Bushidō (auch Buschido, jap. 武士道, dt. Weg des Kriegers), bezeichnet heutzutage den Verhaltenskodex und die Lebensphilosophie des japanischen Militäradels der Feudalzeit - den Samurai, ähnlich dem europäischen Konzept der Ritterlichkeit.
Seine Popularität und Bekanntheit verdankt der Begriff in besonderer Weise dem 1899 in englischer Sprache entstandenen Werk Bushido - the Soul of Japan von Inazo Nitobe. Danach ist Bushido ein ungeschriebener Kodex: "Bushido ist also der Codex der moralischen Grundsätze, welche die Ritter beobachten mussten. Es ist kein geschriebener Codex; höchstens besteht er aus einigen Grundsätzen, die von Mund zu Mund überliefert oder aus der Feder einiger wohlbekannter Ritter oder Gelehrter geflossen sind. Häufiger ist es ein unausgesprochener und ungeschriebener Codex, der um so mehr die mächtige Heiligung wahrhafter Thaten besitzt, ein Gesetz, das im Herzen geschrieben steht. Er gründet sich nicht auf die schöpferische Thätigkeit eines, wenn auch noch so fähigen Gehirnes, oder auf das Leben einer einzelnen wenn auch noch so berühmten Person. Er ist das Produkt des organischen Wachsens von Jahrzehnten, Jahrhunderten militärischer Laufbahn." (Bushido. Die Seele Japans, 1901, S.4; dt. Übersetzung: Ella Kaufmann)
Allgemein
Bushidō ist eine Weiterentwicklung der Philosophie des Budō, die auf die Tätigkeit und Aufgaben eines Samurai abgestimmt wurde. Sie beschäftigt sich hauptsächlich mit der absoluten Loyalität des Samurai bzw. bushi gegenüber seinem Daimyō (Fürst) und der Bereitschaft, für diesen und die Werte des Bushidō sein Leben zu lassen. Die Samurai und der Lebensweg Bushidō waren hoch anerkannt, nicht zuletzt weil die Samurai die höchste Kaste des japanischen Systems zu den verschiedensten Epochen der japanischen Geschichte darstellten.
Für die Samurai war es selbstverständlich, neben dem Kriegshandwerk auch eine Ausbildung in den Bereichen Kunst, Wissenschaft, Religion und Philosophie zu machen (文武両道 bumbu ryōdō, dt. beide Wege von Literatur und Krieg(skunst)). An erster Stelle stand jedoch immer die Loyalität zum Lehnsherrn. Die Samurai entwickelten einen strengen Verhaltenskodex, der u. a. die sieben Tugenden eines Kriegers (Bushi) beinhaltete. Dieser Kodex war die Basis für alle Verhaltensweisen, auch im privaten Bereich. Verstöße gegen diesen Ehrenkodex wurden als unehrenhaft empfunden. Die Scham, gegen den Bushido verstoßen zu haben, führte oft zum rituellen Suizid, dem Seppuku.
Die sieben Tugenden
- Gi (義): Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit
- Yu (勇): Mut
- Jin (仁): Güte
- Rei (礼): Höflichkeit
- Makoto (誠) oder Shin (信): Wahrheit und Wahrhaftigkeit
- Meiyo (名誉): Ehre
- Chūgi (忠義): Treue oder auch Chu (nur erstes Zeichen): Pflicht und Loyalität
Die fünf Hauptforderungen
Die fünf Hauptforderungen des Bushidos, die auch unter dem Begriff Dojokun zusammengefasst werden, waren:
- Treue
Treue gegenüber deinem Herrscher und Heimatliebe
Treue und Achtung vor den Eltern
Treue zu dir selbst, Fleiß - Höflichkeit
Liebe
Bescheidenheit
Etikette - Tapferkeit
Härte und Kaltblütigkeit
Geduld und Ausdauer
Schlagfertigkeit - Offenheit und Aufrichtigkeit
Ehrgefühl
Gerechtigkeit - Einfachheit
Reinheit
Manche religiös orientierte Schriften ordnen das Bushidō auch in sieben Tugenden (ursprünglich, s.o.), entsprechend den sieben großen Kami des Shintō: Ehrlichkeit, Mut, Mitgefühl, Höflichkeit, Ehrhaftigkeit, Aufrichtigkeit und Loyalität.
Die Philosophie des Bushidō beeinflusste einige Kampfkünste, die mit den Waffen der Samurai ausgeführt werden, wie auch waffenlose Systeme. Geprägt wurde diese Philosophie wiederum vom Zen.
Dazu gehören:
Geschichtliche Einordnung
Das Bushido war ein Ehrenkodex und darf nicht mit einer Quelle für die historische Wirklichkeit verwechselt werden, was man angesichts der Vorkommnisse in der japanischen Geschichte leicht nachvollziehen kann. Genauso wie innerhalb des Ritterstandes in Europa gab es bei den Samurai Verrat, Bestechung, Meuchelmord und Parteiwechsel. Bushido wurde so auch nie schriftlich oder religiös als Manifest für die Samurai vorlegt, sondern summierte sich aus der japanischen Kultur beeinflusst durch verschiedene Religionen und Philosophien, sowie den ganz speziellen Zeitumständen der unterschiedlichen Perioden. Es war mehr eine den Alltag beeinflussende Denkweise, weniger eine festgelegte Geisteshaltung. Am stärksten war die Prägung des Bushido während der Edo-Periode, also während des langen Friedens unter dem Tokugawa-Shogunat.
Bushido heute
Wegen der Forderung nach einer bedingungslosen Unterwerfung des Individuums unter einen Fürsten oder ein Ordnungsprinzip wird Bushido vor allem in der westlichen Gesellschaft von vielen als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Bushido hat heute aber durchaus noch seine Bedeutung in den traditionellen japanischen Kampfkünsten. In der sportlichen Auseinandersetzung ist der Gegner deshalb nicht als Feind zu betrachten. Er soll vielmehr als Freund gesehen werden, der es einem ermöglicht, seine eigenen Fähigkeiten zu erproben.
Siehe auch
- Budo - Hagakure - Portal:Budō
Literatur
- Inazo Nitobe: Bushido. Die Seele Japans. Erweiterte Ausgabe. Angkor Verlag, 2003. ISBN 3-936018-16-2
- Inazo Nitobe: Bushido - The Soul of Japan. 1904, im englischsprachigen Project Gutenberg
- Miyamoto Musashi: Das Buch der fünf Ringe. Econ Verlag, 1999, ISBN 3-430-16967-4
- Gustav Meyrink: Tschitrakarna, das vornehme Kamel, im Projekt Gutenberg
- Tsunetomo Yamamoto: Hagakure. Band I+II. Kabel-Verlag. ISBN 3-8225-0644-3
Weblinks
- Online Martial Arts Magazine
- judo-preetz.de - Bushido-Wunschdenken und Wirklichkeit
- Zenforum.de - Bushido
- Das Martial Arts Forum - Waffenkunst
- Karl Friday The Historical Foundations of Bushido, 2002
- Karl Friday, Bushidó or Bull? A Medieval Historian’s Perspective on the Imperial Army and the Japanese Warrior Tradition, ursprünglich in: The History Teacher, Volume 27, Number 3, May 1994, pages 339-349.
- G. Cameron Hurst, III, Death, Honor and Loyalty: the Bushido Ideal, ursprünglich in: Philosophy East & West, 40 (1990), pp. 512-13.