Operette von Joachim von Ostau und Hans-Martin Majewski (1938); Peermusic, Hamburg; Uraufführung am 12.05.1938 in Gronau (Westfalen)
Entstehung
Die Eigentümlichkeiten der Operette "Insel der Träume" lassen sich wohl nur durch Entstehung in der Gronauer Gesellschaft Erholung und die Umsetzung durch die Enschedesch Opera en Operette Gezelschap erklären lässt.
Statt einer musikalischen Komödie (wie 1934) plante Ostau um 1937 eine Operette, wählte aber eine vergleichsweise schmale Besetzung und legte großes Gewicht auf die Tanzeinlagen. Gerda Holsträter, die erfolgreiche „Uschi“ von 1936, war ausgebildete Tänzerin, und auch Magdalene Bauers Stärken lagen eher im Tanz als im Gesang. Zusätzlich wurde Adolf Ruping angeworben, der zwar kein Clubmitglied, aber ein guter Tenor des Gronauer Männerchors war und auch altersmäßig in die Theatergruppe passte. Für sich selbst entwarf Ostau die witzig-flotte Rolle eines Reporters. Zwei weitere Rollen wurden mit Profis besetzt: Werner Düvel vom Stadttheater Göttingen bzw. Paula Pot aus Enschede, die mitten in ihrer Gesangsausbildung steckte und schon bald zur Oper nach Amsterdam wechseln sollte. Der Titel der Operette wurde, wie fast immer bei Ostau, mehrmals geändert: Aus „Traumland“ und „Start ins Paradies“ wurde schließlich „Insel der Träume“.
Die Idee für den exotischen, fernab gelegenen Handlungsort der Operette lieferte eine Zeitungsnotiz über das „plötzliche Auftauchen einer märchenhaft schönen Insel in der Südsee […], die, durch Meeres-Eruptionen entstanden, lange unentdeckt blieb, zumal sie auf der Landkarte nicht verzeichnet war.“
Die Musik
Der Komponist Hans-Martin Majewski war ein Universaltalent, der viele musikalische Richtungen seiner Zeit aufnahm und in seinen eigenen Stil integrierte. Er verstand es, sich während der NS-Zeit in seiner musikalischen Arbeit weitgehend von politischen Aussagen fern zu halten und beschränkte sich am Anfang seiner Karriere darauf, eingängige Melodien zu schreiben, von denen ein Großteil Ohrwurmcharakter hat.
Majewski schrieb für eine kleine Orchesterbesetzung, da die erste Fassung der Operette für einen Laienkreis in Gronau gedacht war und Joachim von Ostau für seine „Gesellschaft Erholung“ in Gronau nicht größer planen konnte. Viele der schlagfertigen Einzelnummern können für sich bestehen und hätten erfolgreiche ‚Gassenhauer’ werden können - Majewski selbst bezeichnet sie als „schmissige Weisen und kesse Buffo-Nummern“ . Von Ostau legte großes Gewicht auf Tanz-einlagen und so komponierte Majewski die Chorszenen mit Tanzsteps der sogenannten ‚Girls’.
Inhaltlich wird hier ein eher naives, durch den Nationalsozialismus geprägtes Bild zu den Themen Heldentum und Großspurigkeit, Heimat und Kolonialismus, Herd und Karriere gezeichnet, das durch Majewskis Musik auf der Oberfläche getragen wird. Der Sprachwitz bleibt auf der Ebene des Boulevardtheaters und so betrachtet auch Majewski im Rückblick die Operette eben als „kleines Schulstück“, bei der man musikalisch keinen Geniestreich landen konnte. Ironische Brechungen kommen jedoch vor und werden oft mit einem Augenzwinkern eingestreut – am Anfang seiner Karriere war Majewski aber noch relativ vorsichtig mit innovativen Ideen und Entwicklungen, die seine späteren Filme auszeichnen.
Zwar ist "Insel der Träume" ein eigenständiges Werk, doch ist der Stil des Komponisten noch nicht so weit entwickelt, das man ihn un-verkennbar nennen könnte. Da Majewski erst 27 Jahre alt war und noch keinen Namen im Musikgeschäft hatte, musste er sich dem Auftraggeber Joachim von Ostau und dessen Libretto fügen. ‚Aufsässiges Anrennen gegen Lebenshaltungen’ wie Klotz es sich in seiner Operetten-Definition wünscht, war in der NS-Zeit lebensgefährlich; hinzu kommt, dass von Ostau in der NS-Politik kein unbeschriebenes Blatt war.
Auf musikalischer Ebene hat Majewski in versteckter Form kleine ironisch-persiflierende Widerhaken eingebaut. Jazz-Harmonien, Synkopen, moderne Tänze und die Erweiterung des Orchesterklangs sind nur einige Beispiele, mit denen er sich musikalische Freiheiten erlaubt hat. Dennoch ist das Werk tatsächlich ein Schulstück, handwerklich gut gemacht, mit Melodien, die zum Nachpfeifen einladen und einer nirgendwo aneckenden musikdramatischen Form. Einer der Gründe seines späteren Erfolgs im Filmgeschäft ist, dass Majewski ein Meister darin war, seine Musik dem Inhalt anzupassen und unterzuordnen. In reiferen Jahren und nach dem zweiten Weltkrieg (bei dem auch er eingezogen wurde), entwickelte er seinen eigenen modernen Stil mit experimentellem Charakter. Doch die kleine Operette „Insel der Träume“ verbleibt ihrem Inhalt gemäß auch musikalisch in ‚maßvoller Gefälligkeit’ (Klotz).
(vgl. Patricia Gläcke: "Insel der Träume" - Die Musik. In: Hagemann/Hoff: Insel der Träume, Essen 2006.)
Literatur
Alfred Hagemann/Elmar Hoff (Hg.): Insel der Träume. Musik in Gronau und Enschede (1895-2005), Klartext-Verlag, Essen 2006