Plutarch

griechischer Schriftsteller
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2006 um 16:49 Uhr durch Armin P. (Diskussion | Beiträge) (Philosophische Schriften: Quellen: Der kleine Pauly, Der Neue Pauly). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Plutarch (griechisch: Πλούταρχος, lateinisch: Plutarchus; * um 45 in Chaironeia; † um 125) war ein griechischer Schriftsteller, bekannt vor allem durch seine biografischen und philosophischen Werke. In seinen Parallelbiografien stellte er jeweils einen berühmten Griechen und einem namhaften Römer einander gegenüber. Plutarch war ein wichtiger Vertreter des Attizismus der griechischen Literatur.

Plutarch - Kupferstich von Johann Rudolf Holzhalb (1723–1806)

Leben

Historischer Kontext

Plutarch lebte 45 bis ca. 125 n. Chr. in einer Periode des römischen Reiches, als dieses den Höhepunkt seiner Expansion erreichte. Ernsthafte äußere Gegner gab es für Rom in dieser Zeit nicht. Mit der Eroberung Korinths durch den römischen Feldherrn Lucius Mummius 146 v. Chr., hatten die griechischen Stadtstaaten ihre politische Selbstständigkeit und Freiheit endgültig verloren und wurden nun in römische Provinzen eingegliedert. Die Stadtstaaten behielten zwar ihre lokale Autonomie, standen jedoch unter der Amtsgewalt römischer Statthalter.

Geboren und ausgebildet wurde Plutarch unter der Herrschaft Neros. Der Hauptteil seines Lebens fällt in die Regierungszeit der Flavier (69 bis 96), und sein hohes Alter, während dessen große Teiles seiner Gesamtwerkes entstanden, verlebte er unter Nerva, Trajan und Hadrian. Er dürfte in der Regierungszeit Hadrians gestorben sein. Nach seinem Tod errichteten die Delphier zusammen mit seiner Heimatstadt Chaironeia eine Büste mit seinem Porträt.

Familie und Ausbildung

Plutarch stammte aus Chaironeia in Böotien, wo er zusammen mit zwei Brüdern (Lamprias und Timon) aufwuchs. Seine Familie gehörte zur alteingesessenen lokalen Oberschicht und legte großen Wert auf Bildung. In seinen Schriften äußert Plutarch sich besonders positiv über seinen Großvater Lamprias und stellt dabei seinen Vater Autobulos nüchterner dar, da dieser in der Philosophie weniger versiert gewesen sei. Seine Mutter erwähnt Plutarch nicht, was auf ihren frühen Tod schließen lassen könnte. Der Reichtum seiner Familie erlaubte Plutarch, zahlreiche Reisen zu unternehmen und in Athen, dem antiken Zentrum philosophischer Bildung, von Ammonios unterrichtet zu werden. Sein Lehrer bildete ihn in der platonischen Philosophie und wirkte prägend auf sein weiteres Leben. Außerdem wurde er mit verschiedenen anderen athenischen Philosophenschulen bekannt, (vor allem der Stoa und dem Platonismus). Nach seiner Ausbildung in Athen kehrte er nach Chaironeia zurück.

Leben in Chaironeia

Mit seiner Ehefrau Timoxena führte Plutarch eine glückliche Ehe und lebte mit ihr auf dem ererbten väterlichen Gut. Es findet sich keinerlei Notiz darüber, wann Plutarch geheiratet haben soll. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass er die Ehe gemäß der üblichen Praxis in recht jungen Jahren geschlossen hat, wohl vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Es blieb die einzige Ehe. Mit seiner Frau hatte Plutarch vier Kinder, darunter als jüngestes eine Tochter, die nach der Frau Plutarchs benannt wurde, da sich Timoxena sehr ein Mädchen wünschte. Allerdings starb die Tochter mit zwei Jahren. Auch der älteste Sohn Soklaros muss kurz nach dem 12. Lebensjahr gestorben sein, weil er in den Quellen Plutarchs nicht mehr erwähnt wird. Vermutlich haben nur die beiden Söhne Autobulos, der nach dem Großvater benannt wurde, und Plutarchos den Vater überlebt.

