Kernspinresonanzspektroskopie

Spektroskopische Analysemethode auf Basis von Übergängen zwischen Kernspinzuständen
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Oktober 2006 um 01:30 Uhr durch 84.167.104.50 (Diskussion) (MAS (Magic Angle Spinning<b>)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Kernresonanzspektroskopie (NMR von engl. nuclear magnetic resonance = kernmagnetische Resonanz) ist eine der wichtigsten spektroskopischen Methoden, die auf dem Vorhandensein eines Eigendrehimpulses (des Spins) eines Atomkerns und damit verbunden der magnetischen Wechselwirkung von Atomkernen mit äußeren Magnetfeldern, mit der Wechselwirkung der Kerne untereinander, mit der Wechselwirkung der Elektronenhülle des eigenen Atoms und den Elektronen des gesamten Moleküls beruht. Diese magnetischen Wechselwirkungen, in diamagnetischen Substanzen kaum von außen gestört, liefern dadurch äußerst genaue Informationen aus dem Innersten der Materie. Da die exakte Lage der Resonanzlinien und ihre Feinstruktur durch die chemische Umgebung der Kerne beeinflusst wird, hat die Kernresonanzspektroskopie größte Bedeutung als analytisches Werkzeug in der Chemie und Biologie und vielen anderen Gebieten. Das gilt vor allem für Messungen in fluiden Lösungen, da dort die Resonanzlinien sehr schmal sind (hochauflösende NMR). NMR-Messungen an Festkörpern sind experimentell bedeutend anspruchsvoller und erfahren zur Zeit einen Entwicklungsschub. Anwendungen bei der Untersuchung von Festkörpern finden sich bisher aber nur in eingeschränktem Maße. Auf demselben Prinzip wie die hier beschriebene spektroskopische Methode beruht auch die vor allem in der Medizin und neuerdings auch in ingenieurwissenschaftlichen Bereich, als diagnostisches Werkzeug eingesetzte Kernspintomographie.

Der supraleitende Magnet eines NMR-Spektrometers

Die hochauflösende Kernresonanzspektroskopie in Lösung wird heute in großem Maßstab für folgende Aufgaben verwendet:

  • Zum zerstörungsfreien Nachweis von Inhaltsstoffen einer Probe
  • Zur Bestimmung von Molekülstrukturen (von kleinen Molekülen bis hin zu Proteinen und Nukleinsäurefragmenten)
  • Zur Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Molekülen


Funktionsprinzip

Die meisten Atomkerne besitzen einen Kernspin I. Dieser kann ganz- und halbzahlige Werte (z.B. 1/2, 1, 3/2,...9/2) annehmen, bei manchen Isotopen ist er 0. Ist dieser Spin I ungleich 0, hat der Atomkern ein magnetisches Dipolmoment. In einem äußeren, statischen Magnetfeld richtet sich dieser Dipol, entsprechend den Regeln der Quantenmechanik, aus. Ein Atomkern mit I = 1/2 hat die Form einer Kugel, Kerne mit I > 1/2 , haben eine ellipsoidische Form und haben daher zusätzlich ein elektrisches Quadrupolmoment "eQ", welches mit elektrischen Feldgradienten wechselwirken kann (siehe auch NQR). Diese zusätzliche starke, elektrische Wechselwirkungsmöglichkeit führt zu breiten NMR Resonanzlinien, die weniger informativ sind als die schmalen, oft aufgespaltenen Resonanzlinien der Spin-1/2 Kerne.

Am wichtigsten in der analytischen Chemie sind daher Kerne mit Spin 1/2. Hierzu gehören unter anderen die Nuklide 1H, 13C, 15N, 19F, 29Si und 31P. Spin-1/2 Kerne können nur zwei diskrete Zustände annehmen, nämlich entweder parallel oder antiparallel zum äußeren Magnetfeld. Zwischenstellungen sind quantenmechanisch verboten. Die zwei Anordnungsmöglichkeiten entsprechen zwei unterschiedlichen Energiezuständen.

