Der Begriff Kreole wurde in der frühen Kolonisierung Westafrikas durch die portugiesische Krone, insbesondere auf den Kapverdischen Inseln und in Guinea-Bissau geprägt.
Das Wort Kreole leitet sich aus dem Portugiesischen "Crioulo" und dem Spanischen "Criollo" ab, die beide auf dem Verb "criar" (aufziehen, heranziehen, züchten) basieren. "Crioulos" und "Criollos" waren also "Zöglinge". War die Mutter eine Sklavin, dann waren nach dem Sklavenrecht auch ihre Kinder Sklaven.
Trotz ihrer Ähnlichkeit bezeichnen das portugiesische Crioulo und das spanische Criollo grundsätzlich verschiedene gesellschaftliche Realitäten.
Crioulo (port.)
In der frühen Kolonialgeschichte Portugals entstanden kreolische Gesellschaften mit der Gründung von Familien verschiedenen Ursprungs und der Entstehung einer neuen, eigenständigen Kultur und Sprache. Dies war nur in den ersten Jahrzehnten der Kolonialgeschichte möglich, solange keine weltliche oder religiös vermittelte rassistische Ideologie das familiäre Zusammenleben verbot. Die europäischstämmigen Väter hatten zumeist keine freie Frau und somit auch keine freien Kinder und den Wunsch, die versklavten Mitglieder ihrer Familie freizugeben. In Kap Verde und Brasilien wurde die testamentarische Freigebung unter dem Einfluss der Jesuiten zum allgemeinen Brauch und es entstand eine freie, gemischte Gesellschaft mit kreolischer Kultur und Identität, durchaus im Widerspruch zu den Regeln von Staat und Kirche. So bezeichnen sich heute die Angehörigen dieser Kulturen in Kap Verde, Guinea-Bissau, Sierra Leone, São Tomé und Príncipe, Angola und anderen ehemals portugiesischen Küstensiedlungen ebenso wie in Brasilien und Guyana als Kreolen. Zumeist spiegelt sich der Ursprung dieser Menschen in ihrem Aussehen wieder. Sie sind Mischlinge. Doch auch Familien rein europäischen, afrikanischen oder sonstigen Ursprungs können in die Kultur integriert worden sein und eine kreolische Identität angenommen haben. Verbindendes Glied kreolischer Identität ist in erster Linie die gemeinsame Kreolsprache. Kreolische Gesellschaften kennen eine Vielfalt von Familienkonstruktionen. Siehe Kreolisierung.
Criollo (span.)
Der Begriff bezeichnet im spanisch sprechenden Lateinamerika: 1. die im Lande geborenen Nachfahren von spanischen (oder europäischen) Eltern, im Gegensatz zu den Mestizen oder Mischlingen. 2. die im Amerika geborenen Nachkommen von schwarzen Sklaven. 3. in weiterem Sinne jeden, der in Lateinamerika geboren wurde und die jeweils landestypischen Charaktermerkmale trägt.
In der Kolonialzeit waren die höheren Stellen in Verwaltung und Kirche (Gouverneure, Bischöfe etc.) meist den im Heimatland geborenen Spaniern vorbehalten. Aus den in Amerika geborenen Spaniern oder "Criollos" erwuchs daher im Laufe der Zeit eine Art Mittelschicht, deren Einfluss im Laufe der Kolonialzeit immer mehr zunahm. Verarmte oder illegitime Kinder von Spaniern waren dagegen oft besitzlos, erlernten Handwerksberufe, gingen in den Handel oder wurden auf den Landgütern der Spanier als Verwalter eingesetzt.
Im 18. und 19. Jahrhundert stellten in den meisten spanischen Kolonien die "criollos" die zahlenmäßig größte (Kuba, Hispaniola) oder zumindest eine in den Metropolen sehr große Bevölkerungsgruppe (Mexiko, Peru). Sie führten die Befreiungskämpfe an, da sie sich von der Bevormundung durch spanische Verwalter befreien und zu mehr wirtschaftlichen und politischen Einfluss gelangen wollten.
In Lateinamerika werden mit dem Adjektiv "criollo" heute auch alle jene kulturellen Elemente bezeichnet, die weder rein indianisch sind, noch aus Europa oder Afrika importiert, sondern in Amerika unter europäischem oder afrikanischem Einfluss entstanden sind, z.B. die "kreolische Musik" (Merengue, Salsa, Mambo, Milonga usw.) oder die "kreolische Küche" (eine Küche, die aus relativ einfachen, oft Eintopfgerichten besteht, die aber mit Gewürzen nicht spart).
Das Wort criollo wird in einigen Ländern Lateinamerikas auch als Synonym für "einheimisch" gebraucht, oft leicht abfällig für Dinge, die nicht richtig funktionieren. Beispiel: In der Dominikanischen Republik fahren viele Pkw oder Lkw mit so genannten mufleres criollos, "kreolischen Auspuffen", nicht originalen Teilen, die für das jeweilige Fahrzeug über- oder unterdimensioniert sind. Andererseits kann das Wort auch positiv gewertet sein: So versteht ein Kubaner oder Dominikaner unter "una buena comida criolla" (wörtlich: "ein gutes kreolisches Essen") eine "ordentliche" Mahlzeit, bestehend z. B. aus Reis, schwarzen Bohnen und gebratenem Schweine- oder Hähnchenfleisch. Auch Bezeichnungen aus der Tier- und Pflanzenwelt führen mitunter das "criollo" im Namen. So heißt das für Kuba endemische Rautenkrokodil (Crocodylus rhombifer) dort auch crocodilo criollo, um es von dem nicht nur dort vorkommenden Spitzkrokodil (Crocodylus acutus) zu unterscheiden.
Creole (engl.)
In Nordamerika wurde aus "criollo" schließlich "creol"; eine Bezeichnung zunächst für die Nachkommen spanischer Einwanderer, aber auch Mischlinge im Mississippi-Delta und den Südstaaten. Später wurde er allgemein auf die Unterschicht angewandt. Elvis Presley nannte sich "King Creol", womit er seine Herkunft und seine Verbundenheit sowohl mit den verarmten Weißen als auch der Tradition schwarzer und kreolischer Musik anzudeuten wusste.