In Chaironeia übernahm Plutarch zahlreiche Ämter. Er war Leiter der Baupolizei und des öffentlichen Bauwesens und hatte zahlreiche priesterliche Ämter in seiner Heimatstadt inne. Seit etwa 95 n. Chr. übernahm er ein Priesteramt am Apollontempel von Delphi. Zusätzlich leitete Plutarch in seinem Heimatort eine Privat-Akademie. An dieser Akademie beteiligten sich zunächst Angehörige seiner eigenen Familie sowie Freunde und deren Verwandte, später auch Familien von außerhalb, die ihre Söhne zur Schule Plutarchs nach Chaironeia schickten. In der Akademie wurde philosophischer Unterricht erteilt, zum einen durch Vorträge, zum anderen in Dialogform. Die Werke Platons spielten hierbei eine wichtige Rolle. Die Ethik stand im Mittelpunkt. Zusätzlich wurden Themen zur Politik, Mathematik, Musik und Astronomie diskutiert. Bald bildete sich an der Akademie ein großer Freundes- und Bekanntenkreis.

Reisen

Plutarch unternahm viele Reisen, obwohl er den größten Teil seines Lebens in Chaironeia verbrachte und sich seinem Heimatort verbunden fühlte. Nach dem Abschluss seines Studiums in Athen und der Rückkehr nach Chaironeia übte Plutarch schon als junger Mann politische Tätigkeiten aus. Beispielsweise nahm er mehrere Magistraturen (Ämter) in der Provinz Achaia (Griechenland) wahr. Auf ausgedehnten Reisen besuchte er die griechische Heimat, Kleinasien, das ägyptische Alexandria und mehrmals Rom. In Rom hielt er öffentlich vor größeren Publikum philosophische Vorträge in griechischer Sprache. Erst im späteren Lebensalter las er lateinische Autoren. In Rom konnte er auch zahlreiche freundschaftliche Kontakte zu prominenten Römern schließen. Von seinem Freund Mestrius Florus nahm er den römischen Gentilnamen Mestrius an. Sein römischer Name ist daher Mestrius Plutarchus. Allerdings bleibt offen, wann dies geschehen ist und ob die Verleihung des römischen Bürgerrechts bei seinen Aufenthalten in Rom erfolgt ist oder schon vorher. Plutarch erwähnt selbst in seinen Schriften seinen römischen Namen und sein römisches Bürgerrecht nie. Es wird vermutet, dass er sich doch zu sehr als Grieche fühlte.

Durch die Freundschaft zu Sosius Senecio, einem Freund und Vertrauten des Kaisers Trajan, soll Plutarch consularische Privilegien (ornamenta consularia) erhalten haben, die ihm angeblich Mitbestimmungsrechte bei dem Statthalter in Illyrien gaben. Die Verleihung ist allerdings erstmalig bei Eusebius und in der frühbyzantinischen Suda erwähnt und hat im Mittelalter zu gefälschten Schriftzeugnissen über eine angebliche Korrespondenz Plutarchs mit Trajan geführt, in der Plutarch als Tutor Trajans erscheint. In der Forschung werden sowohl die Verleihung als auch Plutarchs angebliches Tutorenverhältnis zu Trajan historisch stark bezweifelt. Die Ernennung selbst oder die damit verbundenen Vorrechte sind in den sicher Plutarch zugewiesenen Schriften nirgendwo erwähnt.

Werke

Die Werke Plutarchs werden gewöhnlicherweise in zwei große Schriftengruppen unterteilt.