Die Energiedifferenz zwischen diesen beiden Zuständen ist proportional zur Stärke des Magnetfelds am Kernort. Der energetisch günstige Zustand kann durch die Zufuhr einer spezifischen Menge Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung in den energetisch ungünstigen überführt werden. Diese Resonanzfrequenz, auch Larmorfrequenz genannt, wird gemessen.

Datei:Spindiagramm.png
Spindiagramm eines Atoms und mehrerer Atome

Veranschaulichen lässt sich dies durch das nebenstehende Diagramm. Hierbei denkt man sich ein Koordinatensystem mit dem äußeren Magnetfeld entlang der z-Achse. Ein Atom richtet sich mit einem Spin-Vektor entweder parallel oder antiparallel zum äußeren Feld aus. Wenn man nun die Vektoren mehrerer Atome in dieses Koordinatensystem aufnimmt, entstehen zwei Kegel, jeweils einer für parallel und antiparallel. Dabei ist der parallele Kegel um 1/10000 stärker besetzt als der antiparallele, man nennt dies die Überschussmagnetisierung. Innerhalb beider Kegel rotieren die Spins gleichverteilt, so das der Gesamtvektor (die Summe aller Spins) auf der z-Achse in positiver Richtung liegt.

Das NMR Signal kommt dadurch zustande, dass man die zu untersuchende Probe im Magnetfeld einem Radiofrequenz-Puls aussetzt. Dabei werden die Spins der einzelnen Atome durch das Magnetfeld des Pulses beeinflusst, so dass sich der Gesamtvektor in x,y-Richtung verschiebt. Er liegt nun nicht mehr auf der z-Achse sondern steht in einem Winkel ab. Dadurch kommt es zu einer Magnetisierung quer zur z-Achse (Quermagnetisierung), die ein Detektor messen kann. Dieser Radiofrequenz-Puls dauert z.B. für einen Winkel von 90° etwa 10 Microsekunden.

Da das äußere Magnetfeld und die Frequenz des Radio-Puls konstant sind, kann eine unterschiedliche Quermagnetisierung nur von Unterschieden in der magnetischen, und damit auch elektronischen Struktur der einzelnen Atome kommen. Die Quermagnetisierung ist also ein Maß für die elektronische Umgebung der betrachteten Atomkerne.

Das ist genau die Information, die für Chemiker interessant ist. Das NMR liefert einen eindeutigen Fingerabdruck eines beliebigen Moleküls. Mit einigen Zusatzinformationen, z.B. Massenspektrometrie kann man eine eindeutige Strukturaufklärung einer unbekannten Substanz erreichen.

Kommerzielle NMR-Spektrometer arbeiten bei Feldstärken zwischen 7 und 21 Tesla. Für 1H entspricht das Larmorfrequenzen zwischen 300 und 900 MHz. Da 1H der wichtigste NMR-Kern ist, wird die Feldstärke von Spektrometern gewöhnlich in dessen Larmorfrequenz ausgedrückt. Die individuellen Resonanzen der unterschiedlichen 1H eines Moleküls verteilen sich je nach chemischer Umgebung auf einige kHz Bandbreite. Diese chemische Verschiebung ist ebenso wie die Grundfrequenz proportional zum äußeren Feld. Um Werte bei verschiedenen Feldstärken miteinander vergleichen zu können bezieht man die individuelle Frequenz auf die Frequenz einer Standardsubstanz, meist Tetramethylsilan, und gibt die chemische Verschiebung in ppm an.

Empfindlichkeit

Ein inhärentes Problem der NMR-Spektroskopie ist ihre vergleichsweise geringe Empfindlichkeit (schlechtes Signal-Rausch-Verhältnis). Für Messungen sind je nach Experiment und Messzeit ca. 10 nmol bis 1 µmol Substanz notwendig (typische Probenmenge: 1 ml einer Lösung mit einer Konzentration von 10 µmol/l bis 1 mmol/l).

