Die Jüdische Kampforganisation (polnisch Żydowska Organizacja Bojowa, kurz ŻOB, bzw. ZOB) war eine jüdische Widerstandsorganisation, die im besetzten Polen während des Zweiten Weltkriegs im Warschauer Ghetto gegen dessen Liquidierung und den damit verbundenen Massenmord an den Bewohnern kämpfte.
Der von der ZOB 1943 organisierte Aufstand im Warschauer Ghetto konnte die Auflösung des Ghettos und die Ermordung der übrig gebliebenen Einwohner vom 18. Januar bis zum 16. Mai 1943 hinauszögern. 1942 hatte das Ghetto in Warschau 400.000 Einwohner.
Eine gleichnamige Widerstandsgruppe gab es seit November 1942 auch in Krakau.
Widerstand der ZOB gegen die zweite Deportationswelle
Am 18. Januar 1943 begannen die Nazis mit der Durchführung einer zweiten Deportationswelle. Unter den ersten Juden, die von den Nazis zusammengetrieben wurden, befand sich eine Anzahl ZOB-Kämpfer, die sich absichtlich unter die Gefangenen gemischt hatten. Unter der Führung von Anielewicz warteten sie auf das verabredete Signal, traten dann aus der Formation heraus und schossen mit Hand- und Faustfeuerwaffen auf die Deutschen. Die Kolonne zerstreute sich und Berichte über die Aktion der ZOB verbreiteten sich schnell im ganzen Ghetto. Während dieser Deportation konnten die Deutschen „nur“ etwa 5.000 bis 6.000 Juden zusammentreiben.
Die Deportationen dauerten vier Tage und trafen auf weiteren Widerstand seitens der ZOB. Als die Deutschen das Ghetto am 22. Januar wieder verließen, betrachteten die verbliebenen Juden dies als Sieg. Israel Gutman, ein Angehöriger der ZOB, der später einer der wichtigsten Autoren über die Warschauer Juden wurde, schrieb: „Es war den Juden nicht bekannt, dass die Deutschen nicht die Absicht gehabt hatten, das Ghetto mit der Januardeportation zu liquidieren. Allerdings“, so Gutman weiter, „hatte die Januardeportation einen entscheidenden Einfluss auf die letzten Monate des Ghettos.“
Die letzte Deportation und der Aufstand
Die letzte Deportation begann am Vorabend von Pessach, am 19. April 1943. Die Straßen des Ghettos waren größtenteils leer. Die meisten der 30.000 verbliebenen Juden versteckten sich in sorgsam vorbereiteten Bunkern, von denen einige zwar Strom und fließendes Wasser, aber keinen Fluchtweg hatten.
Als die Deutschen ins Ghetto einmarschierten, trafen sie auf heftigen Widerstand von Kämpfern, die aus offenen Fenstern von leeren Wohnungen angriffen. Die Verteidiger des Ghettos bedienten sich der Guerilla-Taktik und hatten nicht nur den Vorteil des Überraschungseffekts, sondern auch den, auf ihre Gegner hinabsehen zu können. Dieser Vorteil ging verloren, als die Deutschen begannen, die Häuser des Ghettos systematisch niederzubrennen, was die Kämpfer zwang, ihre Stellungen zu verlassen und in den unterirdischen Bunkern Schutz zu suchen. Die Feuer über diesen verbrauchten einen großen Teil des Sauerstoffs im unterirdischen Teil und verwandelten die Bunker in tödliche Erstickungsfallen.
Am 16. Mai erklärte SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Jürgen Stroop, die „Großaktion“ im Warschauer Ghetto mit den Worten „Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr“ für beendet. Als Abschluss ließ er die Große Synagoge sprengen. Das Ghetto wurde vollständig zerstört.
Epilog
Selbst nach der Zerstörung des Ghettos fanden sich noch kleine Gruppen von Juden in unterirdischen Bunkern beiderseits der Ghettomauer. Tatsächlich gelang es in den letzten Monaten der Existenz des Ghettos ca. 20.000 Juden in den polnischen Teil der Stadt zu fliehen. Einige der geflüchteten Juden, wie der Jugendgruppenanführer Jitzhak Zuckerman und der Bundist Marek Edelman, beteiligten sich 1944 am Warschauer Aufstand gegen die Nazis.