Biographien

1. Die historischen – biographischen Arbeiten

Philosophische Schriften

2. Die zweite große Gruppe sind die philosophischen Schriften

  • Von den knapp 260 Schriften, die unter dem Namen Plutarchs geführt wurden, waren weit mehr als die Hälfte philosophischer Art. In der Sammlung (Moralia) sind 78 Schriften (darunter auch einige unechte) zusammengestellt. Diese behandeln vor allem Fragen zur Ethik z.B. "Über Neid und Haß". Es fallen aber auch zahlreiche Werke unter andere Kategorien. Hierunter sind folgende Themenfelder zu nennen: 1. Die Logik und Erkenntnistheorie. 2. Die Naturphilosophie, hierzu zählt beispielsweise "Welche Tiere sind vernünftiger, die Wasser- oder die Landtiere?". In den tierphilosophischen Schriften sihet Plutarch sich als Anhänger der Seelenwanderungslehre udn bringt zahlreiche Belege für die Intelligenz der Tiere anführt. dadurch stellt er sich gegen die Peripatekiker und Stoiker, die das Bestehen eines Rechtsverhältnisses des Menschen zur Tierwelt ablehnen. 3. Das Themenfeld Rhetorik. Zu diesem Bereich gehört u.a. "Über die Geschwätzigkeit". 4. Einige erklärende Schriften zu Homer, Hesiod, Empedokles und Platon. 5. Die Auseinandersetzungen mit dem Leben und Lehren der Symposiaca ton hepta sophon (Das Gastmahl der Sieben Weisen). Es ist ein dialogischer Text über die überlieferten Lehren der sagenumwobenen Sieben Weisen Griechenlands. 6. Die Sammlungen wissenschaftlicher Probleme: "Über das primär Kalte" oder "Über das Mondgesicht". Die naturwissenschaftlichen Schriften stehen in peripatetischer Tradition. Diese Arbeiten sind teilweise sehr dilettantisch verfasst worden, da sich hier ernsthafte Forschung mit religiösen und mythologischen Spekulationen vermischen. 7. Die religionsphilosophischen Schriften: Hierzu gehört vor allem die Osirisvorstellung der ägyptischen Mythologie: "Über Isis und Osiris". Diese Schrift war bis zur Entzifferung der Hieroglyphen eine der Hauptquellen für die ägyptische Religion und ist bis heute durch die ägyptischen Zeugnisse nicht ersetzte Gesamtdarstellung der Mythologie um Isis und Osiris. Für alle Fragen des Orakelvollzugs und der delphischen Theologie waren im 1. Jahrhundert "Über das E in Delphi", "Über die erloschenen Orakel", "Über die nicht mehr metrisch gebundenen Orakel der Pythia" grundlegend, zugleich sind sie von lauter Klage um das Schwinden der Orakel geprägt. 8. Weiterhin hat Plutarch auch politische Schriften verfasst, hier sind u.a. zu nennen: "Über Monarchie, Demokratie und Oligarchie", "An einen ungebildeten Herrscher", "Regeln der Staatskunst" oder "Soll ein Greis politisch tätig sein?". In "Regeln der Staatskunst" möge der weise Politiker seine Stadt zu Eintracht und Zurückhaltung anhalten und dadurch sollen die ständigen Eingriffe der römischen Verwaltung vermieden werden. Außerdem rät Plutarch in den Werken "Regeln der Staatskunst" und "Soll ein Greis politisch tätig sein?" einem Bekannten aus Sardeis, sich nicht über Gebühr um ein städtisches Amt zu bemühen, allerdings entsprechende Angebote anzunehmen. Nach dem sogenannten Lampriaskatalog, ein aus der Antike erhaltener Schriftenkatalog, soll Plutarch insgesamt elf politische Schriften verfasst haben, wovon allerdings nur fünf erhalten sind. 9. Ein weiteres Themenfeld in den Moralia sind pädagogische Texte: "Über die Kindererziehung" oder "Über das Zuhören". Es finden sich auch Schriften mit sehr persönlichen Inhalt in den Moralia, denn Plutarch hat einen Trostbrief an seine Frau geschrieben, als seine Tochter Timoxena mit zwei Jahren starb, während er von zu Hause abwesend war. Dieser trägt in der Sammlung Moralia den Titel "Trostschrift an die Ehefrau". In dieser nimmt er auch Stellung zur Rolle der Frau. Für die Frau befürwortet er er eine Erziehung ähnlich der des Mannes, die auf eine geistige und sittliche Lebensgemeinschaft gründet, und nicht nur der Kindererzeugung und Lust dienen soll.