Ursache dafür sind die durch die Boltzmannverteilung festgelegten geringen Besetzungsunterschiede der Energieniveaus:

 

Mit dieser Gleichung wird das Besetzungsverhältnis   der beiden beteiligten Energiezustände durch deren Energiedifferenz im Verhältnis zur thermischen Energie bei gegebener Temperatur T ausgedrückt. Darin ist k die Boltzmann-Konstante. Die Energiedifferenz entspricht dabei der Energie eines Lichtquants ( ), das ein Teilchen vom günstigeren in den ungünstigeren Zustand befördert (Grundgleichung der Spektroskopie). Bei einer Resonanzfrequenz von 600 MHz und einer Temperatur von 0 °C bzw. 273 K ergibt sich also ein Wert etwa e0,0001, also etwa gleich eins. D.h, es sind schon im thermischen Gleichgewicht fast gleich viele Kerne im angeregten Zustand wie im Grundzustand - die Wärme sorgt dafür! Zum Vergleich: Sichtbares Licht besitzt um einen Faktor von etwa 1 Million höhere Frequenzen. Folglich haben Übergänge, die durch sichtbares Licht angeregt werden Besetzungsunterschiede von etwa e100, d.h praktisch alle Teilchen sind im Grundzustand, was die Spektroskopie im sichtbaren Bereich wesentlich empfindlicher macht.

Um die Empfindlichkeit zu steigern, werden verschiedene Wege eingeschlagen:

  • Messung möglichst empfindlicher Kernsorten (besonders 1H)
  • Mehrfache Messung einer Probe und Addition aller Spektren
  • Einsatz stärkerer Magneten (supraleitende Magnete).
  • Elektronisches Rauschen durch Kühlung der Empfänger verringern (Cryoelektronik).
  • Anreicherung mit magnetischen Kernen, deren natürliche Häufigkeit gering ist (z.B. 13C bzw. 15N). Das wird z.B. bei Proteinen oft gemacht.

Puls-Fourier-Transform NMR

 
FID

Heutzutage arbeiten alle modernen NMR-Spektrometer mit der Puls-Technik. Diese Messtechnik hat das früher verwendete CW-Verfahren völlig verdrängt, mit dem einzelne Frequenzen nacheinander angeregt wurden.

Ein einzelner Radiofrequenzimpuls (RF-Puls) oder eine Sequenz von RF-Pulsen wird auf die Probe gesandt, die sich in einem starken Magnetfeld befindet. Das Signal (FID, von englisch: free induction decay) nach einer Pulssequenz wird als Funktion der Zeit registriert. Mit der Fourier-Transformation wird das Zeitsignal im Computer in das Frequenzspektrum transformiert.

Experimentelle Größen

  • Die chemische Verschiebung einer Resonanz ist vom lokalen Magnetfeld am Kernort abhängig, das wiederum von der chemischen Umgebung des betrachteten Kerns abhängt.
  • Die Intensität einer Resonanz ist proportional zur Konzentration.
  • Bei den Relaxationszeiten angeregter Zustände unterscheidet man zwischen longitudinaler Relaxationszeit (Spin-Gitter-Relaxation) und transversaler Relaxationszeit (Spin-Spin Relaxation). Longitudinale Relaxationszeiten bestimmen die Einstellung der Gleichgewichtsmagnetisierung. Die transversalen Relaxationszeiten bestimmen die Linienbreite der Resonanzlinien. Relaxationseffekte geben Aufschluss über vorhandene Wechselwirkungen und molekulare Bewegungen.
  • Räumlich benachbarte Kerne wechselwirken miteinander über magnetische Dipol-Dipol-Wechselwirkung (dipolare Kopplung). Diese Wechselwirkung verschwindet in isotropen Lösungen im zeitlichen Mittel.
  • Indirekt können Kerne auch über chemische Bindungen miteinander wechselwirken. Diese skalare Kopplung ist für die Aufspaltung der Signale in Multipletts verantwortlich und stellt eine wesentliche Grundlage für die molekulare Strukturbestimmung mit NMR dar. Der Abstand zweier benachbarter Linien eines Multipletts wird als Kopplungskonstante, die in Hertz gemessen wird, bezeichnet.

