Unter einer Landesteilung versteht man die Teilung eines Landes, aus einem vorher einer einheitlichen Regierung und Verwaltung unterstehen Gebiet entstehen also nach der Teilung zwei oder mehr voneinander unabhängige Gebiete. Landesteilungen fanden besonders in der deutschen Geschichte zahlreich statt und hatten einen wesentlichen Anteil daran, dass sich auf "deutschem" Gebiet (also im wesentlichen im Heiligen Römischen Reich (deutscher Nation) im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit ein bunter Flickenteppich verschiedener Territorien, die deutsche Kleinstaaterei entwickelte.
Arten der Landesteilung
Zu Landesteilung kann es aus verschiedenen Gründen kommen. So lassen sich
- Landesteilungen aus dynastischen Gründen (Landesteilungen im engeren Sinne) und
- Landesteilungen aus politischen Gründen (z.B. kriegerische Auseiandersetzungen) unterscheiden.
Landesteilungen aus dynastischen Gründen
Die weitaus häufigste Form der Landesteilungen sind Landesteilungen, die aus dynastischen Gründen erfolgten. Vor allem zwei Konstellationen führten in der Geschichte zu solchen dynastischen Landesteilungen:
- ein Herrscher (Monarch) verstirbt unter Hinterlassung mehrerer Nachkommen (Erbe);
- ein Herrscher verstirbt ohne Hinterlassung von Nachkommen, mehrere Verwandte machen Ansprüche auf das Erbe des Verstorbenen gelten.
Hat ein Herrscher beim Versterben mehrere Nachkommen (d.h. in der Regel Söhne, da Töchter aufgrund des in fast allen deutschen Staaten geltenden Salischen Rechts nicht zur Thronfolge berufen waren) stellte sich die Frage, wie das entsprechende Land unter den Abkömmlingen aufzuteilen war. Entweder einer der Abkömmlinge (in der Regel der Älteste) erbte allein alles, jüngere Brüder wurden gegebenenfalls durch Geld- oder Realzahlungen abgefunden (Prinzip der Primogenitur), oder das Land wurde unter den Abkömmlingen aufgeteilt (Prinzip der Realteilung). Im zweiten Falle kommt es zu einer Landesteilung.
Verstirbt ein Herrscher ohne Nachkommen, so stirbt seine Linie mit ihm aus. Verwandte aus Seitenlinien machen dann Ansprüche auf das Erbe geltend, wobei es vorkommen kann, dass verschiedene Verwandte Ansprüche geltend machen können. Häufig wurde das Land dann unter diesen Verwandten geteilt.
Ein bekanntes Beispiel für den ersten Fall stellt die Teilung des Römischen Reiches 395 dar. Nach dem Tode Kaisers Theodosius I. wurde sein Reich unter seinen beiden Söhnen Honorius und Arcadius geteilt, es entstanden das Weströmische und das Oströmische Reich.
Als Beispiel für den zweiten Fall mag das Aussterben der Ludowinger mit dem Tode Heinrich Raspe im Jahr 1247 gelten. Auf die Besitzungen der Ludowinger (im Wesentlichen die heutigen Bundesländer Thüringen und Hessen) machten sowohl die Wettiner als auch das Haus Brabant Erbansprüche geltend, die beide in weiblicher Linie mit den ausgestorbenen Ludowingern verwandt waren. Es kam zu einem Erbfolgekrieg (Thüringisch-hessischer Erbfolgekrieg), im Ergebnis wurden die Besitzungen der Ludowinger geteilt, Hessen fiel an das Haus Brabant, Thüringen an die Wettiner.
Oftmals war mit der Landesteilung nicht beabsichtigt, dass sich dauerhaft zwei unterschiedliche Staatswesen entwickelt. Vielmehr sollten beide Teile weiterhin als Einheit gesehen werden, so z.B. auch bei der beschriebenen Teilung des Römischen Reiches. Erfahrungsgemäß entwickelten sich die Landesteile jedoch auseinander, besonders wenn die Teilung über mehrere Generationen andauerte. Verstärkt wurde dies natürlich, wenn die verschiedenen Teilstaaten sich auch kulturell unterschieden, wie z.B. das Weströmische Reich lateinisch, das Oströmische Reich dagegen griechisch geprägt war.
Das Vorgehen bei der Teilung war durchaus verschieden. In einigen Dynastien hatte sich der Brauch eingebürgert, dass der älteste Bruder einen Teilungsvorschlag ausarbeitet, die anderen Brüder konnten dann der Reihe nach einen Landesteil wählen, der älteste Bruder verblieb mit dem übriggebliebenen Landesteil. So sollte verhindert werden, dass einer der Teilenden die anderen Brüder übervorteilt. Später wurde vor allem nach Ämtern geteilt (in vielen deutschen Ländern die kleinste Verwaltungseinheit). Jeder Bruder erhielt dabei Ämter, die ihm ungefähr gleiche Einkünfte garantierten, dabei wurde weniger Wert darauf gelegt, dass zusammenhängende Staatsgebilde entstanden. Es kam deshalb zu einer Vielzahl von Enklaven und Exklaven, besonders in Thüringen und Schleswig-Holstein. Manchmal erhielt auch nur der älteste Bruder die voller Regierungshoheit über sein Land, während die weiteren Brüder nur beschränkte Regierungsgewalt ausübten (vgl. abgeteilte Landesherrschaften in Schleswig-Holstein, Länder ohne eigene Landeshoheit in Thüringen).