Plutarchs Schriften zeigen die besondere Verehrung für Platon, den er als den "göttlichen" bezeichnet und den er in fast allen lehren folgte. Auch die Moralia wurden von Plutarch teilweise in Form von platonischen Dialogen aufgebaut. Er war somit Platoniker empfing aber auch Einflüsse von Peripatos und Stoa, allerdings vor allem in der Ethik hat er die Stoa kritisiert. Die Lehre des Epikur lehnte er vollkommen ab. Im Jahre 1296 wurden diese Schriften von dem byzantinischen Gelehrten Maximos Planudes zu einer Sammlung zusammengestellt. Im 16. Jahrhundert übten die Moralia großen Einfluss auf den französischen Schriftsteller Montaigne aus, für dessen Essays Plutarchs Werke als Vorbild dienen.


 
Titelseite aus: „Auserlesene Moralische Schriften von Plutarch“, Gedruckt bei Füeßlin und Compagnie, Zürich 1768

Darstellungsabsicht seiner Werke

Plutarch sieht sich als Biograph, keineswegs als Historiker und grenzt seine biographische Arbeit deutlich von der Geschichtsschreibung ab.

So schreibt er beispielsweise in der Einleitung seiner Alexander-Caesar-Biographie:

(Alex,1,2) „Denn ich bin nicht Geschichtsschreiber, sondern Biograph, und es sind durchaus nicht immer die großen Heldentaten, in denen sich die Tüchtigkeit oder die Verworfenheit offenbart. Oft sagt ein unbedeutender Vorfall, ein Ausspruch oder ein Scherz mehr über den Charakter eines Menschen aus als die blutigsten Schlachten, die größten Heeresaufgebote und die Belagerungen von Städten.“

Plutarch kam es vor allem darauf an, den Charakter der Personen, ihre Tugenden und Fehler deutlich werden zu lassen. Seine Vitae, wie sie in lateinischer Sprache heißen, (lat. 'Leben' pl.) verfolgten bestimmte Absichten: Zum einen wollte er mit seinen Parallelbiografien unterhalten. Des Weiteren wird in ihnen die moralische Qualität des Dargestellten herausgearbeitet. Zudem wollte er den Römern und Griechen die Kultur des jeweils anderen Volkes vermitteln. In den Hintergrund tritt dabei der Anspruch der chronologischen und geografischen Richtigkeit. Plutarch hat daher sein Material so ausgewählt, dass es dazu dient, das Persönlichkeitsbild des Einzelnen zu verdeutlichen. Plutarchs Interesse gilt den Familien und dem Privatleben der Pritagonisten (vgl. das Zitat). Allerdings möchte er das Historische nicht aus seinen Biographien verbannen. Sind Großereignisse für die Persönlichkeit wichtig, werden diese auch von ihm erwähnt, z.B. nennt er historische Abläufe in seiner Nikias-Biographie, um daran den Charakter von Nikias näher zu verdeutlichen. Das Historische wird in der Arbeit Plutarchs also nicht ausgeschlossen, aber reduziert.