Verschiedene Arten des NMR

Eindimensionale NMR-Spektroskopie

 
Typisches NMR-Spektrum

Die eindimensionale NMR-Spektroskopie ist die am häufigsten angewandte Strukturaufklärungsmethode der Chemie. Bei ihr wird die chemische Verschiebung eines Atoms von einer Referenzsubstanz gemessen. 1H und 13C sind die Kerne, die am häufigsten in der organischen Chemie gemessen werden, aber auch 15N, 31P und 19F können spektroskopiert werden, falls sie vorhanden sind.

 
Quartett-Aufspaltung

Das Aussehen der Spektren hängt entscheidend von der Aufnahmeart ab. 1H-Spektren werden in der Regel nicht Breitband-entkoppelt aufgenommen. Damit haben alle Wasserstoffatome die Möglichkeit ihren Spin mit anderen Kernen zu koppeln (Spin-Spin-Kopplung). Die Spektren werden so aufgenommen, dass nur Kopplungen über maximal drei Bindungen (dies entspricht dem Sprung von einer CH-Gruppe in die benachbarte) zu sehen sind. Damit entsteht bei der charakteristischen Verschiebung eines Atoms eine für seine Umgebung charakteristische Aufspaltung des Signals. Der Abstand der kleineren Peaks entspricht einer Kopplungskonstante, deren Wert man bei dem Wasserstoffatom wiederfindet, mit dem das Wasserstoffatom gekoppelt hat. Das bedeutet, dass man über die Kopplungskonstanten Informationen über die Molekülstruktur erlangen kann. Man muss allerdings wissen, dass solche Kopplungen nur über C-H-Bindungen zu sehen sind und Heteroatome, wie Sauerstoff oder Stickstoff diese Kopplung unterbricht.

13C, 15N, 31P und 19F werden, aufgrund ihrer geringen natürlichen Vorkommen, Breitband-entkoppelt aufgenommen. In solchen Spektren sieht man ein einzelnes Signal an einer fürs Atom charakteristischen Stelle.

Zweidimensionale NMR-Spektroskopie

Die 2D-NMR-Spektroskopie gehört zu den modernen Methoden. Hierbei werden zwei 1D-Spektren orthogonal zueinander verknüpft. Die hierbei zu beobachtenden Kreuzsignale stellen eine gute und vor allem schnelle Methode zur Strukturaufklärung dar.

COSY (Correlated Spectroscopy)

Das COSY-Experiment (Correlated Spectroscopy) ist das älteste und am meisten genutzte 2D-Verfahren. COSY-Spektren sind symmetrisch bezüglich der Diagonalen. Informationsgehalt haben nur Kreuzsignale, die in den beiden Dimensionen unterschiedliche chemische Verschiebung haben. Beim Vorhandensein eines Kreuzsignals kann man zweifelsfrei davon ausgehen, dass die beiden Wasserstoffatome skalar (über Bindungen) miteinander koppeln und damit drei Bindungen weit auseinander liegen.

Der Vorteil dieses Spektrums ist, dass die teilweise sehr komplexen Kopplungssignale in einem 1D-Spektrum in die Kopplungen zu den einzelnen Atomen zerlegt wird. Die Kopplungskonstante verliert dadurch ihre Wichtigkeit bei der Strukturaufklärung und wird durch das Kreuzsignal ersetzt.

TOCSY (Total Correlated Spectroscopy)

Das TOCSY-Experiment (Total Correlated Spectroscopy) kann als Verstärkung des COSY-Experiments gedeutet werden. Die Verstärkung ist dadurch zu erklären, dass detektierbare Relaxationsprozesse künstlich angeregt werden können. Mit der variablen Einstellung der mixing time können zum Beispiel Relaxationsprozesse im gesamten Spinsystem angestoßen werden. Das TOCSY-Experiment ist vor allem bei der Strukturaufklärung hochmolekularer Substanzen mit klar definierten Spinsystemen, wie etwa Polysacchariden oder Peptiden, sehr nützlich.