Während viele der Mitglieder und Anführer der Jugendgruppen im Warschauer Ghetto umgekommen sind, existieren die Bewegungen selbst bis heute über die ganze Welt verstreut. Die linken Gruppen, wie HaSchomer HaTzair und Habonim Dror finden sich in Ländern wie Südafrika, Großbritannien, Argentinien, Chile, Italien, den USA, Israel, Mexiko und Australien. Die eher rechtsgerichtete Gruppe Betar erfreut sich ebenfalls einer großen Anhängerschaft, vor allem in Westeuropa und den USA.
Die Jüdische Kampforganisation in Krakau
Bereits Ende 1942 hatten Adolf Liebeskind, Simon Drenger und seine Frau Gusta Dawidson-Drenger, genannt „Justyna“, die Krakauer Akiba-Gruppe in den Untergrund geführt; Anfang 1942 bildeten Kommunisten und Linkszionisten aus HaSchomer HaTzair unter der Führung von Heshik Bauminger eine zweite jüdische Widerstandsgruppe. Beide Gruppe beschafften sich im Sommer 1942 Waffen und verbuchten erste Erfolge bei Sabotageaktionen gegen die Deutsche Wehrmacht. Im September scheiterte ein Versuch von Akiba, im Umland eine Partisanenbasis zu errichten.
Bereits im September 1942 organisierte die erfahrene Kommunistin Gola Mirer Gespräche zwischen beiden Gruppen. Nachdem die SS am 28. Oktober 6000 Menschen aus dem Ghetto in das Vernichtungslager Belzec deportiert hatte, vereinigten sich im November beide Gruppen nach Warschauer Vorbild zur Jüdischen Kampforganisation (ŻOB). Allein in der Zeit von September bis Dezember führten sie mindestens zehn Attentate und Sabotageaktionen durch.
Als die ŻOB am 22. Dezember 1942 zu einer groß angelegten koordinierten Aktion ausholte, zählte sie bereits um die 300 Mitglieder. Mit Unterstützung der eigens aus Warschau angereisten, kampferprobten ŻOB-Mitglieder Yitzchak Zuckerman und Eve Fulman sowie der Gwardia Ludowa (kommunistische Volksagarde) wurden mehrere Wehrmachts- und SS-Garagen in Brand gesteckt, Motorboote der Gendarmerie zerstört sowie Deutsche Offiziere in einer Offiziersmesse, einem Kino und drei Cafés erfolgreich angegriffen. Daraufhin forderte Adolf Hitler von Heinrich Himmler eine Erklärung, wieso Juden in der Hauptstadt des Generalgouvernements deutsche Offiziere angreifen könnten.
In den folgenden Wochen wurden fast alle Krakauer ŻOB-Mitglieder getötet oder gefangen genommen. Gusta Dawidson-Drenger konnte am 29. April 1943 während ihrer Deportation ins Vernichtungslager gemeinsam mit drei Mitkämpferinnen entkommen; Gola Mirer und zahlreiche andere Frauen wurden bei diesem Fluchtversuch erschossen. Gusta Dawidson-Drenger und ihr Mann Simon Drenger arbeiten hiernach weiter im Untergrund. Bei einer Reise nach Warschau am 8. November 1943 wurden beide verhaftet und vermutlich kurz darauf getötet. Die letzten jüdischen PartisanInnen flohen im Sommer 1944 aus Krakau in den Budapester Untergrund.
Literatur
Ein Standardwerk u.a. über die Jüdische Kampforganisation im Allgemeinen schrieb Reuben Ainsztein: Jewish Resistance in Nazi-Occupied Eastern Europe, London 1974; deutsch als: Jüdischer Widerstand im deutschbesetzten Osteuropa während des Zweiten Weltkriegs, Oldenburg 1993.
Der Abschnitt über Krakau beruht auf dem Kapitel „Keine Angst, ich werde nicht weinen“ (S. 260-268) in Ingrid Strobl: „Sag nie, du gehst den letzten Weg“, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1989.