(Nik.1,5): „Die von Thukydides und Philistos berichteten Ereignisse, die zu übergehen unzulässig wäre, weil sie ja im höchsten Maß den Charakter und den von vielen großen Schicksalsschlägen umwölkten Gemütszustand des Mannes [Nikias]enthalten, habe ich in Kürze und nur soweit es nötig ist durcheilt, um nicht nachlässig und träge zu erscheinen, was aber von anderen gelegentlich aufgezeichnet oder auf alten Weihgeschenken und Volksbeschlüssen gefunden wurde und den meisten unbekannt ist, das habe ich mich zusammentragen bemüht, nicht um die Geschichte damit zu befrachten, sondern als Beigabe für die Erkenntnis des Charakters und der Sitten.“

Plutarch möchte einerseits nicht bekannten Historikern wie Thukydides oder Philistos nacheifern. Zusätzlich setzt er bei seinen Lesern voraus, dass diese sich mit den Werken von Thukydides und Philistos auskennen. Jedoch hält er es anderseits für nötig, die Hauptereignisse zumindest kurz zu erwähnen.

(Galba 2,5) "Das im Einzelnen genau zu berichten ist allerdings Sache der Ereignisgeschichte, was aber Bemerkenswertes in den Taten und Leiden der Kaiser vorgefallen ist, darf ich nicht übergehen."

Außerdem möchte er die bekannten Fakten durch entlegenes Quellenmaterial ergänzen. Damit sind für manche antike Persönlichkeiten oder Hintergrundberichte die Biografien Plutarchs, die auf zumeist verlorenen historischen Werken beruhen, heute die ausführlichste Quelle, zumal Plutarch Zugriff auf Werke von Autoren hatte (und diese auch teilweise benennt), die nicht erhalten geblieben sind.

Plutarch schrieb seine biographischen Schriften vorwiegend aus moralischen Beweggründen. Dies verdeutlicht er auch im folgenden Zitat: (Aem. 1,1): „Daß ich mich daran machte, Biographien zu schreiben, beruht auf Anregungen, die mir von anderen zugetragen wurden, daß ich dabei blieb und bald Gefallen daran fand, geschah aus eigenem Antrieb, da ich, die Geschichte gleichsam als Spiegel benutzend, mein Leben zu ordnen und den Tugenden jener Männer anzugleichen versuchte.“ Die mächtigen Staatsmänner der Vergangenheit sollten nicht nur ihm Vorbild sein, sondern ebenso wollte er das gesamte Volk des Reiches auf den Pfad der Moral und der Größe führen. Mit der Gegenüberstellung eines Römers und eines Griechen beabsichtigte Plutarch, den Römern wie den Griechen die Kultur des jeweils anderen Volkes zu vermitteln. Der Schriftsteller war bemüht die Gleichwertigkeit der Völker darzulegen und zur Versöhnung der beiden großen Völker der Antike beizutragen.

Quellenarbeit

Plutarch las zwar die Autoren, die er zitierte, meist selbst; allerdings sind seine Zitate selten wörtlich übernommen. Meistens stammen sie aus seinem Gedächtnis und sind deshalb teilweise fehlerhaft. Zudem übernahm der Schriftsteller manche Zitate von dritten, ohne dies zu vermerken. Bei seinen Aufenthalten in Rom hatte Plutarch keine Zeit gehabt, sich ausführlich mit der lateinischen Sprache zu beschäftigen. Erst später begann er, lateinische Autoren zu lesen, als er für seine römischen Persönlichkeiten bei griechischen Autoren keine ausreichenden Informationen fand. Plutarch räumt selbst ein, dass seine Kenntnis der lateinischen Sprache unzureichend sei. Plutarch konnte anscheinend auch kein klares und anschauliches Bild von ihm wohlbekannten Orten wiedergeben, nicht einmal von seinem Heimatort Chaironeia. Bei Erwähnungen von Alexandria in den Biographien, finden sich ebenfalls keine eigenen Beobachtungen der Stadt. Da geographische und topographische Beschreibungen wichtiger Gegenstand antiker Literatur sind, scheint hierbei seine literarische Gestaltungskraft nicht stark entwickelt gewesen zu sein.