HSQC (Heteronuclear Single Quantum Coherence)

HSQC (Heteronuclear Single Quantum Coherence) ist eine Aufnahmetechnik, bei der bei unempfindlichen Kernen (13C, 15N) Kohärenzen erzeugt werden , die dann auf den empfindlichen Kern (meist 1H) übertragen werden, dessen Resonanzen werden dann gemessen.

Die HSQC-Spektren sind häufig recht übersichtlich, da nur Signale von direkt gebundenen C (N...)- und H-Atomen erscheinen. Damit lässt sich jedem Kohlenstoffsignal eine eindeutige Anzahl an Wasserstoffatomen zuordnen.

HMBC (Heteronuclear Multiple Bond Coherence)

In den HMBC-Spektren (Heteronuclear Multiple Bond Coherence) sind Korrelationen über mehrere Bindungen, z. B. zwischen 13C (15N...)- und 1H-Atomen sichtbar. Hierbei kann man Korrelationen zwischen einem Kohlenstoff- und einem Wasserstoffkern erkennen auch wenn ein Heteroatom dazwischen gebunden ist. Das HMBC-Experiment ist eines der empfindlichsten Verfahren für Weitbereichskorrelationen.

NOESY (Nuclear Overhauser Enhancement Spectroscopy)

Der Unterschied zu den anderen 2D-Verfahren (COSY, HSQC, HMBC) besteht darin, dass im NOESY-Experiment (Nuclear Overhauser Enhancement Spectroscopy) keine Beziehungen zwischen Kernen, die über Bindungen miteinander wechselwirken, sichtbar gemacht werden. Es werden vielmehr Wechselwirkungen zwischen koppelnden Kerndipolen, die direkt über den Raum übertragen werden, sichtbar. Der Transfer über den Raum erfolgt über den Kern-Overhauser-Effekt. Dieses Verfahren wird häufig in der räumlichen Strukturaufklärung, z. B. Proteinfaltung, eingesetzt.

MAS (Magic Angle Spinning)

Verfahren der Festkörper-NMR-Spektroskopie.

Anisotrope Wechselwirkungen können sich in Festkörpern nicht wie in Lösungen durch Molekularbewegungen ausgleichen. Alle anisotropen Wechselwirkungen (z.B. Zeeman-, Dipolare-, Elektronenspin- und Quadrupolwechselwirkung u.a.) bewirken jedoch eine (meist unerwünschte) Linienverbreiterung, die sich jedoch durch MAS verringern lässt. Dazu wird die pulverförmige Probe mit Rotationsgeschwindigkeiten von bis zu 18 kHz um 54,74° (die "magische Achse") bezüglich der externen Magnetfeldachse gedreht. Dieser Winkel θ genügt der Bedingung (1-3cos²θ)=0, welche dazu führt, dass alle dipolaren Wechselwirkungen gemittelt werden und damit aus dem Spektrum verschwinden.

DOSY (Diffusion Ordered Spectroscopy)

Bei dieser Methode wird, meist in z-Richtung, ein B-Feld-Gradient angelegt, so dass die Moleküle (Proteine) spezifisch für ihre Lage im NMR-Röhrchen "gelabelt" werden. Das Pulsprogramm ist so ausgelegt, das die Proteine verschieden lang Zeit haben, im Röhrchen zu diffundieren. Über diese Zeitdifferenzen und Diffusionsstrecken lässt sich dann mit geeigneten Programmen (XWINNMR) oder geeigneten Methoden die Diffusionskonstante und damit dann auch das Molekulargewicht bestimmen. Diese Methode ist nützlich um zum Beispiel Aggregation (bzw. Nicht-Aggregation) nachzuweisen.

