Ar 234 C bis P: weitere Serien, teilweise mit 4 Triebwerken

Die Ar 234 war eines der ersten Flugzeuge, die mit Schleudersitz für den Piloten ausgestattet waren. Außerdem kam für die Bomberversion einer der ersten 3-Achsen-Autopiloten vom Typ PDS zum Einsatz.

Der erste Bomber war die Ar 234 B-2. Diese Maschinen waren neben dem Autopiloten PDS, mit einem Kontrollgerät vom Typ LKS 7D ausgestattet. Gezielt wurde mit dem Bombenzielgerät Lotfe 7C und für Sturzangriffe mit einem BZA-Rechner mit RF2C-Periskop-Visier. Maximal konnte das Flugzeug 1500 kg Bomben tragen, als Antrieb dienten die dann verfügbaren Jumo-004-Triebwerke, mit denen die Maschinen in 6000 m Höhe bis zu 780 km/h erreichte und eine Steigleistung von über 22 m/s brachte, was in etwa das doppelte eines modernen Airbus A320 ist. Das Flugzeug erreichte nach nur 6 Minuten 8000 m Höhe. Die Flugleistungen waren sämtlichen alliierten Flugzeugen weit überlegen.

Die Prototypen V5 und V7 waren die ersten Maschinen, die gegen den Feind geschickt wurden. Im Juli 1944 hoben die beiden Maschinen von dem Flugplatz Juvincourt bei Reims ab. Die Aufklärungsmaschinen führten unbewaffnete Aufklärungseinsätze in Südengland durch. Sie konnten mit ihrer hohen Geschwindigkeit allen Feindjägern entkommen. Am 27. Juli wurde der Verband nach Chievres und am 5. September nach Rheine verlegt. Dort stießen zwei weitere Ar 234 B zum Verband. Auch von Rheine wurden weitere Aufklärungseinsätze gegen Südengland geflogen.

Aus diversen Sonderkommandos entstand im Januar 1945 die erste Staffel aus Ar 234, die 1.(F)/100. Dazu kam noch die 1.(F)/123 und in Dänemark die 1.(F)/33. Die letzte Staffel wurde später nach Stavanger verlegt.

Als erster Bomberverband wurde die 11./KG 76 von ihren Ju 88 auf die Ar 234 B-2 umgerüstet. Das KG 26 flog Einsätze während der Ardennenoffensive und anschließend im Raum Kleve. Die Einsätze mussten jedoch im April 1945 wegen Treibstoffmangels aufgegeben werden.

Erhaltene Exemplare

Soweit bekannt ist nur eine Ar 234 erhalten geblieben. Es handelt sich dabei um eine Ar 234 B-2 Bomber-Variante mit der Seriennummer 140312, die nach Kriegsende als eines von 9 Exemplaren auf dem Sola-Flugplatz in der Nähe des norwegischen Stavanger den britischen Streitkräften übergeben wurden. Das Flugzeug war in den letzten Kriegswochen bei der 9./KG 76 eingesetzt worden. Dieses Flugzeug und 3 andere wurden zur Verschiffung für Flugtests in die Vereinigten Staaten ausgewählt. Das Flugzeug wurde am 24. Juni 1945 von Sola nach Cherbourg geflogen, wo es mit 30 anderen beschlagnahmten technisch fortgeschrittenen deutschen Flugzeugen an Bord des britischen Flugzeugträgers HMS Reaper nach Newark (New Jersey) überführt wurde. Nach der Ankunft wurden zwei Ar 234, darunter auch 140312, wieder zusammengesetzt und von USAAF-Piloten zum Freeman-Field nach Indiana geflogen. 140312 bekam die Registriernummer FE-1010. Das Schicksal der zweiten nach Indiana geflogenen Ar 234 ist unbekannt. Eine der anderen beiden Ar 234 wurde von der US Navy für Testzwecke wieder zusammengesetzt, dann allerdings als in flugunfähigem Zustand befunden und verschrottet.

140312 wurde mit neuen Triebwerken, Funk und Sauerstoffversorgung ausgerüstet und zum Wright Field in Dayton (Ohio) überführt und dort im Juli 1946 der Accelerated Service Test Maintenance Squadron (ASTMS) der Flight Test Devision übergeben. Die Flugtests wurden im Oktober 1946 abgeschlossen, das Flugzeug verblieb dort jedoch noch bis 1947. Es wurde dann zum Orchard Place Airport in Park Ridge (Illinois) überführt, von wo am 1. Mai 1949 mit mehreren anderen dort eingelagerten Maschinen dem Smithsonian Institut übergeben wurde. Anfang der 1950er wurde es in eine Einrichtung des Smithsonian in Suitland (Maryland) zur Lagerung und Restauration verbracht.

Das Smithsonian restaurierte das Flugzeug von 1984 bis 1989. Die Farbe war bereits vor der Übergabe an das Smithsonian komplett entfernt worden, daher versah man das Flugzeug nun mit den Markierungen der 8./KG 76, der ersten Einheit, die Ar 234 eingesetzt hatte. Das restaurierte Flugzeug wurde anfangs im Hauptgebäude in Washington (D.C.) als Teil der Ausstellung Wunderwaffe? Die Arado Ar 234 gezeigt.

2005 war es eines der ersten Flugzeuge, die in die neue Flugausstellung des Smitsonian, das Steven F. Udvar-Hazy Center bei Washington D.C. gebracht wurden. Heute wird 140312 dort direkt neben dem letzten erhaltenen Exemplar der Dornier Do 335 gezeigt, das es bereits über 60 Jahre vorher auf der Reise über den Atlantik an Bord der HMS Reaper begleitet hatte.

Technische Daten

Arado Ar 234 B-2
Kenngröße Daten
Länge    12,64 m
Flügelspannweite    14,44 m
Höhe    4,29 m
Antrieb    Zwei Junkers Jumo 004B-1 Strahltriebwerke mit je 900 kp
Höchstgeschwindigkeit    742 km/h in 6000 m
Normale Reichweite    1100-1556 km
Besatzung    1 Mann
Dienstgipfelhöhe    10.000 m
Gesamtgewicht    bis zu 9850 kg
Bewaffnung    Zwei 20-mm-Kanonen MG 151 nach hinten feuernd, bis zu 2000 kg Bomben

Siehe auch: Liste von Flugzeugtypen