Zusammenfassend lassen sich drei Haupttechniken der Quellenwiedergabe bei Plutarch nennen:

1. Auswahl und Auslassung: Im verhältnismäßig knappen Rahmen einer Biographie war es Plutarch kaum möglich, das gesamte Quellenmaterial, das ihm beispielsweise für das Leben Alexanders und Caesars zur Verfügung stand, auszuschöpfen. Jedoch sind Streichungen von historischen Informationen nicht immer auf einen sehr großen Umfang an Quellenmaterial zurückzuführen. Plutarch ließ Fakten ebenfalls weg, wenn er sie entweder für unwichtig oder gar nachteilig in Bezug auf das Charakterbild des Helden erachtete. Ein Beispiel: Die Nichterwähnung der römisch-parthischen Verträge über die Euphratgrenze kann nicht als mangelnde Kenntnis des Schriftstellers gedeutet werden. Es ist vielmehr eine bewusste Handlung, die in Plutarchs Zuneigung zu Pompeius begründet liegt.

2. Verkürzung und Ergänzung: Es finden sich in den Werken zahlreiche Beispiele, in denen er von ausführlichen Beschreibungen zu einem gerafften Überblick wechselt. Beispiel: Die knappe Schilderung des Syrienfeldzuges (Kap.39) und die ausführliche Darstellung der Schlacht von Pharsalos (Kap.68f. und 71f.) in der Pompeiusvita. Bestimmte Feldzüge werden sehr detailliert dargestellt, andere hingegen sehr oberflächlich. Das Mittel der Ergänzung verwendete Plutarch, vor allem um trockenen Berichten mehr Lebendigkeit zu verleihen.

3. Veränderung und Erfindung: Fast immer gab Plutarch die in seinen Quellen überlieferten Fakten einigermaßen korrekt wieder. Er schmückte sie allerdings mit eigenen Gedanken aus. Bei abweichenden bzw. widersprüchlichen Quellen zog er die Quellen vor, die ihm sachlich überzeugender erschienen. Ausnahmen sind jedoch künstlerische und moralische Gesichtspunkte. Hier bevorzugte er oft eine weniger glaubwürdige Quelle, wenn diese seinen moralisch-biographischen Absichten besser entgegenkam.

Nachwirkung

Plutarch zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er nicht "provinziell" zu seiner Zeit dachte, sondern für damalige Verhältnisse schon als Kosmopolit bezeichnet werden kann: Er verbrachte zwar fast sein ganzes Leben in Chaironeia und ist dennoch viel in der damaligen antiken Welt herumgekommen.Er war schon zu Lebzeiten ein berühmter und angesehener Mann. Bereits kurz nach seinem Tod wurden Schriften unter seinem Namen gefälscht. Die literarischen Werke Plutarchs erfuhren im Laufe der Geschichte zahlreiche Neubearbeitungen, bzw. berühmte Autoren beschäftigten sich mit den Werken Plutarchs; vor allem, weil Plutarch eine der wichtigsten Quellen für große griechische und römische Persönlichkeiten ist und weil der literarische Stoff über Helden und Heldensagen immer wieder neuaufbereitet wurde und die Menschen schon seit jeher begeistert hat. 1579 wurde Plutarch von Thomas North ins Englische übersetzt. In dieser Zeit orientierte sich auch Shakespeare in seinem Drama Julius Caesar zu großen Teilen an Plutarchs bíoi parálleloi. Im 17. und 18. Jahrhundert waren seine Parallelbiographien die meistgelesenste Schrift aus der Antike. Beispielsweise beschäftigte sich Friedrich von Schiller mit Plutarchs Werken. In Schillers Die Räuber gibt Karl Moor (Die Räuber, 1. Akt, 2. Szene) seinem Ärger Ausdruck mit Mir ekelt vor diesem tintenklecksenden Säkulum, wenn ich in meinem Plutarch lese von grossen Menschen. Mit diesem Zitat verdeutlicht Schiller auch inhaltliche Merkmale des Sturm und Drang wie Kraftmeiertum, Freiheit und die Lust, große Männer zu zeigen, aber auch große Bösewichte. Die Begeisterung für Plutarch hat auch Friedrich Nietzsche ergriffen: Nietzsche fordert die Menschen auf: «Sättigt eure Seelen an Plutarch und wagt es, an euch selbst zu glauben, indem ihr an seine Helden glaubt» Zweite Unzeitgemässe Betrachtung.