Historische Entwicklung

Als Ursprung der NMR muss man wohl den experimentellen Nachweis des Protonenspins durch Otto Stern im Jahr 1933 mit einem Molekularstrahlexperiment sehen. Stern hatte bereits vorher zusammen mit Walther Gerlach das berühmte Stern-Gerlach-Experiment entwickelt, mit dem sie 1922 in Frankfurt den schon länger postulierten Elektronenspin nachwiesen. Sie konnten zeigen, dass zunächst ein Strahl von Silberatomen, später dann ein Protonenstrahl, durch ein Magnetfeld in zwei Hälften geteilt wird, die den beiden Spinzuständen zugeschrieben wurden. Stern erhielt für diese Arbeiten den Nobelpreis 1943. Die ersten NMR- und ESR-Experimente führte Isidor Isaac Rabi (Nobelpreis für Physik 1944) mit modifizierten Stern-Gerlach-Anordnungen durch. Er konnte zeigen, dass einer der Halbstrahlen verschwand, wenn man auf ihn mit Hilfe einer Spule ein elektromagnetisches Wechselfeld geeigneter Frequenz (nämlich der Larmorfrequenz) einstrahlte. 1946 führten Felix Bloch und Edward Mills Purcell unabhängig voneinander erstmals NMR-Experimente in flüssiger und fester Phase durch (Nobelpreis für Physik 1952).

Nachdem kurz darauf die Aufspaltung der Spektren durch chemische Verschiebung und skalare Kopplung erkannt wurde, begann die NMR sich zu einer wichtigen Methode in der analytischen Chemie zu entwickeln. Zunächst wurde hauptsächlich die CW-Methode (continuous wave) benutzt, bei der durch Variation der Frequenz oder des Feldes die Resonanzen nacheinander angeregt wurden. Diese Technik ist durch ihr schlechtes Signal-Rausch-Verhältnis gekennzeichnet. Ab Mitte der 1960er Jahre entwickelte Richard R. Ernst (Nobelpreis für Chemie 1991) bei der Firma Varian Associates in Palo Alto ein Puls-Fourier-Transformation-NMR-Spektrometer (FT NMR), das eine wesentlich schnellere Aufnahme der Spektren ermöglichte, welche, bei gleicher Messzeit, im Vergleich zu den CW-Spektrometern, eine wesentliche Steigerung der Empfindlichkeit (des Signal-Rausch-Verhältnisses) bedeutet. Die ersten kommerziellen NMR-Impulsspektrometer wurden schon am Anfang der 1960er Jahre in Deutschland von der Firma Bruker (gegründet von Prof. Günther Laukien, einem der NMR Pioniere in Deutschland) in Karlsruhe gebaut. Die gleiche Firma produzierte auch die ersten erfolgreichen, kommerziellen FT NMR-Spektrometer und ist noch heute weltweiter Marktführer in diesem Sektor. - Es folgte die Einführung von Breitbandentkopplung und von Mehrpulsverfahren. Nach einer Idee von Jean Jeneer wurden ab Anfang der 1970er Jahre Mehrpulsexperimente mit einer systematisch variierten Wartezeit zwischen zwei Pulsen entwickelt, die nach Fourier-Transformation über zwei Zeitdomänen zu zweidimensionalen Spektren führten. Die Erweiterung zu drei und mehr Dimensionen folgte.

Kurt Wüthrich und viele andere bauten diese 2D- und Multi-Dimensions-NMR zu einer mächtigen Analysetechnik der Biochemie aus, insbesondere zur Strukturanalyse von Biopolymeren wie Proteinen. Wüthrich bekam für diese Arbeiten 2002 den Nobelpreis in Chemie. Im Gegensatz zur Röntgenstrukturanalyse liefert die NMR-Spektroskopie Strukturen von Molekülen in wässriger Lösung. Von besonderer Bedeutung ist die Möglichkeit, detaillierte Informationen über die Moleküldynamik mit Hilfe von Relaxationsparametern zu gewinnen. Zur Bestimmung der Struktur von Proteinmolekülen aus komplexen Matrizes (z.B. Blut, Nervenwasser, et c.) ist es vorher erforderlich, präparative Aufreinigungsmethoden (z.B. Gel-Permeations-Chromatographie oder hochauflösende quantitative präparative native kontinuierliche Polyacrylamid-Gelelektrophorese = QPNC-PAGE) einzusetzen, um Proteine oder Metalloproteine in bestimmten wässrigen Fraktionen zu isolieren.

Auswertungs-Software

Siehe auch