Landesteilungen aus politischen Gründen
Auch aus politischen Gründen kam es zu Landesteilungen, die nicht in erbrechtlichen Problemen der herrschenden Dynastie begründet lagen. So teilte z.B. Kaiser Friedrich I. Barbarossa nach dem Sturz Heinrich des Löwen 1180 dessen Herzogtümer Bayern und Sachsen aufgeteilt. Aus Bayern entstand neben dem bayerischen Nachfolgestaat so auch die Steiermark und die Markgrafschaft Istrien, aus Sachsen u.a. die Herzogtümer Westfalen, Sachsen-Lauenburg und Braunsweig-Lüneburg.
Auch bei der Auflösung moderne Staaten (z.B. der Tschechoslowakei 1990 in Tschechien und die Slowakei) handelt es sich nach obiger Definition eingentlich um Landesteilungen aus politischen Gründen, auch wenn der Ausdruck Landesteilung dafür nur sehr selten benutzt wird. Andere Beispiele für eine Teilung aus politischen Gründen sind z.B. die drei Polnischen Teilungen oder die Deutsche Teilung in die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik nach Ende des Zweiten Weltkrieges.
Liste von Landesteilungen
Das Frankenreich unter den Merowingern
- 511: Nach dem Tode Chlodwig I. teilen seine Söhne das Reich. Es enstehen die Teilreich von Reims (Theuderich I.), Soissons (Chlothar I.), Paris (Childebert I.) und Orléans (Chlodomer).
- 524: Nach dem Tode Chlodomers von Orléans wird sein Reichsteil unter seinen Brüdern Childerbert I. und Chlotar I. geteilt.
- 561: Nach dem Tode Chlotar I. wird das zwischenzeitlich wiedervereinigte Frankenreich unter Chlotars Söhnen erneut geteilt. Es entstehen die Teilreiche von Paris (Charibert I.), Orléans (Guntram I.), Reims (Sigibert I.) und Soisssons (Chilperich I.)
- 567: Nach dem Tode Charibert I. von Paris wird sein Reich unter seinen Brüdern Guntram I., Sigibert I. und Chilperich I. geteilt.
- 596: Nach dem Tode Childebert II. wird sein Reich unter seinen beiden Söhnen aufgeteilt: Theudebert II. erhält Austrien (Residenzstadt Metz), Theuderich II. erhält Burgund (Residenzstadt Chalon-sur-Saône).
- 623: Chlothar II., der über das zwischenzeitlich erneut wiedervereinigte Frankenreich herrschte, teilte sein Reich. Er behielt Neustrien und Burgund, während für seinen ältesten Sohn Dagobert I. Austrien abgeteilt wurde.
- 639: Beim Tode Dagobert I. wird sein Reich unter seinen beiden Söhnen geteilt: Sigibert III. erhält Austrien, Chlodwig II. Neustrien und Burgund.
- 675: Nach der Ermordung des Königs Childerich II., der das zwischenzeitlich erneut vereinigte Frankenreich regierte, kommt es zum Bürgerkrieg und zu einer erneuten Reichsteilung. Theuderich III. erhält (erneut) Neustrien und Burgund, Dagobert II. Austrien.
Das Frankenreich unter den Karolingern
- 843: Im Vertrag von Verdun teilen die Enkel Karls des Großen das Reich. Es entsteht das Westfrankenreich unter Karl II., dem Kahlen, das Ostfrankenreich unter Ludwig II., "dem Deutschen" und Lotharingen unter Lothar I.
- 855: In der Teilung von Prüm wird Lotharingen unter den Söhnen Lothar I. aufgeteilt. Ludwig II. erhält Italien, Lothar II. (Lothringen) Lotharingen und Karl die Provence.
- 863: Nach dem Tode Karls von der Provence wird sein Reich unter seinen beiden Brüdern Kaiser Ludwig II. und Lothar II. von Lotharingen geteilt.
- 870: Im Vertrag von Meersen wird nach dem Tode Lothar II. dessen Reich unter Karl dem Kahlen und Ludwig dem Deutschen aufgeteilt.
- 880: Im Vertrag von Ribemont zwischen Ludwig III., dem Jüngeren des Ostfrankenreichs und Ludwig III. des Westfrankenreichs wird die Grenze zwischen beiden Teilreichen endgültig festgelegt. Die Fränkische Reichsteilung kommt damit zu ihrem Abschluss, aus den beiden Teilreich entwickeln sich später die unabhängigen Staaten Frankreich und Deutschland.
Landesteilungen innerhalb der deutschen Dynastien
- 1253, erste Bayerische Landesteilung: Nach dem Tode Herzog Otto II., des Erlauchten teilen dessen beide Söhne das Land. Ludwig II., der Strenge erhält Oberberbayern und die Pfalzgrafschaft bei Rhein, Heinrich XIII. Niederbayern.
- 1329, Hausvertrag von Pavia: Kaiser Ludwig IV., der Bayer, teilt sein Reich mit seinen beiden Neffen Rudolf II., dem Blinden, und Ruprecht I., dem Roten. Ludwig der Bayer behielt Oberbayern, Rudolf der Blinde und Ruprecht der Rote erhielten die Kurpfalz und die Oberpfalz. Das Haus Wittelsbach spaltet sich in eine kurpfälzische und eine bayerische Linie.
Wittelsbacher, bayerische Linie
- 1349, zweite Bayerische Landesteilung: Nach dem Tode Ludwig IV., des Bayern, teilen dessen sechs Söhne das Land. Ludwig V., der Ältere, Ludwig VI., der Römer und Otto V., der Faule erhalten zusammen Oberbayern, Stephan II., Wilhelm I. und Albrecht I. erhalten zusammen Niederbayern.
- 1353 Niederbayern wird geteilt. Stephan II. erhält Niederbayern-Passau, Wilhelm I. und Albrecht I. erhalten zusammen Niederbayern-Straubing-Holland.