Textausgaben

  • Konrat Ziegler (Hrsg.): Große Griechen und Römer. 6 Bde. Zürich 1954. (Bibliothek der alten Welt) Zahlreiche Nachdrucke.
  • J. L. Marr (Hrsg.): Plutarchus, Life of Themistocles. Aris & Phillips, Warminster 1998. ISBN 0-85668-676-X

Zitate

  • Es zeugt von Bildung und Besonnenheit, wenn Männer sich bei anscheinendem Glück in ihrem Wesen nicht ändern und im Unglück ihre volle Würde bewahren.
  • Wer wenig bedarf, kommt nicht in die Lage, auf vieles verzichten zu müssen."
  • Der Wein: ... ist unter den Getränken das Nützlichste, unter den Arzneimitteln das Schmackhafteste und unter den Nahrungsmitteln das Angenehmste.
  • Audacter calumniare semper aliquid haeret (lat. „Verleumde nur dreist, etwas bleibt immer hängen“)
    Zitat eigentlich von Francis Bacon, umgeformt schon vor ihm nach dem Original Vorlage:Polytonisch (griech., „... kühn mit Verleumdungen zu packen und zu beißen, so dass auch wenn der Gebissene die Wunde behandelt, die Narbe bleibt“). Inhalt des Sprichwortes ist die Tatsache, dass bei langanhaltender öffentlicher Diffamierung, auch wenn diese völlig haltlos erfolgt, immer ein schlechtes Bild der diffamierten Person in der Öffentlichkeit zurückbleibt.
  • Über die drakonischen Gesetze sprechend, diese seien mit „Blut und nicht mit Tinte geschrieben“
  • Der Geist ist kein Schiff, das man beladen kann, sondern ein Feuer, das man entfachen muss.
  • Als die samischen Gesandten eine weitläufige Rede hielten, sagten die Spartaner: „Das Erste haben wir vergessen und das Letzte nicht verstanden, weil wir inzwischen das Erste vergessen hatten.“

Literatur

  • Judith Mossman (Hrsg.): Plutarch and His Intellectual World. Duckworth, London 1997. ISBN 0-7156-2778-3
  • Konrat Ziegler: Plutarchos von Chaironeia. 2. Aufl. Druckenmüller, Stuttgart 1964 (ursprünglich Artikel im Pauly-Wissowa).
  • Heftner, Herbert: Plutarch und der Aufstieg des Pompeius: Ein historischer Kommentar zu Plutarchs Pompeiusvita Teil I, Kap. 1-45, Frankfurt/Main 1995 (Europäische Hochschulschriften Reihe III, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften Bd./Vol.639). ISBN: 3-631-47735-X / 363147735X
  • Weber, Hans: Die Staats- und Rechtslehre Plutarchs von Chaironeia, Bonn 1959 (Schriften zur Rechtslehre und Politik Bd. 16). ASIN: B0000BP6FZ
  • Ziegler, Konrat, Art. Plutarchos, in: Der Kleine Pauly, Band 4, hrsg. v. Ziegler, Konrat, Göttingen 1972, Sp. 945-953.
  • Hünemörder, Christian, Art. Plutarchos, in: Der Neue Pauly, Band 9, hrsg. v. Cancik, Hubert und Schneider, Helmuth, Stuttgart 2000 , Sp.1159-1175.
Wikiquote: Plutarch – Zitate